München. 8. Nos. WTV. Dir .Münchener Neuesten Nachrichten" melden unter der Ueberschrist .Unsinnige Gerüchte'' : Gerüchierr zufolge soll der König letzteMacht verhaftet worden sein; ferner seien 3 preußische Regimenter nach München beordert worden und eines sei bereits zu den Fahnen des Arbeiter- und So!-atenrate» Libergegangsn. Diese sensationellen Talarennachrkchten entbehren jeder Grund- läge und werden von Elementen verbreitet, die mit unserer guten Sach« nichts zu tun haben und die schädigen. Der Arbeite?-, Soldaten- und Bauern:at.
München. 8. Noo. WTB. Der Arbeiter-, Soldaten« und Bauernrat hat in einer heut« vormittag gehaltenm Sitz ui:,: im Landkagsgkbiiude dis Absetzung der Dynastie Wittrlsdnch beschlossen.
Aufruf der Sozialdemokratie.
B.'ttin, 8 Noo. WTB. Der Vorstand-der soziai- drmvittaüscher? Partei Dcut chlands und die Rtichstagr- fraktioir haben folgenden Aufruf erlassen: Arbeiter, Parteigenossen! Gin Dil der gestern von uns gestellten Forderungen ist von der Regierung und den Mehrheitsparteisn erfüllt worden. Das gleiche Wahlrecht für Preußen und' die Bundesstaaten aus orr Grundlage d«r Verhältniswahl soll ohne Verzug durch Reichegrsetz Angeführt werden. Die sofortige Pariamrutarisi-rung der preußischen Regierung ist gesichert, ebenso die Verstärkung de« sozialdemokratischen Einflusses in der Rsichsr'gierung. Dir Einberufungen zum Militär sind rückgängig gemacht. Noch nicht erledigt ist die Kaiserfrage. Unsere Forderung auf sofortigen Rücktritt des Kaisers und Verzicht des Kronprinzen wurde ausgestellt unter der Voraussetzung, daß der Waffenstillstand Heu s Mittag abgeschlossen sein wird. Diese Voraussetzung hat sich nicht erfüllt, weit die deutsche Delegation infolge äußerer Hindernisse heute Vormittag im feindlichen Haupt- qua urr nicht eintreflrn konnte, er Abschluß des Waffenstillstandes würde aber gefährde: durch unseren Austritt aus der Regierung. Deshalb haben Parieivorstaud und Reichs- tagsslaktion die gestellte Frist bis zum Abschluß drs Waffen- stillnandes verlängert, um erst das Aushören drs Blutvergießen- und sis Sicherung des Friedensschlusses hrrbeizu- führen. Sonnabend Vormittag treten di« Vertrauensmänner der Arbeiter erneut zusammen. Arbeiter. Parieigenoffen! Es handelt sich also nur um einen Aufschub von wenige» Stunden. Eure Kraft und Eure Entschlossenheit vertragen di esen Aufschub. ___
Die neue Mit. Regierung ernannt.
p Stuttgart. 8- November. Wie dis Württ. Presse- Korrespondenz hört, har Seine Majestät der König den Präsidenten des Staatrunnisterium», Slsatsminister der Auswärtigen Angelegenheiten, Dr. Freiher ».Weizsäcker den Slaatsminister der« Kirchen- und Schulwesens Dr. o. Firijchhauer und den Staatsminister der Justiz Man dry, ihrem Ansuchen gemäß ihrer Asmter ent- hoben und den Oberregierungsrat Liesching. Mitglied der Zweite» Kammer, mit den Geschäften des Präsidenten de« Staatmninisteriums. des Staatsministers der Justiz und des Staatsministers der Auswärtigen Angelegenheiten, Politische Abteilung, den Regierungsdirektor Dr.». Hieber, Mitglied der Zweiten Kammer, mit d?» Geschäften des Staatamintsters der Kirchen- und Schulwesens, den Ge- neralstaatsanwalt Sr. v. Kiene, 1. Vizepräsidenten der Zweiten Kammer, mir den Geschäften des Naatrminiflsrs der Auswärtigen Angelegenheiten, Vsrkehrsabtei, lung, und den Priostdozenten Dr. Lindemann, Mit- glied der Zweiten Kammer, mit den Geschäften de» neu zu enichiekdrn Ministeriums für Demobrlisatlon betraut. Außerdem hat seine Majestät der König gestern den Minister des Innern. Dr. o. Köhler, u. den Slaatsminister der Finanzen, Dr. o. Pistorius, in ihren bisherigen Aemtrrn bestätigt.
