erste Beratung de» Gesetzentwurfes über die Zusammensetzung de» Reichstag» und die Derhällutswahl in großen Reichstags- Wahlkreisen.

Staatssekretär Wallraf: Di« Borlage ent­spricht mehrsach ausgesprochenen Wünsche!- de« Reichstags, wenn auch der Begriff der zusammenhängenden wirtschas.« lichen Gebiete nicht in das Gesetz ausgenommen worden ist. Dte Zahl der Abgeordneten soll von 3S7 aus 441 erhöht «erdru. Zn den großen Wahlkreisen soll die Ver­hältniswahl eivgesühit werden. Diese hat den Vorzug, daß sich die Wahlen mehr von Partei zu Partei abspielen, per­sönliche Gehässigkeiten ausgeschaltet üierden und Stich­wahlen sich erübrigen. Demgegenüber ist allerdings mit einer größeren Kompliziertheit des Verfahrens zu rechnen. Die politischen Folgen des Gesetzes, Vorzüge und Nach­teile. namentlich für di« Parteien der Minderheit find noch nicht zu tib:rsrheu.

Die Vorlage wir dem Versaffungsausschuß überwiesen.

Ls folgt die

erste Lesung eines Gesetzentwurfes be­treffend die Abänderung des Postscheck­gesetzes.

Staatssekretär Rübling empfiehlt die Vor­lage zur Anrahme. Durch sie soll die Ueb^wüsungsge- «ihr durch Postscheck von 3 Pfg. wegfallen und da« Porto dem Absender auserlegt werden. Die Boi läge entspricht de« Wunsche, den bargeldlosen Verkehr immer weiter zu fördern.

Dte Vorlage wird nach kurzer Erörterung dem Reichs- haushaUsaveschoß überwiesen.

Ohne Aursp ache erledigt wird die Vorlage über di« Krifgsgabe der Rrichsbauk.

»

Der Aeltest «nrat des Reichstages einigte sich heute dezügli Arbeitsplanes der nächsten Tage dahin: Mit- rvoch und Donnerstag soll der heute nicht zur Erledigung kommende R st der Tagesordnung durchderaien werden; dazu der Gesetzentwurf detreffeud die Krirgszuschläge zu den Verichlskosten in »rstrr Lesung. Ob die Kreditoor- läge, die von einer Seile gewünscht wurde, am Freitag, »der wie von anderer Seile gewünscht wurde, erst in der uächpen Woche zur Beratung gestellt wird, wird der Aettestrmat am Dienstag entscheiden. Die Samstage sol- de« fitzungssrei bleiben, damit der Hauptausschuß die Kur- lilndische und Lioländische Frage erörtern kann.

Die Leistungen der deutschen Landwirtschaft.

Bon Professor Dr. Dad e, Berlin.

Zn der Geschichte der deutschen Lrmdwirtschast gibt es keine Periode, in welcher dte technischen Frotschritte der Landwirtschaft und die Erträge des Kulturbodens sich in so großartiger Weise «niw ckeü haken, wie in den letzten 25 Friedens jahren. Dank der Vertiefung der Naturwiffen- schäften i« Lause des IS. Jahrhundert«, deren Ergebnisse

di« landwirtschaftliche Praxis in nicht geahnter Weise be­fruchtet hab«r, dank der zahlreichen Erfindungen auf dem Gebiete der landwirtschaftlichen Maschinentechnik und nicht zum wenigsten dank der landwirtschaftlichen Geaofsenschas- len und Schulen, steht die deutsche Landwirtschaft heulzu- tage unbestritten an der Spitz« aller Kulturländer.

Zu dieser Hinsicht nimmt sie eine ähnliche Stelle «in, wie der andere wichtigste Zweig des deutsch n Wirtschafts­lebens, mit dem sie auf da« engste oerknäpft ist: di« In­dustrie. Auch dieser ist es, und zwar vielfach schon vor der Laudwirtschast, gelungen, durch eine beispiellose, rastlose Tätigkeit des gewerblichen Unternehmertums sich in den letzten 25 Jahren als gleichwertige oder gar überlegene Konkurrentin der Industrien Großbritanniens, Belgiens und der Bereinigien Staaten von Amerika, emporzuschwin­gen. Velde, sowohl die Laudwirtschast als die Industrie, haben den deutschen Wirtschaftekörper durch eine unendliche Fülle von neuen und orrmehrien Gütern so bereichert, dnß Deutschland nicht nur politisch und militärisch, sondern auch wirtschaftlich vürangeht.

