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lich von den HH. Fabrikanten Axamitt und Karl Kirgis, so daß auch dieser Teil der Versammlung die Anwesenden in allen Teilen besten« befriedigte. Es soll hier die schon öfters gestellte Bitte nochmals wiederholt werden, die Mitglieder des Vereins möchten diese Versammlungen, in welchen der Vorstand und sonstige Freunde der Sache, durch nützliche Vorträge, durch Aufwendung von viel Zeit, Mühe und Arbeit so Belehrendes, für die praktische Geflügelzucht Verwendbares bieten, zahlreicher besuchen.
Ellwangen, 5. Aug. Ein schweres Unglück, welchem ein Menschenleben zum Opfer fiel, ereignete sich vorgestern in Stödtlen. In der Werkstätte des Stiftungspflegers und Schmieds Schmidt wohnen ganz allein die zwei ledigen Lehrerstöchter Rosine und Pauline Hack, 55 und 62 Jahre alt. Erster« ging Nachmittags in den Wald und schloß die Wohnung, während Pauline zu Hause blieb. Als Rosine Abends heim kam, fand sie ihre Schwester im Hausgang unter einem umgefallenen Kleiderkasten tot, auf dem Rücken liegend, bereits erkaltet. Es ist wohl zweifellos, daß die Verunglückte in dem Kleiderkasten etwas suchte, auf das Umfassungsbrett sich stellte und so das Uebergewicht herbeiführte, wodurch der Kasten umstürzte, auf die Person siel und sie erschlug. Ein Verbrechen ist ausgeschlossen.
Radelstetten, OA. Blaubeuren, 4. Aug. Am letzten Sonntag bauten mehrere Knaben von Radelstetten auf offenem Felve einen Backofen auf und zündeten Feuer in demselben an; auf einmal stürzte der Backofen ein und einer der Knaben soll hiebei ins Feuer gefallen sein. Die Knaben erhoben ein Geschrei, infolge dessen ein Mann herbei eilte, der den Hineingefallenen aus den Trümmern herausholte. Leider hatten des letzteren Kleider schon Feuer efangen und er selbst hatte solche Brandwunden er- alten, daß er andern Tags starb.
Künzelsau, 2. Aug. Für den Eisen- bahnbau werden am 6. August die ersten Arbeiten vergeben werden. Die Vorbereitungen zur Grunderwerbung für den Bahnbau sind im Gang; auch ist der Plan zu der auf die Markung Künzelsau fallenden Strecke der Bahn nebst einem Längenprosil und Beschreibung der Aenderungen an Wegen und Wasserläufen auf dem Rathaus zu Jedermanns Einsicht aufgelegt. Dieser Tage sind Finanzassessor Leo und Kanzleirat Ditzinger von Stuttgart letzterer Grunderwerbungskommissär für die Linie Waldenburg—Künzelsau, eingetroffen.
Künzelsau, 4. Aug. Gestern passierte einigen Fuhrknechten aus Unterhof, Gem. Gaisbach, folgender nicht unerhebliche Unfall. Sie hatten in der Ziegelei in Uebrigshausen mit mehreren Fuhrwerken Backsteine geholt. Auf dem Rückweg gerieten an einer abschüssigen Stelle bei Westernach die Hinteren Wagen in Schuß und schoben sich in die vorderen teilweise hinein. Einer der Knechte erlitt einen Beinbruch, dem anderen ging der Wagen über Brust und
Unterleib. Beide sind im Bezirkskrankenhaus in Kupferzell untergebracht. Zwei sehr wertvolle Pferde sind stark verletzt.
Schramberg, 2. Aug. Am Samstag kurz vor Feierabend ereignete sich in dem Apotheker Knieß'schen Steinbruch auf der Heuwiese zwischen Sulgau und Seedorf ein Unglücksfall. Drei Arbeiter von Seedorf waren an dem auf Schienen beweglichen Krahnen damit beschäftigt, einen ziemlich schweren Stein zu heben. Eine Schiene wich und die ganze Last fiel m die Tiefe, den Krahnen samt den Arbeitern mit sich reißend. Letztere erhielten schwere Verletzungen, denen einer von ihnen, em 55 Jahre alter Familienvater, am Sonntag früh im Spital in Schramberg erlag, während für das Leben eines zweiten noch gefürchtet wird.