— Die bisher bekannt gewordene Umbildung der Regierung hat dadurch insofern eine Veränderung erfahren, als Vizepräsident Dr. v. Kiene nicht das Justizministerium sondern Las Verkehrswesen als einer selbständigen Abtei« lung ilderpehrmri wird, wofür er als langjähriger ständi- scher Ltctsrrserent für das Verkehrswesen auch in hervorragendem Maße geeignet ist. Dementsprechend wird das Iusti?mjnisterium vom Adg. Liesching übernsmmen, neben der Politischen Ableitung des Auswärtigen.
TageSuenigkeiten.
Zum Einmarsch der Bayer« in Tirol.
Berlin, 8. Noo. Die Nachricht, daß bayrrische oder sächsische Truppe in Eger ringetückt seien. wehrt der Grundlage. Zum Schutze der Südgrenze ist der Brenner von deutschen Truppen besitzt worden. Weites Trupp.n befinden sich im Vormarsch über Salzburg und Gastein. Politische Ziele find mit dl sei Truppenbewegungen nicht verbunden. _
Die deutsche« Trnppe» in Rumänien.
Wien, 6, Noy. WTB. Nach rine: Meldung der .Neuen Freien Presse" ist am 5. 1l. abends Gmera! Frsnchet eingetroffen, der die Waffenstillstands Verhandlungen geführt Hst. Nach seinen im Ministerium gemachten Mitteilungen, verlangt die Entente. da« die in Ungarn befind- lichen deutschen Truppe.- innerhalb lS Tagen entwaffnet werden und das Land oerlassin. Diese Bedingungen beziehen sich aus die deutsche Okkupationsarmee in Rumänien. Gestern hat rin Vertreter des Generalfeldmarschall« Mackensen dem ungarischen Ministerpräsidenten Grafen Karolyi mitgetetlt, daß sich die Besatzungsiruppen und die
im Süden stehenden Truppen vereinigen und durch Ungarn über Odervrrg in ihre Heimat ziehen wolle».
Fliegerangriff a«f Heidelberg.
Be-lin, 6. Noo. WTB. Mehrere feindliche Geschwader haben in der Nacht vom 29.-30. Oktober ofserst Städte in Baden und der Pfalz mit Bomben belegt. In Heidelberg, das krineUei militärischen Zwecken dirnt, wurde die Universität brschädigt. Der jeder Krisgeindustrie ent- kehrende Badeort Ouerkheim in der Pfalz war gleichfalls da- Ziel von Bombenwllrsin. 5 Personen wurdm bei den Angriffen getötet, 30 verwundet.
Abdankung des Kaisers.
Berlin. 9. Noo. WTB. Drahtb. Der Kaiser und Körrig hat sich entschlösse«, dem Thrvrr z» errt- sage«. Ser Reichskanzler bleibt so lange im Amte, bis dis mit dr: Abdankung des Kaisers, des Thwnverzichts de« Kronprinzen des deutschen Re'chcs und Preußens, und der Einsetzung einer Regentschaft verbundenen Fragen erledigt sind. Er beabsichiitzk. dem Regenten die Ernennung des Abgeordnete« Ebert zu« Reich-kauzler und die Vorlage eines Gesetzes zur sofortigen Ausschreibung einer gesetzmäßigen NM-oualoersammlung vmzuschla- grn, der >s obliegen würde, die künftige Regierung-Horm des Reiches und deren Landesteile, die die Ausnahme in dis Reichsgrenze wünschen sollen, endgültig ftstzustellrn.
Berlin, 9 Nvmmder 1918
Prinz Maz von Baden.
Die Uul«illzuug in.Mrtleniberg.
Stuttgart, 9 Noo WTM Dmhtb. Das neue Mi- ^ nistsrium, dar sich aus d:m Vertrau n d:r gewählten Volks- ! verirrter ausdaut, ist gebildet und Hai die Rezmung an- ! getreten. ' !
