berg erfolgt Freitag, den 29. d. Mts., vormittags 9 Uhr 5 Min. mittelst Sonderzugs ab Leipziger Bahnhof."
Ausland.
Petersburg, 25. Jan. Seine Kaiserliche Hoheit der Großfürst Konstantin Nikolajewitsch ist um Mitternacht gestorben. Durch seinen Hingang sind Ihre Majestät die Königin Olga, seine Schwester, und Ihre Kaiserliche Hoheit die Herzogin Wera, seine Tochter, in tiefe Trauer versetzt. Da der Großfürst schon seit einigen Jahren von den Aerzten aufgegeben war und hoffnungslos darniederlag, so kam sein Ende nicht unerwartet. Sein jüngerer Bruder Nikolai ist ihm im April 1891 im Tod vorangegangen. Der verewigte war am 21. Sept. 1827 geboren, erreichte somit das 64. Lebensjahr. Er war General, Admiral der russischen Flotte, Chef vieler Regimenter rc. Es überlebt ihn seine Witwe Grostfürstin Alexandra und fünf Kinder, drei Söhne und zwei Töchter, deren älteste die Königin von Griechenland ist.
Uermischtes.
* Calw, 26. Januar. Anläßlich der Feier seines 25jährigen Bestehens veranstaltete gestern abend der Kirchengesangverein ein Freikonzert im Dreiß'schen Saale. Zu diesem Jubelfeste war ein überaus reichhaltiges, gediegenes Programm zusammengestellt, dessen Ausführung Zeugnis davon ablegte, daß der Verein über eine stattliche Zahl tüchtiger Musikkräfte verfügt, seine Aufgabe richtig erfaßt, auch weitgehenden Ansprüchen genügt, keinen Stillstand aufkommen läßt, sondern immer rastlos weiter schreitet und die Pflege kirchlicher Musik fest im Auge hat. In rascher Aufeinanderfolge wechselten Chorgesänge mit Einzelvorträgen und Klavier- und Violinstücken ab; die Mitwirkenden wetteiferten in edlem Streben zu möglichst guten Leistungen und die dankbaren Zuhörer ließen es an Anerkennung nicht fehlen. In einer köstlichen, mit feinem Humor gewürzten Ansprache gab denn auch Hr. Dekan Braun den Gefühlen Ausdruck, indem er in einem Rückblick auf die Entstehung und den weiteren Entwicklungsgang des Vereins darauf hinwies, wie schwierig und wie wenig ermutigend oft die Führung eines Vereins sei, denn es komme nicht nur Freude, sondern auch Leid; der Verein habe aber immer Männer gehabt, die sich stets treu um ihn angenommen, liebevoll gepflegt, mannhaft erzogen und zu einer bedeutenden Höhe emporgehoben hätten; auch von anderer Seite sei er reichlich unterstützt worden und so sei zu hoffen, daß er auch fernerhin seinen Mann stellen werde. Sein Hoch galt den verdienten früheren Dirigenten des Vereins, den Herren Oberlehrer Ansei und Schullehrer Roos. Beide Herren ergriffen sodann nacheinander das Wort, um alte liebe Erinnerungen aus ihrer Arbeitszeit im Verein in launiger Weise zu erzählen und auf das i
weitere kräftige Gedeihen desselben ein freudiges Hoch auszubringen. Zum Schluß widmete Hr. Betriebs- mspektor Huzenlaub dem Sängerchor und seinem umsichtigen und unermüdlich thätigen Dirigenten, Hrn. Buchhändler Gundert, noch einige warme Worte der Anerkennung. So gestaltete sich diese Feier zu einer lebhaften Ovation für den Kirchengesangverein, welcher darin den besten Beweis der Verdienstlichkeit seines ersprießlichen Wirkens erblicken darf. — Das Konzert war außerordentlich zahlreich besucht.
* Calw, 27. Jan. Eine gesetzliche Verordnung hat im vergangenen Jahr die Verhaltungsmaßregeln bei ansteckenden Krankheiten in der Schule genau bestimmt. Nach dieser Vorschrift müssen nicht nur kranke Kinder, welche eine ansteckende Krankheit haben, vom Schulbesuch ausgeschlossen werden, sondern auch gesunde Kinder, wenn in ihrem Hause eine derartige Krankheit wie Diphtheritis, Scharlach u. s. w. herrscht. Ja auch der Lehrer, in dessen Haus oder Familie ein solch erkranktes Kind ist, darf seine Schule nicht mehr besuchen und keinen Unterricht erteilen. Diese scharfe Bestimmung ist hier nun praktisch geworden bei 2 Lehrern, welche auf höhere Anordnung hin 10 Tage vom Schulbesuch befreit sind, um einer event. Uebertragung der Krankheit auf die Schüler vorzubeugen.
