Glaubenssachen angewendet wurde. Die evangelische Kirche war selbst eine Absonderung, deswegen konnte sie die Absonderung nicht als etwas Gefährliches er­klären. Absonderung an und für sich können wir nicht verwerfen' wir müssen die Sekten nach ihrem Streben und Leben prüfen, müssen sehen, ob ihr Streben schädlich oder gut ist. So wars auch für die Christen zur Zeit der Reformation, als Luther gegen die katholische Kirche kämpfte. Die evangelische Kirche ließ sich verleiten, von dem protestantischen Grundsatz der Glaubens- und Gewissensfreiheit abzu- aehen. Eine Sekte wird ohne viel Prüfung als etwas Schädliches und Verwerfliches gehalten. Wer selbst für eine religiöse Richtung (Sekte) angesehen und bekämpft wird, kann beurteilen, wie übel es von denen genommen wird, von denen man sich abgeson­dert hat. Sie haben ihre Freiheit nur in beschränktem Maße; sie werden nicht mehr verfolgt, empfinden aber, daß sie nicht volle Freiheit von ihren Volks­genossen genießen. Bei einer kürzlich abgehaltenen Versammlung des Evangelischen Bundes sagte ein Professor aus Jena (Niepold):Der Begriff Sekte sollte in den: kirchlichen Wörterbuch fallen gelassen werden." Was ist dann eigentlich noch Sekte, wenn z. B. die katholische Kirche alle Evangelischen Sekte nennt; wer kann sagen, welche Kirche oder Gemein­schaft eine Sekte zu nennen sei? Die Zahl der Glieder kann nicht entscheiden. Man kann auch nicht von dem Begriff Staatskirche ausgehen. In Oesterreich wurde die katholische Kirche früher als alleinige Staats­kirche anerkannt. Auch in Amerika kann man nach der Staatskirche nicht urteilen, da alle gleichberechtigt sind; hier ist die Benennung Sekte weniger. Der Fürst könnte z. B. unter den vorhin genannten Um­ständen bestimmen, welches die wahre Kirche sei oder nicht; der Kaiser könnte etwa die Methodisten zur Staatskirche machen. Es ist im allgemeinen so, daß jede Kirche und Sekte ihr religiöses Bekenntnis, ihre Anschauungen, Lehren über Gott, Christus, Mensch, Ewigkeit u. s. w. für richtig hält. Darauf kann es nicht ankommen, daß eine Kirche sich für die richtige hält. Wer kann sagen: ich bin Kirche, du Sektierer! ? Keine Kirche kann die wahre sein, weil man überall Dinge findet, die nicht richtig sind. Die außer den Sekten Stehenden mühten bessere Christen sein als andere. So kommen wir zu dem Schluß: Keine Kirche ist die wahre, also hat auch keine das Recht, eine andere Kirche Sekte zu nennen. Das scheint manchem wunderlich, daß die evangelische Krrche nicht die wahre sei. Das ist das Ziel für alle Kirchen: jede strebe nach dem wahren Christentum, nach der wahren christlichen Kirche. Wir Evangelische sollten dahin kommen, daß wir Andersgläubige wegen dieser Anschauung nicht geringer achten. Wir (Templer) wurden von Anfang an Sekte genannt; ein evange­lischer Geistlicher sagte sogar, Hoffmann (ein Templer) ist ein Erzketzer. Glauben wir an eine wahre Kirche, was von allen Kirchen zu erstreben ist, so wird sich die Unduldsamkeit verlieren. Dieses Ziel soll erst vor allem erreicht werden. Keiner darf die eigene Kirche für die fertige halten; jede Richtung muß in Lehre und Leben fortschreiten und sich ver­vollkommnen. Wir (Templer) halten es so; wir haben das vollkommene christliche Leben noch nicht erreicht, haben aber die gewisse Erkenntnis, daß mit j dem Zunehmen des Christentums sich unsere An- j schauungen vervollkommnen. Wir wissen unser zu ; befolgendes Ziel gewiß, haben es aber noch nicht er- ! reicht, sind noch sehr weit entfernt, die wahre christ- j

liche Kirche zu sein, die das wahre christliche Leben, den christlichen Geist hat, in welcher sich diese Kräfte als vorhanden zeigen. Das Böse soll durch Gottes Geist besiegt und das Königreich Gottes die wahre Kirche werden. Dies ist das Ziel für alle Kirchen.