Der König hat in Ueberrinstimmung mit dem neuen ! Ministerium eine Einberufung einer konstituierende» Nativ- ! naloersammlung ungeordnet, dis in allgemeiner, gleicher, : gerechter und geheimer Wahl der wiirttembkrgjschru Staats- ! angehörigen übrr 24 Jahren bridrrlei Geschieltes gebildet ! wird. Dar württembergische Volk soll in die Lage versetzt ! werden, die Entscheidung über die künftige Re- ! gieruugsform selbst z« treffe». Der König erklärt, ! daß seine Perso« niemals ein Hindernis sei r we.-d-, > das sich der freien Entwicklung des Staates er-tgege^stelle, wie er auch seine bisherig? Aufgabe darin erblick! habe, das Wohl drs Staates zu fördern. Es ergeht die dringende Mahnung und Bitte an das Volk, sir der schwer- sten Not des Vaterlandes, di; Besonnenheit und Ruhe zu bewahren und die Arbri! fortzusühren. So kann nur unser Volk vor Eiend und Hungersnot bewahrt bleiben. i
gez. Wilhelm. !
grz. L-esching. j
Stuttgart, den S. November. Heute adeud hat sich ! im Landtagsgebäude eine neue provisorische Re- '
gierung gebildet. Sie erläßt folgenden Ausruf! ^
An das württembsrgische Volk!
Eins gewaltige, aber glücklicherweise unblutige Revolution hat sich heute vollzogen. Die Republik ist! r e k! ä r 1.
Eine neue Epoche der Demokratie und der Freiheit ! bricht an. die alten Gewalten treten ab und das Volk, ! dar die Revolution bewirkt hat, übernimmt die Macht. s
Seine nächste Vertretung bildet der aus den freie» Gewerkschaften, der sozialdemokratischen Partei, der Unabhängige» Sozialdemokratischen Pattei und dem Arbeiier- und Soidstenrat berufene Arbeiterausschuß, dem sich General v. Ebbinghaus mit seinem Offizierskorps zur Durchführung der erforderlichen Maßnahmen zur Ausrechtsrhal- lung der öffentlichen Sicherheit zur Verfügung gestellt hat. Die genannten Körperschaften werden geeiMete Fachleute für die Fortführung der Brrwaltungszsschästs heranziehen ohne Rücksicht aus ihre politisch; oder religiöse Gesinnung.
Die Regierung ist provisorisch und betrachtet es als ihre erste Aufgabe, eine konstituierende Landesoersammlung aus Grund drr in unserem Programm bekarmtgsgebenen Wahlrechisforderungen vorzubereiten.
Die Regierung wird eine umfassende Amnestie erlaffen.
Sie fordert dis Bevölkerung aus, die Sicherheilsorgane bei der Aufrechterhaltung der Ruhe und Ordnung zu unterstützen, sowie dir Arbeit wieder aufzunehmen.
Unberufenen Elementen, die sich öffentliche Armier anmaßen, ist mir Entschiedenheit entgegenzulreten. Berechtigt zu Amtshandlungen sind nur die mit amtlichem Ausweis versehenen Vollzugsorgane.
Für den Schutz von Leben und Eigentum ist Vorsorge getroffen. D:e Soldaten gehorchen dem von ihnen gewählten Soldaknrat.
Bon den öffentlichen Beamten, insbesondere dem Personal der Berkehrsanstaiten, erwarten wir, daß sie weiter ihre Schnldigkeit tun.
Freies Beisammlungsrecht ist für alle Zivil- und Mililä »Personen gewährleistet.
Es werden umsaffende soziale Reformen vorbereitet.
Die Bevölkerung der übrigen Gemeinden des Landes fordern wir auf, sich dem von der Stuttgarter Bevölkerung gegebene» Beispiel anzuschkießen und in den wirtschaftlichen und sonstigen Beziehungen zur Landeshauptstadt keine Stockungen eintreten zu lassen. Wir werden es als unsere besonders Pflicht ansehen, uns der Interessen der gesamten Bevölkerung des Landes und sämtlicher Srwerbsschichlen aus» nachdrücklichste «nzunehmen.
Wir entbieten brüderlichen Gruß den Arbeitern und Ssldaieu aller Länder und fordern sie aus, mit dem revolutionären deutschen Volk solidarisch zu handeln und damit einen ijpidigen. dauernden Frieden der Gerechtigkeit herhei-- sützkru zu'-Hetsen.
Stuttgart, S. November 19!8
Die provisorische Regierung:
Vorsitz: Bios, Crispien.
Auswärtiges: Blos.
Inneres: T'-ispirn.
Lrbeitrmimsterium: Lindem««».
Finanzen: Taiheimer.
KM: Heymann.
Justiz: Matrutat.
Kneg: Schreiner.
Dazu kommt folgende
Erklärung:
Ich habe mich bereit erdlätt, im Einvernehmen mit dem EolLaterirar ryttzuheisen. Laß die militärische Ordnung in Stuttgart ausrecht erhalten bleibt.
