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— Die jüngsten über Australien aus Samoa eingetroffenen Postnachrichten besagen, daß in Apia große Besorgnis wegen der kriegerischen Haltung Ma- taafa's herrschte. Der unzufriedene Häuptling wohnt jetzt in Malis von einer großen Gefolgschaft Wilder umgeben. Der König hat ihm befohlen, nach Apia zu kommen, Mataafa aber hat sich dessen geweigert, weil er Verhaftung befürchtete. Der Stadtrat von Apia befürchtet einen Angriff Mataafa's und hat deshalb um die Dienste des deutschen Kanonenbootes „Sperber" ersucht. Der englische, amerikanische und deutsche Consul haben in einer gemeinsam erlassenen Proklamation erklärt, daß die europäischen Mächte entschlossen sind, die Regierung des Königs Malietoa zu stützen. In der Proklamation wurde den Eingeborenen befohlen, auseinanderzugehen und sich innerhalb vier Tagen nach Hause zu begeben. Die Proklamation hat eine heilsame Wirkung gehabt und die Panik ist in gewissem Maße verschwunden. Es scheint also doch, daß auch auf Apia nach und nach wieder geordnete Verhältnisse Platz greifen.
Tages Ueuistkeilen.
(Amtliches aus dem Staatsanzeiger.) Bei der im Juni—Juli stattgehabten Abiturientenprüfung hat das Zeugnis der Reife erlangt: Mezger, Eberhard, Sohn des Pfarrers Mezger in Altburg.
* Calw, 7. Sept. Der rühmlichst bekannte Konzertsänger Karl Diezel aus Berlin gab am Samstag abend im Thudium'schen Saale ein Konzert, das den Zuhörern reichen Genuß gewährte und allgemein hoch befriedigte. Der Konzertgeber erntete auch diesmal ivieder durch die künstlerisch abgerundete und überaus klangvolle Vortragsweise den reichsten Beifall; wir erwähnen besonders das „Haidenröslein" von Schubert und „Lorbeer und Rose", Duett (gesungen von den Herren Diezel und Helfferich) für 2 Tenöre von Grell. Der Calw er Liederkranz sang 2 Chöre „Waldlied" von Mangold und „Der junge Fähndrich" von Schnyder und gab damit dem Publikum einen schönen Beweis seines Könnens. Zwei Violinstücke mit Klavierbegleitung, ein Larghetto von Mozart und eine Aria von Antonio Lotti, wurde von Hrn. G. Baumann in vorzüglicher Weise wiedergegeben; ebenso wurden die Klavierbegleitungen von den Herren Vinqon und Müller aufs Beste durchgeführt.
Calw. In Möttlingen fiel in der vergangenen Woche der schon bejahrte Schreinermeister Stanzer so unglücklich von der Bühne herab, daß er an den Folgen des unglücklichen Sturzes verschied.
Calw. Die Tage beginnen bereits recht merklich kürzer zu werden, und nunmehr wird die Lampe abends wieder gebraucht. Da ist es wohl am Platz, daran zu erinnern, daß Lampen, welche längere Zeit nicht im Gebrauch waren, einer gründlichen Reinigung und insbesondere auch einer Erneuerung des Dochtes bedürfen. Bei Petroleumlampen bildet sich in den Glasbehältern für das Oel auch leicht Gas,
so daß es unter Umständen gefährlich ist, eine längere Zeit nicht benutzte Petroleumlampe anzuzünden, bevor dieselbe gereinigt und der Oelbehälter geöffnet worden. — Naturfreunde machen wir darauf aufmerksam, daß am Sternenhimmel Jupiter jetzt sehr gut zu beobachten ist, da er eine ganz bedeutende Helligkeit besitzt und während der ganzen Nacht über dem Horizonte bleibt. Seine 4 Monde, die ihn umgeben können mit einem Opernglas deutlich gesehen werden.
u. Hirsau,?. Sept. Letzten Samstag, den 5. ds. Mts., von abends 8 Uhr an hat der hiesige Liederkranz zu Ehren seines Gründers und langjährigen Leiters, des nach Nufringen, OA. Herrenberg, abgehenden Hrn. Schulamtsverwesers G. Lehrer im Gasthaus zum „Rößle" ein von einer sehr großen Anzahl hiesiger Bürger, zum Teil mit Familie, und ebenso von hiesigen Beamten besuchtes Konzert veranstaltet, in welchem ein trefflich gewähltes, reichhaltiges Programm, dessen Durchführung von der guten Schulung des Vereins Zeugnis ablegte, unter Leitung des hiesigen Lehrgehilfen, Hrn. Knüller, sich abwickelte. Außer verschiedenen Männerchören und Quartetten samt Klavierspiel kamen eine ganze Reihe von Soli (von Schumann, Silcher, Frech rc.) zum Vortrag, wobei die Herren Knüller, Lehrer und Schreinermeister Beckh besonderen Beifall ernteten. Ein komisches, von in Schwarzwälder Bauerntracht gehüllten Sängern ausgeführtes, von den entsprechenden Handlungen begleitetes Quintett: „Gemeinderatssitzung" von Heinze, erregte stürmische Heiterkeit. Am Schluß seiner längeren Rede brachte der Ortsgeistliche auf den Scheidenden ein mit Begeisterung aufgenommenes dreifaches Hoch aus. Späterhin ward seitens des Vorstandes, Herrn Kär- cher, dem verdienten Direktor eine schöne Uhrkette samt einer sämtliche Vereinsmitglieder recht gut darstellenden, großen Photographie (von Fuchs in Calw) als Vereinsgeschenk unter passenden Worten überreicht, woran sich dann noch eine herzliche Ansprache seitens des Hrn. Forstwächters Gnamm anschloß. Möge, so lautete aller Festteilnehmer herzlicher Wunsch, dem Scheidenden am neuen Wirkungskreis viel „Glück und Heil" beschieden sein!
