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zell gelegenenGlasbrunnen", aus welchem der Län­genbach entspringt und aus welchem die Einwohner von Unterlengenhardt schon bisher in Zeiten des Frosts und der Dürre ihren Wasserbedarf bezogen haben sunter vielen Mühseligkeiten und mit großem Zeitverlust; denn der Brunnen liegt vom Orte Stunde entfernt und der steile Waldweg, der herab­führt, ist beschwerlich^ wird gegenwärtig ein Pump­werk aufgestellt, durch welches das frische Quellwasser in eisernen Röhren zu der Höhe des Bergvorsprungs, auf welchem der kleine Ort liegt, Hinaufgetrieben wird, um von dort aus teils dem Ortsbrunnen zu­geführt, teils in die einzelnen Häuser geleitet zu wer­den. Ein bewährter Wasserbautechniker ist mit der Ausführung der Arbeit betraut. Die Unterhaltungs­kosten der neuen Anlage werden voraussichtlich ganz unbedeutend sein, da das Pumpwerk durch das Ge- fäll des Wassers selbst getrieben wird. Dagegen ist der Aufwand für die Herstellung des Pumpwerks und der Leitungen um so größer. Die Kosten be­laufen sich nach dem Voranschlag auf ca. 36,000 Die Gemeinde, die nur einen kleinen Teil dieser Summe aus vorhandenen Mitteln bestreiten kann, hat zur Ausführung dieses gemeinnützigen Unterneh­mens eine Schuld ausgenommen, die im Lauf von 60 Jahren getilgt werden soll. Möge das Beispiel dieser kleinen, kaum 200 Einwohner zählenden Schwarzwaldgemeinde auch anderen Orten, denen es an frischem Trinkwasser fehlt, zur Ermunterung die­nen, und möge nun der Glasbrunnen, dem das Städt­chen Liebenzell den größten Teil seines Gewerbe­betriebs verdankt, indem nicht blos unsere 2 Mahl­mühlen, sondern auch eine Eisenwaarenfabrik, eine mechanische Schlosserei, eine Filzstofffabrik, eine Woll­spinnerei, eine Papiermühle durch den aus dem Glas­brunnen entspringenden Längenbach getrieben werden, hinfort auch der Gemeinde Unterlengenhardt sich als ein Segsnsquell erweisen! Man darf sich der Hoff­nung hingeben, daß die Wasserwerkbesitzer des Längen­bachthals in ihrem Geschäftsbetrieb keine Störung dadurch erleiden werden, daß jetzt von der Wasser­menge, die der Glasbrunnen spendet, ein kleiner Teil bergaufwärts statt thalabwärts geleitet wird. Am ehesten dürfte der Abmangel auf der nur 6 Minuten unterhalb der Quelle gelegenen sogenanntenMaisen- bacher Sägmühle" zu spüren sein, welch» jedoch im vergangenen Sommer einen neuen Besitzer bekommen hat, der schon beim Kauf des Anwesens die Wasser­leitungs-Anlage der Gemeinde Unterlengenhardt in Rechnung nahm, während sein Vorgänger durch jahre­langen nutzlosen Streit um sein vermeintliches Recht sich selbst nur Sorge und Schaden bereitet hat.

Birkenfeld, 9. Dez. Der Güterzug 1064 ist gestern abend 7,24 beim Einfahren in die hiesige Station entgleist. Drei beladene Güterwagen sind erheblich beschädigt. Personen sind nicht verletzt. Die Geleise waren infolge des Unfalls für die Züge, die gestern abend auf der Strecke PforzheimWildbad noch zu verkehren hatten, gesperrt, so daß an der Unfallstelle umgestiegen werden mußte. Die Ursache

der Entgleisung ist noch nicht mit Sicherheit ermittelt, vermutlich ist ein Achsenbruch vorgekommen.

Ulm, 4. Dez. Im hiesigen Dragonerregiment sind seit 8 Tagen die neuen, geraden Säbel einge­führt; es werden denselven bei geringer Schwere und großer Handlichkeit die besten Eigenschaften einer Hieb­und Stoßwaffe nachgerühmt.

Vom Niederrhein, 6. Dez. Da mit An­fang nächsten Jahres das neue Wildschadengesetz in Kraft tritt, haben viele Jagdpächter die Jagdverträge gekündigt. Der Wildstand ist gegen die früheren Jahre im allgemeinen erheblich zurückgegangen; bei Treibjagden wird oft kaum ein Drittel des früher erlegten Wildes zur Strecke gebracht. Die Wild­schadenersatzpflicht und der verringerte Wildstand ver­ursachten ein Sinken der Jagdpachtpreise. An dem verringerten Wildstande sind die ungünstige Witterung des letzten Jahres und auch die Wilddieberei schuld. Die Wilddieberei wird jetzt stellenweise mit großer Keckheit betrieben. Zu der Stunde, als in Weeze der von Wilderern erschossene Revierjäger des Grafen Los beerdigt ward, wurden in dem Jagdrevier, worin der Jäger erschossen worden war, förmliche Treib­jagden von Wilddieben abgehalten. In einer andern Jagd gingen hinter den berechtigten Jägern Wild­diebe, welche das den erstem durchgegangene Wild erlegten. Die Jagdhüter sind in Ausübung ihres Berufes ihres Lebens nicht sicher.

