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Plan der Stadt, zugleich ist auch ein Plan der Ausstellung mit den Ausstellerfirmen demselben einverleibt, und er wird sowohl als Führer wie auch zum Andenken gerne gekauft werden.
— Der vor dem Ulmer Gericht verhandelte Prozeß, welcher in erschreckender Weise das wucherische Trerben verschiedener Händler enthüllte, giebt der „Schw. Bürgerztg." zu folgender zeitgemäßen Ermahnung der Bevölkerung Veranlassung: »Möchten doch endlich die kleineren Handwerker und der gesamte Bauernstand erkennen, daß die Genossenschaftsbanken, seien es ländliche nach Raiffeisen'scher Art oder Handwerkerbanken oder Gewerbebanken, diejenigen Institute sind, an welche sie sich vertrauensvoll wenden können, die ihnen zu gesetzlichem Zinsfüße und ohne alle Verklausulierung Gelder vorstrecken, und ihnen zugleich Gelegenheit bieten, kleinere Spareinlagen zu machen. Fort mit der falschen Scham und dem einfältigen Stolze, der sich dagegen bäumt, bei derartigen Instituten Gelder zu erhalten. Was sind die Folgen davon? Nan fällt in die Hände unbarmherziger Würgengel nach dem Laupheimer Muster und schämt sich später, wenn schon man auch die strafbare Handlungsweise dieser sauberen Burschen merkt, dem Strafrichter Anzeige zu machen aus Furcht vor der Oeffent- lichkeit; auf diese Weise geraten Dutzend und Hunderte in unerschwingliche Schulden und gehen rettungslos verloren."
Saulgau, 2d. Juli. Ein erschütternder Vorfall spielte sich heute während und nach der amtsgerichtlichen Schöffengerichtssitzung ab. Es wurde eine gegenseitige Beleidigungsklage zweier in einem Hause hier wohnender Ehefrauen verhandelt. Während der Verhandlung wurde eine derselben, die 37 Jahre alte Ehefrau des Postboten Lehn, plötzlich, wohl in Folge der ungewohnten Aufregung, derart unwohl, daß sie aus dem Saale getragen werden mußte. Ohne das Bewußtsein wieder erlangt zu haben, starb sie kurze Zeit darauf, beinahe zu gleicher Zeit, in welcher der Spruch des Gerichts verkündet wurde, der ihre Gegnerin zu Haftstrafe und Kostenersatz verurteilte.
Tuttlingen, 31. Juli. In der Fabrik von Jetter und Scheerer geschah gestern Vormittag ein gräßliches Unglück. Ein junger Mensch von 15 Jahren wollte einen ausgelösten Riemen an der Transmission wieder in Ordnung bringen. Er wollte dies trotzdem für solche Manipulationen ein besonderer Mann da ist und solche Riemen nur bei zuvor abgestellter Maschine eingelöst werden, selbst versuchen und stieg zu diesem Zweck an einer Leiter in beträchtlicher Höhe empor. Sein Arm wurde nun von dein Riemen erfaßt, avgedreht und ihm buchstäblich über dem Ellenbogen abgerissen; der Körper siel herab und bald darauf der ausgeriffene Arm. Da die Knochen des Armes noch weiter hinauf zersplittert waren, so mußte er einige Centimeter weit unter der Achsel abgenommen werden. Der Unglückliche mag durch den Fall aus beträchtlicher Höhe noch innere Verletzungen erlitten haben, und es darf deshalb an seinem Aufkommen sehr gezweifelt werden.
Biberach, 31. Juli. Dem Schnellzuge Nr. 1, um 6 Uhr 11 Min. früh. hier fällig, begegnete in der Nähe der Station Rißtissen der Unfall, daß ein Radreifen an der Maschine zersprang. Mit einem Ruck stand der Zug still. Von Ulm aus mußte eine Hilfsmaschine verlangt werden. Der Zug traf mit 1'/- Stunden Verspätung hier ein.
