des 10. Fußart.-Reg. Oberst!. Vogt entgegen und empfingen den Präsidenten der Standesherren, Se. Durch!, den Fürsten von Waldburg-Z e i l- Trauchburg, sowie den Präsidenten der Kammer « der Abgeordneten v. Hohl in Audienz. Heute Abend findet bei Ihren Majestäten größere Tafel statt, zu welcher die genannten Offiziere, sowie die hiesigen Generale und die K. Adjutanten eingeladen sind.
Stuttgart, 10. Jan. Nach dem Schw. M. ist in den letzten Tagen von dem Hofmarschall I. Kais. Hoheit der Frau Herzogin Wera den Rektoren der hiesigen Gymnasien „als Beitrag zur Förderung der Kenntnis vaterländischer Geschichte auch im Sinne der geplanten Schulreform Sr. Majestät des Kaisers" für die Bibliothek der ihnen unterstellten Apstalten ein Werk zugesandt worden, worin nach einer kurzen Einleitung die Schlacht bei Villiers, der Rriterangriff an Mont Mesly und die Schlacht bei Champigny unter namentlicher Hervorhebung der württ. Helden und ihrer Thaten poetisch verherrlicht sind, und welches die hohe Frau selbst zur Verfasserin hat. Unter dem Titel, „Die Württemberger vor Paris, ein vaterländisches Gedicht zum 20jährigen Gedächtnis der Schlachttage des 30. November und 2. Dezember 1870, von Wera, Herzogin von Württemberg" ist das Werk in der K. Hofbuchdruckerei von Karl Liebich als Manuskript gedruckt worden und in einer des edlen Inhaltes würdigen Ausstattung erschienen.
Stuttgart, 9. Jan. Vergangene Nacht ist nach längerem Leiden Kommerzienrat Friedrich Sick, Direktor der Württ. Notenbank, im 76. Lebensjahre gestorben. Als zu Beginn des Jahres 1871 sich ein provisorisches Komite zur Errichtung dieses Bankinstitutes bildete, hat der Dahingeschiedene schon damals seine ganze Kraft dem Unternehmen gewidmet. Zu Ende desselben Jahres erhielt die Notenbank, als das jüngste derartige Institut in ganz Deutschland, die Genehmigung zur Ausgabe von Bankscheinen, und von diesem Zeitpunke ab gehörte der Verstorbene der Direktion an, wobei er sich stets als außerordentlich tüchtiges Mitglied bewährte. Im Jahre 1886 schied er krankheitshalber aus der Direktion aus und wurde alsdann in den Aufsichtsrat gewählt. Wiederholte Schlaganfälle schwächten seine Kräfte, so daß der Tod ihm eine willkommene Erlösung sein mußte.
Rottweil. Kürzlich kam vorder Strafkammer des K. Landgerichts dahier ein Betrugsfall zur Verhandlung, welcher einen Beweis liefert, wie leichtgläubig und unvorsichtig die Leute auf dem Lande sind. Der wegen Betrugs schon mehrfach bestrafte Schneider Johann Michael Haußmann von Nürtingen lernte, während er im Landesgefängnis zu Hall eine Strafe verbüßte, den Strafgefangenen Bartholomäus Ruf von Winzeln kennen, von dem er erfuhr, daß er zu Hause Vermögen besitze und die Juliane Ruf in Winzeln während seiner Abwesenheit seine Bevollmächtigte sei. Hierauf baute der Angeschuldigte seinen Plan und begab sich unmittelbar nach seiner Entlastung aus der Strafanstalt, in welcher Bartholomäus Ruf noch länger zu bleiben hatte, am 5. April v. I. morgens nach Winzeln und überbrachte der Juliane Ruf ein auf gewöhnlichem Papier von ihm selbst geschriebenes Schriftstück, dessen Inhalt war: „Telegramm. ^Bin begnadigt, den 6. entlassen, Kleider ganz verdorben, auch noch Ausgaben, bitte mir sogleich per Telegraphenanweisung Geld zu schicken. Bartholomäus Ruf. Dasselbe kann bei dem Boten
