Ehegatten oder des Kindes eines Versicherten. - Kassen mit dieser erweiterten Familienhilfe können von den Versicherten mit Familienangehörigen einen Zusatzbeitrag erheben, den die Satzung allgemein festzusetzen hat. — Von großer Bedeutung und ganz neu ist die Wochenfürsorge aus Reichs- mittelu fiir minderbemittelte Wöchnerinnen, für die kein Anspruch auf Wochenhilfe besteht. Als minderbemittelt gilt: eine verheiratete Wöchnerin, wenn ihres Ehemannes und ihr Gesamteinkommen in dem Jahre oder Steuerjahre vor der Entbindung den Betrag von 2500 Mk. nicht überstiegen hat. Diese Wochenfürsorge wird durch die allgemeine Ortskrankenkasse gegen Ersatz durch das Reich vorschußweise geleistet. Soweit eine unverheiratete Wöchnerin von dem Vater des Kindes Ersatz von Entbindungs- und sonstigen Kosten verlangen kann, geht der Anspruch auf das Reich in Höhe der von ihm zu erstattenden Beträge über. — Das gleiche gilt fiir den Unterhaltsanspruch der Wöchnerin gegen unterhaltspflichtige Verwandte. Als Wochenfürsorge werden die eingangs geschilderten Leistungen der Wvchenhilfe gewährt. Dabei betrügt das Wochengeld l.50 Mk., das Stillgeld 75 Pfennig täglich. Soweit Gesetze und andere Rechtsnormen auf Vorschriften verweisen, die das neue Gesetz ändert, treten an deren Stelle die entsprechenden Vorschriften des neuen Gesetzes.
Aus Stadl und Bezirk.
Nagold, den 4. November 1919.
* Arbeitsminister Leipart in Nagold. Alls Einladung
der sozialdemokratischen Partei Nagold sprach gestern abend im dichtbesetzten „Traubenfaale" Herr Arbeitsminister Leipart über „Die Hemmungen unseres Wirtschaftslebens". Nach einer kurzen Begrüßungsansprache des Versammlungsleiters, Eisenbahnsekretär Kraft, gab der Redner zunächst eine Darlegung der Aufs aben des-Einzelnen in der Gemeinschaft.. Dann sprach er über die gewaltigen Hemmungen, denen unser Wirtschaftsleben zur Zeit unterworfen ist und führte. sie durchaus nicht auf die Folgen der Revolution zurück, sondern wies an Hand der Erschütterungen des Wirtschaftslebens der Siegerländer nach, daß wir unter den Nachwirkungen des Krieges zu leiden hätten. Dieselben Erscheinungen, die heute den Hemmschuh unseres Wirtschaftslebens bilden, zeigen sich besonders auch in Frankreich und Amerika. Dort war keine Revolution, es ist also ein törichtes Gerede, wenn inan unsere heutigen Schwierigkeiten der Revolution allein in die Schuhe schieben will. In seinen weiteren Ausführungen umriß der Herr Minister die Art dkr Wirlschaftshemmungen in großen Zügen und unterstrich, daß die entschlossene Arbeit aller Volksschichten zum Wiederaufbau führen müsse. Insbesondere betonte er auch, daß heute der Arbeiter nicht mehr für den Kapitalismus, sondern für das große Ziel der Wiederaufrichtung unseres Wirtschaftslebens arbeite, an dem alle Volksschichten ohne Ausnahme gleichermaßen interessiert seien. Bei allen Schwierigkeiten der Gegen wart sei ein Grund zur Hoffnungslosigkeit nicht gegeben, im Gegenteil, der Wille zum Leben müsse bei jedem Einzelnen herrschen, umso leichter und schneller werden wir dis schwere Krise überwinden. Wir werden in diesem Winter noch manchesmal die Zähne zusammenbeißen müssen, aber auch nach diesem Winter wird wieder der Frühling kommen. Nach einer kurzen Aussprache und einem Schlußwort des Referenten schloß der Versammlungsleiter den Abend mit einer Aufforderung zur lebhaften Beteiligung an den Volkshochschulkursen. _____
* An das Fernsprechnetz ist neu angeschlossen unter Ruf-Nr. Ill: Johs. Wern er,' Maschinenhandlung.
