der die Regierung in Warschau bildete. Wir hoffen auf ein nahes und absolute» Einverständnis zwischen allen Elementen, di« zur Wiederherstellung Polens beitragen müssen.

Ei» Notruf vom Schwarze« Meere.

Berlin, l. Jan. Bon Rikolajew ging solgevder Funkspruch für die Regierung in Berlin ein: Wachsende Ausstandrbewegungen bolschewistischen Charakters machen die Heimreise zu Land für deutsche Truppen der Schwarz- Meer-Kräfte unmöglich. Verblendung und Disziplinlosigkeit eigener Kameraden beschleunigen da« Verderben. In der ganzen Ukraine gibt es keinen deutschen Bahnschutz mehr. Eigeimächtig abgerollte Transporte werden einzeln ent­waffnet und auageraubl und gehen im ruffischen Winter schwerster Not entgegen. Einzige Rettung für die Zurück­gebliebenen ist der Transport zur See mit Schiffen, die von der Heimat zu stellen, da vorhandenes Material für lange Reise völlig unbrauchbar. Es stehen in Nikolajew 11 400. in Odessa 2000. in Konstantinopel 10 000, in Poti 1600, insgesamt also 25 000 Mann, dazu 3040 Schwestern der deutschen Soldalenhrime. Erforderlich also en sprechende Anzahl Transportdampser. Schickt sie nach Benehmen mit Entente schleunigst ab und gebt Nachricht. Die Gefahr wächst täglich. Laßt deutsche Brüder und Schwestern nicht im Stich.

W- da- deutsche «old blieb!

Zürich. 1. Jan. Dem Pariser .Temps" schreibt Bürgermeister Piffert von Saar bürg in wörtlicher Uedersetzung: .Ich bin glücklich. Ihnxn als Bürgermeister der Stadt Saarburg melden zu können, Laß, seitdem wir das Glück haben. Franzosen zu sein, die Aufforderung an die Einwohner für die Gabe deutschen Goldes an die Banken und Kaffen der Stadt die hübsche Summe von 998 OlX) Franken (bei rund 10000 Einwohner vor Kriegs- ausbruch l) ergeben HU. Die Natjonalanlelhe. aus welche man erst sehr spät und in einer relativ kurzen Zeit zeich­nen konnte, hat hier als Resultat 5455000 Franken er­geben. Wenn man an unseren g l französischen Gefühlen unserer kleinen Grenzstadt hätte zweifeln können, so wür­den diese Zahlen genügen, um unsere Vaterlandsliebe über­zeugend zu beweisen".

Die Steuerplaue der Reichsregieruug.

Berlin. 30. Dez. WTB. Der Weltkrieg hat dem deutschen Volk ungeheure Lasten auserlezt. Sie können nur getragen werden, wenn sie gerecht verteilt werden. Deshalb find Vermöge.-, uno Einkommen in jeder Form erheblich schärfer als bisher heranzuziehen. Ein durchgrek- fender Ausbau der direkten Steuern muß die Grundlage des neuen Sieuerwesens bilden und ungesäumt in Angriff genommen werden. Zu diesem Zweck hat'der Rat der Volk»beauftragten im Einvernehmen mit dem Staatssekre­tär des Reichsschatzamts folgendes be chloffen:

1. Zunächst sollen die Kriegsgewfnne einge­zogen werden und zwar in der Form 1) einer außer- ordentlichen Kriegsabgabe für das Rechnungsjahr 1919, wodurch die durch Gesetz vom 26. Juni 1918 etngesührte Abgabe vom Mehreinkommen und vom Vermögen bei Einzelpersonen aus ein weiteres Jahr erstreckt und die Erhebung der Abgabe vom Mehrgewinn der Gesellschaften für das 5. Kriegsgeschäst jahr fortgesetzt wird, nachdem durch Verordnung vom 15. Nov. 1918 bereit» di e Bildung einer Kriegssteuerrücklage in Höhe von 80°/, d s Mehr- grwinns (gegenüber bisher 60°/,) oorgeschiieben w orden ist, 2) einer außerordentlichen Abgabe vom Vermögens zu sachs,

wodurch di« während der desamten Dauer de» Kriegs ent- standene Vermehrung dergestalt ersaßt werden soll, daß sie unter Schonung kleiner Beträge im vollen Umfang wieder der Allgemeinheit zugeführt wird. Die bereit» auf Grund des Kriegssteuergesetzes vom 21. Juni 1918 gezahlte Steuer wird angerechnet.

