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mittlung zur Beilegung des Buchdrucker­streiks.

Metz, 29. Dezbr. Wie die Loth. Ztg. aus zuverlässiger Quelle erfährt, hat das gegen den Raub- mörder Uebing gefällte Todesurteil die Be­stätigung des Kaisers gefunden. Das in der Stadt verbreitete Gerücht, die Hinrichtung werde noch in diesem Jahre stattfinden, beruht jedoch auf einer Vermutung, die der Begründung entbehrt. Die Hin­richtung wird vom württembergischenScharf- richter Silier vollzogen. Bekanntlich ermordete Uebing den Oberstlieut. Prager in der Nacht vom 6. zum 7. Mai d. I.

Aus der Schweiz, 28. Dez. Die Winter­saison in Davos übertrifft in Bezug auf Fremden­zahl alle früheren. In den letzten Wochen sind un­erwartet viele Gäste in Davos angelangt; während letztes Jahr um Weihnachten die Zahl 1500 noch nicht erreicht war, ist sie jetzt beträchtlich überschritten.

London, 28. Dez. Gestern abend brach im Theater in Gateshead während der Aufführung der ZauberpantomimeAladin und die Wunderlampe" eine Feuerpanik aus. Neun Kinder wurden in den Gängen erdrückt, während die Zuschauer in wilder Flucht sich zu retten suchten. Viele Personen sind mehr oder weniger verwundet. Unbeschreibliche Verwirrung herrschte, während überhaupt kein Feuer ausgebrochen und der Schrecken ein blinder war.

London, 29. Dez. Nach einer in Windsor aus Osborne eingegangenen Depesche macht die Ge­nesung des Prinzen Christian von Schles­wig-Holstein-Sonderburg-Augustcnburg gute Fortschritte.

Aus Italien wird den N. N. gemeldet: Die Influenza gewinnt in Oberitalien immer mehr Ausdehnung, namentlich ist Genua stark heimgesucht. Der Patriarch von Venedig liegt infolge von In­fluenza im Sterben, auch in Rom tritt die Krankheit wenn auch vorerst in milder Form auf.

Aus Deutsch-Ostafrika. Der ver­wundete Premierlieutenant v. Stetten ist zur Hei­lung seiner Wunde in München eingetroffen. Er trägt, wie die M. N. N. schreiben, den verwundeten Arm in einem Gypsverband, sieht aber sonst frisch und gesund aus. Den Tod Gravenreuths er­zählt Stetten folgendermaßen: Beim Anblick der Be­festigungen der BueaS ließ Gravenreuth die Fahne schwenken und wollte nochmals friedlich verhandeln. Auf ungefähr 150 Meter Entfernung gaben aber die Feinde die erste Salve ab. Da ließ v. Gravenreuth das Maximgeschütz, welches die Expedition mit sich führte, kommen und rief Lieutenant v. Stetten an das Geschütz vor, da es grundsätzlich nur von deut­scher Mannschaft bedient werden sollte. Wie v. Stetten hinkam, fungirte das Geschütz nicht, denn trotz aller Versuche ging es nicht los! Die Schutztruppe, die das Geschütz gewissermaßen als Fetisch betrachtete, war sehr deprimirt, als es im kritischen Augenblick versagte. Während der vergeb­lichen Beniühungen erhielt v. Stetten einen Prell­schuß, vr. Richter 3 Schüsse. Die fast ganz zu-

sammengeschofsene Maximekanone wurde nun in einen Busch getragen und dort weitere Versuche mit ihr gemacht. In diesem Augenblick stürmte Gravenreuth und der Gouverneur trotz des heftigen Feuers der Feinde vor. Aber nur 3 Schwarze folgten, alle anderen blieben zurück: Einer der Tapfern der Schutz­truppe erhielt sofort einen Schuß durch den Kopf und blieb tot. Die anderen zwei erhielten Schüsse durch die Wangen und am Kopf. Da das Maximegeschütz durchaus nicht gefechtstüchtig zu machen war, verließ es Lieut. v. Stetten, eilte zu seiner Kompagnie und griff den Feind von der Flanke an, ein Manöver, das durch einen Sumpf erschwert wurde. Unterdessen ging v. Gravenreuth nochmals vor mit nur zwölf Schwarzen. 15 Schritt vor der Boma erhielt der Mutige drei Schüsse in das Herz! Er sank tot zu Füßen des Gouverneurs hin, ohne noch ein Wort sprechen zu können. So starb v. Gravenreuth den Heldentod. Es ist richtig, daß der Kommandierende vielleicht zu unvorsichtig und unbedacht vorwärts ge­stürmt ist und, von seinen Leuten verlassen, dem mörderischen Feuer der Feinde erlag. Dieser persön­liche Mut lag eben in dem Charakter des Gefallenen, v. Gravenreuth war tollkühn. Er glaubte, er reiße durch sein Beispiel die anderen mit. Wenn er das Maximegeschütz nicht gehabt hätte, und mit seinen Leuten gleich vorgegangen wäre, er wäre durchge­drungen. Am Abend zuvor sagte er noch zu seinem Kameraden:Stetten, wenn es morgen knallt, ist es mein 57. Gefecht." Es war sein letztes.