Aus Oberbayern, 4. Dez. Nach einer 20jährigen Pause wird Heuer, wie demPfalz Kur." berichtet wird, der uralte Brauch des Haberfeldtreibens in geradezu verblüffend ungenierter und häufiger Weise ausgeführt. Auf das Massentreiben in Schlier­see vor einigen Wochen haben sich mehrere Fälle ge­häuft und stets hatte die Behörde das Nachsehen. Vom Hannbald wird neuerdings gemeldet, daß sich in Feldkirchen, einem Dorf am Inn, in der letzten Samstagnacht an 50 Haberer zum Rügegericht ein­fanden, welche alle Utensilien, Böller, Windmühle, Ratschen u. s. w. und sogar einige Faß Bier mit­brachten. Da jedoch, aus welchem Grund ist unbe­kannt geblieben, der Haberermeister ausblieb, konnte der alten Satzung gemäß, wonach nicht Einer fehlen darf, nichtgetrieben" werden. Die Haberer ent­nahmen der Schießstätte von Feldkirchen eine Anzahl Böller, die sie beim Abzug geladen stehen ließen, so daß die Gemeindeverwaltung Tags darauf ein amt­liches Böllerschießen zur Entladung veranstalten mußte. Die gleichfalls stehen gelassene Windmühle wurde auf Befehl verbrannt. Eigentümlich bleibt, daß es, wie vor 20 Jahren, auch jetzt den Behörden nicht gelingen kann, Haberer zu erwischen.

(Attentat auf einen Bürgermeister.) DerBohemia" wird unter'm 7. Dezember aus Bürgst ein (bei Böhmisch-Leipa) gemeldet: Wäh­rend der dortige Bürgermeister heute um halb 8 Uhr abends mit seiner Familie beim Nachtmahl saß, fiel ein Schuß durchs Fenster und traf ihn so unglücklich,.

53 Turnfreunden, 20 aktiven Turnem und 28 Zög­lingen. Geturnt wurde an 72 Abenden, woran sich 433 Turner und 1202 Zöglinge beteiligten. Turn­fahrten wurden 2 kleinere an Sonntag Nachmittagen ausgeführt. In den Turnrat wurden gewählt: Durch Acclamation als Vorstand Emil Georgii sen., als Schriftführer und stellvertretender Vorstand Emil Staudenmeyer, als Rechner H. Marquardt, als erster Turnwart Paul Georgii, als zweiter Turnwart Georg Baumann und die 3 weiteren Mitglieder Oberamtsarzt Dr. Müller, Hermann Wagner und Friedrich Pfrommer, Gauturnwart. Die Aufforderung zur Bildung einer Männerriege hatte den erfreulichen Erfolg, daß sich dieselbe in Stärke von 10 Mann constituirt hat und weiterer Zuzug in Aussicht steht. Die Versammlung wurde geschlossen mit einem Appell des Vorstands an jung und alt, sich recht fleißig an den Turnübungen zu beteiligen, wodurch Gesundheit, Frische des Gerstes und Körpers und ein größerer und längerer Lebens­genuß erzielt werde.

* Calw. Die Heilsarmee will nun auch hier Ol festen Fuß fassen. Von Stuttgarter Mitgliedern dieser Sekte wurden in den letzten Tagen in der Bahnhofstraße einige Lokalitäten gemietet, die als Wohnung und als Betsaal dienen sollen. Die Ver­sammlungen werden schon in der nächsten Zeit ihren Anfang nehmen. Wir bezweifeln, ob Calw ein frucht­barer Boden für die Heilsarmee ist und wir vertrauen dem guten Sinn der hiesigen Einwohner, daß sie von diesem phantastischen Zerrbild religiöser Erbauung und Bekehrungssucht sich ferne halten. ^

-o? Liebenzell, 10. Dez. Die Bauarbeiten an unserer Arche sind seit einigen Tagen eingestellt: nur hie uno da ist noch ein Steinhauer beschäftigt, eine Accordarbeit, die er unternommen hat, zu voll­enden und einzelne Taglöhner mühen sich, den Kirch­hof von aufgehäuftem Schutt und von entbehrlichem Material zu reinigen. Nachdem im vergangenen Som­mer und Herbst das Langhaus der Kirche neu auf­gebaut und unter Dach gebracht worden ist, wird im kommenden Frühjahr die Restauration des Chors und der innere Ausbau unseres Gotteshauses Nachfolgen. Die Vollendung des Bauwesens können wir vorVer- fluß eines zweiten Baujahrs nicht in Aussicht nehmen, in dem Fall umsoweniger, wenn unsere Hoffnung sich erfüllt, daß die K. Staatsfinanzverwaltung sich dazu herbeilassen wird, auch an dem Kirchturm noch eine umfassende Reparatur vorzunehmen. Dagegen wird eine zum hiesigen Kirchspiel gehörige Filialgemeinde noch in diesem Jahre die Vollendung eines Werks erleben, das, seit Jahren geplant, im vergangenen Sommer endlich in Angriff genommen worden ist, und das der unternehmenden Gemeinde, wie man hoffen darf, für alle Zukunft zum Segen gereichen wird. Die Gemeinde Unterlengenhardt, OA. Neuenbürg, die fast jedes Jahr, im kalten Winter ebenso wie in heißem Sommer, mit Wassermangel zu kämpfen hatte, hat sich entschlossen, eine Wasser­leitung zu bauen. An dem 3 Icm westlich von Lieben­

