hatte, durch. Der ungetreue Knecht wurde nach hier eingegangener Drahtnachricht in Hamburg verhaftet.

Nürtingen, 18. Jan. Heute wurde dahier unter ungemein zahlreicher Teilnahme von Leidtragen­den Herr Fabrikant Robert Otto, Besitzer der Baum­wollspinnerei und Weberei in Unterboihingen, zur letzten Ruhe bestattet. Im Leichenzuge gingen die Angestellten und Arbeiter der Fabriken in Unter­boihingen und Wendlingen, an der Spitze die Fahne des Fabrikliederkranzes. Im Hause sprach Dekan Berg von Heilbronn namens der Familie Worte des Abschieds; ein Chor von Lehrern und Seminaristen sang vor dem Hause und auf dem Kirchhofe; die Grabrede hielt Pfarrer Bonzelius von Oberboihingen. Dankesworte sprach Pfarrer Traub namens der Ge­meinde Wendlingen. Kränze wurden niedergelegt von Vertretern der Industrie- und Handelsbörse Stutt­gart, der Industriellen Süddeutschlands und des Jn- genieurvereins, sowie der Schulkameraden des Ent­schlafenen. Der wegen seiner Humanität gegen die Arbeiter allgemein beliebte, wegen seiner Tüchtigkeit hochgeschätzte Mann hat nur ein Alter von 42 Jahren erreicht. Außer der Witwe und den Kindern ist auch sein in Nürtingen lebender Vater Herr Kommerzien­rat Otto schwer getroffen.

Besigheim, 18. Jan. Dem hiesigen Jagd­pächter, Herrn Karl Bausch, gelang es gestern, einen wilden Schwan mit grauem Federkleid, schwarzem Höckerschnabel und schwarzen Füßen, der sich in der Enz niedergelassen hatte, zu erlegen.

Brackenheim, 19. Jan. Der Kleebronner Postschlitten, welcher im Anschluß an den Abendzug Heilbronn-Nordheim gestern 7 Uhr 11 Min. Passa­giere nach Brackenheim befördern sollte, fiel bei der Ausfahrt von Nordhausen an einem Straßenwinkel um. Es war noch ein Glück, daß die Deichsel brach, mit der die Pferde davonrannten, weil sonst der Schlitten geschleift worden und an den nahen Brücken­pfeilern wohl zerschellt wäre. So kamen die Passa­giere, einige Schürfungen abgerechnet, mit dem Schre­cken davon.

Heilbronn, 17. Jan. Die Influenza ist beim hiesigen Bataillon verhältnißmäßig sehr stark verbreitet. Es sollen zur Zeit über 60 Mann daran erkrankt sein. Infolge dessen wurde auch von Ein­berufung der Landwehrleute zur Ausbildung mit dem neuen Gewehr vorläufig Abstand genommen.

Heilbronn, 20. Jan. Ergebnis der Bürgerausschußwahl. Die gestern vorgenom­mene Wahl ist fast vollständig zu Gunsten der Volks­partei und des mit ihr zusammengehenoen Vereins der unteren Stavt ausgefallen, indem mit nur einer Ausnahme sämtliche von dieser Seite vorgeschlagenen Männer die meisten Stimmen auf sich vereinigten. Zahl der Wahlberechtigten 2977, der abgeg. Stimmen 1530. Von dem Vorschlag des Weingärtnervereins sind 3, von dem der Sozialdemokraten 2, der Scher­wegvorstadt 2, der Deutschen Partei 1 Name durch­gedrungen. Von den gedruckten Wahlzetteln sind un­verändert abgegeben worden: 422 von der Deutschen Partei, 339 von der Volkspartei, 99 von Sozial­demokraten. Bezeichnend für unsere hiesigen Ver­hältnisse und die Stimmung unter einem Teil der hiesigen Bürgerschaft ist, daß vr. Lipp als zweit- ! höchster in der Ttimmenzahl aus der Wahl hervorging. !