Riedlingen, 4. Aua. Die Zufuhr zum gestrigen Monatsviehmarkt war ziemlich stark, der Handel gestaltete sich sehr lebhaft, da viele Händler anwesend waren. Fast die ganze Zufuhr wurde verkauft. Die Preise waren für ein Paar Ochsen 400—600 für Kühe 230—250 für Kalbinnen 250—380 ^ und für Boschen 100—200 —
Die Zufuhr zum Schweinemarkt war schwach, der Handel aber ging lebhaft, es wurden bezahlt für ein Paar Milchschweme 20—40
Friedrichshafen, 4. Aug. Seit dem 1. August hat sich bei Seiner Majestät dem König neuerdings eine akute Steigerung des im Rückgang begriffenen Unterleibskatarrhs eingestellt, wobei sich wieder leichte Fieberbewegung zeigte. Sämtliche Krankheitserscheinungen sind aber bereits wieder in erfreulicher Abnahme begriffen und das Fieber ist geschwunden. Seine Majestät werden voraussichtlich noch einige Tage das Bett hüten müssen, befinden sich aber nach Umständen leidlich wohl. Dr. Marc kehrt heute nach Wildungen zurück.
Heidelberg, 5. Aug. Gestern fand die Grundsteinlegung der Feuerbestattungshalle oder richtiger die Einfügung der Bauurkunde in das Mauerwerk in Gegenwart einer Festversammlung statt. Die Ansprache hielt Prof. v. Oechelhäuser. Der Bau dürfte in Bälde fertig gestellt und mit den Verbrennungen im Oktober ds. Js. begonnen werden. Oberst Klingenstjerna wird zur Einrichtung des Verbrennungsofens dieser Tage hier eintreffen. — Die Schloß- beleuchtung, welche gestern Abend von dem „Süddeutschen Kartell" veranstaltet wurde, ist recht schön ausgefallen. Verdienten Beifall fand die bengalische Beleuchtung der alten Brücke und das auf dem Neckar abgebrannte Feuerwerk.
Ueberlingen, 4. Aug. In unfern Waldungen zeigt sich der Nonnen-Schmetterling in sehr großer Zahl. So wurden im Distrikt Forlenholz eine Menge solcher Insekten an den Tannen und Fohren beobachtet, an jedem Stamm durchschnittlich über 12
Exemplare. Es sind ^bereits Verfügungen zur Vertilgung des schädlichen Insekts erlassen worden.
— Auf dem Artillerieschießplatz bei Griesheim ist, wie mitgeteilt, der ehemalige Einjährige Wagner von Ludwigsburg im k. württ. Feldart.- Regt. Nr. 29 dadurch verunglückt, daß er von einem ausschlagenden Pferd getroffen wurde. Sein Zustand ist, wie die U. Schnp. meldet, hoffnungslos. Ein weiterer Artillerist Namens Häberlen (ebenfalls vom Art.-Regt. Nr. 29), aus der Nähe von Bietigheim gebürtig, trank nach einer Uebung in der Hitze rasch ein Glas Bier. Nach einer fieberhaften Nacht starb Häberlen am andern Tag 9 Uhr morgens an Bauchfellentzündung.
Straß bürg, 2. Aug. In der letzten Zeit sind verschiedene französische Zeitungen gegen Deutschland und namentlich in elsaß-lothringischen Sachen so auffallend gewesen, daß die Regierung des Reichslandes genötigt war, mehreren derselben den Eingang zu verbieten. Nachdem zwei bis drei kleineren Zeitungen der Eingang in das Reichsland verboten worden war, traf in den letzten Tagen ein solches Verbot zuerst die „Soleil" und heute den „Gaulois". Wenn das so fort geht, wird die chauvinistische Presse aus dem Lande bald verschwunden sein. Zu wünschen wäre dies, da gerade diese Art Presse die Gemüter immer wieder aufregt.