tasche in der Hand und lenkte ihre Schritte nach dem Bahnhofe, von welchem frei­lich erst in zwei Stunden der erste Frühzug abgehen sollte. Noch wußte Felicitas nicht einmal, wohin ihre Flucht sie führen und wo sich ihr eine neue Heimat öffnen würde; aber sie war erfüllt von der unumstößlichen Gewißheit, daß ihres Bleibens nicht länger sein dürfe unter dem Dache eines Mannes, dessen Antlitz sie fortan nicht mehr ohne Grauen und Abscheu hätte erblicken können.

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Seit Menschengedenken hatte keine Neuigkeit in der alten Handelsstadt so ungemessenes Aufsehen hervorgerufen, als die Kunde von dem entsetzlichen Schicksal derFelicitas". Schon in frühester Morgenstunde des nächsten Tages wußte es Jedermann, und auf den Straßen, in den Kaffeehäusern, wie in den Schreibstuben der Kaufleute sprach man von nichts anderem, als von dem Untergang des prächti­gen Schiffes, des stolzesten, welches jemals unter hanseatischer Flagge das Weltmeer durchkreuzte. Und die öffentliche Meinung urteilte einstimmig, daß die neue Gesell­schaft damit den Todesstoß erhalten habe. Alle Begeisterung für das gestern noch so überschwänglich gepriesene Unternehmen war urplötzlich zerstoben, und wer nur immer sich im Besitz einiger, vielleicht mit Not und Mühe erlangten Wien befand, der eilte zu seinem Bankier, um sie an der heutigen Börse verkaufen zu lassen um jeden Preis.

Die Folge dieser allgemeinen Entmutigung war, wie es der General-Konsul mit kaufmännischer Sicherheft vorausgesehen hatte, ein Kursrückgang, für den es selbst nach den Erinnerungen der ältesten Börsenbesucher an einem Beispiel in der Vergangenheit fehlte. Und da sich auch zu den niedrigsten Preisen keine Käufer fanden, kam dieser Rückgang für den Augenblick einer völligen Entwertung gleich. ES war nur natürlich, wenn sich dem General-Konsul Röhrsdorf, der überall als der Schöpfer und die Seele des gewaltigen Unternehmens galt, die Teilnahme der weitesten Kreise in gewöhnlichem Maße zuwandtr. Man bedauert« ihn um so mehr.

als er ja an dem jetzt unvermeidlich scheinenden Zusammenbruch völlig schuldlos war, und in das Bedauern mischte sich, soweit die kaufmännische Welt in Betracht kam, ein Mißtrauen und eine Besorgnis, die unter den obwaltenden Umständen wohl erklärlich sein mußten. Eines von jenen Gerüchten, deren Ursprung und tatsäch­liche Unterlage sich niemals feststellen lassen und deren Wirkung darum doch keine geringere zu sein pflegt, wollte wissen, daß er gezwungen sein werde, sofort seine Zahlungen einzustellen. Man war fast erstaunt, als Röhrsdorf trotzdem an seinem gewohnten Börsenplätze erschien und seine Abschlüffe machte, wie wenn die Folgen jenes Ereignisses seinen eigenen Geschäftsbetrieb nicht im mindesten berührten. Er sah ernst und angegriffen aus, und einige wollten sogar Thränen in seinen Augen gesehen haben, als er von den unglücklichen Opfern des Schiffbruchs und von dem Kummer ihrer Angehörigen sprach; aber er hatte trotz alledem nicht den Anschein eines entmutigten und gebrochenen Mannes. Die Zahlungen an seinen Kaffen wurden ebenso pünktlich geleistet wie zuvor, und großer Zuvorkommenheit wurden sogar größere Summen erstattet, die erst nach geraumer Zeit fällig gewesen wären. Das waren triftige Veranlassungen, die Glaubwürdigkeit jenes unheimlichen Gerüchts zu bezweifeln, und als nun mehrere Tage vergingen, ohne daß in dem ordnungs­mäßigen Lauf der Dinge eine Wandlung eingetreten wäre, da kehrte allgemach das Vertrauen der kaufmännischen Kreise in Hugo Röhrsdorf's Zahlungsfähigkett zurück, und wenn man auch die von ihm begründete Gesellschaft verloren gab, so hielt man sich doch mehr und mehr überzeugt, daß sein Aktienbesitz zur Zeit jener ver­hängnisvollen Wendung geringer gewesen sein müsse, als er allgemein geschätzt worden war.

Dafür aber, daß sein Name dessenungeachtet ein Gegenstand des GeredeS- blieb, sorgten verschiedene Umstände von ganz anderer Art.

Fortsetzung folgt.