Langenburg, 30. Jan. Die Koch'sche Heilmethode hat nun auch hier Eingang gefunden. Hr. Oberamtsarzt vr. Jäger impfte in voriger Woche drei an Tuberkeln leidende Personen mit Koch- 'scher Lymphe. Das Befinden der Kranken ist bis jetzt ein normales und ermutigt zu guten Hoffnungen.

Göppingen, 16. Jan. Eine Erfindung von großer Wichtigkeit, welche besonders auch für für unsere Gegend von Interesse ist, wurde mit dem bei uns in Menge vorhandenen bituminösen Schiefer gemacht. Daraus wird ein bis jetzt noch nicht er- erzieltes, völlig geruch- und farbloses, sehr hell und angenehm leuchtendes Petroleum, sowie sehr hartes und weißes Paraffin und Vaselin erzielt.

Ulm, 20. Jan. Heute vormittag 8 Uhr hat die Abstimmung für die Stadtvorstands-Wahl be­gonnen. Dieselbe dauert bis morgen abend, dann folgt das zeitraubende Geschäft des Stimmenzählens. Polizeiinspektor Wagner hat die meisten Aussichten gewählt zu werden. Für ihn allein hat sich ein Wahl- komite gebildet. Gestern abend fand zu seinen Gunsten noch eine starkbesuchte Wählerversammlung statt.

Laupheim, 18. Januar. Während Freitag abend sich Gerüchte in der Stadt verbreiteten, daß der Brandstifter nun endlich entdeckt sei, die sich aber vorerst als grundlos erwiesen, wurden heute nacht die Bewohner der Radstraße in Aufregung versetzt. Man nahm wahr, daß an einem Hause jemand sich mit einer Leiter, die zum Anzünden der Stadtlaterne dient und in der Nähe aufbewahrt war, an den über dem Stalle befindlichen Fenstern zu schaffen machte. Die Person entfloh jedoch eiligst, begegnete unterwegs einem in derselben Straße Wache haltenden Herrn, konnte aber nicht dingfest gemacht werden. Heute morgen entdeckte man, daß an demselben Hause in ein in der Mauer befindliches Loch Strohwische ge­schoben waren und daneben lagen Zündhölzer, ganz in ähnlicher Weise, wie bei den letzten Brandstiftungs­versuchen. Von seiten des K. Oberamts und der Feuerwehr sind jetzt so umfassende Vorsichtsmaßregeln getroffen worden und werden von der gesamten Ein­wohnerschaft unterstützt, daß die Entdeckung des Thäters wohl schwerlich mehr lange auf sich warten lassen dürfte.

Ravensburg, 18. Jan. Am Sonntag den 25. ds. Mts. wird durch verschiedene hiesige Vereine im Gasthof zum Lamm eine gesellige Vereinigung zu Ehren des allerhöchsten Geburtsfestes Seiner Maje­stät des deutschen Kaisers veranstaltet und hiezu die ganze Einwohnerschaft eingeladen werden. Mit Rück­sicht auf die derzeitige Notlage eines Teils der hiesigen Einwohner ist beschlossen worden, an die Stelle des ursprünglich beabsichtigten Banketts in der Turnhalle eine in bescheidenerem Rahmen gehaltene Feier treten zu lassen. Die Deutsche Partei wird für die dadurch erspart werdenden Mehrkosten die Summe von 200 dem Stadtvorstand zur Verfügung stellen, um solche am Geburtsfest Kaiser Wilhelm II. gleich­zeitig mit der vom Gemeinderat zu demselben Zwecke verwilligten Gabe von 400 an dis Armen der Stadt zur Verteilung gelangen zu lassen.

Berlin, 19. Jan. Zur Feier des diesjährigen Geburtstages des Kaisers wird das elektrische Licht für Jlluminationszwecke ausgedehnte Verwendung

finden. Bei denBerliner Elektrizitätswerken" sind ca. 25000 Glühlampen für Festbeleuchtungen ange­meldet worden. Besonders geschmackvolle Arrange­ments werden die Firmen Gerson u. Co., I. A. Heese, Gustav Lohse, Carl Salbach, ferner die Reichsbank, Dresdener Bank, Internationale Bank rc. vorführen. Das neue Geschäftshaus der Berliner Elektrizitäts­werke am Schiffbauerdamm wird im Glanze von 6000 Glühlampen erstrahten.