Hamburg, 2. Aug. In einem benachbarten Dorfe war vorgestern ein zwölfjähriges Mädchen, die Tochter eines Lehrers, mit einer Gespielin auf den Boden der Mühle gegangen, wo sich das Räderwerk befindet. Plötzlich wurde das prächtige, lose herunterhängende Haar des Kindes von einem Rad erfaßt. Ein in der Nähe sich befindlicher Geselle, der auf das Schreien des Mädchens herbeieilte, suchte vergeblich das Haar loszuschneiden. Im nächsten Augenblick saß vas Haar nebst Kopfhaut und einem Ohr des unglücktichen Kindes im Räderwerk fest, Augen und Nase wurden ebenfalls stark verletzt. Nachdem, das Mädchen aus seiner entsetzlich qualvollen Lage befreit worden war, wurde es nach dem Eppendorfer Krankenhause gebracht.
-Vermischtes.
Württ. Sparkasse. Indem wir auf die im Inseratenteile enthaltene Bekanntmachung über die Rechnungs-Ergebnisse der Württ. Sparkasse für das. Jahr 1890 verweisen, heben wir hervor, daß dieselben auch in diesem Rechnungsjahr einen erheblichen Fortschritt bezeichnen. Der Zugang der neuen baren Einlagen beträgt ^ 9,245,481 (gegen 8,894,815 im Vorjahr). Nach Abzug der Rückzahlungen ergiebk sich unter Zurechnung der Zinsen eine Vermehrung der Spareinlagen von 3,732,699 (gegen-^3,656,731 im Vorjahr). Die gesamten Spareinlagen belaufen sich jetzt auf 60,752,671, wobei zu bemerken ist,, daß solche nur von Angehörigen der ärmeren dienen-
Brief und erhielt auf diese Weise Kenntnis von der Sachlage, die ich allerdings schon halb erraten hatte. Am nächsten Morgen warteten wir bei dem Frühstück vergeblich auf das Erscheinen Mortlocks, und da Ihr Vater mir oft gerühmt, daß trotz der stützen Stunde, zu welcher er zu frühstücken pflegt, sein Neffe sich doch stets pünktlich einfinde, um ihm Gesellschaft zu leisten, so kam mir sein Ausbleiben gleich verdächtig vor, und ich brachte es natürlich in Verbindung mit dem gestrigen Brief, was auszusprechen ich mich aber wohl hütete. Ihr Vater schien auch allmählich unruhig zu werden, er sah ein paarmal nach der Uhr und beauftragte endlich den Diener, sich zu erkundigen, wo sein Neffe bliebe. Nach kurzer Frist kam jener zurück und meldete: der junge Herr Baron sei nicht zu finden, sein Bett wäre unberührt und sein Handkoffer fehle. Ihr Vater starrte den Diener sprachlos an, und als jener hinzusügte: der Herr sei wahrscheinlich verreist, denn der Gärtner, der in der Nacht aufgestanden, um das Feuer im Ofen des Treibhauses zu schüren und bei der Gelegenheit einmal an das Fenster getreten, habe den jungen Baron mit einem Handkoffer in der Hand vorübergehen sehen, in dem Hellen Mondschein habe er sein Gesicht deutlich erkennen können, da sank er mit dem Ausruf: „„Also doch ein Betrüger!'" ohnmächtig zusammen. Nachdem er wieder zum Bewußtsein gekommen, rief er Ihren Namen und verlangte dringend nach Ihnen, worauf ich gleich an Sie telegraphierte. Er fiel dann bald in einen tiefen Schlaf und ich habe Johann, der bei mir ist, beauftragt, mich zu benachrichtigen, sobald er erwacht."
„Ist sein Zustand gefährlich?" fragte Armgard bewegt. „Sagen Sie mir die Wahrheit," setzte sie hinzu, als der Arzt mit der Antwort zögerte.