Tübingen, 13. Jan. Der Kommandeur des hiesigen Bataillons, Oberstlieutenant Stohrer, wurde heute nacht blutend in bedenklichem Zustand in der Nähe seiner Wohnung aufgefunden. Vermut­lich hat ihn auf dem Heimweg vom Casino, in welchem er den Abend verbracht hatte, ein Blutsturz befallen. (Oberstlieut. Stohrer war nach den Gefechstagen des Jahres 1870 im Winter 1871 am Typhus schwer erkrankt in die Heimat zurückgebracht worden und mußte damals, da die Krankheit hauptsächlich die Lunge ergriffen hatte, längere Zeit als Genesender Davos aufsuchen.

Heilbronn, 12. Jan. Als gestern nach­mittag um halb 3 Uhr der Schlitten des Lammwirt Arnold von Ellhofen den Galgenberg herabfuhr, scheuten die Pferde in der Nähe desGuten Trunks" und mit rasender Schnelligkeit ging es bergab, mit ge­nauer Not wichen Fußgänger und Handschlitten zur Seite. Ein Insasse entsprang dem unglücklichen Fuhr­werk beimGuten Trunk", die Frau folgte diesem Beispiel oberhalb des Bahnübergangs; beide kamen ohne Verletzungen davon. Die übrigen Insassen wurden an der Biegung bei Gärtner Albrecht aus dem Schlitten geschleudert. Lammwirt A. wurde bewußtlos vom Platze getragen. Die übrigen kamen ohne bedeuten­dere Verletzungen davon, (einer Frau wurde die Nase zerquetscht.) Die Pferde rasten mit dem umgeworfenen Schlitten durch die Weinsberger- und Sülmerstraße in die Stadt, wo sie in der Nähe der Sonne von einem Soldaten angehalten wurden. Als ein Glück beim Unglück darf es genannt werden, daß der Ueber- gang über die Bahnlinie augenblicklich nicht gesperrt war, sonst wäre Entsetzliches geschehen. Arnold, der in ein befreundetes Haus verbracht wurde, er­langte später das Bewußtsein wieder, scheint jedoch innerliche Verletzungen erlitten zu haben.

Michelbach a. d. Bilz, 12. Jan. In der Nacht vom Samstag auf Sonntag fand ein Holz­macher von Rauenbrezingen, der auf dem Heimweg vom Zahltag begriffen war, von: Einkorn herkommend, im Walde seinen Tod durch Erfrieren. Er hinter­läßt eine Witwe mit drei Kindern.

Ulm, 11. Januar. Ein angeblicher Metzger Kiluke aus Landsberg stahl unlängst einem hier auf der Durchreise befindlichen Handwerksburschen aus Ravensburg in: Gasthause, in welchem er unter falschem Namen logiert hatte, eine Joppe und Weste, sowie 1 Paar Zugstiefel. Der Dieb wäre wohl kaum er­mittelt worden, wenn nicht in der Tasche der Joppe neben andern Papieren ein Brief eines dem Bestohlenen befreundeten Wirts aus Salzburg enthalten gewesen wäre, in welchem letzterer seinem Freunde Geld an- bot, wenn er je auf der Reise in Verlegenheit kommen sollte. Es war vorauszufehen, daß der Dieb von dem Anerbreten Gebrauch machen werde, und es wurde deshalb der Wirt von dem Diebstahl verständigt. In der That schrieb der Dieb von Karlsruhe aus unter dem Namen des Bestohlenen an den Wirt und wurde i so ermittelt und verhaftet.

