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Vorstehende Beftiinmungen finden nur auf die in Württemberg zur Auflieferung kommenden, somit nicht auch auf die im direkten Verkehr zur Einfuhr nach Württemberg oder zur Durchfuhr nach anderen Staatsgebieten über die württembergischen Grenzen eintrstenden Wildsendungen Anwendung.
s- 6.
Gegenwärtige Verfügung tritt am 1. Mai 189 k in Wirksamkeit.
Stuttgart, den 20. März 1891.
Mittnacht. Schmid. Renner.
Vorstehende Ministerialverfügung wird hiemit zur allgemeinen Kenntnis gebracht mit dem Anfügen, daß die Nichtbefolgung dieser Vorschriften der Strafandrohung des Art. 39, Ziffer 1 des Landespolizeistrafgesetzes vom 27. Dezember 1871 unterliegt. Calw, den 15. Juni 1891.
K. Oberamt. Supper.
Amtliche Bekanntmachung.
In Hofftett, Gemeinde Neuweiler, ist die
Maul- und Klauenseuche wieder erloschen.
Calw, den 16. Juni 1891.
K. Oberamt. Supper.
K. Amtsgericht Calw.
Als Stellvertreter des
Gerichtsvollziehers
für die zusammengesetzte Gemeinde Altburg—Weltenschwann—Spindlershof wurde der Bauer und Ge- meinderat Georg Adam Rentschler von Altburg mit dem Wohnsitz in Altburg aufgestellt.
Den 15. Juni 1891.
Oberamtsrichter
Deckinger.
Tages-Ueuigkeiten.
(Amtliches aus dem Staatsanzeiger.s Seine Majestät der König haben durch Allerhöchste Ordre vom 13. ds. Mts. dem Bezirksfeldwebel Visel im Landwehrbezirk Calw, das Dienstehren- zeichen 1. Klasse allergnädigst zu verleihen geruht.
VIII. Bundesfest des „Westlichen Gau- Sängerbundes in Dachtel am 14. Juni d. I. Jedermann hatte sich in dem freundlichen Orte bemüht, die Sänger würdig zu empfangen. Ein schöner Obstgarten diente als Festplatz. Als der Festzug dort angekommen war, begrüßte Schullehrer Heinz von Dachtel die Sänger und Sangesfreunde mit schwungvollen Worten. Schullehrer Jäger von Gültlingen hielt die Festrede, in der er zeigte, wie nur gute Menschen, die sich in glücklicher Gemütsstimmung befinden, singen, und wie der Gesang die einzige Kunst sei, die jedermann verstehen und üben könne. Mit Stolz wies er darauf hin, wie dem deutschen Volke und besonders den Schwaben die Freude am Gesang angeboren sei. Durch die Schönheit des Gesangs, führte er aus, werde alles Edle im Menschen angeregt und gepflegt, besonders geschehe dies durch das Volkslied. Dann forderte er aber auch auf, das deutsche Lied zu pflegen, und
schloß mit einem Hoch auf das deutsche Vaterland. Die gemeinsamen Chöre: „Trittst im Morgenrot daher", „Wenn die Quellen silbern fließen" und „Wie ein stolzer Adler schwingt sich auf das Lied" waren alle von den einzelnen Vereinen gut eingeübt und wurden unter der Leitung des Schullehrers Heinz sehr wirkungsvoll gesungen. Es zeigte sich dabei aufs neue, wie herrlich solch große Männerchöre klingen. Auf der Tribüne sangen die einzelnen Vereine in folgender Ordnung: Möttlingen, Ostelsheim (a), Althengstett, Deckenpfronn, Stammheim, Gechingen, Gültlingen, Ostelsheim (d). Dachte! und ver nicht zum Bund gehörige Verein von Hirsau. Sämtliche Vereine legten Zeugnis ab, wie sie in ernster Weise den Gesang pflegen und wie namentlich die Dirigenten sich alle Mühe geben, etwas Schönes zu bieten. Alle Vereine haben gut gesungen. Es war deshalb oft sehr ärgerlich, daß auch hier wieder manche Zuhörer bei den Liedervorträgen nicht die nötige Ruhe bewahrten und ihrer Freude über den Anblick von Freunden und Bekannten allzu lauten Ausdruck gaben, besonders einige Angehörige des „schönen Geschlechts" schienen oft die Schönheit des Gesangs nicht recht zu fühlen, waren aber um so mehr erfreut über die Stücke, welche die Gechinger Musikkapelle in den Pausen spielte. Die Frage darf wohl auch aufgeworfen werden: Würde man die Liedervorträge in größerer Ferne nicht besser hören und würde es unter den Zuhörern dann nicht auch stiller werden, wenn nicht auf einer hohen Tribüne gesungen würde, sondern etwa so, daß die Sänger tiefer stehen würden als die Zuhörer? Bei dem stark abhängenden Garten wäre das in Dachtel leicht möglich gewesen. Doch soll die Frage nur nebenbei aufgeworfen sein. Im ganzen verlief alles sehr schön, so daß auch der Vorstand des Bundes, Schultheiß Ziegler von Gechingen, in seiner Rede am Ende des Festes eine passende Gelegenheit fand, die jetzt aufgelösten Vereine von Deufringen und Aidlingen, die früher dem Bund angehörten, zu er- Inuntern, auch wieder zusammenzutreten und die Sangeskunst zu pflegen.