„So lange Leben da ist, darf man die Hoffnung nicht aufgeben, aber ich kann Ihnen nicht verhehlen, daß wir auf das Schlimmste gefaßt sein müssen."
Armgard trat schweigend an das Fenster und lehnte die fieberheiße Stirn an die kalten Scheiben. Der Park lag unter einer weißen Schneedecke auf der die Schatten der mächtigen, allen Bäume sich bläulich abzeichnen während in den Strahlen der sinkenden Sonne das Marmorkreuz des Mausoleums aus den fernen dunkeln Tannen hell herüber schimmerte. Wie oft hatte Armgard in wachem Traum voll Sehnsucht dies Bild geschaut, jetzt lag eS in Wirklichkeit vor ihren Blicken; sie war in die Heimat, aus der sie auf immer verbannt zu sein geglaubt, vom Vater zurückgerufen worden; und doch verdunkelten heiße Thränen ihr Auge, als sie deS sterbenden Mannes gedachte, dessen blinde Thorheit und eigensinnige Härte so viel Leid über sein Kind und sich selbst gebracht.
„Der Herr Baron ist erwacht und verlangt nach dem gnädigen Fräulein,"
meldete jetzt der eintretende Diener. Armgard flog die Treppen hinauf und öffnete mit klopfendem Herren die Thüre deS Krankenzimmers, wo sie ihren Vater mit ge- geschlossenen Augen und bleichen, verzerrten Zügen in seinem Lehnsessel sitzend fand. Als sie stumm neben ihm niederkniete und seine Hand küßte, öffnete er die Augen und sagte leise: „Vergieb mir, Armgard!"
Sie vermochte nicht zu antworten, aber ihre Thränen fielen heiß auf seine Hand.. „Nimm den Schlüssel hier," fuhr der Kranke fort, einen Schlüssel von einem nahestehenden Tische nehmend, „öffne meinen Schreibtisch, dort, und gieb mir das Papier, welches in der obern Schublade liegt."
Armgard gehorchte rasch seiner Weisung; mit zitterndern Fingern griff er hastig nach dem Papier, das sie ihm reichte, riß es in mehrere Stücke und warf cs auf den Boden. „Es war mein Testament, Armgard," flüsterte er mit tonloser Stimme, „jetzt bist du wieder die Erbin von Rauheneck...!" Er wollte noch etwas hinzusetzen, aber die Sprache versagte ihm, röchelnd sank er zurück und hauchte in den Armen seiner Tochter den letzten Seufzer aus. — — — — — — — Richard traf mit Loring, dessen Zeugnis nun nicht mehr erforderlich war, um den Betrüger zu entlarven, einige Tage später in Rauheneck ein. Er kam gerade noch rechtzeitig, um seinen Onkel zu Grabe zu begleiten und seiner tief erschütterten Braut im Verein mit Frau von Waldner, die gleich auf die Todesnachricht hin nach Rauheneck geeilt war, alle die geschäftlichen Sorgen abzunehmen, welche ein solcher Trauerfall für die Nächstbeteiligten mit sich bringt.
Nach Ablauf der ersten Traurrzeit wurde die Hochzeit Richards und Armgards in tiefster Stille gefeiert, nur Frau von Waldner, der Arzt und Loring wohnten derselben bei. Der letztere war auf besonder» Wunsch der Verlobten, die ihn als den Stifter ihres Glückes betrachteten, ihr Trauzeuge geworden und war später auch noch oft ein gern gesehener Gast bei dem jungen Paar, dessen Liebe, die sich in schwerer Prüfung als so echt und treu erwiesen, im Lauf der Jahre an Innigkeit noch zunahm, so daß in Rauheneck stets alle guten Geister deS Friedens und des häuslichen Glückes walteten und es Richard nie als ein Opfer erschien, daß er eine glänzende militärische Karriere aufgegeben, um, wie Armgard einst gesagt, „auf dem Lande friedlich seinen Kohl zu bauen." "
John Mortlock blieb verschollen; aus Pietät für den Bruder, dessen Freund er gewesen, hatte Richard auf eine gerichtliche Verfolgung desselben verzichtet.
Ende.