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daß er sofort tot zusammenstürzte. Wie sich heraus­stellt, war es ein meuchlerisches Attentat, welches an dem Bürgermeister verübt wurde. Die Ladung des Schusses bestand aus gehacktem Blei. Von dem Thäter hat man keine Spur; man glaubt allgemein, daß es sich um einen Racheakt handelte.

Mm politische Md Wirtschaftliche Lage und Stimmung w Stadt Md Fand.

1V1L. Nagold, 4. Dezember.

Wenn wir unser Gesamturteil darüber in ein Wort fassen wollen, so brauchen wir blos das Wort Stimmung" durchVerstimmung" zu ersetzen. Zwar ruhen längst bei uns in Stadt und Bezirk alle Fehden zwischen den politischen Parteien, ja oberflächlich be­trachtet scheint Friede, nicht blos Waffenstillstand, zwischen ihnen zu herrschen. Wer aber, wie Einsender dieses, fast täglich mit allen Ständen verkehrt und tiefer blickt, vermag feit dem unfreiwilligen Rücktritt Bismarcks vom Steuerruder unseres deutschen Reiches eine Entmutigung der Deutschkonservativen und Nationalliberalen einer- und eine Ermutigung der Demokraten und Sozialisten andererseits recht wohl zu entdecken. Wie sollte dies auch anders sein an­gesichts der Thatsache, daß die Reichsregierung den alten Bismarck'schen Kurs im Verhalten gegen das jetzt den Reichstag beherrschende katholischeZentrum" wie in der Handelspolitik verlassen hat? Und warum sollte der offenkundige stärkere Zug nach Links im deutschen Volke, die Freisinnsinfluenza, wie sie unsere letzten Reichs- und Landtagswahlen beherrscht hat, an der Grenze unseres freilich bisher nahezu intakt gebliebenen Bezirkes Halt machen? Wesentlich ver­stärkt wurde die Verstimmung bei unfern konservativen Wählern durch die neue Belastung der Arbeitgeber mit dem freilich wohlgemeinten Alters- und Jnva- liditätsgesetz. Das traurigste aber ist, daß die doch mehr als in irgend einem andern Lande bei uns vom Reiche und von den Arbeitgebern nunmehr beschenkten und versorgten Arbeiter selbst statt dankbarer oder doch zufriedener häufig nur noch unzufriedener und anspruchsvoller geworden sind? Insbesondere aber gewahrt man in allen Kreisen der Bevölkerung eine begreifliche Unruhe, und zwar bei den Produzenten und Konsumenten je nach ihrem Erwerb, teils Hoff­nungen teils Befürchtungen, wegen der Folgen der aufIzwölf Jahre abgeschlossenen neuen Handels­verträge mit Oesterreich, Italien und der Schweiz. Run, wir werden ja schon bei der Mitteilung der so

lange geheimgehaltenen Verträge, jedenfalls aber schon im Laufe von 1892 erkennen, wer mit feiner Hoff­nung oder seiner Furcht richtig gerechnet hatte. Die Genehmigung der Verträge wird ja wohl selbst durch die beredteste und begründetste eventuelle Warnung Bismarcks, des Schöpfers unserer segensreichen Schutz­zollpolitik, und durch die Opposition der Konservativen nicht mehr abzuwenden sein. Das Geschäft der Zu­stimmung scheint ja längst fertig gemacht, bevor da­rüber im Reichstag beraten wird! Werden doch die Zentrumspartei und die Polen ihren schuldigen Dank für Herausgabe derSperrgelder" und für die neuesten Konzessionen in Polen mit ihrer Abstimmung zu gunsten der Handelsverträge bezahlen, die Demokraten und Sozialisten aber diese Verträge als eine Ab­schlagszahlung an ihrer alten Forderung des Verzichts auf alle Lebensmittelzölle gutheißen. Auch wir Schutz­zöllner wollen und müssen ja zugeben, daß die Renys- regierung bei dieser ihrer neuen Handelspolitik an sich sehr wohlmeinende Absichten für unser Vaterland verfolgt, daß sich auch solche Verträge ohne wechsel­seitige Benachteiligung einzelner Erwerbszweige in dem einen wie in dem andern Lande gar nicht abschließen lassen, daß vielmehr das Ganze auf gegenseitigen Begünstigungen einer- und Opfern andererseits be­ruhen muß. Auch hat die Reichsregierung das Recht und die Pflicht, unsere Bergwerks- und Textilindustrie zu gunsten der Arbeitgeber wie der Arbeiter für ihren Absatzverlust (besonders seit der nordamerikanischen Mac Kinley-Bill) durch Sorge für verstärkten oder neuen Warenabsatz nach Oesterreich, Italien und der Schweiz möglichst schadlos zu halten. Aber mindestens ebensoviele Sorge für ihre Interessen beansprucht auch unsere Land- und Waldwirtschaft und unsere Sägwerkindustrie. Wenn daher die bis­herigen Schutzzölle für ihre Produktedurch die neuen Verträge zu gunsten Oesterreichs, Italiens und der Schweiz (wegen seines Meistbegünstigungs­rechts auch Frankreichs) herabgesetzt werden, so ist offenbar eine solche Ueberschwemmung des deutschen Marktes mit den nämlichen Produkten aus diesen Nachbarstaaten zu befürchten, daß unsere Bauern, Weingärtner, Waldbesitzer und Sägwerke solange geradezu in ihrer Existenz bedroht sind, als man nicht durch entsprechende höhere Zollschranken gegen Nord­amerika, Indien, Australien, Rußland und Schweden- Norwegen die Einfuhr der dort produzierten nämlichen Waren nach Deutschland einzuschränken vermag. Nur in dieser Hoffnung ließe sich die Versöhnung der Bauern, Wald- und Sägwerkbesitzer mit den neuen Verträgen voraussetzen. Wenn auch die ersteren jetzt

