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Amis- und Anzeigeblatt für den Bezirk (Lalw.

66. Jahrgang.

Erscheint Di en S t a q , Donnerstag und Samstag. Die Einrückungsgebühr beträgt im Bezirk und nächster Um­gebung 9 Psg. die Aeile, sonst 12 Psg.

Samstag, den 1. August 1891

Abonnementspreis vierteljährlich in der Stadt >0 Psg. und 20 Pfg. TrSgerlohn, durch die Post bezogen Mk. .1. IS, sonst ü» ganz Wütttembecg Mk. 1. SS.

Juni Abonnement

-auf das Calwer Wochenblatt wird hiermit für die Monate AugustSeptember freundlichft ein­geladen.

Amtliche Bekanntmachungen.

Kkkaniltlilachltilg,

betreffend die Verfügung einer Ikotzsperre.

Nach einer Mittheilung des großh. bad. Bezirks­amts Pforzheim vom 25. ds. Mts. ist für den dortigen Bezirk die Flößerei auf der Enz und Nagold für die Zeit vom N. August ds. Js. in der K-rühe bis zum 20. September ds. Js. Abends ge­sperrt.

Dies wird hiemit den beteiligten Bezirksange­hörigen zur Kenntnis gebracht.

Calw, den 29. Juli 1891.

K. Oberamt. "s Supper.

Taycs-Neuiükciteu.

fAmtliches aus dem Staatsanzeiger.f Am 24. Juli wurde von der evangelischen Oberschul­behörde die Schulstelle in Alt bürg, Bezirks Calw, dem Schullehrer Walz in Nothfelden, Bez. Nagold, die in Ob e rh äugst ett, Bez. Calw, dem Unter­lehrer Bauer in Magstadt, Bez. Böblingen, über­tragen.

* Calw, 31. Juli. Das Reallyceum schloß heute vormittag das Schuljahr durch einen feierlichen Schlußakt im Saale des Georgenäums. Zum Beginn der Feier sang der Schülerchor den ChoralSieh hier bin ich Ehrenkönig", worauf Hr. Rektor Dr. Weizsäcker einen Rückblick auf das abgelaufene Schuljahr warf und hiebei der verschiedenen

Aenderungen gedachte, die im Lehrkörper der Anstalt vorgekommen waren. Hierauf wandte sich der Redner mit den eindringlichsten Worten an vie Schüler. Die wahre Ehre eines Jünglings und Schülers sei in der treuen Pflichterfüllung, im fleißigen Lernen und m einem guten sittlichen Wandel zu suchen, dann werde ein Schüler nicht nur Eltern und Lehrern Freude bereiten, sondern auch vor Gottes Augen bestehen können. Nach einem weiteren GesangEin getreues Herz zu wissen" folgten Deklamationen der Klasse IVI. Die Auswahl der Gedichte war sehr gut getroffen und ebenso befriedigten die sicheren, gewandten und ausdrucksvollen Vorträge. An die Deklamationen reihte sich der Gesang des feurigen und begeisternden LiedesSinge, wem Gesang gegeben" und Verteilung von Prämien und Belobungen, sowie der Reifezeug­nisse für den einjährigen Dienst. Mit dem Lied Wir kommen uns in dir zu baden" fand die er­hebende Feier ihren würdigen Abschluß. Das neue Schuljahr beginnt am 8. September.

^ ?-f--Altensteig, 28. Juli. Gestern abend um 7°/« Uhr schlug während eines heftigen Gewitters der Blitz in die Telephonleitung AltensteigSimmersfeld in unmittelbarer Nähe des letzteren Ortes. Durch den Schlag wurde eine Telephonstange am oberen Ende zerspällt, etwa 10 Stangen wurden beschädigt. Im Telegraphenzimmer in Simmersfeld wurde die Frau des Postagenten Hanselmann, welche in der Nähe des Apparates saß, durch den elektrischen Strom betäubt und zu Boden geworfen. Sie kam erst nach einer Stunde wieder zum Bewußtsein und konnte längere Zeit Arm und Fuß der rechten Seite nicht mehr bewegen. Bis heute früh hat sich ihr Zustand wieder gebessert.

Stuttgart, 28. Juli. Unter der Spitz­markeEin Schwabenstreich" erzählt das Münchener Fremdenblatt: Der nachfolgende heitere Vorfall hat sich in vergangener Woche buchstäblich auf einem hiesigen Keller zugetragen:Es war gegen

Spitz- kecke

Abend, da das Konzert begann. Plötzlich betreten fünf vornehme Herren den Garten. Mit Blitzesschnelle verbreitete sich die Nachricht, daß der württembergische Ministerpräsident v. Mittnacht mit vier anderen Ex- cellenzen erschienen sei. Als der Pächter des Kellers von dem seltenen Ereignisse Kunde erhielt, hatte er nichts eiligeres zu thun, als sich in Gala zu legen und die umfassendsten Vorbereitungen zu treffen, damit es den hohen Gästen an nichts fehle. Die gewandteste Kellnerin wurde beauftragt, sich den Excellenzen zur Verfügung zu stellen. Der Pächter hatte bald die fünf Excellenzen ausfindig gemacht, sprach doch einer von ihnen schwäbisch ging an den Tisch verneigte sich tief und bat um die Erlaubnis, daß der Tisch frisch gedeckt werden dürfe, gegen welche Prozedur die Herren nichts einzuwenden hatten. Die Kellnerin stand jedes Winkes bereit, der Wirt ent­faltete seine ganze Liebenswürdigkeit und that eine Verbeugung nach der andern. Den Herrn >,Ministern" ward die allzugroße Aufmerksamkeit nach und nach unheimlich. Es mochte etwa eine halbe Stunde ver­gangen sein, da erschien wiederum der Pächter bei den hohen Gästen, und als derselbe die Herren mit Exzellenz anredete, klärte es sich auf, daß die Fremden zwar ganz respektable Stellungen im Leben einnahmen, aber immerhin weit davon entfernt sind, ein Minister- Portefeuille oder einen Gesandtschaftsposten zu be­kleiden. Inzwischen aber blieben die wirklichen Excellenzen die sich thatsächlich im Garten befanden, nämlich Ministerpräsident v. Mittnacht, Freiherr v. Feilitzsch, Dr. v. Müller und die beiden Gesandten Graf Tauffkirchen und Freiherr v. Soden, im Hinter­gründe des Kellers unbemerkt, und gelangten erst Hum Schluffe zu den ihnen zugedachten Aufmerksam­keiten.