Friedrichshafen, 31. Juli. Seine Majestät der König haben, wie schon in Stuttgart in Aussicht genommen war, dem Wunsche des Leibarztes entsprechend, den Dr. Marc aus Wildungen neuerdings zur Beratung hieher zu berufen und heute zu empfangen geruht. — Hinsichtlich der vor zwei Monaten konstatierten katarrhalischen Störungen im Unterleibe konnte ein erwünschter Rückgang der Erscheinungen bestätigt werden. Das Fortbestehen wenngleich geringer entzündlicher Schwellungen erheischt fortdauernd große Ruhe und Schonung. Wenn nun auch die Erholung Seiner Majestät aus erwähnter Ursache sich verzögert, so giebt doch der Allgemeinzustand des Allerhöchsten Patienten bei dem Mangel aller Fiebererscheinungen zur Zeit keinerlei Ursache zur Besorgnis. Staatsanz.
Offenburg, im Juli. Hier spielte ein langwieriger Monstreprozeß gegen sechs „Handelsleute", nämlich Abraham Hammel, Handelsmann hier, Samuel Durlacher, Handelsmann in Schmieheim, Joseph Jsemann, Gärtner in Oberkirch, Moses Kaffewitz, Handelsmann in Schmieheim, David Hammel jun. und Wolf Dreyfuß, Handelsmann, beide hier. Im ganzen waren über hundert Zeugen und drei Sachverständige geladen. Die Anklage wurde wegen Urkundenfälschung, Betrug, Wucher, Untreue rc. erhoben. Gestern erfolgte die Urteilsverkündigung. Danach erhielten Strafen wegen Wuchers: Durlacher 4 Jahre Zuchthaus, Hammel (Vater) 7 Monate Gefängnis, W. Dreyfuß 4 Monate Gefängnis, Jsemann 2 Jahre und 6 Monate Gefängnis, Kassewitz 9 Monate Gefängnis. In vielen der den Angeklagten zur Last gelegten Fälle von Wucher erfolgte Freisprechung. Der Prozeß gewährte einen Einblick in die verwickelten Manipulationen und Schachzüge, die angewendet werden, um den Bauern zu hintergehen und auszubeuten, charakterisiert aber auch auf der anderen Seite Kurzsichtigkeit, Leichtfertigkeit und Vertrauensseligkeit der letzteren gegenüber jüdischer Handelsleute.
Kissingen, 1. Aug. Zum Diner beim Fürsten Bismarck waren gestern Regierungspräsident Luxburg und Major Wißmann nach einer Spazierfahrt des Fürsten Bismarck mit Wißmann. Wißmann wohnte bei dem Fürsten; die Weiterreise Wiß- manns erfolgte Vormittags 10 Uhr über Mainz. Prof. Schweninger ist heute eingetroffen.
— Aus Hamburg berichtet man der „Voss. Ztg." unterm 31. Juli: „Gestern abend gegen 8 Uhr würde ein Boot mit elf Arbeitern durch eine Schute, welche sich im Schlepptau des Dampfers „Taurus" befand, zum Kentern gebracht. Drei Insassen, Familienväter, fanden sofort den Tod in den Wellen; einer der Arbeiter wird noch heute vermißt. Der „Taurus" rettete die übrigen.
Berlin, 1. Aug. Der Kaiser wird zuyer- lässigen Mitteilungen zufolge an der Enthüllung des Kaisersteins auf Helgoland nicht teilnehmen. — Die Kaiserin und die kaiserlichen Prinzen erfreuen sich des besten Wohlseins. Ueber die Abreise der kaiserlichen Familie sind nähere Bestimmungen noch nicht getroffen worden. — Die Kaiserin Friedrich nebst Prinzessin Tochter Margarete werden voraussichtlich am 10. August wieder in Berlin ein- treffen. — Prinzessin Alexandrine, verwitwete Herzogin Wilhelm von Mecklenburg-Schwerin, ist zum Kurgebrauch in Heringsdorf eingetroffen.