2. Ban dem nach Einziehung der Kriegsgewinne ver­bliebenen Vermögen soll eine große allgemeine Vermögensabgabe erhoben werden, die in starker Progression ansteigen. jedoch - die Grenzen der volkswirt­schaftlichen Leistungsfähigkeit nicht übersteigen, Familienstand. Alter und Erwerbssähigkeit der Steuerpflichtigen berück- sichtigen und zum mindesten in der Art ihrer Erhebung den verschiedenen Gattungen der Vermögenslage Rechnung tragen wird. Die Veranlagung muß aus einen bestimmte» Stichtag adgestellt werden. Um jedoch die hiermit ver- berbundenen unvermeidlichen Zufälligkeiten auszugleichen, insbesondere auch das sich noch nachträglich bildende neue Vermögen in entsprechender Weise zu belasten, soll im Anschluß an die Vermögensabgabe ein Ausbau der Besitz­steuer erfolgen.

3. Die hohen Einkommen sollen stärker belastet werden, indem eine Reichseinkomme u st euer mit wei­tergeführter Progression mindestens: diese Ein- kommensteuerstusen eingesührt wird.

4. Die einzelnen Einkommensquellen sollen in erweitertem Umsang der Besteuerung erschlossen und dem Reiche zu­gänglich qemachl werden. Eine Kapitals ertrags­steuer soll die Erträgnisse des Kapitals (E/cwpons, Di- videnden, Hypothekenzinsrn üsw. ). eine Betriebeertrags- steuer, die einen gewissen Mindrstdeträg übersteigenden Gewinne geschäftlicher Urternehmnngen erfassen.

5. Die Erbschaftssteuer soll unter Wetterführung der Progression stärker erhoben werden. Sie soll au? Abdömmlinqe und Ehegatten ausgedehnt werdend Für die Höhe der Abgabefatzes soll nicht nur der Betrag der Erbschaft, sondern auch die Vermögenslage der Erben berücksichtigt werden.

6. Eine besondere Abgademdnung soll dafür sorgen, daß dir zu erlasseudrn Gesetze auch wirksam, gleichmäßig und gerecht ausgeführt werden. Die Veranlagung soll überall in die Hände finanztechnisch besonders oorgrbildeter Personen gelegt werden. Soweit nicht schon dte neuzubGebende Sieuermoral zu einer wahrheitsgemäßen Einschätzung führt, soll sie du-ch staatliche Zwangsmittel unbedingt gesichert werden

Dis Entwürfe zu 1 (Einziehung der Kriegsgewinne) find bereits fertig gestellt. Ihre Veröffentlichung ist angs- ordnet. Auch die übrigen Maßnahmen sind in Angriff genommen und sollen so schnell wie möglich zum Abschluß gebracht werden.

Die Reichsregierung: Ebert. Scheidemann.

Der Slaatssekreiär des Reichsschatzamtes: Schiffer.

Die Deutsche« iu Ungar».

Pest, 1. Jan. WTB. Die Deutschen Westu igarns hatten in einer Versammlung in Sopron ihre Autonomie erklärt und am 28. Dez. durch eine Abordnung deren An- erkrnnung von der ungarischen Regierung erdeten. Nach- dem die Regierung die unverzügliche Durchführung de: Automobile deschloffen hat, verhandelten heute Vertreter de, Zrntalausschuffes der Deutschen West.Ungarn« mit dem Minister Iaszi über diese Frage. Minister Iaezi wird dieser Tage persönlich in die erwähnten Gebiete reisen, damit die Durchführung der Autonomie mit möglichst un­mittelbarer Einbeziehung der Betekizten geschehe.

Die Gefaugeuschaft von Otto Wels im Schloß.

Berlin, 31. Dez. In der Bolloeisamwl ng der S«l» datenräte Groß-Berlins hat am Freitag Tost von der Bolksmarinedioiston erklärt, Wels sei während der ganzen Zeit im Marfiall in einem annändigen Zimmer gewesen und habe sich durchaus wohl gefühlt. Diese Darstellung ist vollkommen unwahr. Tatsächlich wurde Wels zuerst etwa 1*/, Stunden hinter emem Glasoerschlag in der Wachtstube gehalten, dann dam er in eine Stube, aber nur um nach etwa zehn Minuten durch einen Trupp Matro­sen in ein Zimmer im ersten Stock gebracht zu werden. Als Rasek nach Mitternacht mit der Mitteilung kam. daß eine Verständigung erzielt sei, wurde er wieder in die Sinke zurückgeführt, aber diesmal nur aus fünf Minuten. Eine große Zahl aufgeregter Matrosen drang auf ihn ein und ihr Wortführer behauptete. Wels solle verkleidet aur dem Marstall geführt werden, aber lebendigkäme er nicht wieder heraus, Radek solle sich schämen, man würde auch mit ihm noch in, Gericht gehen. Radek verließ dann den Schauplatz und gab wohl angesichts dieser Lage seine bekannte Mitteilung an die Reichskanzlei. Wels aber wurde durch eine Reihe von Matrosen, die auf ihn eiasch impften und viel schlimmen« taten, in dmKel! er geführt, wo man zuerst verschiedene Verschlüge untersuchte, bis man ihn schlietzlich in den Kohlen Ke Iler steckte.

ort hat er von 1 Uhr Nachts dis 10 Uhr morgens blei­ben müssen. _

NahruugsutitteL für Dentsch-Oestreich.