* Anfallfürsorge für Einwohnerwehren. Das soeben verkündigte Gesetz sieht vor, daß Einwohnerwehrmitgliedern, die infolge ihrer Dienstleistung einen Unfall erleiden, aus der Staatskasse folgende Entschädigungen erhalten: I. Im Falle einer weniger als 6 Monate andauernden Beschränkung der Erlverbsfähigkeit den Ersatz des Arbeitsverdienstes, soweit er nicht anderweitig z. B. aus Privattiersicherung oder aus Krankenkassen erstattet wird, und Heilungskostenersatz. 2. Im Falle einer mehr als 6 Monate dauernden oder
Dui-ek enge Gasten.
Original-Roman von Käte Lubowski.
841 (Nachdruck verboten.)
„Ich möchte eine Frage an Sie richten, Herr Großer/
.Angenehm! Fragen Sie nur zu."
.Sie boten mir damals an. Ihr Geschäft zu kaufen/ - .So... tat ich das? Ja, ja, man ist immer noch so unüberlegt und täppisch wie ein Füllen."
Sie wollte gekränkt sein.
.Habe ich mir irgend etwas seitdem zuschulden kommen lasten, daß Sie so ganz anders darüber denken?"
.Zuschulden kommen lassen? — Wer sagt denn auch nur ein Wort davon. Ganz im Gegenteil. Sie sind eifrig, wie eine Biene. Und das Stechen vergessen Sie auch nicht. — Nee, nee, das meine ich anders. Ich habe inzwischen eingcsehen. daß das hict für Frauenschultern zu schwer ist. Der Chefarzt in Westend hat mir den Text nicht gerade zart geblasen. Ich hätte nicht erlauben dürfen, daß Sie drei Jahre hintereinander, ohne puch nur einen Tag Ferien zu machen, in den heißen, dumpfen Stuben geschuftet hätten..."
.So plötzlich ist also diese Wandlung bei Ihnen gekommen? So schnell und widerspruchslos haben Sie sich zu anderer Meinung be-ehren lasten? Seltsam . . ."
„Kommt Ihnen nicht auch manchmal etwas ganz plötzlich?"
„Ich weiß nicht ... ich fühle nur, daß Sie mir heute ausweichen."
„Einbildung, Fräulein Holtmann. Ich habe Ihnen ja doch ohne Umschweife gesagt, daß Sie mir viel zu fleißig und unermüdlich sind/
„Sie haben also nicht mehr das Zutrauen zu mir wie einst?"
„Nun dr h n Sie mir gefälligst meine Worte nicht im Munde u> ,. Das Zutrauen ist unverändert da. Aber — icu will nickt rn.hr/
bleibenden Beschränkung der Erwerbssähigkeit obendrein eine fortlaufende Unterstützung, bemessen nach den Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnissen, 3, Bei Todesfall eine Entschädigung für die nicht anderiveitig erstatteten Kur- u, Beerdigungskosten und eine der Witwe und den Kindern zureichende fortlaufende Unterstützung, die jeweils nach den Verhältnissen des einzelnen Falles bemessen wird. Nähere Bestimmungen treffen noch gemeinsam das Ministerium des Innern lind das Finanzministerium, Für Beamte gilt das Gesetz über die Unfallfürsorge für Beamte von 1902, das durch einige Bestimmungen ergänzt worden ist. So dürfen die laufenden Gesamtbezüge des Verletzten aus der Staatskasse sein Diensteinkommen nicht übersteigen. Dies gilt entsprechend auch für die Bezüge der Hinterbliebenen von Beamten.