Vermischtes.

Steckbrief. Man schreibt den M. N. N. aus Bern: Fahndung und Signalement der durchgebrannten Direktoren der Basler Allgemeinen Kreditbank sind jetzt imAllgemeinen Polizeianzeiger der Eidgenossen­schaft" erschienen. Die Ausschreibung lautet:Wüst Heinrich, von Basel, 28 Jahre alt, groß, besetzt; Haare und Schnurrbart rötlich; struppiger Bart, stechender Blick, Brille."Kling Kamille, von Basel, 27 Jahre alt, mittelgroß, schlank, Haare und Schnurrbart blond. Beide Direktoren der Allgemeinen Kreditbank in Basel, des betrügerischen Bankerotts und des Betruges in hohem Betrage beschuldigt und seit dem 18. Dezember flüchtig, sind zu verhaften unter Anzeige an das Polizeidepartement Basel. Be­schlagnahme von Geldern wird anbefohlen." lieber das Verschwinden der Direktoren hört man nach der Zür. Ztg." im Publikum ganz bedenkliche Dinge, die zwar auf ihre Wahrheit nicht sofort geprüft werden können, aber doch wohl nicht ganz grundlos sind. Vor ihrer Flucht hatten sich die Betrüger mit deut­scher und englischer Barschaft im Betrage von 40,000 bis 70,000 Francs ausgerüstet. Thatsache ist, daß ihnen während der Woche noch ein Bankhaus eine größere Summe aushändigte. Vor der Flucht wurde eine Abschiedsfeier mit Freunden veranstaltet, welche dann die Flüchtlinge zum Danke dafür nach dem badischen Bahnhof geleiteten. Kling und Wüst lösten Retourbillete nach Frankfurt, stiegen aber unterwegs aus, um sich Billete nach Brüssel zu lösen, und diese Route zu wählen. Nachdem die beiden Kumpane verduftet sind, will Jedermann die Flucht als selbst­verständlich vorausgesehen haben. Wenn dem so war.

warum hat man nicht früher Verkehrungen getroffen, warum hat nicht einmal der Vermaltungsrat sich ge­rührt, nachdem bekannt war, daß eine förmliche Hetze nach Geld ausgebrochen war und Wechsel im Betrage von 150,000 Francs seit sechs Tagen protestiert waren, die Zahlung aber unmöglich schien?

Die Erklärung für die Heilwirkung des Chinins gegenüber der Malaria ist, wie die Post schreibt, gefunden. Bekanntlich ist das Chinin als Heilmittel der Malaria eines der wenigen sicher wirkenden besonderen Heilmittel, über welche die Heil­kunde verfügt. Man erklärte sich die Wirkung bisher dadurch, daß man annahm, daß das Chinin ein Nerven- heilmittel sei, das einen günstigen Einfluß auf die bei der Maleria sich abspielenden unbekannten Vorgänge im Nervensystem ausübe. Schon 1867 hat Prof, vr. Karl Binz in Bonn eine andere Deutung der Chininwirkung gegeben, die, damals wenig beachtet, erst jetzt in ihrer vollen Richtigkeit sich zeigt, nachdem die Ursache der Malaria in einem niedrigsten Lebe­wesen, dem zur Klasse der Protozoen oder Amöben gehörigen vlaswoäium walurias, entdeckt worden. Schon damals zeigte Binz, daß neutral oder schwach basisch reagierendes salzsaurcs Chinin ein starkes Gift für die Protoplasmen verwesender Pflanzen ist und auf viele Gährungs- und Fäulnisvorgänge stark hemmend wirkt. Binz wies auch die Giftigkeit des Chinins für die Amöben des Süßwassers nach. Sind deren Bewegungen im vollen Gange und fügt man dann die sehr verdünnte Lösung neutralen oder schwach basischen Chinins hinzu, so hören sofort die Beweg­ungen auf, und die Tierchen zerfallen sehr bald. Auch bei sehr starker Verdünnung des Chinins bis auf 1 zu 30000 tritt diese Wirkung hervor, freilich erst nach einigen Stunden. Binz faßte damals seine Ansicht dahin zusammen, daß das Chinin nicht vom Nervensystem aus wirkt, sondern es unterdrückt das Malariafieber und seine sämtlichen Symptome, also auch die intermittieren­den Anfälle durch Lähmung seiner Ursache, welche wahrscheinlich ein niederster Organismus ist. Diese Voraussicht hat sich nach 25 Jahren verwirklicht. A. Laveran, der Entdecker des Malariaplasmodiums, hat auch nachgewiesen, daß dieser Organismus nach Verabreichung von Chinin aus dem Blute der Malaria­kranken, er lebt innerhalb der roten Blutkörperchen, verschwindet und auch bei unmittelbarer Einwirkung des Chinins auf die Amöbe diese tötet. Vermischt man einen Tropfen schwefel- oder salzsauren Chinins mit einem Tropfen malarischen Blutes, so hören die Bewegungen des kleinen Blutparasiten auf, er wird zum Kadaver. Jetzt kann die Behandlung der Malaria durch Chinin eine rationelle Therapie werden; dem kausalen Bedürfnis des menschlichen Geistes kann nicht mehr entsprochen werden, als wenn man eine Krankheit durch unmittelbare Vernichtung ihrer Ursache bekämpft. Für die allopathische Medizin ist dies ein großer Triumph.