Bern. 31. Dezember. WTB. Schweiz. Dep.Ag.) Außer den durch dte Schweiz vorschußweise zu liefernde« Lebensmitteln aus schweizerischen Beständen bewilligte die SntentekommWon bis jetzt wette; e 4000 Tonnen Lebensmittel für D?u!sch-Orstreich, die seitens Ita­liens iu dm nächste.; Tagen ausgekauft und über Inns­bruck nach Wien befördert, wrrden sollen.

Wilso«.

Lugano. 31. Dezbr. Wilson wird am Neujahrstag aus Parts aüreifm und am Morgen des 3. Januar in Rom andommen. Er dleibt dort zwei Tage und wohnt mir seiner Familie im Quirinal. Am zweiten Tage wird er von der rnmnkanischeu Botschaft au« dem Papst einen Besuch machen. Auf der Rückreise w-rd e: je einen Tag in Mailand und tu Turin bieibrn. Er hat den Wunsch geäußert, sich tu allrn drei Siädien mit den politischen unk ge stigen Führern zu besprechen.

London, 31. Dszbr. WTB. Reuter. Wilson ist von London nach Frankreich abgerelsi. Die Königin und Lloyd George nahmen aus dem Bahnhof, von ihm Abschied.

Falsch« Nachricht.

Berlin, 31. Dez. W« .Deutsche Allgemrins Zeitung" schreibt: Die heutige ^Freiheit" wußte von Dtfferen- zen zwischen General Grüner und den Soldaten- räten der Obersten Heeresleitung zu berichten, im Ver­laufe deren der General dis Vertreter de« Soldatenrats in scharfer Weise angesahrsn habe, sodsß diese sich genötigt sahen, bei der Regie u g wrgen schärferer Ueberwachung der Obersts« Heeresleitung und Genugtuung vorstellig zu werden. Wie wir von Regterungssrlte erfahren, ist dort von einem derartigen Schrill der Soldaienräre der Obersten Heeresleitung nichts bekannt.

Ist es wahr?

Unter dieser Ueberschrift brachten wir in Rc. 306 einen der .Kieler Zeitung entnommenen Artikel. Hierzu schreibt uns ei» Matrose aus der Nagolder Umgegend,

Oer Traum in Feindesland.

Roman von Justus Schoenthal.

S71 (Nachdruck verboten.)

»Vor diesem Irrtum", bemerkte der Hauptmann ganz sachlich und trocken,möchte ich Eure Exzellenz eben be­wahren. Es ist mir nicht unbekannt, dag die englische Staatsnioral in solchen Fällen stark macchiavellistische Tendenzen aufweist. Schließlich werden Exzellenz zur Rechtfertigung sagen, der Kopf' des Mannes sei allemal verfallen gewesen; also wozu erst Ankläger und Richter mit allem sonstigen Beiwerk des Skandals in Bewegung setzen? Man könne ia die Prozedur unter Umgehung von

Gericht und Skandal weientlich abkürzen und-stehe

da, eines Tages liegt der plötzlich aufgetauchte Herr tot in seinem. Bett. Aber vor diesem Irrtum möchte ich Exzellenz eben bewahren."

.Ja, wer sagt Ihnen denn", warf der Altere unsicher «in,daß ich persönlich so denke?"

Daß Exzellenz persönlich so denken, will ich nicht be­haupten. Aber es soll vorgekommen sein, daß man in Downing Street so dachte. Und für diesen Fall möchte . ich Eurer Exzellenz die ergebenste Mitteilung machen, daß I dann die Hähne ganz erschreckend laut krähen würden,

- ganz erschreckend laut."

; Der Minister zerrupfte den buschigen Schnurrbart.

-Wie? Womöglich noch ein vorbereiteter Brief?" Gewiß, Exzellenz, so eine Art versiegeltes Geheimnis,

das irgendwo lagert, um im Falle meines plötzlichen Todes geöffnet zu werden."

Der Sieger von Omdurman war ehrlich erstaunt. .Lassen Sie mich einen Augenblick Nachdenken! Sie find ein Gegner, den man nicht geringschätzig behandeln darf."

Es ist ehrenvoll für mich, wenn gerade Exzellenz als Feind mir mit Hochachtung segenübertreten. Feindeslob hat noch immer seinen alten guten Klang."

Der Minister hatte sich erhoben und stand jetzt in seiner ganzen überragenden Größe vor dem jungen Haupt­mau«.

