nicht ohnehin genügend bekannt ist, über etwaige Be­strafungen bei der Strafregisterbehörde des Geburts­orts Erkundigung eingezogen werden kann.

Ist der Reisende im Besitz einer Legi­timationskarte pro 1891, so genügt unter der Voraussetzung, daß derselbe der Ortsbehörde seines Wohnorts genügend bekannt ist, in der Regel eine Bescheinigung der letzteren, daß keine Aenderung der in Betracht kommenden thatsächlichen Verhältnisse eingetreten sei.

Im militärpflichtigen Alter stehende Handlungsreisende haben nachzuweisen, daß der Ertheilung einer Legitimationskarte militärdienst­liche Hindernisse nicht im Wege stehen.

Den 30. Dezember 1891.

K. Oberamt.

Supper.

Die Ortsbeh'rdkll f. d. Arbkitkrverjjchklllug

werden unter Bezugnahme auf H 40 der Vollzugs­verfügung vom 24. Oktober 1890 zu dem Reichs­gesetz über die Jnvaliditäts- und Altersversicherung (Reg.-Bl. S. 241) und Nr. 29 und 30 des Erlasses des K. Ministeriums des Innern vom 10. November 1890, betreffend das Verfahren bei der Ausstellung und dem Umtausch, sowie bei der Erneuerung von Quittungskarten (Min.-A.-Bl. S. 361) angewiesen, die bei ihnen abgegebenen, mit Marken gefüllten Quittungskarten nach Schluß ves Jahrs zu sammeln und in einer Sendung, welche als Werthsache zu be­handeln ist, hieher einzuschicken.

Calw, den 31. Dezember 1891.

K. Oberamt.

Supper.

Tliges-Ueuiukeiten.

Calw. Infolge des anhaltenden Regens in der Neujahrsnacht war die Nagold nahe daran aus den Ufern zu treten. Als sich jedoch gegen Morgen der Himmel aufhellte, war auch bald eine Abnahme des Wassers bemerklich.

Von Stuttgart wird v. 31. Dez. be­richtet: Der Neckar hat den Cannstatter Festplatz stellenweise unter Wasser gesetzt; ein Seitenstrom er­gießt sich oben bei der Kiesbrücke auf den Festplatz. Die Ueberschwemmung ist im Ganzen nicht unbedeutend, doch ist ein beträchtlicher Schaden nicht zu befürchten.

Cannstatt, 28. Dez. Heute vormittag drohte in einem Hause in der Ulrichstraße dadurch Feuer auszukommen, daß Kinder mir einem Petroleumherd- chen spielten, wobei durch Unvorsichtigkeit der Vor­hang Feuer fing und teilweise verbrannte. Ein weiterer Schaden ist nicht entstanden.

Waiblingen, 29. Dez. Gestern abend wurden die Bewohner der Schmidenerstraße durch Hilferufe in später Stunde aufgeschreckt. Ein Metzger

von hier, welcher in einer Wirtschaft mit einem hie­sigen Bürger Streit bekam, bearbeitete letzteren beim Nachhausegehen auf der Straße mit seinem Stock und hetzte auch noch seine beiden Hunde auf ihn. Der Mißhandelte, welcher sich auf die Polizei flüchten wollte, wurde durch nochmaliges Hetzen der Hunde zu Boden geworfen ünd mit Schlägen traktiert. Durch Hinzukommende wurde derselbe befreit, hatte aber kein ganzes Stück Zeug mehr am Leibe. Untersuchung gegen den Betreffenden ist eingeleitet.

Von der oberen Filz, 28. Dezbr. Ein eigentümliches Leben kann man am Stephanstag kurz nach Anbruch des Tages in den kathol. Ort­schaften unserer Gegend beobachten. Es öffnen sich nämlich zu der angegebenen Zeit allenthalben die Thüren der Pferdeställe und Jung und Alt der männlichen Bevölkerung besteigt die verschiedenen Rößlein, um vor das Dorf hinaus und 4 in der Nähe des Orts stehende Feldkreuze nach einander zu umreiten und dann wieder in die Ställe zurückzukehren. Die 4 Feldkreuze dürfen beliebig, jedoch mit Vorliebe nach den vier Himmelsgegenden gewählt werden. DiesesPferd ereilen" ist ein uralter Gebrauch, dessen Entstehen auf einen Aberglauben der Vorfahren zurückzuführen ist.

Giengen a. Br., 30. Dez. Gestern abend wollte in der hiesigen Hommelmühle ein lOjähriger Müllerbursche aus Brenz einen Riemen auf die Trans­mission legen. Er wurde von derselben erfaßt und trug 2 Armbrüche und einen Schenkelbruch davon.