Bei der wirtschaftlichen Würdigung der Landwirtschaft erhebt sich zuerst die Frag«, wer in der La.:dwi -schast dte Arbeit »errichtet. Für die Bearbeitung des Kulturbodens ist nicht nur die menschliche Arbettr Kraft, sondern auch die tierische ured die Steigerung beider in den iandivlrlschast- lichen Raschtuen, sowie die Dampf- und elekt ische Käst von Bedeutung.

I« diese Verhältnisse gewährt die Betriebszählung von ISO? überaus lehrreiche Einblicke. Die Zicht der iandwiri schastüchen Betriebe, welche dir nachstehenden Maschinen benutzten, betrug:

Dampfpflüge

breitwürstge

Säe-

Maschinen

Mäh-

Maschinen

Dampfdresch.

Maschinen

and. Dresch­

maschinen

1895

ISSö

28 673

3S084

259 364

596 869j

1907

8 «

SSüS

SVSV14

301825

488867

947003

-s-12SS

-f- 178 241

-s-Sk» 241 -s-SSS SÜZ-s-330134

Diese Ueberfichi läßt die enorme Zunahme der Betriebe mit Maschinen deutlich erkennen. Welche Bedeutung eins blühende Landmirischasi sllr die Maschinenindustrie hat, möge ein jeder daraus ersehen, daß bei der letzten Betriebs­zählung ISO? ermittelt wurden:

442 Dampfpflüge.

16612t breitwürstge SSemaschinen.

68131 Drill- und Dibbelmaschinen.

341 863 Mähmaschinrn,

15820 Hackmaschinen,

20584 Dampfdreschmafchknen,

827 S2S andere Dreschmaschinen.

2 L73 Karioffelpflanzmaschinen,

10 7S2 Karloffelekblemaschinen,

29 270 Schrotmühlen,

325 482 Milchzentrisugen.

Welche Erträge hat nun die Landwirtschaft «st all« diesen Mitteln, zu denen noch die Fortschritte in der künst­lichen Düngung, in der Drainage, in der künstlichen Be­wässerung und in der Pflanzen- und Tierzucht kommen, asch dem deutschen Boden in den letzten 25 Jahren heroorgebracht?

Gesamterträge im Durchschnitt jährlich.

K

L.

1885-1889

1908-1912

1908/IS mehr (-s-) weniger l-) als 1885/89

K

Tonnen

Tonnen

Tonnen

in Prozent

Weizen

2 913904

3962390

-j- 1048 486

-i- ss.o

Spelz

508 221

438 7l7

- 67504

- 13.7

Roggen

6890 588

11012170

-4121582

- 5 .8

Geiste

2 6I9SS9

3 220 066

- 800 507

- 22Z»

Hafer

5411131

8189062

s- 2 777 931

s- S1.S

Getreide

18 343 403

26 822 405

-s-8 479 002

-s-46.3

Karl offein

I 29705 781

! 44 220 2^3

-j

-14 514 432

-s- 48.9

Wiesenheu

> 19 356392

> 25 024 472

- 5 688080

-i- LS.4

Man wird hiernach wohl oh s Aeber-'reibunZ sage« dürfen, daß der G-samierttm aus dem deutschen Kuiur- bot en in den letzten 25 bis 30 Jahren um eiwa 50 o. H pesti- gkn ist, zum ri wem, man berücksichtigt, daßdieDmch- s n tt^tträge der Kmtcfsem und de?, Wirser Heues im Iah-fünft 1 968/12 durch die außerqewSH-.üche Dürre des Ich Ä 191! n.edrigrre sind. als sie im Mitte! asgenvM men werden dürfen. Schluß solgt.

T-^MKr'MGketteN.

D - Michaelis Oberpräfident.

Berlin. 13 Mürz. MTB.

Der Re ch- bau;le: d M mstekmäsident außer Dienst Dr. M chae is ist rn «Z^lle des wegen Krankheit c«? 1. April in den Ruhrsts.id trereuS!-, Otsrptäsibsmen Dr, F eiherr vsn A ller zum O^.p-äsider-Ler» der P ooinK Pommern s-namü Wörtern_

Za de« Besprechungen i» Berlin.

Berlin, 13. Mürz

Bet den Besp ritzungen, zu denen gestem General- ftldma:schall von Hindsr.durg in Berlin weilte, dürste es sich, wie der »Berliner Lokalanzeiger- hört, in erster Linie mrr dte Erörterung von Fragen gehandelt hüben, die «it dem Friedensschlutz mit Rußland in Zusammenhang steh«. Auch dürste das gegenwärtige Stadium der Friedsuso«- handlunxen in Bukarest zu einer Aussprache der Oberste« Heerkslkitung und der Reichslettung geführt haben.