ff Der Schwarzwälderbote bringt in seinem Montagblatt eine Mitteilung von einem jungen Reh ohne Füße. Gewiß ist auch dies eine Seltenheit, daß ein kürzlich aus dem Ei geschlüpftes Hühnchen 4 Füße hat, wie solches bei Forstwächter Walter in Stammheim zu sehen ist. Dasselbe hat einen vollständig ausgebildeten Fuß, während beim andern die Zehen verkrüppelt sind. Hinter diesem befinden sich dann nochinals zwei Fußstummel.
Aalen. In der Ostertag'schen Kassenfabrik kam dieser Tage nach einer Mitteilung der „Kocherzeitung" der Schrank in Reparatur, welcher vor einiger Zeit den Brand in der Feigenheimer'schen Schuhwarenfabrik in Backnang mitzumachen hatte. Der Schrank war während des Brandes 2 Stock hoch heruntergefallen und lag 36 Stunden in der Glut. Sein Jnyalt erwies sich als durchaus unversehrt,, obwohl der Schrank nicht vollständig verschlossen war. In den inneren Behältern hatte sich sogar der Lack aufs beste erhalten. Als zweiter Beleg für die Vorzüglichkeit der Ostertag'schen Fabrikate lief sodann die Nachricht ein, daß sich ein anderer Schrank der Fabrik in einem großen Brande in Thüringen (Holzwarenfabrik in Schwarza bei Meiningen) sehr gut
bewährt habe. Der Bericht sagt: „Eine größere, anhaltendere Glut kann bei keinem Brande Vorkommen, denn die Hitze war so arg und kolossal, daß Transmissions- und Maschinenteile, sowie der Griff des Schrankes geschmolzen. Der Inhalt des Schrankes war gänzlich unversehrt."
Basel, 15. Juni. Ein furchtbares Eisenbahnunglück, wie sich in der Schweiz noch kein zweites ereignet, hat sich gestern Nachmittag zwischen Dornbach und Basel auf der Brücke über die Birs bei Mönchenstein, eine Stunde von Basel entfernt, zugetragen, indem die über die Birs führende Eisenbahnbrücke in dem Augenblick einstürzte, als der Jura-Simplonzug von Basel her um ff-3 Uhr über dieselbe fuhr. Der Zug bestand aus 2 Lokomotiven und 10 großen Personenwagen. Als die Lokomotive die erste Hälfte der Brücke erreicht hatte, brach diese ein und nun entstand eine fürchterliche Katastrophe, die nach den Berichten von Augenzeugen jeder Beschreibung spottet. Auf die erste Maschine stürzte die zweite, die 4 ersten mit Menschen vollgepfropften Personenwagen mit sich reißend. Die Jnsaßen dieser Wagen kamen fast sämtliche ums Leben. Hoch auf türmten sich die Trümmer der Wagen, stauten die zu allem Unglück noch hochgehende Birs, wodurch die Rettung außerordentlicy erschwert wurde. Die Hinteren Wagen blieben, man kann fast sagen wunderbarerweise, auf den Schienen stehen, obwohl der Zug mit voller Geschwindigkeit heransaußte und die Wagen mit aller Wucht aufeinanderstießen. Von der Brücke stehen nur noch die beioen Endsockel. Es ist mit ziemlicher Sicherheit anzunehmen, daß das Gewicht der 2 Lokomotiven die Brücke zusammendrückte. Abends 10 Uhr hatte man bereits gegen 80 Tote und über 100 Verwundete, meist gräßlich verstümmelt, aus den. Trümmern hervorgezogen. Aus den Wagen, die im Wasser lagen, konnte man nur wenige retten, da die meisten fest eingeklemmt waren und ertranken, bevor ihnen Hilfe gebracht werden konnte. Noch um Mitternacht lag der vorderste Wagen, der sonst unzugänglich war, im Wasser, in diesem befanden sich ungefähr 20 Tote. Auch der Postwagen liegt zertrümmert in der Tiefe und seine Bedienung ist tot. Hilfe war schnell zur Stelle. Von Basel aus wurden sämmtliche Droschken auf die Unglücksstelle geholt; Feldlazarete mit einer großen Anzahl von Aerzten und sonstigem Sanitätspersonal besorgten die Rettung und Verbringung der Verwundeten in das Spital nach Basel, das kaum in der Lage war, alle Verunglückten aufzunehmen. Eine Anzahl von ihnen starb während der Ueberführung. Eine ungeheure Menschenmenge begab sich von Basel aus auf die Unglücksstätte; die Szenen, die sich daselbst abspielten, waren herzzerreißend; Angehörige von Verunglückten verlangten verzweifelnd nach den Ihrigen und mußten mit Gewalt zurlkckgehalten werden. Der verunglückte Zug hatte im Ganzen 800 bis 1000 Passagiere, größten Teils der mittleren und Arbeiterklasse angehörend, die sich zu einem Gesangsfest nach Mönchenstein begeben wollten. Das entsetzliche Unglück ruft im ganzen Lande große Bestürzung hervor. Mach dem Bund hatte die Bahn für ihr Personal und die Reisenden Versicherungen abgeschlossen; beim Massenunglück wird für Reisende aber nur 150 000 Fr.