12'-- Teinach, 23. Jan. Unsere Nachbargemeinde Liebelsbera. sowie die jenseits der Teinach liegenden Orte Emberg und Schmieh hatten von jeher über empfindlichen Wassermangel zu klagen. Eine Wasserleitung zu bauen, war den einzelnen Gemeinden der fast unerschwinglichen Kosten wegen nicht möglich. Nun ist es der energischen Thätigkeit des Schultheißen Hanselmann von Liebelsverg gelungen, sämtliche drei Orte zu dem gemeinschaftlichen Bau einer solchen zu vereinigen. Die überaus starke Quelle, die künftig den drei Gemeinden das nötige Wasser liefern wird, entspringt im Thal der Teinach, von wo sie durch ein Pumpwerk nach dem System Kröber mittels zweier Rohrleitungen auf die einige Hundert Meter hohen Berge geleitet werden soll. Nicht unmöglich wäre es, daß sich auch Oberhaugstett wie Liebelsberg (ein Filial von Neubulach) an dem Bau beteiligte. Die Verhandlungen hierüber sind noch nicht endgiltig abgeschlossen. N. Tgbl.
Cannstatt, 26. Jan. Gestern nacht kurz vor 11 Uhr hörte ein auf dem Weg nach Cannstatt patrouillierender Landjäger, wie vom Gittersteg aus ein Fall in den Neckar und gleich darauf ein Aufschrei erfolgte; doch konnte der Landjäger bei der Dunkelheit niemand im Wasser sehen. Es ist jedoch anzunehmen, daß hier ein Selbstmord stattgefunden hat.
Göppingen, 24. Jan. Wie schon berichtet, haben hier der Handels- und Gewerbeverein und der Kaufmännische Verein die Frage der Sonntags
ruhe in die Hand genommen. Da die Liste, welche in der Sache unter den Inhabern der Detailgeschäfte herumhing, endlich ihren Lauf vollendet hatte und zurückgekommen war, so fand eine gemeinschaftliche Sitzung der Ausschüsse beider genannter Vereine statt. In dieser wurde mitgeteilt, daß unter den Engros- und Fabrikgeschäften Einigkeit darüber herrscht, daß am Sonntag die Arbeit ganz ruhen soll. Die Inhaber der offenen Ladengeschäfte sind nur darin einig, daß die Stunde, während welcher ihre Geschäfte Sonntags vor dem Hauptgottesdienst seither offen waren, in Wegfall kommen soll, dagegen wollen die einen ihre Läden von 11 bis 3 Uhr, die andern von 11 bis 4 Uhr offen halten. Als Hauptgrund wurde angegeben, daß die Landleute, welche seither gewohnt waren, am Sonntag in der Stadt einzukaufen, an Werktagen nicht hereinkämen, und das Schließen der Läden am Sonntag nur den Kaufleuten und Krämern auf dem Lande zu gute kommen würde. In der Sitzung wurde beschlossen, unter den Inhabern der Detailgeschäfte noch einmal Umfrage zu halten und nach eingelaufener Antwort in einer weiteren Sitzung eine entsprechende Eingabe an den Gemeinderat festzustellen.
Kuchen, 25. Jan. Der Speisewagen, mit welchem die hier ansässigen Arbeiter der Metallwarenfabrik Geislingen sich ihr Mittagessen zuführen lassen, hat sich in der Praxis auf's beste bewährt. Die Beteiligung ist von 52 Familien mit 84 Personen auf 64 Familien mit 98 Personen gestiegen, so daß die Fuhrlohnkosten für die Person täglich nur noch 2 betragen. Vergangenen Samstag versammelten sich alle Beteiligten und auch die Eltern der jungen Leute im Gasthaus zum Adler, um ihrer Freude über die wohlgelungene Einrichtung und ihren Dank gegen die Fabrikleitung zum Ausdruck zu bringen. Und der Abend verlief so schön und einträchtig, daß man beschloß, auch künftighin jährlich einmal zu Ehren der anfänglich viel verspotteten Einrichtung zusammen- zukommen.
Heidenheim, 24. Jan. Gestern abend kurz nach 8 Uhr ertönten die Feuersignale; eine gewaltige Röte zeigte sich am südöstlichen Horizonte. Eine außerhalb der Stadt an der Giengener Straße gelegene Remise stand lichterloh in Flammen. Für die herbeigeeilte Feuerwehr gab es da nichts zu retten. Die Remise ist samt verschiedenen Werkzeugen, Handkarren rc. sowie auch ein in derselben aufbewahrt gewesenes Lokomobil mitverbrannt. Brandstiftung ist hier fast bestimmt anzunehmen.
Oggenhausen, OA. Heidenheim, 24. Jan. Nach 12tägiger Arbeit konnte heute endlich der Leichnam des am 12. Januar im Stangenhau bei Mergelstetten verschütteten Grubenarbeiters, Christian Gr einer von hier, zu Tag gefördert werden. Greiner wurde halb stehend, etwas zurückgebeugt gefunden, in der Hand einen Holzpfahl festhaltend, den er gerade zum Bauen verwenden
aber die Erklärung, nach welcher er suchte, vermochte er auch jetzt nicht zu finden. Er konnte ja nicht ahnen, unter wie unsäglichen Qualen dies Schreiben zu Stande gekommen, und jeder Federzug darin so recht eigentlich mit dem Herzblut des armen jungen Mädchens geschrieben war.