sogleich eingezahlt werden." Die Ruf hatte in ihrem Leben noch kein Telegramm und keinen Telegraphenboten gesehen und begab sich deshalb mit dem Telegramm zu dem Heiligenpfleger Schmid, welcher, in der gleichen Lage wie die Ruf, der Ansicht war, die Sache werde iq Richtigkeit sein, da ja „Telegramm" auf dem Schriftstück stehe. Infolge dessen übergab Juliane Ruf dem Angeschuldigten 20 und schickte sofort ein Mädchen mit Kleidern für Ruf nach Oberndorf ins Waldhorn. Dies war am 5. April vormittags. Am gleichen Tage nachmittags erschien der Angeklagte wieder bei der Juliane Ruf mit einem neuen Telegramm des Inhalts: „Geld erhalten, Kleider gar nicht zu gebrauchen, deshalb ohne Verzug 30 bis 50 ^ mehr, andernfalls genötigt, Schulden zu machen. Bartholomäus Ruf." Auf dieses Telegramm hin übergab die Juliane Ruf dem Angeklagten 45 ^ und dieser bescheinigte, wie er dies schon vormittags gethan hatte, den Empfang des Geldes mit dem falschen Namen Joseph Epple. Von Winzeln weg ging nun der Angeklagte schnurstracks nach Oberndorf ins Waldhorn, wo er sich für den Bartholomäus Ruf ausgab, und auf das hm auch sofort die für diesen bestimmten, in einem Kissenüberzug nach Oberndorf geschickten Kleiver ausgefolgt erhielt. Trotz seines Leugnens wurde der Angeklagte als überführt angesehen und wegen drei Verbrechen des Betrugs im Rückfall und wegen zwei damit zusammentreffenden Verbrechen der Privaturkundenfälschung zu der Zuchthausstrafe von 2 Jahren und 6 Monaten und zu der Geldstrafe von 540 im Falle der Uneinbringlichkeit zu der weiteren Zuchthausstrafe von 24 Tagen verurteilt.
Stetten a. M., 9. Jan. Letzten Samstag Nachts wurde im Stalle des Kreuzwirts Löffler böswilliger Weise ein Pferd losgemacht und in die Nacht Hinausgetrieben und der Stall, worin sich nebst den Pferden auch das übrige Vieh befindet, offen gelassen. Die grimmige Kälte in dieser Nacht hat, wie leicht begreiflich, dem Vieh stark zugesetzt und ein Glück ist es zu nennen, daß bis jetzt kein Stück erkrankte und krepierte. Auch das wertvolle 3jährige Pferd wurde morgens mit der Kette am Hals aufgefunden. Es wäre sehr zu wünschen, daß der Thäter erwischt würde, damit ihm der gerechte Lohn zugemessen werden könnte, umsomehr, oa die gleiche Spitzbüberei hier schon zum dritten Male vorgekommen ist.
Weingarten, 5. Jan. Ein erschütternder Vorfall ereignete sich hier am Neujahr. Ein früher in der Zuckerfabrik Altshausen anaestellter Mann, letzter. Zeit Privatier hier, Namens Rist, gesund und jung, ging in den Gottesdienst, fiel ohnmächtig um und starb in die nahe Apotheke gebracht alsbald, ein Herzschlag hatte seinem Leben ein jähes Ende bereitet.
Köln, 8. Jan. Ein internationales Gaunerpaar wurde heute vormittag durch die hies. Kriminalpolizei im Hotel Mainzer Hof aufgehoben. Die beiden Verhafteten sind ein Kaufmann aus Brüssel und ein Agent aus Aachen. Beide versuchten in hiesigen Lokalen ein Roulettespiel zu eröffnen und haben, wie aus den bei ihnen gefundenen Briefen hervorgeht, das Noulettespiel in Rotterdam, Amsterdam, München, Brüssel, Wien, Montecarlo und Nizza mit Erfolg betrieben. In ihrem Besitze fanden sich Briefe der von ihnen gerupften Opfer; auch fand man eine Roulette sowie ein grünes Spieltuch mit aufgedrück
ten Zahlen. Die beiden Spieler, welche von Aachen aus steckbrieflich verfolgt wurden, hatten sich hier häuslich niedergelassen. In Aachen scheinen sie schwere Verluste erlitten zu haben, denn sie waren bei ihrer Verhaftung ohne Geldmittel.
