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Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk (Lalw.
67. Ichr-iM
Erscheint Die« »tag, Donnerstag und SamStag. Die Ginrückunztgehühr beträgt im Bezirk und nächster Umgebung - Pf-, die Zeile, sonst 12 Pfg.
Donnerstag, den 18. August 1892
Abonnementsprei» »terteljährltch in der Stadt »v Pfg. und >V Pfg. Trägerlohn, durch die Post bezogen Mk. 1. 1b, sonst it» ganz Württemberg Mk. 1. Sb.
Amtliche Bekanntmachungen.
Die Orlsvorsteher
werden, soweit die Termine für die Erledigung der anläßlich der Frühjahrswegvisitation erhobenen Defekte bereits verfallen sind, an baldige Erstattung des einverlangten Berichtes erinnert.
Calw, den 16. August 1892.
K. Oberamt.
vr. Schönmann A.-V.
Tages-Neuigkeiten.
::: Calw. Das Konzert des „Pforzheimer Posaunenchors" unter Leitung des Musikdirektors Hrn. F. Krüger, war trotz der herrlichen Witterung, welche eine zahlreiche Beteiligung des hiesigen Publikums an dem vom Calwer Liederkranz veranstalteten Waldfeste erwarten ließ, gut besucht. Jn^ Saale der Dreiß'schen Brauerei, wo die Aufführung stattfand, waren alle Tische dicht besetzt; auch im Nebenzimmer hatte eine ziemliche Anzahl von Zuhörern Platz genommen. Das Konzert begann bald nach 4 Uhr mit einem „Eröffnungsmarsch" (eigene Eomposition des Hrn. Dirigenten), welcher von den jungen Leuten sehr gut vorgetragen und mit großem Beifall ausgenommen wurde. Der „Pforzheimer Posaunenchor" besteht aus Mitgliedern des dortigen Jünglingsvereins, welche ihre Kunst zu ihrem und ihrer Freunde Vergnügen betreiben und daneben ^auf Wunsch da und dort kleinere oder größere Aufführungen veranstalten. Wer Gelegenheit hatte, die schüchternen Anfangsversuche der jungen Leute in öffentlichen Vorträgen zu beobachten, wer weiß, wie schwierig es ist, größere Stücke mit Leuten aufzuführen, die nicht Tag für Tag in guter Uebung
stehen und wem der Umstand bekannt ist, daß in jenem Jünglingsoerein ein beständiger Wechsel stattfindet, so daß stets einer oder mehrere Anfänger unter ihnen sind, der mag in der That nicht wenig erstaunt gewesen sein über den Fleiß und die Energie der jungen Leute, und noch mehr über die Geduld und Geschicklichkeit des Herrn Dirigenten, denen wir diese durchaus gelungene Ausführung verdanken. Wenn auch mitunter etwas mehr Feinheit und Präzision des Vortrags oder Reinheit des Tons zu wünschen war, so darf doch gesagt werden, daß die Wahl des Programms sowohl, als die Durchführung desselben allgemein befriedigt hat. Wir sehen davon ab, Einzelheiten hervorzuheben, da alle 12 Nummern des Programms lebhaften Anklang fanden. Wir danken dem verehrten Herrn Musikdirektor F. Krüger und den wackeren Jünglingen für den Genuß, den sie uns bereiteten und wünschen ihnen auch ferner Glück zu -ihren Erfolgen.
Calw, 17. Aug. Heute nachmittag um 2 Uhr brach im Gasthaus z. „Jungfer" in der Biergasse Feuer aus, das von Nachbarsleuten und von der rasch herbeigeeilten Feuerwehr bald gelöscht wurde. Das Feuer war in dem hinten im Haus befindlichen Färbereilokal ausgekommen und bedrohte bereits die oberen Räume. Zum Glück gelang es hier das Weitergreifen zu verhindern. Der durch Feuer und namentlich durch die notwendig gewesenen Wassermengen entstandene Schaden ist bedeutend. Die Entstehungsursache ist noch unbekannt.
x Stamm he im, 16. Aug. Heute nachmittag etwa um 2 Uhr hörten viele Leute, die bei der Erntearbeit auf dem Felde (Lindach genannt) beschäf« tigt waren, ein Sausen wie von einem herannahenden schweren Gewitter, als plötzlich die Sammelten im Umkreis von ca. 4 Morgen von einer Windhose er
faßt in die Luft wirbelten bis sie dem Auge entschwanden, selbst gebundene Garben wurden bis Haushöhe empor« gehoben. Die Leute wurden in Staunen versetzt, indem sie so etwas noch nie gesehen hatten.
(Von anderer Seite erfahren wir durch einen Augenzeugen, daß vorher die Luft durchaus nicht bewegt gewesen sei; der Wirbelsturm hatte sich schon durch den Wald gedreht und verursachte hier ein Getöse als nähere sich ein Eisenbahnzug. Auf dem Felde befindliche Kinder fühlten sich außerordentlich bedroht. Gerstengarben lösten sich in der Höhe aus den Bändern und wurden in weiter Entfernung zerstreut. D. Red.) «M»
Nagold, 15. August. Im Zeitraum von 2 bis 3 Tagen ereigneten sich in unserem Bezirk drei schwere Nnglücksfälle. In Ebershardt siel eiw»1'/,jähriM Kind in einen Topf heißen Wassers, während es in der Küche spielte. Dasselbe starb unter den schrecklichsten Qualen. — Ein 16jähriger Kohlenbrenner in Erzgrube versank beim Besteigen des Kohlenmeilers in denselben und erlitt solche Brandwunden, daß er nach wenigen Stunden starb. — Ein Flößer wurde an der Zinsbach-Wafser- stube von einem rollenden Stamm erdrückt.