! Ehingen a. D., 11. Jan. Im hiesigen Be- i zirk, auch in der Stadt, kommen neuestens abermals ! einzelne Fälle von Influenza vor. Namentlich ist > dieselbe wieder im hiesigen Konvikt, das voriges Jahr

um diese Zeit schwer von dieser Krankheit heimgesucht wurde, aufgetreten, und es sind augenblicklich dort 5 Zöglinge jm Krankenzimmer, bei denen der Anstalts­arzt, Dr. Uhl, mit aller Bestimmtheit Influenza kon­statiert hat. Uebrigens tritt die Krankheit in diesem Jahr unter viel milderen Formen auf, als dies vor­iges Jahr der Fall war.

Laupheim, 12. Jan. Das Feuersignal weckte die Einwohnerschaft heute Nacht wiederum aus dem Schlafe. Es brannte in der Scheuer des Oekonomen St. in der Ulmer-Straße. Trotz heftigem Winde gelang es jedoch bald des Feuers Herr zu werden, so daß diesmal kein nahmhafter Schaden entstand. Innerhalb 4 Wochen ist dies nun der siebente Fall. Während beim ersten und zweiten Brande ein Strohhaufen in nächster Nähe einer Werkzeugsabrik mit großem Holzlager und in einem anderen Stadt­teile eine mit Brennholz und Reis angefüllte Scheune ein Raub der Flammen wurden, konnten die folgen­den 4 Fälle, an allen Enden und Ecken der Stadt, im Entstehen entdeckt noch rechtzeitig gelöscht werden. Wiederholte Drohbriefe, die in der kath. Stadtpfarr­kirche niedergelegt wurden, scheinen damit im Zu­sammenhang zu stehen. Aus die Entdeckung des oder der Thüter sind 200 Belohnung ausgesetzt.

Laupheim. Ein Fuhrmann bemerkte fünf ausnahmsweis große Vögel, die sich an einen: Alt­wasser in der Nähe der Hammerschmiede zu schaffen machten, sogleich aber sich in die Lüfte erhoben, wenn sich Menschen näherten. Auf Mitteilung des Fuhr­manns zog der Jagdpächter mit seinen Genossen aus und erlegte im Glauben, Wildgänse oder etwas ähn­liches vor sich zu haben, fünf prächtige Schwäne und zwar eine Schwänin mit vier Jungen; letztere hatten teilweise ihre graue Befiederung mit der weißen noch nicht vertauscht. Nachforschungen nach dem Eigen­tümer dieser Jagdbeute ergaben ein negatives Resul­tat, da die in der Nähe befindlichen Parke, die ver­einzelt mit Schwanen besetzt sind, nur je ein Schwanen­paar besitzen. Nach Aussage eines Bauers trieben sich die erlegten Schwäne schon acht Tage in der Nähe herum und kommen vielleicht aus dem Ober­lande, wo gut besetzte Schwanenteiche sich befinden;, oder aber, was wahrscheinlicher ist, hat die alte Schwänin die jungen in der Wildnis ausgebrütet, welche Annahme durch ihr äußerst scheues Benehmen und durch ihre große Fertigkeit im Fliegen, sowie durch den Umstand wohl begründet ist, daß die Jungen noch ohne gebrochene Flügel waren.

Biber ach, 12. Jan. Die erste Woche des neuen Jahres hat einigen Familien unseres Bezirks- schwere Unfälle gebracht. In dem eine halbe Stunde von hier entfernten Weiler Hagenbuch wurde ein Holzmacher durch eine stürzende Tanne so unglücklich getroffen, daß er nach wenigen Stunden an den er­littenen Verletzungen starb, dasselbe Schicksal droht einem Taglöhner in Ringschnait, der beim Holz­fällen in einem Staatswalde ebenfalls durch den Gipfel eines fallenden Baumes getroffen und bedeutend verletzt wurde. In Atten weiler erhielt der Sohn eines Bauern beim Treppen des Getreides in der Scheuer von einem der dabei benützten Pferde einen solchen Schlag auf den Unterleib, daß er unter großen Schmerzen daran starb.