durch die infolge des russischen Notstandes und der künstlichen Preissteigerungen der Börsen erhöhten Getreide- und Viehpreise vorübergehend begünstigt erscheinen, so klagen andererseits die Hopfenbauern darüber, daß auch Heuer wieder der Rahm ihrer Jahresarbeit von den beim Einkauf schlau zusammen­haltenden Hopfenhändlern abgeschöpft wurde! Ganz ebenso bleibt nachweisbar weitaus der meiste Prosit unserer scheinbar so blühenden deutschen Möbel­fabrikation nicht den Produzenten, sondern fließt in die Taschen der Möbelhändler! Am meisten aber beschwert sich und mit Recht unser ansässiger Detailhandel über den Unsegen der offenbar zu weit getriebenen Gewerbefreiheit, insbesondere über die Konkurrenz der Hausierer, Detailreisenden, und der Engrosgeschäfte, seit die letzteren ihre Waren auch im Detail um herabgesetzte Preise durch briefliche Offerte mit Umgehung unserer Kaufleute in alle Privathäuser gelangen lassen. So treten fast alle Klaffen der Bevölkerung mit schwerem Herzen aus dem alten Jahre über in das neue. Nur Gott weiß, ob dieses unsere Lage und Stimmung verbessern oder am Ende gar noch verschlimmern wird.

Aus der deutschen Reichspost.

Wie erhält man seinen Körper gesund und seine Verdauung in Ordnung? Indem man bei Störungen sofort die echten Apotheker Ztichard Brandt's Schweizer­pillen, welche in jeder Apotheke s, Schachtel 1 ^ erhält­lich sind, gebraucht und hierdurch überflüssige, schädliche Stoffe aus dem Körper entfernt. Die auf jeder Schachtel auch quantitativ angegebenen Bestandteile sind: Silge, Aloe, Absynth, Bitterklee, Gentian.

Standesamt Kalrv.

Geborene:

5. Dez. Anna Katharine Wilhelmine, T. des Karl

Schüler, Maschinenstrickers hier.

9. Ludwig August, S. des AugustGakenheimer, Bäckermeisters hier.

Gestorbene:

6. Dez. Christian Friedrich Schechinger, Tuch-

scheerer hier, 67 Jahre alt.

Gottesdienst

am Sonntag, den 13. Dezember.

Vom Turm: 92.

Vorm.-Predigt: Herr Stadtpfarrer Eytel. 1 Uhr Christenlehre mit den Söhnen. 5 Uhr Abendpredigt: Herr Dekan Braun.

Mittwoch 10 Uhr Betstunde.

Amtliche Kelranutmachungeu.

Revier Herrenalb.

SLangen-Uerkauf.