* Altheng st et t. Wie groß die Frechheit gegenwärtig ist, dürfte aus Folgendem ersichtlich sein. Vor etwa 3 Wochen wurde vormittags aus der Wohnstube eines Hauses ein Stück gebleichtes Tuch gestohlen, während die Eigentümerin in dem vor dem Hause befindlichen Garten beschäftigt war. Der Dieb scheint aber von Gewissensbissen gepeinigt worden zu sein, denn man fand das Tuch vor 8 Tagen wieder auf einer Wiese in der Nähe des Orts. — Was die Unvorsichtigkeit beim Gebrauche von Futterschneidmaschinen zur Folge hat, sieht man daraus, daß vor 8 Tagen ein 7jähriger Knabe seine rechte Hand in die Maschine brachte, wodurch ihm einige Finger vollständig zermalmt wurden und 2 davon
amputiert werden mußten. — Am 1. Sept.. stürzte ein 66jähriger, blinder Mann, der immer noch irm Hause thätig sein wollte, in der Scheune wenige Meter hoch herab, zertrümmerte sich den Schädel und' wurde von dem heimkehrenden Sohn als Leiche auf-- gefunden.
— Zufolge Entschließung des K. Ministeriums der auswärtigen Angelegenheiten, Abteilung für die Verkehrsanstalten, vom 4. September wird vom 7. September an Werktags ein weiterer Personenzug mit Wagen III. Klasse von Pforzheim nach Neuen-- bürg ausgeführt:
Pforzheim ... ab 6.11 abends Brötzingen . . „ 6.H „
Birkenfeld . . . „ 6.11 „
Bahnwärterhaus 11 „ 6.11 „
Neuenbürg . . an 6.11 „
Stuttgart, 4. Sept. Auf die vielfachem Klagen, welche seitens eines Teiles der hiesigen Altstadt wegen unpünktlicher Briefbestellung geführt wurden, veranlaßte die Postverwaltung kürzlich eine Haussuchung bei dem Briefträger des betreffenden Viertels. Bei dieser Gelegenheit wurden etwa 200 unbestellte Briefschaften aufgefunden. Ob hier bloße Bequemlichkeit des Briefträgers vorliegt, oder andere Gründe bei der Veruntreuung maßgebend waren, wird die weitere Verfolgung der Angelegenheit ergeben. " Frkf. I.
Eßlingen, 4. Sept. Gestern Abend zwischeir 5 und 6 Uhr zog ein schweres Gewitter über unsere Markung hin. Dasselbe war von einem heftigen Sturm begleitet und brachte einen wolkenbruchsrtigen Regen, so daß das Wasser in den Straßen der nieder gelegenen Stadtteile wie in Bächen dahinfloß; etwa 10 Min. lang gingen mit dem Regen auch Hagelkörner nieder in der Größe von Haselnüssen. Sturm und Hagel haben den Obstbäumen stark zugesetzt und Aeste, Blätter und Früchte an denselben abgerissen; der Pferdezahnmais liegt geknickt am Boden und wird sich nicht mehr erheben; auch das Welschkorn und die Bohnen haben von Sturm und Hagel stark gelitten.
Tübingen, 3. Sept. Heute abend gegen 5 Uhr hatten wir bei einem heftigen Gewitter beträchtlichen Hagelschlag. Die einzelnen Körner erreichten Taubeneiergröße und darüber und waren sehr kompakt, so daß in der Stadt durch Zertrümmern von Fensterscheiben, Blumentöpfen u. s. w. Schaden angerichtet wurde. Die Ernte ist glücklicherweise unter Dach und Fach. An dem Hopfen dürfte aber das Wetter ziemlichen Schaden angerichtet haben, ebenso am Obst und den Gartengewächsen.