Von der Jagst, 29. Dez. Der Schäfer Gebert von Lendsiedel wollte gestern mit seiner Schafherde die gefrorene Jagst bei Kirchberg überschreiten, das Eis brach ein und 90 Stück Schafe ertranken. Dem Mann erwächst ein bedeutender Schaden.

Biberach, 29. Dez. Mit dem Schnellzuge am heurigen Vormittage traf von Ravensburg Ober­staatsanwalt Häcker hier ein, um die Untersuchung gegen einen jungen Mann aus Dettingen a. d. Iller einzuleiten, der in dem Verdacht steht, einer Familie vergiftete Zuckerwaren zugesandt zu haben. Am letzten Mittwoch, beim hiesigen Wochenmarkte, eignete sich ein wohlhabender Bauer aus Schemmer- berg in einem Spezereiladen einen Beutel mit 160 ^ widerrechtlich an. Derselbe gehörte einer Bötin und war von dieser vergessen worden. Der Thäter ist ermittelt und feiert Neujahr im Gefängnisse.

Konstanz, 27. Dez. Den Offizieren hiesiger Garnison, die bisher in einem Grenzbezirk bis zu 2 Stunden in Uniform die Schweizer besuchen durf­ten, eine Erlaubnis, von welcher bei unserer eigen­tümlichen geographischen Lage und dem guten freund­nachbarlichen Verhältnis zwischen unserer Stadt und den nahegelegenen Schweizerorten vielfach Gebrauch

gemacht wurde, ist vor kurzer Zeit ein, dem Ver­nehmen nach auf Ansuchen des eidgenössischen Bundes­rats, erlassener Armeebefehl bekannt gegeben worden, wornach ihnen fortan untersagt ist, auch nur einen Schritt weit die schweizerische Landesgrenze in Uniform zu überschreiten.

Frankfurt, 29. Dez. Die Schlußrechnung, der elektrischen Ausstellung ergibt einenUeber- schuß von 152,000 -/A.

Berlin, 27. Dezbr. Am Donnerstag nach­mittag istin den Zelten" im Tiergarten eine zur Wirtschaft Apel (Zelt IV) gehörige Halle, in der Gartenmöbel aufbewahrt waren, wahrscheinlich durch eine Dynamitpatrone von verbrecherischer Hand in die Luft gesprengt worden. Das Dach, ein Teil des Gemäuers und sämtliche Gartenmöbel wurden haus­hoch in die Luft geschleudert, und man sah Tische und Stühle oben in den Aesten der Bäume hängen. Die Fenstergrenze und Scheiben im Hauptgebäude wurden fast sämtlich zertrümmert. Der Hausdiener des Geschäfts hielt gerade vor dem Hause das vor einen Bäckerwagen gespannte Pferd und wurde unter den umherfliegenden Trümmern völlig begraben, ohne indes erhebliche Verletzungen davonzutragen. Die Feuerwehr wurde alarmiert, riß das noch stehen ge­bliebene Mauerwerk ein und war bis in die späte Abendstunde mit Aufräumungsarbeiten beschäftigt. Zuerst glaubte man an eine Gasexplosion, diese An­nahme ist aber später völlig hinfällig geworden. Vor­übergehende wollen bemerkt haben, daß nach der Ex­plosion ein intensiver, dem Gase unähnlicher Geruch sich verbreitet habe. Die Untersuchung hat bisher keinen Anhalt zur Erklärung des Thäters geboten.

Berlin, 30. Dez. Heute nachmittag siedelt die gesamte Kaiserfamilie von Potsdam nach Berlin über. Am 7. Januar treffen hier der Groß- Herzog und die Großherzogin von Baden zur Feier des Todestages der Kaiserin Augusta ein und verbleiben bis zum Geburtstag des Kaisers (27. Januar).

Berlin, 30. Dez. Eine gestern abgehaltene, von 4000 Gehilfen besuchte Buchdruckerversamm­lung beschloß, den Kampf um den Neun­stundentag fortzusetzen. Auch in Leipzig haben die Buchdruckergehilfen beschlossen, den Streik fortzusetzen, bezüglich des Lokalzuschlages aber zum Entgegenkommen sich bereit zu erklären. Nach dieser Nachricht sind zwei vom Wolff'schen Bureau verbreitete Meldungen aus Leipzig und Berlin, wonach die Gehilfen sich zum bedingungslosen Wiedereintritt be­reit erklärt haben und der Streik somit in beiden Städten als beendigt zu betrachten sei,. unbe­gründet. N. Tagbl.