Am Sams- jjtag, den 19. zDezember, vor- lmittags 10 Uhr, (werden aus den Staatswald-

^ ^__ > ungen: Vorderer

Tannschachen, Mauzensteig, Geissteig, Rennbergkopf, Oberes Habichtsnest, Mitt­lerer Dobelberg, Mittleres Röhrach, Windplatte, Lankenwitschenwäldle, Gro­ßer Platz und Vorderer Hilsgraben: 110 Werkstangen I. Kl., 634 dto. II., 1340 dto. III., 1286 dto. IV. Kl.; 1905 Hopfenstangen I., 5370 dto. II., 3685 dto. III. Kl. (von den Hopfen­stangen sind 2200 Fichten); 65 Reis­stangen I. Kl-, 4245 dto. II. Kl., 5620

dto. III. Kl., 5750 dto. IV. Kl. und 30,875 dto. V. Kl. verkauft.

Zusammenkunft auf dem Rathaus in Dobel.

Konkursverfahren.

In dem Konkursverfahren über das Vermögen der offenen Handelsgesellschaft Ludmann <L Höfliger» Teigwaren­fabrik in Calw, ist mit Genehmigung des Gläubigerausschusses eine Abschlags­verteilung vorzunehmen. Der hiezu ver­fügbare Massebestand beträgt 3486

Die hiebei zu berücksichtigenden Kon­kursforderungen, die durchaus unbevor­rechtigt sind, belaufen sich nach dem auf der Gerichtsschreiberei des K. Amts­gerichts Calw zur Einsicht der Beteilig­ten niedergelegten Verzeichnis auf 23,139 ^ 13

Tein ach, den 9. Dezember 1891.

Der Konkursverwalter:

Amtsnotar Schmid.

Revier Hofstett.

Herkauf von Jorcheu-Stamuchokz auf dem Stock im Wege des schriftliche« Aufstreichs.

Gegenstand des Verkaufs ist das in nachstehenden Losen näher bezeichnet- Holz.

Die Angebote gelten einzeln für diejenigen Lose, welche in dem Offert be­zeichnet sind.

Das Ausschußholz aller Klassen ist zu 90°/» deS Revierpreises der betreffen­den Klassen angeschlagen.

Das ohne Unterscheidung mm Lang- und Sägholz in Prozenten und '/. Prozenten zu machende Gebot drückt bezüglich der normalen Ware Einheiten des Revierpreises und zugleich beMglich des Ausschußhohes Einheiten des oben bezeichnet«« Anschlags aus. ,

Die Revierpreise sind:

Langholz Kl. I. 20-^, Kl. II. 18 Kl. III. 15^, Kl. IV. 12 e^. Kl. V. 10^ Sägholz Kl. I. 18 Kl. II. 15 Kl. III. 12 ^

Dem Verkauf liegen die von K. Forstdirektion aufgestellten Bedingungen für den Submissions-Verkauf von 1890 für Nadelholzstammholz auf dem Stock zu Grunde.,

Bezüglich jeder weiter gewünschten Auskunft wende man sich an das Re­vieramt, welches auch Losverzeichnisse und Formulare für Angebote unentgeltlich abgiebt.

Das Holz wird auf vorangegangene Benachrichtigung vorgezeigt und zwar: Los-Nr. 1 bis 3 von Forstwächter Zehender in Agenbach.

Los-Nr. 4 und 5 von Forstwächter Seybold zur Rehmühle.

Das Holz wird nicht angerückt.

Uebergabetermin: 15. Januar 1892, wenn die Witterung es zuläßt, außerdem baldmöglichst.

Abfuhrtermin: 1. Dezember 1892.

Die Gebote sind unter genauer Bezeichnung der Lose, für welche solche gemacht werden, unterschrieben und verschlossen mit der Aufschrift:

»Gebot auf Nadelstammholz auf dem Stock vom Revier Hofstett"

bis 19. Dezember 1891, vormittags 10 Uhr, beim Revieramt Hofstett einzureichen und findet um 11 Uhr vormittags die Eröffnung in der Rehmühle statt, welcher die Bietenden anwohnen können.

Los

Stamm

Stück-

Langholz

Im

Waldteil

I.

II.

HI.

IV.

Ganzen

Nro.

zahl

Festm.

Fm.

Hut Agenbach.

7. Heselsteig ....

33. Teufelsberg . . .

34. Oldengrund . . . Hut Rehmühle

Schindelhardt

9. Mühlloch .... 44. Vord. Sommerberg / 50. Wolfsäckerle . . j

1 .

2.

3.

4.

5.

1/60

61/139

141/144

145/160

1/80

81/90

91/100

60 ^ 83

16

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10

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84

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79

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2

3

12

138

194

47

195

26 t 32 j