N. Tagbl.
Freudenstadt, 15. Aug. Die Anzahl der gegenwärtig hier weilenden Luftkurgäste übertrifft dank des andauernd schönen warmen Wetters den Stand der früheren Jahre bedeutend. Zu Ehren derselben wurde letzten Freitag von der Janitscharia ein Wald - fest auf dem in dem Palmenwald gelegenen prächtigen Festplatz gehalten, an dem sich die Kurgäste zahlreich beteiligten. Heute Abend fand eine Beleuchtung des Marktplatzes statt, die bei vollkommener Windstille gut gelang. Der durch verschiedenfarbige'Laternchen prächtig beleuchtete Musikpavillon, auf dem die städtische
, Nxchdruck »crb»t«n.
Dolorosa.
Roman von A. Wilson. Deutsch von Ar Geisel.
(Fortsetzung.)
Auch als sie jetzt langsam durch den Tuilcriengarten schritt, hing sie diesen trüben Gedanken nach; plötzlich schlug das laute Weinen eines Kindes an ihr Ohr und aufblickend bemerkte sie einen dicht an das Ufer des Schwanenteichs geschobenen Wagen, in welchem ein etwa sechsjähriges, offenbar krankes oder lahmes Mädchen höchst eleganter Kleidung lehnte unv bitterlich weinte. Die Ursache des Kummers war nicht schwer zu erraten; der Hut der Kleinen, ein zierliches Machwerk aus weißer Seide und mattblauem Band, war ins Wasser gefallen, ein neben dem Wagen stehender, ungefähr zehnjähriger Knabe bemühte sich, den Hut mit Hülfe seines eleganten Spazierstöckchen der Mitte des TeicheS zuzuschieben. Offenbar gehörte der Knabe, ein echtes Exemplar eines Pariser Gamins, den besseren Ständen an — wenigstens ließ seine Kleidung darauf schießen ; der Gesichtsausdruck des im Wagen sitzenden Kindes hatte etwas Blödsinniges und das gelbe Gesichtchen wbrd noch obendrein durch eine schlecht geheilte Hasenscharte häßlich entstellt. — Ein Blick auf die beiden Kmdergesichter, das boshaft lächelnde des Knaben und das thränenübn- strömte d»s hülflofen kleinen Mädchens, zeigte Frau Orme, in welcher Weise hier Hülfe Not thue und dem ob ihre- Dazwischentrttens höchst erstaunten Knaben den Stock abnehmend, band Ke diesen mittels ihres Taschentuchs an ihren Sonnenschirm und zog den Hut mit Hilfe desselben aus hem Wasser. Das Mädchen stieß einen Freudenschrei aus, der Knabe aber sagte mürrisch:
„Gebt» Sie mir meinen Stock wieder, Madame."
„Ich werde Mich hüten," faKe- Frau Orme rrchig,- Meck sie den Stock weit
hinaus ins Wasser schleuderte; „geh' Du vur ohne Deinen Stock nach Hause, Du häßlicher Junge und sage Deinen Eltern, Du habest den Stock eingebüßt, weil Du ein armes, hilfloses Kind gequält hast. Du solltest Dich schämen. Du Thunichtgut."
Der Knabe wagte keine Entgegnung und entfernte sich hastig, während Frau Orme das Hütchen ausschüttelte und dann am Dach des Wagens zum Trocknen festband. Hierauf wandte sie sich zu der Kleinen und fragte tröstend:
„Es wird bald wieder trocken sein, wo ist denn Deine Wärterin?"
„Helene ist fortgegangen, Kuchen für Mathilde kaufen," sagte die Kleine; ihre Ausdrucksweise entsprach der eines dreijährigen Kindes.
„Wie heißt Du denn?" fragte Frau Orme, von tiefem Mitleid bewegt.
„Mathilde Douglas," lautete die Antwort.
Wie von einer Tarantel gestochen, fuhr Frau Orme zurück, war e8 möglich, konnte dies mißgestaltete, armselige Geschöpf die Tochter des stolzen Robert DouglaS sein? Freilich, von dem Vater fand sich kein Zug m dem blöden Gesicht, aber je schärfer die Schauspielerin das Kind betrachtete, desto klarer ward es ihr, daß dasselbe der Frau, welches sie damals an der Seite ihres Gatten erblickt, glich! . . . . O, eS war die gerechte Strafe des Himmels; ihr Kind, ihre Regina war schön und lieblich wie eüi Hügel und dieser elende Sproß der zweiten Eh; ihres Gatten glich ehre einem Wechfelbalg, als einem Menschen! Ein lautes, höhnisches Auflach n entrang sich Früu Ormes bleichen Lippen, auf ihren schmalen Wangen brannten dunkel- rote Flinken und plötzlich empfand die kaum Genesene einen stechenden Schmerz in
det Brust und fühlte es warm über ihre Lippen quellen!.Ihr Taschentuch
auf d«ü Mund pressend, lehnte sie sich an einen Baum, die Blutung war nicht heftig, aber dieselbe hielt an und so schlug Frau Orme die Richtung nach der Stelle, wo ste Frau Walt« zurückgelaffen, «in — während sie langsam weiterschritt, bewwkta sie ein« Bonn«, welche eilig dem verlassenen Kinderwagen zustredte und zugleich hörte sie die Kleine rufen: „Helene — hast Du K och en !"