Berlin, 19. Jan. DieNordd. Allg. Ztg." sagt, durch die Blätter geht die Nachricht, Wißmann sei schwer nervös erkrankt. In den zunächst inte­ressierten Sphären liegt eine authentische Bestätigung der Meldung nicht vor, doch erzeugt eben das Aus­bleiben von Nachrichten die Besorgnis, daß irgend ein unerwünschter Zwischenfall eingetreten sei. Da­gegen besagt ein Privattelegramm desBerl. Tagbl." aus Sansibar, Wißmann sei am 15. d. mit 10 Offi­zieren und 500 Mann in der Richtung nach dem Kilimandscharo aufgebrochen.

Aus Metz, 18. Jan. wird der Straßb. P. über das bereits bekannte Eisenbahnunglück noch Folgendes berichtet: Ein schrecklicher Unfall hat heute früh den um 6 Uhr 10 Min. von hier nach Straß­burg abgehenden Personenzug dicht hinter Remilly betroffen. Der Zug, welchem ein für die letzgenannte Station bestimmter Viehwagen angehängt war, war, wie ich höre, um diesen Wagen abzuhängen, auf An­ordnung des diensthabenden Stationsbeamten auf ein Geleise geleitet worden, welches gewöhnlich von diesem Zug nicht befahren wird und auf dem deshalb bei der Abzweigung der beiden Linien nach Saarbrücken einerseits und Straßburg anderseits die Verbindung mit der letzteren Linie nicht hergestellt war. Infolge dessen stürzte die Lokomotive mit Tender und 3 Wagen über die Böschung. Trotzdem der Zug sich noch in seiner Anfangsgeschwindigkeit befand, geschah der Ab­sturz so schnell und unerwartet, daß der Maschinist die Lokomotive nicht abstellen konnte, das Räderwerk arbeitete daher an der umgestürzten Lokomotive weiter. Der Maschinist Heidtmann, Familienvater, wurde nachmittags unter den von dem umgestürzten Tender ausgeworfenen Kohlen tot aufgefunden und seine Leiche hierher verbracht. Schrecklich zugerichtet war der Heizer Sommerfeld, welcher mehrere innere Verletzungen davontrug, und an der rechten Seite durch das aus der Lokomotive strömende heiße Wasser verbrüht wurde. Derselbe liegt im hiesigen Blandinenstift; sein Zustand ist hoffnungslos. Zugführer und Pack­meister sind wie durch ein Wunder fast ohne Ver­letzungen davongekommen, ebenso die Passagiere, die nur leichte Stöße und Quetschungen erlitten. Das starke Schneetreiben, welches um die verhängnisvolle Stunde in der hiesigen Gegend herrschte, hat jeden­falls dazu beigetragen, daß der Maschinist die unrich­tige Weichenstellung nicht bemerkt hat.

Luzern, 15. Jan. Ein grauenhafter Mord versetzt die Einwohner Luzerns in Aufregung. Margerilha Degen, Lehrerin an der Stadtschule, 35 Jahre alt, wurde gestern abend auf dem Heimwege nach ihrer etwas einsam hinter der Neustadt gelegenen Wohnung in der Sternmatt vermittelst einer Schnur, die ihr um den Hals geschlungen worden war, ermordet und vollständig ausgeraubt. Es fehlten, der um 9 Uhr abends eingeschneit aufgefundenen

Ah so das ist etwas Anderes ja, freilich, der Schlaf ist Ihnen sehr nötig," rief Herr Wapping lebhaft,na, gehen Sie nur zu Bett und suchen Sie sich zu kräftigen, dann wird die Welt Ihnen auch wieder begehrenswerter erscheinen."

Gute Nacht, Matthias, und wenn Sie sich morgen wohl genug fühlen, kommen Sie ins Bureau, um die Dokumente anzufertigen."