* Besteuerung der Toten Hand. Bon dem Reichsnotopfer sind befreit die evangelische und die katholische Kirche, die Kirchengemeinden, Bistümer, Domkapitel, Kollegialkapitel, Kassen der Kreis- und Ptovinzialsnnoden, die aufgenommenen Religionsgesellschaften, die Universitäten, alle Stiftungen, welche Aufgaben erfüllen, der Erfüllung sonst dem Reich, dem Staat oder der Gemeinde obliegen würden. Die Freistellung der Kirchen, sowie der kirchlichen und religiösen Gemeinschaften, ist in der Erwägung vorgenommeu worden, daß ihre wirtschaftliche Lage in den einzelnen Staaten zu verschieden ist, um sie durch das Reich einer gleichmäßigen Abgabepflicht unterwerfen zu können. Die Abgabepflicht der Kirchen und der genannten Gemeinschaften wird einem späteren Reichsgesetz oder den einzelnen Staaten überlassen,
* Der Mostpreis. Laut Deutscher Wirtszeitung teilt Landesverband der Wirte Württembergs seinen Mitgliedern mit, es sei zu hoffen, daß gemäß dem mit dem Ernährungsministerium gepflogenen Verhandlungen, die AuSschnukpreise für Most in nächster Zeit erhöht würden,
* Das Maultier in unseren Diensten. Vor dem Krieg hat man bei uns die Maultiere (nicht zu verwechseln mit den Mauleseln!) fast nicht gekannt. Jetzt werden viele Maultiere von Amerika eingeführt. Während einige Großbetriebe ihre Vorzüge schon längst erkannt haben, haben die Bauern immer noch ein gewisses Aber gegen sie. Doch ist das zu bedauern. Einmal sind die Maultiere durchaus nicht störrisch (das sind nur die Maulesel), Wie ein Kenner, Obervcterinär Christian, schon 1913 in der ,,Tierärztlichen Rundschau" schrieb, ist das Maultier „von Charakter dem Pferde fast vollkommen gleich, d. h, ein stets williger, ehrgeiziger Arbeiter." Das Maultier hat mit Ausnahme der großen Ohren dasselbe Aussehen wie das Pferd mit der gleichen Größe. In der Zugleistung lassen sich dir großen amerikanischen Maultiere nicht von den schnellsten Arbeitspferden (Belgier) übertrefsen. Die Muskelkraft ist sogar noch größer: besonders in gebirgigen Gegenden ist das Maultier unersetzlich. Es braucht zwei Drittel vom Futter des Pferdes: Haberstroh verträgt es ebenso gut wie Roggenstroh. Ganzer Haber und grobes Wiesheu sind das beste Futter. Gegen Krankheit ist es außerordentlich widerstandsfähig. Nur der Huf des Maultieres muß gut behandelt" werden. Die Tiere werden viel älter als die "Pferde und können bequem 30 Jahre lang gute Arbeit leisten.
** Egenhausen, 3. Nov, Aus der Gefangenschaft zurück. Als sechster aus unsrer Gemeinde kehrte am Freitag Abend aus der Gefangenschaft heim: Fritz Kalmbach, Sohn des Zimmermanns Kalmbach von hier, nachdem ein jüngerer Sohn der Familie, Matthäus Kalmbach, schon vor einigen Wochen zurückkehrte. Als erster war schon vor einigen Monaten zu begrüßen Johann Wackenhut, John des Friedrich Wackenhut, Fuhrmann. Er kam als Austauschgefangener krank in die Hei'mat. Möge er bei den Seinen bald ganz gesunden! Nacheinander kamen dann der schon erwähnte Matth. Kalmbach, dann Gottlieb Walz, Sohn der Frau Walz, Gipser's Witwe,- Wilhelm Brenner, Sohn der Luise Brenner, Seiler's Witwe; Ernst Volz, Sohn des Metzgermeisters Volz, Unsre 6 Heinikehrer kamen aus amerikanischer und englischer Gefangenschaft. Ihnen allen ein herzliches Willkommen! Wir erwarten noch fünf unsrer Krieger, die alle in französischer Gefangenschaft ihrer Erlösung harren. Möge auch ihnen bald die Stunde der Befreiung schlagen!
„Und können und mögen mir nicht mal aufrichtig sagen, warum Sie sich so gewandelt haben?"
„Hmm ... das könnt' ich eigentlich. Wer verbietet mir das. Aber interessiert Sie das wirklich noch so sehr?"
Sie wollte stolz und stark bleiben. Aber sie wurde vor diesen klugen, scharfen Greisenaugen doch wieder zum Kinde.
„Vater Großer", sagte sie bittend, „quälen Sie mich doch nicht länger."
Er schnäuzte sich dröhnend.
„Quält Sie das wirklich", fragte er endlich, nachdem er zur Ruhe gekommen. „Na, dann ist's ja gut. Das wollt' ich nämlich bloß. Sie quälen ja auch, Helea ..."
„Ich?" — Sie sagte es mit schwerer, starrer Be-, tonung.
Er stieß zornig den Atem aus und saß mit geblähten Nasenlöchern da.