Den 9. November 19!8.
Gene ra! von Ebbinghaus.
Die Beförderung der Waffenstillstands- dediüguygeu»
Berlin, 9. November WTB. Drr mit der Leber- bringung der WaffensWstandrbedi'Mmgm deaustMie i Kurier funkte heute nacht durch Eiffeftyrm, daß er die Linien nicht passieren kö'me, da bis Äsutschen das Feuer f noch nicht eingestellt hätte». Zu dieser Annahme wurde ! er anscheinend durch den Umstand veranlaßt, daß ans deutscher Seit« rin Mrwiliansdepot in Brand geraten war und mit fortgesetzten Detonationen in die Luft flog. Der Kurier wurde durch Funksaruch hierüber aufgeklärt und ! erhielt dis Anweisung, die Linien sofort zu überschreiten.
Da? Eintreffen der Waffenflillstandsdedingungen kann stündlich erwartet werden.
Sie WasfenstillstaudsbÄWWN.
Berlin, 10. November. WTB. Drahtb. Folgender Auszua aus den Waffenstillstandsvedingungen wird »eröf- ferttlichl:
1. Der Waffenstillstand tritt 6 SLundrn nach Unterzeichnung in Kraft.
2. Sofortige Räumung Belgiens, Frankreichs-Elsaß- Loih.trigens binnen 14 Tagen. Was an Truppen nach dieser Zeit dort ist, wird rnkrnktt oder kriegsgefangen.
3. Abzugehen sind 5000 Geschütze, zunächst schwere, 30000 Maschinengewehrs, 3000 Mrnenwrrfer, 2000 Flug-- zsu§s.
4. Räumung des linken Rheinusers; Mainz, Koblenz und Köln »srdsn aus einem Radius von 30 Km. vom Feinds besetzt.
5. Auf dem richten Rheknufer wird ine 30—40 Km. lies- neutrale Zone geblldrt. Räumung in 11 Tagen.
6. Aus dem linken Rheinuser darf nichts hinweg- geführi werden, olle Fabriken und Eisenbahnwagen usw. müssen intakt bleiben.
7. 5000 LkkomoÜsen, 150000 Waggons, 10000 Kruftwagen müffrn abgegeben werden
8. Unterhaltung der feindlichen Besatzung durch Deutschland.
9. Im Osten werden alle deutschen Truppen hinter dis GrenZm vor dem 1. August 1914 zurückgezogen. Termin tft nicht angegeben.
tO. Dis Frirdensoer rüge von Brrst-Litowsk und Bukarest werden außer Kraft gesetzt.
H. Bedingungslose Kapitulation der ostafrikanischrn Truppen.
12. Rückgabe des Bestandes der belgischen Bank und des russischen und rumänischen Goides.
13. Rückgabe der Kriegsgssangenen ohne Gegenseitig- keit.
14. Abgab; von 100 U-Booten, 8 Kreuzern. S Groß- dampsschiffrku Dis übrigen Schiffs werden interniert und überwacht.
15. Sicherung der freien Durchfahrt durch das Kattegat.
16. Die Blockade bleibt weiter bestehen. Deutschs Schiffs können gekapert werden.
17. Alle von den Drutschen verhängten Seebeschritn- kungen werden aufgehoben.
18. Der Waffsvstillstand dauert 30 Tage.
Vermischtes.
Ist daS wahr? 2a Nr. 300 vom 27. Oktober bringt Lex .Corriere della Sera" folgende Noliz:
Wo hakten nur die Einwohner von Lille die zahlreichen französischen, italienischen, englischen, amerikavischm, belgischen und sogar russischen Fahnen herbekommen, mit denen sie die englischen Truppen bei ihrem Einzug in die wiedereroberte Stadt begrüßten? Es scheint unmöglich,
aber die Fahnen waren gekommen aus-
Deutschland! Einige Industrielle aus Bonn am Rhein — berichtet der Sonderberichterstatter de» .Temps" — »orauLsehrnd, wa« kommen würde, begaben sich vor drei Wochen mit Wagen voll Fahnen des Verbände- nach Lille und verkauften sie dort mit der größten Unverfrorenheit mit gutem Gewinn an die Einwohner. In den Augen dieser Händler ist der Handel wie di« Kunst: er Hot kein Vaterland.
Dazu bemerkt der .Bayerisch« Kurier»: '
Nachforschungen unter Soldaten zufolge schei»t die Nachricht nicht gegenstandslos zu sein. Wst fragen: Wer