Berlin, 31. Dez. Der Handelsminister Berlepsch empfing heute Nachmittag eine Depu­tation der Buchdruckereibesitzer behufs Ver­

feme Hand sreimachte und ein wenig zur Seite rückte. Als er nun aber das Er­schrecken des Schreibers sah, unv wie dessen hoch ausflammende Begeisterung ebenso plötzlich einer großen Bestürzung und Verwirrung Platz machte, da siegte seine natürliche Gutmütigkeit über jede andere Empfindung, und indem er den Kleinen freundlich auf die Schulter klopfte, sagte er:

Sie sind ein braver Mensch, Herr Jasmussen, und ich denke, wir werden uns hier noch öfter in aller Gemütlichkeit mit einander unterhalten. Für heute aber ist es genug. Ich führe nach alter Seemannsgewöhnung ein streng regelmäßiges Leben, und nun sehe ich's hier an meiner Rumflasche wie an meinem Tabaksbeutel, daß es Schlafenszeit geworden ist."

Jasmund suchte geschäftig nach seinem Hute, und als es ihm endlich gelungen war, denselben zu finden, verabschiedete er sich mit einigen stotternden Dankesworten von seinem freundlichen Gastgeber. Elsbeth war nirgends zu erblicken, und eine so große Freude der kleine Schreiber sonst auch an ihrem Anblick hatte, so war eS ihm doch sehr lieb, daß sie jetzt nicht mehr zum Vorschein kam; denn nach der un­verzeihlichen Ungeschicklichkeit, mit welcher er soeben seine innersten Gefühle verraten halte, würde er kaum noch den Mut gefundm haben, seinen Blick zu ihrem Antlitz zu erheben.

Obwohl der Kapitän mit einem Licht in der offenen Zimmerthür stehen blieb, um ihm den schmalen Gang, der zur Straß« führte, zu erhellen, stieß Jasmund doch ein paar Mal gegen die kalte, feuchte Wand, ehe er den Ausgang gewonnen hatte.

Ich glaube beinahe, er Hot einen Rausch von einer Taffe Thee!" brummte Kapitän Herbold mit einem verwunderten Kopsschütteln vor sich hin.Es ist jammer­schade um den armen Teufel! Der Kern ist gut, aber mit einem so zerbrechlichen Körper wird er'» nicht all zu lange treiben."

III.

Zwei Tage nach der Anknüpfung dieser merkwürdigen Bekanntschaft man schrieb d«n dritten des Monats Kat Kapitän Herbold in sonntäglichem Anzuge >aus seinem Verkauf-lokal auf die Skoßr hinaus. Er sah in seinem schwarzen Rock

trotz des leer herabhängenden Aermels recht behäbig aus, und als er mit gewich­tigen Schritten die Skaße hinabging, zogen nicht nur die spielenden Kinder ihre Mützen mit einem achtungsvollen:Gu'n Dag ok, Herr Kap'tcin!" sondern auch die Erwachsenen, welche ihm begegneten oder aus den niedrigen Fenstern schauten, bewiesen durch ihre höflichen Grüße, daß Kapitän Herbold in ihren Augen eine an­gesehene und bedeutende Persönlichkeit sei.

Der Weg des alten Seemannes aber führte durch ein ganzes Gewirr enger

Gaffen und Gäßchen, von denen jede einzelne auf ein Haar der B.skaße

glich, in eine breite und vornehme Straße, und zu einem Hause, das sich durch eine prunkvolle Fayade sehr auffällig und vorteilhaft gegen seine Umgebung abhob. Hinter den zahlreichen Spiegelscheiben des Erdgeschosses konnte man einzelne Pulte und andere Teile einer Comptoireinrichtung wahrnehmen, an dem Hause selbst aber war nirgends etwas von einer Firmentafel oder einem Namensschild, wie es sonst doch jeder Kaufmann über seiner Thür anzubringen pflegt, zu erblicken. Trotzdem wußte in ganz Hamburg jedermann, daß dies das Haus des Schiffsrheders und Handelsherrn Werner Petersen sei, und es ging kaum Einer vorüber, der nicht mit einer gewissen Achtung zu den Spiegelscheiben des Erdgeschosses emporgesehen hätte.

Kapitän Herbold war mit den Lokalitäten des pomphaften Palastes, welcher erst vor einigen Jahren an der Stelle des alten, unansehnlichen PatrizierhauscS entstanden war, offenbar wohl vertraut. Er nickte dem Portier freundlich zu, stieg vom Vestibül aus einige teppichbedeckte Stufen empor und durchschritt dann die schier endlose Flucht der durch GlaSthüren von einander getrennten Comptoire mit der ruhigen Sicherheit eines Mannes, der sich hier heimisch fühlt und der mit einer gewissen Ueberlegenheit auf all' die emsig arbeitenden jungen Leute an den gelb polierten Doppelpultrn herabblickt.

Erst in dem letzten, offenstehenden Zimmer der ganzen Reihe machte er Halt, indem er einen alten, weißhaarigen Herrn, welcher dort ganz allein an seinem Schreibtische saß, mit einer Art von freundschaftlicher Vertraulichkeit begrüßte.

Fortsetzung folgt.