Kurt bedurfte einer langen Zeit, um zu einem Entschluß zu gelangen, die widerstreitendsten Empfindungen bewegten seine Brust, denn wenn ihm in dem einen Augenblick eine Stimme in seinem Herzen zurief: dieser Brief kann unmöglich Els- beths wahre Gesinnung zum Ausdruck bringen; all' die Aeußerungen einer tiefen und innigen Liebe, die von ihren Augen und ihren Lippen zu lesen waren, können unmöglich nur Lüge und Täuschung gewesen sein! — so brachte schon im nächsten Augenblick ein einziger Blick auf das unglückselige Schreiben, auf die klare und unzweideutige Erklärung, welche sie dort abgab, das ganze Gebäude freudiger Zuversicht, das sich auf's Neue in ihm ausbauen wollte, wieder zum Wanken. Und dies letztere Gefühl, das Gefühl des Zweifels, behielt angesichts jenes unwiderleglichen Zeugnisses endlich den Sieg.
Mit finsterer Miene, die sein junges, frisches Gesicht plötzlich um Jahre gealtert scheinen ließ, zerriß Kurt jenen für seinen Vater bestimmt gewesenen Brief» m welchem er die feierliche Erklärung abgegeben hatte, daß er auf seiner Verbindung mit Elsbeth Herbold bestehen würde, was auch immer daraus erfolgen möge, und in müder, gebeugter Haltung verließ er dann das Haus, weil ihm die drückende Enge der Zimmerwände plötzlich unerträglich schien.
Er war zufrieden, daß chm nicht irgend ein unglücklicher Zufall gerade jetzt Herrn Werner Petersen in den Weg führte, denn er würde sich geschämt haben seinem Vater in die Augen zu sehen. Hastig trat er auf die Straße hinaus, aber er hatte erst wenige Schritte gethan, als er sich von hinten her am Arm berührt fühlte. Zerstreut und ungeduldig drehte er sich um, und er war keineswegs angenehm überrascht, sich dem kleinen verwachsenen Schreiber gegenüber zu sehen, dessen Bekanntschaft er in Kapitän HerboldS Hause gemacht. Die Vertraulichkeit, mit welcher Jasmund ihn auf der Straße anzuhalten wagte, ärgert, ihn und doch hielt
er die Begegnung nur für einen Zufall, während der Kleine in Wirklichkeit schon seit mehr als zwei Stunden unausgesetzt vor dem Hause des Handelsherrn auf- und niedergeschritten war, den Augenblick erwartend, in welchem Kurt heraustreten würde.
„Ich möchte mit Ihnen sprechen, Herr Leutnant!" sagte der Schreiber ohne einen weiteren Gruß. „ES betrifft eine wichtige Angelegenheit und Sie müssen eine Viertelstunde für mich übrig haben."
Das Alles war in einem Ton gesprochen, welcher viel mehr befehlend als bittend klang und welcher im Verein mit dem ganzen, ziemlich auffälligen Benehmen des ärmlich aussehenden Menschen sehr wenig darnach angethan war, die zornige Ungeduld Kurts in eine freundliche und willfährige Stimmung zu verwandeln.
„Wenn Sie mir etwas zu sagen haben," erwiederte er kurz und ohne stehen zu bleiben, „so suchen Sie mich zu einer angemessenen Zeit in meiner Wohnung auf. Auf der Straße pflege ich lange Unterhaltungen mit Personen, die mir nahezu unbekannt sind, nicht zu führen!"
„So werden Sie diesmal eine Ausnahme machen," fuhr Jasmund fort, indem er hartnäckig an der Seite des Offiziers weiter trippelte. „Es ist eine Sache, die nicht Sie und mich allein angeht und die keinen Aufschub leidet."
Es war etwas so trotzig Herausforderndes in seinem Gebühren und sogar in dem Klang seiner sonst so schüchternen dünnen Stimme, daß Kurt das unscheinbare Männchen erstaunt vom Kopf bis zu den Füßen betrachtete. Unter anderen Umständen würde ihn sicherlich eine mit einer Regung des Mitleids gemischte Neugierde veranlaßt haben, der Absicht dieses sonderbaren Kauzes auf den Grund zu gehen und sich eine nähere Erklärung von ihm zu erbitten. Heute aber war er. denn doch nicht in der Stimmung, sich auf derartige Dinge einzulafsen, und mit einer Entschiedenheit, welche an Deutlichkeit nichts mehr zu wünschen übrig ließ, wies er das Ansinnen des Schreibers nochmal« zurück.
(Fortsetzung folgt.)