„Reden wir nicht weiter darüber. Es ist so und Sie wissen es auch ganz allein! — Sie sollten jetzt mal einen kleinen Vorgeschmack haben, wie es tut, wenn man zappeln muß."
„Als»'-war das Ganze nur ein Scherz von Ihnen ... Ich nüeg das Geschäft doch."
„Habe ich das etwa auch nur angedeutet? Kein Gedanke. Sie kriegen es nicht. Bestimmt nicht. Ein anderer soll es haben ... jawohl ... ein anderer."
Sie empfand, als risse sie eine Faust aus diesen engen vier Wänden in die unendliche Weite zwischen Himmel und Erde — als hätte sie Flügel und wüßte nun nichts mehr von ihren engen, dunklen Gäßchen. Als müsse sie diese wette Greisenhand an die Lippen reißen, weil er einen armen Stolzen zu einem reichen Spender machen wollte.
Sie dachte nicht weiter darüber nach. Sie träumte sich tiefer in diese Empfindung hinein.
Malte sich aus, wie es sein müßte, bei dem neuen . .. Herrn im Dienst zu stehen — das alte Werk gemeinsam niit ihm auszubauen und endlich zu einem großen und gewaltigen zu stempeln. And wurde darüber so heiß,
* Sulz, 1 . Nov. lieber eine Milchkonirvlle geh! uns aus Sulz eine längere Zuschrift zu, in der lebhaft darüber Klage geführt wird, daß in der hiesigen Molkerei und bei hiesigen Landwirten von einem Milchkontrollenr Stallproben entnommen worden seien, ohne daß diese Kontrolle vorher angekündigt gewesen sei. Dagegen ist an sich nichts einzu- wenden, denn Stallproben werden selbstverständlich unvermutet, ohne eine vorherige Anmeldung, vorgenvmmen, sonst würden sie zwecklos sein. Nun scheint sich der eine und der andere Landwirt geweigert zu haben, eine zweite Stallprobe entnehmen zu lassen, weil er der irrtümlichen Ansicht war, daß er von der Kontrolle benachrichtigt werden müßte. Dies hatte keine guten Folgen, denn nach 5 Tagen, so wird uns weiter geschrieben, kamen zwei Landjäger zum Ortsvorsteher und eröffneten ihm, sie seien von derLandesversorgnngsstelle benachrichtigt worden, er habe keine Milchproben vornehmen lassen. Darob sei dieser natürlich ganz erstaunt gewesen, weil ihm von der ganzen Sache nichts mitgeteilt war. Zwei Viehbesttzer ließ man aufs Rathaus kommen und teilte ihnen mit, wenn sie keine Stallproben entnehmen ließen, würden sie festgenommen und es käme die Sicherheitskompagnie von Stuttgart. Die Stallproben wurden darauf am andern Morgen von zwei Milchkontrolleuren im Beisein von zwei Landjägern vorgenommen. Die Zuschrift beschwert sich nun weiter über das Vorgehen, das man anderen Betrieben nicht zu bieten wage: durch derartiges Verhalten würde die Lage nicht gebessert. Man sollte immer hübsch im Rahmen der Ordnung bleiben. — Wenn die Stallkontrollen ohne Kenntnis des Ortsvorstshers vorgenommen morden sind, so ist dies allerdings zu verurteilen, denn der Ortsvorsteher sollte unter allen Umständen wissen, was man in seiner Gemeinde vorhat. Im klebrigen ist uns an diesem Vorfall mancherlei unverständlich, weil wir wissen, daß die Gemeinde Sulz bisher immer restlos und freudig ihrer Lieferungspflicht nachgekommen ist.
Aus dem übrigen Württemberg.
Verschobener Landtagsbeginn, r Stuttgart, 2. Nov. Mit Rücksicht auf dir erst M bekannt gewordene Einschränkung des Eisenbahnperwnenver- kehrs in der Zeit vvm 5.—15. November wird der Landtag nun doch nicht, wie mitgeteitt wurde,- schon am 4. November zusammentreten. Dagegen wird der Finanzausschuß und ebenso der volkswirtschaftliche Ausschuß seine Arbeiten jort- setzeu.
Ergebnis der Volkszählung in Württemberg.