„Ich höre."
„Und man soll sogleich nach einem Arzte schicken."
„Es soll geschehen."
Der Dwornick drückte auf den Knopf eines elektrischen Apparates. Bald darauf hörte man Schritte die Treppe Herabkommen.
„Du bleibst bei ihr, Paul", sagte der Unbekannte. „Ich will Schlitten und Pferd in Sicherheit bringen und sehen, ob ich Dmitri davon benachrichtigen kann, daß Ihr hier seid."
„Aber ich verstehe nicht. Hier in dem fremden Hause —"
Der Unbekannte flüsterte nun Paul die Worte ins Ohr:
„Dmitri ist Niemand anders als der Fürst G."
„Das ist nicht möglich! Dmitri —"
„Ruhig Blut, Freund. Der Fürst Alexander G. oder, wie Du ihn kennst, Dmitri Jelagin ist, wie ich, Mitglied des geheimen Komitees."
Mit diesen Worten ging er.
Fünf Minuten später sah sich Paul Zwetajeff allein mit dem jungen Mädchen in dem Bibliothekzimmer des Fürsten. Die beiden Diener hatten Vera auf dem Sopha ausgestreckt und ein Kissen unter ihren Kopf gelegt; einer von ihnen war dann gegangen, um einen Arit zu holen, sie lag noch wie leblos, Totenblässe auf ihren Zügen die Augen geschloffen, nur das leichte Woge» ihres Busens verriet, daß noch Leben in ihr war. Paul setzte sich neben sie und befeuchtete das Tuch, das auf ihrer Wunde lag, zuweilen mit dem Eiswasser, das der Diener gebracht hatte. Dann rieb er ihr Hände und Fußsohlen und er atmete auf, als ein leiser Schimmer von Röte auf ihren Wangen zurückkehrte. Jetzt bewegten sich ihre Lippen als ob sie sprechen wollte, und endlich öffneten sich ihre Augen, indem sich ihre Blicke mit fragendem Ausdrucke auf Denjenigen richteten, in welchem sie ihren Freund erkannte.
„Bist Du es, Paul?"
„Ja, meine gute Vera. Wie ist Dir?"
„Besser, aber—" und ihreBlicke fielen auf die ihrfremde Umgebung, „wo bin ich?"
„In einem Hause, in dem man Dich freundlich ausgenommen hat."
Sie schloß die Augen wieder und fuhr leise fort: „Wo ist er?"
„Wer? — Pugatschew?"
„Nein. Dmitri."
„Er wird bald hier sein. Es ist Alles gut gegangen, Vera. Pugatschew ist gerettet und jetzt wohl in Sicherheit."
„Aber Dmitri? Wo ist Dmitri?"
Paul zog seine Brauen zusammen und der Ausdruck teilnehmender Güte verschwand aus seinen Zügen. „Ich sagte Dir ja, daß er bald hier sein wird. Er kann jeden Augenblick kommen."
„Da ist er" — rief sie aus, indem sie die Augen wieder öffnete. „Ich hörte seine Tritte. — Nein — doch nicht — das ist nicht sein Schritt."
Es war der Arzt, der eintrat. Er untersuchte die Wunde und konstatierte, daß die Verletzung nur eine leichte war. Er legte ein Pflaster auf und nachdem er angeordnet hatte, daß die Eisumschläge fortgesetzt werden sollten, ging er wieder.
„Wie gut Du bist, Paul" — sagte sie leise vor sich hin, während er ihr das kühlende Eis auf den Kopf legte. „Aber — mir wäre doch bester und leichter zu Muthe."
„Nun?"
„Wenn ich wüßte, wo Dmitri ist. Am Ende ist ihm ein Unglück zugestoßen?'''
„Du bist sehr besorgt um ihn."
„Ist das nicht natürlich?"
„Mehr als er um Dich."
„Was meinst Du damit?"
„Hat er sich viel um Dich gekümmert, als Du ohnmächtig im Schnee lagst?"
„Er mufte Pugatschew retten." (Forts, folgt.)
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