Berlin, 1. Aug. Minister Thielen teilte der Depatation des Vereins „Zonentarif" mit, es sollen Versuche mit dem Zonentarif gemacht werden und zwar sei Berlin, als der Mittelpunkt des neuen Systems in Aussicht genommen. Zunächst seien nur ganz preußische und kürzere Linien ins Auge gefaßt.
— Die „Nordd. Allg. Ztg." hat die von einem Berliner Korrespondenten des „Pester Lloyd" gehrachte Mitteilung über die Anfänge der Verstimmung zwischen dem Kaiser und dem Fürsten Bismarck als „einen bisher nicht genügend legitimierten Beitrag zur Zeitgeschichte" bezeichnet. Die „Mü. Allg. Ztg." ihrerseits bleibt dabei, daß die Legitimation dieses „Beitrages zur Zeitgeschichte" eine absolute, jeden Zweifel, ausschließende sei. — Die „Post" brachte dieser Tage folgende Version: „Fürst Bismarck war mit einer zweiten Reise des Kaisers nach Rußland nicht einverstanden. Als der Kaiser die Gründe des Kanzlers dagegen hören wollte, bezeichnet« dieser als Gegengründe die persönlichen Gesinnungen des Kaisers Alexander gegen Kaiser Wilhelm, die nicht der Art seien, um ein solches Entgegenkommen zweckdienlicherscheinen zu lassen. Der Kaiser verlangte zu wissen, woraus Fürst Bismarck das schließe. .Ich weiß das aus Briefen', war die Antwort des Kanzlers, ,die ich neben meinen offiziellen Berichten aus St. Peters- bürg vertraulicherweise zu erhalten pflege'. Da der Kaiser diese Briefe zu sehen verlangte, suchte der Kanzler diesem Verlangen zu begegnen mit der Begründung, daß die Briefe vertraulich seien, wich aber dem Befehle, sie dem Kaiser vorzulegen. Der Kaiser las sie und ging später dann doch nach Rußland." Die „Mü. Allg. Ztg." sagt dazu: „Wir haben Grund, zum mindesten den Satz: „Fürst Bismarck war mit einer zweiten Reise des Kaisers nach Rußland nicht einverstanden", in dieser Form für unrichtig zu halten."
Berlin, 29. Juli. In kavalleristischen Kreisen wird mit großer Anerkennung eine außerordentliche Reitleistung besprochen, welche unter Führung des Generallieutenants v. Krosigk das Militärreitinstitut in Hannover als Schluß des diesjährigen Stabsoffizierskursus vorgestern ausgeführt hat. Die Zahl der Teilnehmer betrug nahezu 120. Die Herren ritten, der „Köln. Ztg." zufolge, im schlanken Trabe morgens gegen 4 Uhr zu dem etwa 25 Kilometer von Hannover entfernten Rendezvousplatz und bestiegen
Sie lächelte ihn unter Thränen an. „In deiner Liebe finde ich Ersatz für alles."
Er küßte ihre Thränen fort, sich im Stillen gelobend, daß sie es nie bereuen solle, um seinetwillen auf den Segen des Vaters und das Erbe von Rauheneck verzichtet zu haben.
