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habe, um sich die Wasserkräfte des Neckars, soweit sie noch zur Verfügung stehen, durch Kauf oder mietweise zu sichern, scheint sich zu bestätigen. In hiesigen industriellen und geschäftlichen Kreisen wird das ProM lebhaft erörtert und als Kapitalanlage sehr günstig beurteilt. Die letzte wilde Preistreiberei m Kohlen legt es der Industrie nahe, daß sie, wo immer die Bedingungen dazu vorhanden sind, sich möglichst unabhängig von den Zechen zu stellen sucht. In der Schweiz hat man seit einigen Jahren begonnen, auf die Wasserkräfte eine erhöhte Aufmerksamkeit zu richten, und man thut sehr wohl daran, auch bei uns, wo noch so manche mächtige Wasserkraft brachliegt, Schritte in gleicher Richtung zu thun. Nachdem das Problem der Kraftübertragung gelöst und die Ausbeutung der Naturkraft nicht an den Ort ihres Vorhandenseins gebunden ist, ist die ganze Frage von eminenter Bedeutung. Hier und da hört man auch die Meinung äußern, Herr Duttenhofer suche die Wasserkräfte mit Rücksicht auf die Einführung einer elektrischen Beleuchtung in Stuttgart (der Vertrag der Stadt mit den Gaswerken geht 1899 zu Ende) an sich zu bring,p. Frkf. I.
Ludwigsburg, 29. Juli. Heute früh ist der entwichene Zuchthausgefangene Krumm, welcher in Nürnberg verhaftet wurde, hier eingeliefert worden. Die beiden anderen Entsprungenen, Geiger und Götz, sind in Göppingen verhaftet worden.
Freudenstadt, 25. Juli. In den letzten Tagen fanden aufdem Kniebis-Paß militärische Uebungen seitens der Nastatter Garnison statt. Der Paß wurde durch eine von Rastatt gekommene Mörserbatterie (4 Mörser) verteidigt und von Infanterie angegriffen.
Oberndorf, 28. Juli. Gestern trafen Se. K. Hoheit Fürst Leopold von Hohenzollern und S. H. Prinz Ferdinand, präs. Thronfolger von Rumänien, hier ein und nahmen Absteigquartier bei Kommerzienrat Mauser. Sie besichtigten die Waffenfabrik und kehrten sodann nach mehrstündigem Aufenthalt wieder nach Sigmaringen zurück.
Balingen, 29. Juli. Ergebnis des gestrigen hies. Jakobimarktes: Handel recht lebhaft, Zufuhr 960 Stück Jungvieh, von fremden Händlern besonders begehrt bei seitherigen hohen, sogar noch etwas anziehenden Preisen. Der Farrenmarkt war etwas überführt und der Handel hierin träge, schwerere Zugochsen wurden mit 8—900 geringere mit 5—600
'/»jähr. Rinder mit 70 bis 80 '/-jähr. mit 90—100
jährige mit 130—40 ^ bezahlt, trächtige Kalbinnen 320—40 trächtige Kühe 320-400 Milchkühe 260—300 Milchschweine, ca. 500 Stück, erzielten immer noch lohnende Preise, per Paar 15—26^. — Der Stand der Staaten ist im unteren Bezirk fast ohne Ausnahme ein vielversprechender, namentlich trifft man auf hies. Markung Kornfelder in Aehren und Haber so schwer und hoch, wie nur je einmal. Auch die übrigen Feldfrüchte, desgleichen Obst, namentlich Mostbirnen, lassen auf reichen Ertrag hoffen.