Stuttgart, 29. Juli. Nutzbarmachung derWasserkräfte desNeckars. Die Nachricht, daß der Geheime Commcrzienrat Duttenhoser in Rottweil an den geeigneten Stellen Schritte gethan

6 111 11 ^ 1 O H. Nachdruck verboten.

Das Erbe von Nsuheneck.

Novelle von Aranz Kuge«.

(Fortsetzung.)

O Richard!" erwiedcrte sie glühend, vor Erregung,du hattest recht, er ist nicht dein Bruder!"

So ist er als Betrüger entlarvt worden?" fragte Richard atemlos.

Sie schüttelte den Kopf.Ach nein, so weit sind wir noch nicht, aber ich habe die feste Ueberzeugung gewonnen, daß der Fremde nicht der ist, für den er sich ausgiebt. Schon in den letzten Tagen hatten verschiedene Wahrnehmungen meinen Glauben, daß er dein Bruder sei, erschüttert, aber es waren doch so geringfügige Dinge, daß ich dir nichts davon schrieb, um dich nicht in deinem, dennoch vielleicht ungerechtfertigten Mißtrauen gegen ihn zu bestärken. Gestern aber ließ ich mein Arbeitskörbchen, in das ich zufällig die Photographie deines Vaters, die du mir vor kurzem geschickt, gelegt hatte, zu Boden fallen. Ferdinand hob es auf, und als er die herausgefallenen Gegenstände zusammen suchte, sagte er, das Bild betrachtend: Ein charakteristischer Kopf, wer ist es?"".Wie"', rief ich,Sie erkennen Ihren eigenen Vater nicht?"" Er wurde bleich bis in die Lippen und stammelte:Ich war gewöhnt, den Vater immer in Uniform zu sehen, und hier ist er im Jagdkostüm, auch ist die Photographie nicht ähnlich."" Ich sah ihn scharf an und erwiedrrte: Richard ist vielmehr der Ansicht, sie sei sprechend ähnlich.'" Er zuckte die Achseln mnd erwiederte nichts, aber sein Wesen zeigte während des ganzen Abends eine ge­wisse Unruhe und Befangenheck und ich bemerkte, daß er mich unausgesetzt beobachtete. Ich sandte darauf das Telegramm ab, welches dich zu mir rief, denn nur wenn du an meiner Seite stehst, finde ich den Mut, meinem Vater zu sagen, daß ich den Mann, den er mir als Gatten aufdrängen will, für einen Betrüger halte."

Ich wußte es ja immer," sagte Richard triumphierend,dieser Mensch tonnte nicht der Sohn meines Vaters sein. Und nun fürchte dich nicht, und laß uns Hand in Hand vor deinen Vater treten und den Betrüger entlarven, der dir das Erbe von Rauheneck stehlen wollte.

Es wird nicht leicht sein, meinen Vater zu überzeugen, daß er ein Betrüger ist," sagte Armgard seufzend.

Auch jetzt noch?" fragte Richard.

Ich fürchte es," sagte sie leise und ihr Herz klopfte immer ängstlicher, je mehr sie sich Rauheneck näherten. Sie fanden dort Armgards Vater mit dem zu­fällig gekommenen Hausarzt und Ferdinand im Speisezimmer sitzend. Als Richard hinter Armgard in das Zimmer trat, erschrak Ferdinand sichtlich, während Herr von Rauheneck ihm in gereiztem Tone entgegen rief:Was suchst du hier?"

Ich bin gekommen," erwiederte Richard,um dir zu sagen, daß dieser Fremde dort ein Betrüger ist, für den ich ihn von Anfang an gehalten. Armgard hat gestem den sichern Beweis dafür erhalten, daß er nicht mein Bruder sein kann, denn er hat das Bild unseres Vaters nicht erkannt."

Rauheneck lachte spöttisch.Ah, also die dumme Geschichte mit der Photo­graphie willst du benutzen, um hier eine Jntrigue gegen den eigenen Bruder o.nzu- zetteln! Ferdinand hat mir selbst erzählt, daß er das Bild seines Vaters nicht gleich erkannt hat, was natürlich genug, da er erstens kurzsichtig und zweitens die Photo­graphie nicht ähnlich ist. Aber um allen solchen gegen Ferdinand gerichteten Machi­nationen von Eurer Seüe ein Ende,u machen, frage ich dich, Armgard, jetzt, ob du mir gehorchen willst und bereit bist, dich von Richard loszusagen und seinem Bruder deine Hand zu reichen?"

Armgard war totenbleich geworden, aber sie sagte mit fester Stimme:Nein mein Vater, das vermag ich nicht! Mein Herz und mein Wort gehören Richards und niemals werde ich die Gattin eines andern."