Gottesdienst

am Sonntag, den 3. Januar.

Vom Turm: 109.

Vorm.-Predigt: Herr Stadtpfarrer Eytel. 1 Uhr Christenlehre mit den Töchtern. 5 Uhr Bibclstunde im VereinShaus: Herr Dekan Braun.

Montag Confirmandenanmeldung.

Amtliche Kelranntvmchuugev.

K. Amtsgericht Neuenbürg.

Steckörieferneuerung und Aieöstahksanzeige.

Der gegen den Taglöhner Wilhelm Bockhorny von Aidlingen OA. Böblingen am 10. August 1891 erlassene Steckbrief Fahndunasblatt Nr. 185 wird

erneuert.

Bockhorny ist (außer früher begangenen Diebstählen) verdächtig, er habe zu Neuweiler OA. Calw aus dem Hause der Witwe Christine Pfeiffer deren Sohn Ernst Pfeiffer in der Zeit vom 4. bis 8. Dezember 1891 eine silberne Uhrkette im Wert von ca. 15 und am 16. Dezember verschiedene Kleidungs­stücke im Wert von etwa 50 nemlich einen neuen Anzug (Juppe, Weste und

Hose) aus karriertem Stoff mit etwas Rot, eine ältere aber noch gut erhaltene dunkle Juppe und Hose, eine noch neue Tuchkappe, zwei weiße Hemden mit einem goldenen Ärustknöpfchen und einem Gummikragen, sowie einen Militär-(Land- sturm-)Paß auf den Namen des am 10. September 1869 zu Rotensol OA. Neuenbürg geborenen Ernst Pfeiffer lautend, entwendet.

Die Kette ist eine sogen. Panzerkette, sechsfach, am oberen Ende mit einem Pferdekopf, an welchem eine kleine silberne Pistole und ein Rößlein, einen Siegel­stock darstellend, hängen.

Bockhorny ist am 16. November 1891 aus dem Amtsgerichtsgefängnis

zu Breiten entsprungen und treibt sich, wie es scheint, vorwiegend im Oberamt Calw umher, wo er abgelegene Ortschaften und Gehöfte aufsucht.

Derselbe 28 Jahre alt, 1,70 m groß, breitschulterig, mit braunen Haaren, dunklen Augen, ziemlich großem Mund, gesunder, sonnverbrannter Ge­sichtsfarbe trägt vermutlich einen Teil der gestohlenen Kleider am Leibe und benützt den entwenoeten Militärpaß zu seiner Legitimation.

Um energische Fahndung wird gebeten.

Den 30. Dezember 1891. Amtsrichter

Weber.

Die Teilgemeindepflege Oberriedt hat gegen gesetzliche Sicherheit

SSV Mark

zum Ausleihen.

Rechner Schnürle.

Prirml-Arrzeigeu.

Ein Junge, welcher Lust hat, die Bäckerei zu erlernen, findet eine

Lehrstelle.

Zu erfr. bei der Red. d. Bl.

<^er Unterzeichnete erklärt, daß er die über Herrn Verwaltungs-Aktuar Lad n er in Calw und Herrn Kauf­mann Heinrich Ehmert von Simmoz- heim am 28. Oktober d. Js. zu Calw gemachten Aeußerungen als der Wahr­heit nicht entsprechend zurücknehme.

Calw,

Simmozheim,

Friedrich

den 30. April 1891. Nüstlc, Landwirt.

Wandkalender,

pr. Stück zu 10 ^ im Compt. ds. Bl.