Metz, 7. Jan. In Diedenhofen werden des Abends um 11 Ühr die Festungsthore geschlossen. Einige Bürger, welche mit ihren Familien außerhalb der Stadt den Sylvesterabend gefeiert hatten, beeilten sich, noch vor Thorschluß die Stadt zu erreichen, was ihnen auch insofern gelang, als sie das Thor in dem Augenblick passierten, während dessen die Wache die Thorflügel zuzuschlagen sich anschickte. Die biederen Bürger, froh des noch erreichten Anschlusses, hatten jedoch keine 80 bis 100 Meter Weges in den Straßen der Stadt zurückgelegt, als sie von einer Patrouille eingeholt, angehalten und trotz allen Lamentos zum Thore wieder hinausgeführt wurden. Das Thor hätte längst geschlossen sein sollen, denn es sei 11 Uhr vorbei, so hieß es, und damit wurden die Thorflügel zuverlässig geschlossen. Nur ein Einziger von den Sylvestergästen hatte das Glück, von der Wache nicht zurückbefördert zu werden, das war ein Eisenbahnbeamter in Uniform. Damit jedoch auch ihm nicht des Lebens ungemischte Freude zuteil werde, mußte er sich der entschiedensten Einsprache zum Trotz gefallen lasten, daß ihm die angetraute Gattin von der Seite genommen und mit den Uebrigen zum Thore hinausgeführt wurde. — Vergeblich fragen sich die Einwohner der Stadt und Festung Diedenhofen, zu welchem Zwecke gerade in ihrem Städtchen, sonst in keinem befestigten Platze des Reichslandes, der Thorschluß um 11 Uhr abends aufrecht erhalten wird. Bekanntlich ereignete es sich vor kurzem gelegentlich eines großen, dicht vor dem Thore von Diedenhofen ausgebrochenen Ärandes, daß Löschmannschaften und Publikum das eine Mal nicht heraus, das andere Mal nicht herein konnten. Frkf. I.
Berlin, 7. Jan. Ein im Schnee stecken gebliebener Ringbahnzug illustriert die Heftigkeit des Schnefalls, durch welchen Berlin in den letzten zwei. Tagen heimgeimgesucht wurde. Dieses seltene Opfer des Schnees war der Zug, welcher zwischen Weding und Strahlau-Rummelsburg verkehrt. Derselbe führt in Stralau-Rummelsburg auf ein totes Geleise und bleibt dort etwa 20 Minuten stehen, bis er die Rückfahrt antritt. Auch der um 10 Uhr 23 Min. vorm, abgehende Zug hatte in dieser Weise seine Abfahrtszeit abgewartet; als aber der Stationsvorsteher das Zeichen zur Einfahrt gab, rührte sich der Zug nicht vom Fleck, trotzdem die Maschine aus Leibeskräften pustete und arbeitete. Es stellte sich heraus, daß der Zug während des Haltens unter den Einwirkungen eines sehr heftigen Schneefalls vollständig festgefroren war. Die Reisenden mußten nach etwa halbstündigem vergeblrchen Warten einen Nordring-Zug zur Fahrt nach Berlin benutzen.