Nein, zur Flucht verhelfe ich Ihnen nicht. Nach Deutschland dürfen Sie mir auf keinen Fall zurückkehren. Auf keinen Fall! Dann wäre ja der Skandal ohne weiteres fertig."

Exzellenz irren. Ich bin gerne bereit, wenn Exzellenz mir zur Flucht verhelfen, mein Wort zu verpfänden, daß ich drüben mit keiner Silbe meiner Londoner Erlebnisse Erwähnung tun werde."

Nein, nein! Ohne Ihrer Ehre zu nahe treten zu wollen, aber selbst ein Ehrenwort kann unter Umständen eine recht unbeständige Sache sein; nach Deutschland dürfen Sie auf keinen Fall zurückkebren! Aber ich mache Ihnen einen Vorschlag: Bleiben Sie doch der Mann, dessen Papiere Sie besitzen! Seien Sie Mister Longford! Dann gehört Ihnen, wie ich in Erfahrung gebracht habe, in der Tat eine wunderschöne Farm nahe bei Ottawa. Meinethalben können Sie auch hier leben, nur nicht mehr in Deutschland. Ich biete Ihnen 60 000 Pfund, falls Sie einverstanden sind."

Zornbebend sprang der Jüngere hoch.

> .Ich verbitte mir ein solch' entwürdigendes Angebot."

Die Exzellenz aber faßte ihn besänftigend über den Arm.

^Behallen Sie doch Ihre Ruhe und geschäftliche Überlegung, wo es sich um Erwägung nüchterner Dinge handelt! Ist Ihnen die Summe zu klein, so will ich einmal mit den Herren vom Auswärtigen Amt sprechen; man wird Ihnen aus dem kouäs seersd das Doppelte an­weisen."

Mit schneidender Kälte erwiderte der Hauptmann:

Exzellenz irren sich ganz bedeutend in der Person. Wofür halten Sie mich denn?"

Je, nun, für einen schneidigen Offizier, der seinem Vaterlande gedient und genützt, aber jetzt sein Leben doppelt und dreifach verwirkt hat und daher trachten muß, es auf anständige Weise, wenn auch vielleicht unter ver­änderten Bedingungen, zu retten."

Schön, verhelfen Sie mir zur Flucht; dann «erden Sie vielmehr von mir hören, «nd ich bin für Eng­land tot."

Ich habe Ihnen bereits erklärt, daß mir das ein zu unsicheres Geschäft wäre: Sie sollen nicht für England, sondern für Deutschland tot sein oder noch besser. . . . Sehen Sie, ich bin felsenfest entschlossen, den deutschen Offizier in Ihnen zu töten; das ist für mich oouckieio sine qvL nov; unter andern Umständen ist das Geschäft für mich überhaupt nicht zu machen, und ich bitte Sie wieder­holt, die Angelegenheit rein geschäftsmäßig zu betrachten; da kommen wir am raschesten zum Ziele . . . Wie denken Sie beispielsweise darüber: Sie sterben als Deutscher und treten als Pkister Longford in unsere Dienste? Aber diesmal ehrlich. Sie brauchen bloß, wie bisher, Briefe nach Rotterdam zu schreiben; aber den Wortlaut der,, Briefe werde ich bestimmen. Ich sichere Ihnen Liett doppelte Summe, ja meinethalben eine lebenslängliches Rente von 25 000 Pfund. Bedenken Sie, das wäre nach§- Jbrem Gelbe ein Jahreseinkommen von über einer halben^ Million Mark!" ^

Der Hauptmann sprang abermals hoch. s

Das ist" Aber er beherrschte sich und quaktet sich, mühsam lächelnd, die Worte heraus:Das letzte An-- gebot muß ich entschieden abtehnen. Aber ich will ver-r suchen, über die 100 000 Pfund Schweigegeld so habe; ich wohl recht verstanden nachzudenken und bitte umtt eine Frist von sagen wir drei Tagen." j?

Der Herr des britischen Kriegsamts preßte die Lippen;- zusammen. ^

Versuchen Sie beileibe nickt, zu entfliehen? Doll-; kommen unmöglich! Ich lasse ständig Ihr Haus über» - wachen. Lebend kämen Sie nicht heraus! Und bedenken Sie eines: Wenn Sie ablehnen, kann ich Ihnen das Leben nicht erhalten." .

Longfords Haltung straffte sich aufs neue.

Ich glaube noch immer, daß Eurer Exzellenz weniger mit meinem Tode als mit der Vermeidung eines Skandals gedient ist."

Wissen Sie es so bestimmt, daß eS einen öffentlich« Aufruhr geben wird?" fragte der Minister mit gekünsteltem Gleichmut.

(Fortsetzung folgte