Ellwangen, 29. Juli. Die „Jagstztg." berichtet: Auf seltsame Weise machte gestern der Bauer Köder in Eggenroth einen wertvollen Münzfund. Er baut gegenwärtig einen Schweinstall, das Schwein ist indessen in einem Nebengelaß im Hause untergebracht. Im Boden wühlend förderte es einen kleinen
Topf zutage, dessen Inhalt sich beim Zerschlagen vor den Füßen des Bauern in Gestalt von 92 Goldmünzen ausstreute. Es sinv schön blank erhaltene sog. Mainzer Dukaten. Direktor Esenwein vom Germanischer) Museum in Nürnberg, welcher sich gegenwärtig hier befindet, erwarb 10 dieser Münzen ü 10
Tauberbischofsheim, 30. Juli. Die Verwaltungen kleiner Städte und Ortschaften von rößerem Umfang, deren Straßen bis jetzt mit Oel «leuchtet wurden und auf dem Standpunkt stehen, zu einer besseren Beleuchtungsart überzugehen, befinden sich gewöhnlich im Zweifel, ob sie Gas oder elektrische Beleuchtung wählen sollen. Solche Orte jedoch, die Gelegenheit haben, Wasserkräfte zum Betrieb zu verwenden, werden keineswegs mehr das Uebergangsstadium durchmachen, denn m einem solchen Falle rentirt sich eine elektrische Einrichtung schon in ganz kleinem Maßstabe. Einen Beweis hiefür giebt das neuerdings von der Firma C. und E. Fein in Stuttgart mit elektrischem Lichte versehene Städtchen Tauberbischofsheim, dessen Einwohnerzahl ca. 3500 beträgt. Die zum Betrieb dieser Anlage nötige Kraft liefert eine in der Nähe dieser Stadt gelegene Mühle, deren Turbine von einem kleinen Seitenflüßchen der Tauber gespeist wird. Die Anlage umfaßt vorerst 140 Glühlampen ä 16 und 25 Normalkerzen, sowie 4 Bogenlampen, die mit einer Stromstärke von 8 Amperes betrieben werden und zur Beleuchtung der Straßen und öffentlichen Plätze der Stadt selbst dienen. Die zur Erzeugung des Stromes verwendete Dynamomaschine Modell NO VIII leistet 1400 Voltamperes und ihr Antrieb erfolgt von der genannten Turbine aus mittelst einfacher Riemenübertragung. Die Mühle befindet sich ungefähr 500 w vom Mittelpunkt des Städtchens und ca. 800 m von der entfernt gelegensten Verbrauchsstelle. Von ihr führen drei Paar getrennte Leitungsdrähte in dasselbe, wovon ein Paar die Bogenlampen, die beiden andern die in den einzelnen Privatgebäuden verteilten Glühlampen speisen. Der Unternehmer dieser kleinen Beleuchtungszentrale ist der Inhaber der Mühle selbst, welcher sie in eigener Regie ausgeführt hat und verwaltet. Die elektrische Anlage befindet sich jetzt seit mehr als einem halben Jahre in ununterbrochenem, tadellosem Betrieb.
München, 28. Juli. Die Nonne hat in dem Forst bei Sauerlach schweren Schaden angerichtet. Große Partien des prächtigen Nadelgehölzes stehen kahl, rot und verdorrt. Massenhafte Stämme sind bereits gefällt, aber eine noch weit größere Zahl ist dem Umhieb verfallen. An mehreren Stellen werden soeben Hütten zur Aufnahme der aus dem Hochgebirge und aus dem bayerischen Wald herbeigeholten Holzarbeiter gebaut. Starke Verheerungen hat die Nonne auch in den Waldungen bei Bayerbrunn angerichtet. Von der Bahn aus kann man beträchtliche Partien sehen, in welchen die Bäume verdorrt dastehen, als hätte sie ein Brand versengt.
Augsburg, 27. Juli. Der Bau einer Doppelbahn — eines zweiten Geleises — von Augsburg nach Ulm schreitet rasch vorwärts. Die Erdarbeiten, sowie der Brückenpfeiler der Gögginger Brücke, die Erweiterungsarbbeiten an den Kunstbauten, hauptsächlich der Brücke über die Wertach, sind durch
den Bauunternehmer Gerstenecker beinahe vollständig fertig, so daß im Laufe der nächsten Woche-bereits mit der Montierung der Eisenkonstrüktion für diese- Brücke begonnen werden kann. Ebenso ist die Lage hölzerner Schwellen Augsburg-Westheim fertig, während von Westheim ab eiserner Oberbau ausgeführt werdensoll. Die Vollendung der ganzen Strecke dürste bis. Juli nächsten Jahres vor sich gehen.