Armgard hatte, während sie an Richards Seite im Eisenbahnkoupee saß und
nach S., dem Wohnort seiner Tante, fuhr, immer das Gefühl, als sei sie von
einem schweren Traum befangen, und mit heimlichem Bangen dachte sie daran, wie jene ihr fremde Frau sie, die heimatlose, enterbte Tochter, wohl empfangen würde. Aber schon der erste Blick in das milde, freundliche Antlitz der alten Dame zerstreute alle ihre Bedenken, wie eine geliebte Tochter begrüßte sie Frau von Waldner und erklärte sich, als Richard ihr erzählte, was heute in Rauhencck geschehen, mit den herzlichsten Worten bereit, die Braut ihres Neffen so lange bei sich aufzunehmen, bis dieser im stände sei, ihr eine Heimat zu bieten. Das junge Paar begann nun mit ihr Pläne für seine Zukunft zu entwerfen, und Richard erklärte sofort mit Bestimmtheit seinen Abschied nehmen zu wollen, da er, ohne eignes Vermögen, an eine Heirat mit Armgard, wenn er Offizier blieb, in Jahren nicht denken konnte. Armgard widersetzte sich lebhaft diesem Vorsatz, weil sie wußte, welch ein Opfer er ihr mit der Aufgabe seines Berufes brachte, aber er schlug alle ihre Einwendungen damit nieder, daß er zur Feder griff und sofort sein Abschiedsgesuch aufsetzte. Zugleich schrieb er an den General, teilte ihm die Beweggründe mit, oie ihn zu diesem Schritt veranlaßten und bat ihn, sich für ihn zu verwenden, daß er eine Zivilanstellung erhielte. Seine Hand zitterte, als er seinen Namen unter die beiden Schriftstücke setzte, verzichtete er doch mit diesem Federzug auf die glänzende Karriere, welche ihm nach den gestrigen Mitteilungen des Generals gewiß war, und entsagte für immer allen Träumen des Ehrgeizes. Aber er vermochte es über sich, Armgard, die, während er schrieb, ängstlich in seinen Zügen spähte, eine heitere Miene zu zeigen; sie durfte nie ahnen, wie groß das Opfer war, das er in diesem Augenblick ihr und seiner Liebe brachte.
Nachdem die beiden Briefe zur Post gesandt waren, versank Richard in tiefes Nachsinnen und ging, wie von einer inneren Unruhe getrieben, im Zimmer auf und nieder. Endlich blieb er vor Armgard stehen und sagte: „Je mehr ich über das heute Erlebte nachdenke, desto entschiedener komme ich zu der Erkenntnis, daß meine Pflicht gegen dich es erheischt, alles daran zu setzen, um den Betrüger, der dir das Erbe des Vaters raubt, zu entlarven. Dies ist aber nur möglich, wenn ich selbst nach Australien gehe und an Ort und Stelle Nachforschungen betreibe."
„O, thue das nicht!" rief Armgard, entsetzt bei dem Gedanken, daß der Geliebte auf eine so unsichere Hoffnung hin eine solche Reise unternehmen wollte, und vor der langen Trennung bangend.
„Versuche nicht, mich in meinem Entschluß wankend zu machen," sagte er, „du erschwerst mir dadurch nur den Abschied, denn reise» will und muß ich."
„Aber hast du auch an die Kosten der Reise gedacht?" wandte Frau von Waldner ein, „du hast kein Vermögen und ich bin leider außer stände, dir eine Beihilfe zu gewähren, da ich nur von meiner Witwenpension und einer Leibrente lebe."
„Für die Kosten ist gesorgt," sagte Richard, „ich besitze noch ein Famil«,- kleinod, eine mit Brillanten besetzte Dose, die Friedrich der Große einst meinem Urahn schenkte, und so ungern ich mich auch von diesem teuer» Erbstück trenne, so bin ich doch entschlossen, es zu verkaufen und von dem Erlös die Reisekosten zu bestreiten."
Vergebens bemühte sich Armgard, ihn von seinem Vorsatz abzubringen, er blieb all ihren Bitten und Thränen gegenüber fest, und schon am nächsten Tage nahm er Abschied von ihr und seiner Tante, um zu Hause alles Nötige zu ordnen und sich so rasch als möglich nach Liverpool zu begeben, von wo, wie er gelesen^ in der Kürze ein Schiff nach Australien abgehen sollte.
(Forts, folgt.)