Eine Million Man».

Berlin, 13. März.

Laut »Berliner Lokalanzekger-- erklärte der serbisch« Gesandte in Bern, Dr. Grulisch, einem Bertreier der »Neu« Züricher Zeitung': Serbien verlor fett dem Beginn des Krieges 1 Million Mann. Der rumänische Friedenkschlvß ist auf Serbiens Haltung ohne Einfluß.

Schwäbische Runde

aus dem großen Rrieg.*)

Dir entnehmen dem zum 70. Geburtstag unseres- »igs hrrausgegebenrn, im Auftrag des Kgl. Württ. Kriegs- «mpeliume von Leutnant der Res. S Übereilen bear­bettele«, reich illustiirrlewWerkchen »Schwäbische Kunde aus de« großen Krieg-, das volkstümlich g,schriebt« uns vvn deu Talen, dem Leben und Treiben unserer würltembergi- scheu Feldgrauen in Feindesland erzählt, folgendes:

Lo««ai-ne.

In der Nacht zum 10. September kam es dann zu de« fchaurigen Sturmangriff. Am Vorabend schilderte ein Soldat die Wirkung der überstandenen vier Tage: »Gra­uste« krepieren mtt eintöniger Gleichmäßigkeit. Verwun­dete ziehen hin und her. In den Erdlöchem stehen und scheu nicht ganz ve> borgen unsere Aule. über und um die »aushörlich G schofle platzen. Dte Truppe ist erschöpft u»d in den Nerven herunter. Man steht es den ausge- mergelten Sefichiern, den unruhigen, seuerlosen Augen an. wa» fie dmchgemacht haben. Wir fragen uns immer, war- »« wir vor diesen mörderischen Kanonen bleiben müssen, deren Granaten Löcher in den Boden reißen von fünf Meter t« Dmchmeffer.-

Nach einer andem Erzählung blle« wirklich, als es dar» stiller und dunkler geworden war. von einer Höhe hinten her ein Hom das Lied unserer Schwaben Wilhelm Hauff und Friedrich Stlcher:

Morgenrot, Morgenrot,

Leuchtest mir zum frühen Tod!

Die Mannschaft in einem Graben, die das Hörle, gab sich schweigend di« Hände, von denen viele am «nderen Tag Ach nicht mehr rührten.

Noch einem allgemeinen Beseht der 5. Armee hatte das Xlll. Korps da» Gelände di» zmet Kilometer südlich Aaubeieourt bis morgens 5 Uhr »egzunrhmen, die dvrt Letzende Infanterie zu überwältigen und dir feindlichen Attüleriegruppen zu vernichten. Die eigene Feldartillerie sollte dis Tagesanbruch nachgrzogen und di- Truppen in de« erretchil» Stillungen «ingegrsden sein.

Um »acht» 12 Uhr kamen von den Divisionen die «st« Eisernen Kreuze.

Eta »iM«iille« Geschehnis stand bevor, ein ganzes Ararr-bo-ys trat gleichzeitig zum Angriff an.

*) 3»« Preis Mk. 1.80 p, begehen t» der G. W, Zaisrr'- scheu Buchhdlg., Ragow.

Ungeladen, ausgepflanzt, in geschloffenen Kolonnen gehl es vor in Finsternis und unter rauschendem Regen. Mil der Losung: Sieg oder Tods Kein Laut ist hörbar.