Essen, 29. Juli. Der „Rheinisch-Westfäl- Zeitung" zufolge erkranken mittags in der Ruhr zwölf an dem neuen Essener Wasserwerk beschäftigte: Arbeiter und zwei München durch Umschlagen desi Fahrzeuges, mit dem sie übersetzen wollten. Die: Leichen waren bis abends noch nicht aufgefunden.
Wien, 26. Juli. Das N. Wiener Tagbl. berichtet: Im Leichenhofe des Allgemeinen Krankenhauses sammelte sich gestern Nachmittag eine eigenartige Trauergesellschaft an: Hunderte von Tramwaykutschern und Kondukteuren su plsiu purucko, die gekommen waren, um ihrem kürzlich im Dienste verunglückten „Kameraden", dem Tramwaykutscher Erwin Freiherrn Frey von Schönstein, die letzte Ehre zu erweisen. Und im Gegensätze zu dieser schlichten Trauergesellschaft stand vor der Kapelle des Krankenhauses ein vierspänniger Glasgalaleichenwagen, und in der Kapelle lag die Leiche Schönsteins in einem, prächtigen, von duftenden Kränzen bedeckten Metallsarge. Nach der Einsegnung rangierte sich der Zug,, dem eine Musikkapelle voranschritt; hinter dem Sarge, den Kutscher mit Trauerschärpen trugen, folgte eiw Dragonerrittmeister, wie es heißt, ein Schwager Schönsteins, der eine in tiefe Trauer gekleidete, laut schluchzende Dame am Arme führte, die Gattin Schönsteins, und der Direktor der Tramway, Hr. v. Turba, mit zahlreichen Beamten der Gesellschaft, endlich eine lange Reihe von Kutschern und Kondukteuren. In der Spitalgaffe und in der Alserstraße hatten sich Hunderte von Menschen angesammelt und auf dem ganzen weiten Wege bildete sich rasch ein Spalier, das dem eigenartigen Trauerzuge mit Interesse folgte. Auf dem Friedhof wurde die Leiche Schönsteins in einem eigenen Grabe beigesetzt. Schönstem war der letzte Sprosse seines alten Geschlechtes, und als er großjährig geworden, war ein Erbteil von rund einer Million sein Eigentum. Der junge Mann, damals Kavallerieoberlieutenant, quittierte den Dienst und lebte so lange als Grandseigneur, bis der letzte Gulden davongeflattert war. Frhr. v. Schönstem griff nicht zum Revolver, wie es Viele schon in ähnlicher Lage gethan, er fügte sich mit philosophischem Gleichmut m die selbstgeschaffene Lage und wurde Tramwayrevisor. Hie und da aber schlug in seinem Verkehre mit dem Publikum der Kavalier und gewesene Millionär in ihm durch, es kam zu Szenen, denen der eigenartige Mann dadurch selbst ein Ende machte, daß er sich selbst zum Kutscher degradierte. Er bat nämlich um eine Bedienstung als Kutscher, erhielt sie auch und versah sie mit militärischer Pünktlichkeit. Ab und zu, wenn Verwandte ihm Geld zukommen ließen, spielte er eine zeitlang wieder den Kavalier, dann. aber, wann wieder der letzte Kreuzer aus der Tasche war, ging er mit der gewohnten Akkuratesse an seinen Dienst. Schönstem war verheiratet, jedoch seit langen Jahren von seiner Frau getrennt. Die Kosten des Leichenbegängnisses trug eine Schwester des Verstorbenen, eine in Wien lebende Gräfin K.
In Rauhenecks Augen glomm ein irres, unheimliches Leuchten auf. „Du wirst gehorchen," stieß er heiser hervor, „und Ferdinand deine Hand reichen."
„Nie!" sagte Armgard mit bebenden Lippen, „verlange alles von mir, nur das nicht!"
Eine bläuliche Röte färbte Rauhenecks Gesicht und er rang nach Atem.