So wollen Sie wirklich nach der Enkelin des alten Herrn forschen?" fragte Matthias mit ungerechtfertigter Heftigkeit, indem er sich anschickte, das Zimmer zu verlassen.

Gewiß es ist unsere Pflicht weßhalb ereifern Sie sich darüber?"

Weil doch ich thue wohl besser, zu schweigen, Sie würden mich doch nicht verstehen gute Nacht."

Matthias entfernte sich und der alte Herr blickte ihm erstaunt nach.

Was er nur haben mag," murmelte er vor sich hin, während er sein Lager aufsuchte;er ist sonst immer so ruhig und apathisch. Aber freilich er ist krank und mit einem Kranken darf man nicht rechten."

5. Kapitel.

Als Herr Wapping am folgenden Morgen in seinem Bureau saß, und eine streitige Abrechnung prüfte, ward kräftig an die Thür gepocht. Der Advokat kannte dies Pochen und kannte auch den lebhaften Schritt, welcher dasselbe begleitete. Beides gehörte einem jungen Manne, dem Sohn eines Jugendfreundes, welcher In­haber eines bedeutenden Bankgeschäftes war. Fritz Wilton war der besondere Lieb­ling Herrn Wapping's; als Fritz noch ein kleiner wilder Knabe gewesen, hatte der Advokat ihn auf seinen Knieen geschaukelt, ihm Leckerbissen mitgebracht und sich an den Streichen des lustigen blonden Krauskopfs ergötzt. Später, als Fritz das Gym­nasium besuchte, hatte Herr Wapping, wenn er auch mit Arbeit überhäuft war, immer Zeit gesunden, die lateinischen und griechischen Exerzitien des Schülers zu überwachen undOnkel Wapping" war und blieb für den reichbcgabten Jüngling,

besten Uebermut ihn zu manchen tollen, aber niemals schlechten Streichen verleitete, stets die Vertrauensperson, die höchste Instanz neben dem Vater.

Wenn Herr Wapping, trotz seiner ausgesprochenen Vorliebe für Fritz, heute auf sein Pochen nicht sofortHerein" rief, so entsprang dies wohl hauptsächlich dem Umstande, daß er dringend zu arbeiten hatte und ganz genau wußte, daß es damit vorbei sei, sobald der junge Mann über die Schwelle trat. Sein Schweigen sollte ihm indes nicht viel helfen, das Pochen wurde stärker und anhaltender wiederholt und dann öffnete sich die Thür sperrangelweit und der Eintretende, ein schlanker, hübscher junger Mann, mit blondem Vollbart und lachenden Augen, rief fröhlich

Guten Morgen, Onkelchen Du kannst mich wahrscheinlich nicht gebrauchen, weil Du mein Pochen, welches doch laut genug war, nicht mit dem üblichenHerein" beantwortet hast, aber Du weißt, blöde bin ich nie gewesen und so trete ich ohne Deine Erlaubnis ein. Nun, wie geht Dir's, Onkel?"

Gottergeben legte Herr Wapping seine Feder aus der Hand und sich in seinen Sessel zurücklehnend, sagte er lächelnd:

Gewalt geht vor Recht hast Du den Eintritt erzwungen, so bleibt mir nichts Anderes übrig, als Dich zu hören, falls ich Dich überhaupt wieder los werden, will. Nun also was soll's?"

Ach Onkel wenn das so leicht gesagt wäre!"

Na besinne Dich nicht lange und bedenke, daß Zeit Geld ist. Die

Firma Wapping und Varley hat keinen reichen alten Papa, auf den sie sich ver­

lassen kann sie muß fleißig sein, wenn sie ferner mit Ehren bestehen will."

Weißt Du, Onkel, daß ich manchmal, so z. B. heute, sehr froh wäre, wenn

mein Vater weniger Geld besäße?" fragte Fritz mit ernsthafter Miene. >

In der That? Das nimmt mich Wunder, für gewöhnlich klagst Du doch- nicht über den Reichtum, der Dir so Manches gestattet, was sich Andere versagen müssen," meinte Herr Wapping trocken.