Bietigheim, 4. Sept. Seit August vor. Js. besteht unter der Vorstandschaft des Kaufmanns Binder von hier für das Oberamt Besigheim ein Vogel- und Geflügelverein, der sich vor allem die einheimischen Vögel zu schützen bestrebt, aber auch die Züchtung von Tauben und Hühnern und sonstigem
Welt die Wahrheit erfahren hätte? Weil mein Vater in seiner starrsinnigen Verblendung den Reichtum ausschlug, welchen ich ihm bot, — weil er darauf bestand, der kleine, armselige Kanzleibeamte zu bleiben, nur um seiner entlaufenen Tochter incht zu Dank verpflichtet zu sein, — dämm sollte auch ich unbedenklich alles dahingeben, was ich mir durch die verhaßte Ehe mit dem siechen Fürsten wahrhaftig teuer genug erkauft hatte? — Oder glaubst Du, daß Eure Herzöge und Grafen und Barone mich in ihrer Sphäre geduldet hätten, wenn es ihnen bekannt geworden wäre, daß ich die Tochter eines Schreibers und die ehemalige Verlobte eines Handwerkers sei? Glaubst Du, daß ich mich irgendwo in der Welt vor dem boshaften Spott über meine niedrige Herkunft hätte verbergen können, wenn die tausendzüngige Fama sich dieses willkommenen Unterhaltungsstoffes erst einmal bemächtigt hatte? Wer sich auf einem Platze behaupten will, wie es der meinige war, der lebt in einem unaufhörlichen Kampf und der gehört nicht zu den Glücklichen, die allezeit den Neigungen ihres Herzens folgen dürfen!"
„Und mit solchen Berufungen auf Deine Schwäche und Eitelkeit glaubst Du die ungeheuerlichste Undankbarkeit zu erklären? — Angenommen selbst, die Thorheit dieser Welt hätte Dich gezwungen, Deine wahre Herkunft zu verschweigen und den Verkehr mit Deiner Familie zu meiden, — wer zwang Dich denn, den unglücklichen alten Mann, den vielleicht die äußerste Verzweiflung und Herzensangst zu Dir getrieben hatten, mit wortloser Verachtung zu behandeln wie einen verrückten Bettler? Wer konnte Dich zwingen, mit lächelnder Miene auf einem rauschenden Feste zu erscheinen, nachdem Du erfahren, daß Deine Mutter auf dem Sterbebette liege?"
Die Fürstin hatte ihren Blick nicht von seinen Lippen gewendet. Ihr Busen wogte stürmisch unter seiner leichten Hülle und ihre vorher so bleichen Wangen hatten sich mit purpurner Glut gefärbt.
„Und das wagst Du mich zu fragen, — Du, der allein von allen Menschen in der Wett wissen müßte, was mich dazu gezwungen hat, — Du) um dessen Liebe willen ich dies alles gethan?"
„Um meiner Liebe willen, Asta?" rief Nordenftld bestürzt. „Bist Du von Sinnen?"
„Wie wenig verstehst Du Dich auf das Herz einer Frau, wenn eine so einfache Erklärung Dich zu erschrecken vermag, als hätte ich Dich eines Verbrechens beschuldigt! — Von dem Tage an, da ich Dich zum erstenmal gesehen, habe ich zu Dir emporgeschaut wie zu einem höheren Wesen. Mich beherrschte keine andere Sehnsucht, als die, Deiner würdig zu werden! Weil ich leichtfertig und genußsüchtig schien und Dich mit meinen Launen quälte, ahntest Du nicht, daß ich im Grunde meines Herzens stets vor Dir zitterte. Nicht vor Deinem Zorn oder Deiner Leidenschaft, sondern vor dieser ernsten, ewig gleichen milden Ruhe auf Deinem Gesicht, vor dieser selbstverständlichen Ehrenhaftigkeit, die so hoch erhaben war über alles Niedrige und Gemeine, daß ich mich überzeugt hielt, ihr müsse das Niedrige und Gemeine auch bei jedem Andern unverzeihlich sein. Und weil ich mir der Lüge nur zu wohl bewußt war, in der ich lebte, weil ich wußte, daß Du diese Lüge schändlich und ungeheuerlich finden würdest, — darum bot ich alles auf, was in meinen Kräften stand, um die Entdeckung zu verhindern oder doch wenigstens hinauszuschieben! — Hätte ich Dich weniger geliebt, hätte mich der Gedanke, daß Du Dich von mir abwenden könntest, als von einer Unwürdigen, nicht mit einer so wahnsinnigen Angst erfüllt, — wahrhaftig, ich würde diese schwerste Schuld nicht auf mein Gewissen geladen haben! Ich weiß wohl, daß dies Geständnis mich in Deinen Augen vielleicht noch tiefer erniedrigt, als alles Voraufgegangene, und ich habe es nicht abgelegt, um Dein Mitleid zu erbetteln! Du hast in dieser Stunde ein Recht, Dein Wort von mir zurückzufordern, wenn Du selbst Dich sündenlos und rein genug fühlst, um vor Deinem eigenen Gewissen als Richter über mich zu bestehen! Weißt Du Dich frei von aller Lüge, so magst Du mich verwerfen, und ich will nicht einmal meine Hand ausstrecken, um Dich zurück zu halten! Bist Du aber ein Wesen wie ich und alle anderen, ein Geschöpf von Fleisch und Blut, mit menschlichem Fühlen und menschlichen Jrrtümern, so laß Dir's genug sein an der Strafe, die ich bereits empfangen und richte mich auf in meinem namenlosen Jammer!"
(Forts, folgt.)