„Ruhe, Herr Baron," mahnte der Arzt, der sich bisher schweigend verhalten hatte, „Sie wissen, daß bei Ihrem Herzleiden jede Aufregung gefährlich ist."
„Sie haben recht," rief Rauheneck, sich gewaltsam zu äußerer Ruhe zwingend, „ich muß und will mich schonen. Es wäre ja für diese beiden," fuhr er höhnisch, auf Armgard und Richard deutend, fort, „höchst erwünscht, wenn ich jetzt plötzlich stürbe, ohne ein Testament gemacht zu haben, aber durch die Rechnung will ich ihnen einen Strich machen. Also beherzige wohl, was ich dir sage, Armqard: weigerst du dich noch länger, dein Verlöbnis mit Richard zu lösen und die Gattin seines Bruders zu werden, so hörst du auf meine Tochter zu sein, und es ist kein Raum mehr für dich unter meinem Dach."
„Vater!" schrie Armgard auf, „du verstößest mich!"
„Ja, wenn du in deinem Ungehorsam verharrst, so bist du mein Kind nicht mehr. Ferdinand wird der Erbe von Rauheneck und du erhältst nur, was das Gesetz mich zwingt, dir zu hinterlassen. Ueberlege dir das, und nun kein Wort mehr. Gied mir deinen Arm, Ferdinand, und führe mich in mein Zimmer, ich kann den Anblick dieser ungehorsamen Tochter mcht länger ertragen."
Ferdinand beeilte sich, das Verlangen seines Onkels zu erfüllen und führte ihn hinaus. Als die Thüre sich hinter ihnen schloß, legte Richard wie schützend seinen Arm um Armgard, die ihr von Thränen überströmtes Gesicht an seiner Schulter barg.
„Doktor," wandte sich Richard empört zu diesem, „ist das nicht Wahnsinn, was eben aus den Worten und Blicken dieses kranken Greise» sprach?"
„Der Geisteszustand Ihres Onkels ist seit dem Tode seines Sohnes allerdings kein ganz normaler mehr," erwiederte der Arzt.
„Und einem unzurechnungsfähigen Mann soll das Recht zustehen, über das Schicksal seiner Tochter zu entscheiden und sie aus dem Hause zu weisen?" fuhr Richard erregt fort.
Der Arzt zuckte die Achseln. „Wer will ihn daran hindern? Kein Arzt könnte ein Attest ausstellen, das ihn für unzurechnungsfähig erklärte und ihn der freien Verfügung über sein Vermögen beraubte. Glauben Sie mir, es gehen viele unter uns herum, die mit einer oder der andern fixen Idee behaftet sind, wollte man aber alle solche geistig nicht völlig normalen Menschen für v rrückt erklären, so könnte man in jeder Stadt ein neues Irrenhaus bauen."
„Aber wenn ein Vater seine einzige Tochter um eines fremden Betrügers willen verstößt und enterbt, so...."
„Halt," fiel ihm der Arzt in das Wort, „ganz so liegt der Fall hier doch, nicht. Der Umstand mit dem Nichterkennen des Bildes Ihres Vaters macht auch mich, wie ich gestehe, stutzig, aber man kann daraus durchaus nicht mit Gewißheit folgern, daß ver Mann, der sich hier als Ihr Bruder eingeführt, ein Betrüger ist, und es ist sicher noch kein Zeichen von Geistesstörung, wenn Ihr Onkel ihm trotzdem vollen Glauben schenkt, denn die Papiere, die er vorgelegt, sind echt und in bester Ordnung."
„Als ob Papiere nicht gestohlen werden könnten!" warf Richard ein.
„Die Aehnlichkeit, welche die Züge des Fremden," fuhr der Arzt unbeirrt fort, „sowohl mit Ihnen selbst, als mit Fräulein Armgards verstorbenem Bruder zeigen, ist doch ein schwerwiegender Beweis für die Wahrheit seiner Angaben."
„Und ich glaube dennoch nie und nimmer, daß dieser Mensch mein Bruder ist; von dem ersten Augenblick an sagte mir ein inneres Gefühl, daß er ein Betrüger fei," rief Richard heftig.
(Forts, folgt.)