Berlin, 9. Jan. Etwa 9000 Arbeiter waren in den Straßen Berlins mit der Beseitigung der letzt niedergegangenen Schneemasten beschäftigt, von welchen etwa 5000 Mann von der Stadt resp. der Straßen- reinigungs-Deputation und Parkverwaltung, der Rest von den Pferdebahn-Gesellschaften engagiert sind. Ueber 1000 Lastwagen beförderten täglich 6000 Fuhren Schnee nach den städtischen Abladeplätzen, und hierfür sowohl wie für die angestellten Arbeiter hatte die Stadt täglich etwa 24,000 Mark zu bezahlen. Der
So erzählt sie uns unter Anderem, daß Karl der Zweite von England nicht weniger als 14 Leibärzte hatte, was Wunder, daß er krank wurde. Na, die Doktoren berieten sich untereinander, jeder der Herren hielt seine Ansicht für die allein richtige und schalt die Kollegen Ignoranten. Der Eine behauptete, der König sei epileptisch
— der Zweite behandelte ihn als einen Schwindsüchtigen — der Dritte endlich erklärte die Krankheit für ein schweres Nervenfieber. Der Vierzehnte war der Einzige, der die Krankheit des Königs richtig erkannte — er behauptete, seine Majestät gehe an den Aerzten zu Grunde, und da auch die Königin dieser Ansicht war, so wurden die Schüler Aeskulap's entlasten und von Stund an ward der König gesund. Sieh mich nur nicht so ungläubig an, Martin — es ist buchstäblich wahr und Macaulay bestätigt die Geschichte in allen Punkten."
„Aber der König ist schließlich doch gestorben?" wägte Martin bescheiden zu bemerken.
„Nun freilich, einmal mußte er ja sterben und der Umstand, daß zuvor 14 Aerzte ihr Müthchen an ihm gekühlt hatten, mag auch nicht ohne Bedeutung gewesen sein. Aber horch, was ist das, Martin?"
„Es war der Sturm, gnädiger Herr," sagte der Alte, „er hat sich im Schlot gefangen und die ächzenden stöhnenden Laute verursacht, die wir vernahmen."
„Alter Narr — Du willst mich täuschen — es war nicht der Wind."
„Aber was sonst sollte es gewesen sein, gnädiger Herr?"
„Ja freilich — was sonst! Und doch — jetzt habe ich's ganz deutlich gehört
— es war der laute, entsetzliche Schrei, den Katharina ausstieß, als man das Todesurteil über sie fällte!"
„Ach, gnädiger Herr — denken Sie doch nicht beständig an jene schreckliche Zeit."
„Nicht daran denken, Martin — o, wenn ich das könnte! Im Wachen wie im Traum verfolgt mich der Schrei und erst mit meinem Leben wird diese Qual enden."
Martin warf sich neben dem Bette seines kranken Herrn auf die Knie und faßte flehend die eiskalten Hände des mit wildem Blick um sich Starrenden.
„Gnädiger Herr," flüsterte er eindringlich, „es giebt noch einen anderen Weg, diese quälenden Bilder und Gedanken zu bannen. Erstatten Sie zurück, was Ihnen widerrechtlich zugefallen und —"
„Nie und nimmer soll das geschehen," zischte der Kranke giftig.
„Aber Sie gaben mir das Versprechen, gnädiger Herr, mahnte der Alte: „Sie sagten mir schon vor Jahren, Sie wollten wieder gut machen und diese Sünde nicht mit in die Eivigkeit nehmen."
„Schweige, Martin — Du vergissest Dich! Ha — siehst Du sie nicht dort hinter dem Vorhänge stehen — sie droht mir — sie wartet nur auf meinen Tod! Hinweg mit Dir, Du abscheulicher Spuk," schrie der Kranke, dir mageren Hände wie zur Abwehr erhebend, und sie dann wimmernd vor's Gesicht schlagend.
„Ach Gott, gnädiger Herr, wir sind ja mutterseelen allein hier im Zimmer," tröstete nun Martin den Kranken.
„Horch — wieder der schreckliche Schrei! Heute sind es gerade 20 Jahre her, daß sie vor Gericht stand — wenn sie doch nicht so entsetzlich schreien wollte — o — o —"
Kalte/ Angstschweiß perlte auf der Stirn des Sterbenden, Martin legte die Hand beruhigend auf die Rechte seines Herrn und sprach ihm sanft zu, aber es war umsonst. Der Kranke wand sich wie in Todesqual — er ächzte laut, schlug mit den Händen in die Luft und murmelte verzweifelt:
„Wenn sie nur schweigen wollte — immer und immer wieder gellt mir der Schrei in den Ohren — wenn ich nur taub wäre und — horch, da ist es wieder und diesmal ganz deutlich!"
Mit einer schreckhaften Bewegung barg der Kranke sein Gesicht in den Kister»!