Noch einmal geben wir dem Schreiber des ersten Briefes aus der Schlacht bei Longwy das Wort: »Mit Grausen denkt jeder daran, wie wir damals in der Regen- nacht vorwärts zogen, zuerst dreiviertel Stunden über Tal und Hügel, dann in den härtesten Kampf, den wir jemals erlebten. Hinter eine« Bahndamm (aus Höh« Baux Marie Ferme) log der Feind verschanzt. Wir wußten nichts Über dte Lage, bis uns Insaniniegeschosse wie Hagelkörner um- flogen. Es blies Siurw. Da lagen fie schon zu Dutzen­den, unsere Wackeren i Wieder Sturm. Wieder dies Hin­sinken. Bis endlich die Flanke verkam. Unser Regiments- sichrer war tot. Ich verband ihn noch vorher, zu spät. Wie Haberaarben lagen fie umher. Hunderte aber Hunderte. Bon zwei Setten angegriffen, wichen endlich die Franzosen und flohen. Wir halten keine Zeit mehr, liegend zu zielen, stehend jagten wir unsere Kugeln nach. Und wie da» Feld ousfah i Ganz bedeckt waren Kilometer Erdstrecker!, zu Waffen lagen die Ivten Feinde umher. Einer am andem oder auseinander, alle aus dem Gesicht. Wir drüber hinweg, vorwärts. Indessen war es Morgen geworden, und s« hatte der Gegner Schußfeld. Mtt einem- mal tobten die Granaten und Schrapnelle, wahnsinnig. Auf dem wetten Schlachtfeld war kaum ein Erdfleck, wo nicht ein Ariilleriegeschotz tzinsuhr. Wir schanzten uns ein. Wehe, wenn einer sich zeigte, er wurde unter Feuer ge­nommen. Ich sah. wie aus «inen Retter fünfzehn Granaten gefeuert wurden, »hn« zu treffen. Verwundete, die herum lagen, wurden nochmals getroffen. Tote wurden noch ä ger zerschmettert, manch« Lebende verstümmelt. Wie der Tag verfloß, weiß ich nicht, nur das, daß wir in unheimlichem Feuer lagen; oft schlug Granate an Granate hinter uns, Schrapnell an Schrapnell über uns. Granate und Schrap­nell vor uns ein. Es ist nicht übertrieben. Etwas Schreck­lich«« habe ich nie seither erleb!. Von einer Gruppe neben uns war noch sin Rann am Abend da. Wir zogen uns bei Dunkelheit etwas zurück uud nach rechts. Endlich gab es ein Esten und V ot> Bor Morgengrauen des 1l. Sep- iewber gruben wir. Trümmer des Regiments, ein Leutnant hatte die Kompanie zusammeugebrachi, eiurn Graben. Dort hielten wir deu ganzen Tag aus bei strömendem Regen, zusauunrngepsercht, uni« ständigem ArtUIeriefeusr. Mäus­chenstill, uud es geschah nichts. Zch hotte 500 Meter weiter vorne nachts eine» Ilnierosfiziersposten auszustrllen. da schleppten sich Gestellen daher, unsere Verwundeten, und

rings hörte man Franzosen jammern und uns um Wall«, um Mitleid ar flehen. Der lO. Erpiember wird uns «len unvergeßlich bleiben."

Inmttlen ihrer Mannschaften starben viele Offiziere, darunter an einem Tag, der so recht sein Element w«, Major Roschmar-n. Da und dort wurden beide in Kame- radschast getroffen, wie der Bu sche Gotthilf Laich von d« 7. Kompanie der 125er, der angeschossen ntederbrach. als er seinem schlimm verwundeten Haupimann Faufer helfen woltte.

Das war die schwerste Schwabenschlacht.

Das Ziel des Sturmangriffs wurde nicht ganz erreicht, da eine der mileingesetzlerr Truppen nicht weit genug Vor­kommen konnte. Die feindliche Artillerie bliek den nächst« Tag überlaut wie nie zuvor. Doch die französische Iu- sanierte war verschüchtert und für ein paar Tage ihr« Stoßkraft beraubt.

Am 11. September abends traf der Vefehl «i». dte 5. Armee habe nach Norden abzumarschieren. De« in­zwischen von der Obeisten Heeresleitung freiwillig angeaü»- neten allgemeinen Rückzug von der Marne an dte Aürne mußte sich auch unser Korps einstigen. Die Schlacht »»« Sommaisne hatte für den Abmarsch Lust geschaffen.

Die Nacht vo« G»««aiS»e.

Sn heißer Sonne, durch» «elsch« Sand,

Bon Staub und Bin! rin Straßrndanb Hat Dretßiglausend dahrrgedracht,

Rur her zu dieser einen Nacht.

Wann war ft eine solche Rächt?

Die Schwaben rückten schweigend zur Schlacht- Di« Regimenter vom ganze» Korps Marschierten zusammen in» Finstere vor.

Im stummen Herzen, ein schaurig Gebot.

Schlug nichts als die Losung: Sieg oder Lot» . . .- Bom Himmel rauschte der Regen herab,

So sah auch keiner den Tritt ins Grab.

Erst in de« dämmernde» Morgen hinein,

Da schichteten grau sich die Sardemrihn Ueber das Feld, di« Furche rann rot.

Die Augen erschraken: Es war Sieg und Tod-

Mel Mütter und Mädchen im 5>eimathan»

Schauen seit damals gen Abend hinaus.

Bon »oosendeu Fenstern nach Frankreich »ft Lin Schmerz vereinet in eine Gruft.

Doch bei Sommaisne in jener Rocht,

Da hielten die Schwaben Ntbelungenwacht

Den deutschen Heeren durch ernste Stund. . .

Einst geht dte Sage von Mund zu Mnnd. H- H- G-.