Waldsee, 12. Jan. Die hiesige Stadt hat an einem fremden Stromer einen geschworenen Feind. Derselbe mußte wegen Ruhestörung schon zum zweiten­mal verhaftet werden und führte sich beidemal gegen.

stehen wirst und daß der Meineid eine schwere Sünde ist! Und wer weiß, vielleicht war es ja nur ein Irrtum, den Du noch gut machen kannst!" schloß Varley feierlich.

Rockwald blickte den Freund an seine Lippen zuckten und seine Hände schlangen sich krampfhaft ineinander, aber sein eiserner Wille triumphierte.

Wer spricht von Irrtum," sagte er höhnisch,ich weiß, was ich gesprochen und ich bleibe dabei sie hat ihn getötet! Ich sage Dir, Varley, sie ist seine Mör­derin und nichts soll sie meiner Rache entziehen!"

Bei den letzten Worten hatte er sich halb aufgerichtet und sein unheimliches Gelächter klang gellend durch die tiefe Stille. Varley schüttelte traurig den Kopf und nachdem er nochmals einen stärkenden Trank an die Lippen des Kranken ge­halten, legte er ihm die Kissen zurecht und sagte dann ernst und eindringlich:

Lassen wir die Frage, ob sie schuldig oder unschuldig war, unerörtert daß ihr Kind unschuldig war, wirst Du nicht bestreiten können, und es wäre eine krasse Ungerechtigkeit, wolltest Du ein unschuldiges Kind für die Schuld der Mutter büßen lassen."

Ah, Du verwendest Dich für das Kind der Mörderin," höhnte der Kranke. Ob sie die That begangen, weiß nur Gott, daß aber das Kind daS Kind Katha­rinas und Deines Sohnes, unschuldig ist, bedarf keiner Bekräftigung."

Das Kind geht mich nichts an."

Und ist doch eben dieses Kind Deine einzige rechtmäßige Erbin und vor Gott und Rechtswegen nach Deinem Tode die Herrin von Rockwalde."

Nun und nimmer! Ein im Gefängnis geborener Balg taugt nicht zur Herrin dieses stolzen Besitzes!" schrie der Kranke in ausbrechender Wut.

Aber Rockwald so sei doch nicht so bös und ungerecht ich"

Ich will nichts weiter hören hast Du das Dokument mitgebracht und mein Testament entworfen, dann lies es mir vor, sonst" /

Ich sagte Dir ja bereits, daß ich ein Testament aufgesitzt, Rockwald; es bedarf nur noch Deiner Unterschrift."

Um so besser. Aber halt, laß mich das Dokument lieber selbst lesen wer weiß, ob Du nicht noch im Lesen mir allerlei vorspiegelst, was nicht geschrieben steht." Wenn der Advokat sich gekränkt fühlte, so zeigte er es jedenfalls nicht offenbar hielt er dem schwerkranken Mann viel zu Gute. Er reichte ihm den Testamentsentwurf, und nachdem der Kranke die Zeilen hastig überflogen, murmelte et befriedigt:

Ganz, wie ich's gewollt."

Dann las er halblaut:

Ich vermache meinen Gesammtbesitz dem Staate Virginien; eine Ausnahme hiervon bildet die Summe von 20 000 Dollars, welche in folgender Weise verwendet werden soll:

Derjenige, welcher Katharina Dane, unter dem Namen Katharina Rockwald bekannt, gefangen zur Stelle bringt, erhält als Belohnung die obige Summe. Die Genannte, welche wegen Mordes zum Tode verurteilt war, entwich am 10. Sept 1860 aus dem Gefängnis zu Wansmore"

Hier hielt Rockwald, von Wut fast erstickt, einen Augenblick inne und dann biß er die Zähne zusammen und murmelte knirschend:

Verflucht sei sie in Zeit und Ewigkeit, sie und Alles, was zu ihr gehört!*'

Aber Rockwald nimm Dich doch zusammen," bat der Advokat.

Ja, Du hast gut reden, gieb mir Feder und Tinte und rufe Martin, damit: er als Zeuge unterschreibt; schnell, es ist keine Zeit zu verlieren."