Als vorläufiges Ergebnis der Volkszählung voni 8. Okt. ds. Js. für den Staat Württemberg hat das Statistische Landesamt folgendes ermittelt: Die vrtsanwesende Bevölkerung beläuft sich im Ganzen auf 2 516769, darunter 13333 Militärpersvnen und Kriegsgefangene. Im Jahre 1910 betrug die Bevölkerungszahl des Königreichs Württemberg 2 437 574. Bei-der neuen Zählung sind als vorübergehend Anwesende 6l 659 Personen gezählt worden, vorübergehend Abwesende waren es 50 290 Personen. - Die Wohnbevölkerung (dauernd anwesende und vorübergehend abwesende Personen) beträgt 2 505 400. Bei einem Vergleich der Bevölkerungs- Ziffer^ in den beiden letzten Jahrzehnten ergibt sich, daß die Bevölkernngszahl von 2 169480 im Jahre 1900 auf 2 437 574 im Jahre 1910 gestiegen ist, also in diesem Friedensjahrzehnt um 268094 zugenommen hat. Im letzten Jahrzehnt ist eine wesentlich geringere Zunahme zu verzeichnen, eine Folge der Kriegswirkungen. Der Zuwachs im Zeitraum !910—!9l9 beträgt nur 189195 Personen.
r- Stuttgart, 1. Nov. Ernährungsminister Gras hat die Geschäfte seines Amtes am 30. Oktober übernommen. Er hält täglich Sprechstunde von 4—5 Uhr nachmittags, nur Sa mstags vormittags von V UO bis l U ft r /AW W - Ä i-rWr Calw, 3. Nov. Die Zahl der ständig hier wohnenden Personen beträgt nach der Volkszählung 5639.
* Deckenpfronn, 3. Nov. Am Samstag abend 6H« Uhr wurde der 69 Jahre alte Akziser Maier itt seiner Wohnung mit einem scharfen Werkzeug, das jedoch am Tatort nicht äufge- funden wurde, so schwer verletzt, daß er in der darauffolgen-
II!'» l »> K>U17>FU^7! « I >ll i > , !> ! I»«»
jauchzend und selig, daß sie dm alten Mann ohne Aü- scküedsworte verließ und in der dunkelsten Ecke ihrer Re- daltronsstube dankerfüllt die Hände faltete. Es half nichts, daß sie sich weiter dagegen sträubte — dies war wirklich der Frühling.
Es kam wieder zum Sommer und Herbst, und es blieb zwischen Helea Holtmann und Johannes Stcinhorst das nämliche Verhältnis. Er ging ihr aus dem Wege und sie sah über ihn fort, als sei er nichts wie ein armseliger Punkt auf dem vollbeschriebenen Vlatt ihres Lebens. Wenn sie der Zufall nebeneinander stellte, dann freilich sprachen sie auch zusammen. r
„Wir haben jetzt bereits zweiunddreißig Abonnenten, auf die Jugendzeitung, Fräulein Holtmann." j
„Oh, das freut mich für Sie, Herr Steinhorst." j
„Lasen Sie alles, was ich baute?" (
„Wie konnte ich das wohl? — Meine Zeit ist Ml gering."
Dann wurde er rot vor Trotz und Gram, wett sie das j Herz nicht dazu trieb, das stille, gesegnete Geheimnis! seiner Arbeitsstunden kennen zu lernen. Und wollte ver-j letzt und erkältet von ihr gehen. Aber jedesmal blieb er! doch und begann wieder.
„Zu Weihnachten hoffe ich bestimmt, den ersten Band für die deutschen Buben ans den Markt zu werfen."
„Da gratuliere ich herzlichst."
Der krarnpfhafte Wunsch, dies Gespräch noch weiter zu verlängern, sah ihm deutlich aus den Angen.
» „Denn mit-den Dramen, Romanen und Balladm bin ich gründlich fertig", fubr er fort. „Sie taugen wirklich nickt viel. Peter Kehrbein hat es mir bestätigt. Zuerst wollte ich schier verzweifeln. Dann aber mußte ich an ein Wort meines verstorbenen Vaters denken: „Wie kann man von einem guten, leichten Kartoffelboden wohl verlangen, daß er plötzlich Weizen tragen soll?" Und iw fand mich damit ab und bin und bleibe der Jugendfreund."
(Fortsetzung solgll)
i