Das Echo der Wilson-N ote.
Wenn in düsen Tagen bei uns der Draht wie noch kaum je zuvor durch patriotische Kundgebunzeu aus Nord und Süd überlastet war, so hat das mit seiner Note auLschllkß- lich Herr Wilson getan. Als einen Ersolg wird er sich diese Stimmen der deutschen Oessrnilichkeit. die sich sofort nach Bekanniweldkn des dreisten Schrisistücks erhoben, schwerlich buchen dürfen. Denn cs hieße seine Menschen- freundlichen Absichten wohl unterschätzen, wenn man an- nehm'n wollte, daß er darauf ausging. Deulschkand wieder einmal daran zu erinnern, daß über allem Parteihader, über allen Meinungsverschiedenheiten, ob und inwieweit eine Neuordnung Deutschlcnds nötig oder wünschenswert sei. daß hoch über allem, was uns trennen kann, das steht, was uns verbindet: Unser in sich geschlossenes Volkstum, auf das wir mit Stolz blicken, für das wir Kämpfen und sterbcn. Unser Dolkstum, an das Forderungen und srlbst Ratschläge des unbeteiligten Dritten niemals rüh'en dürfen, das ein'N Organismus darstrllt, der nur aus sich heraus leben und gedrihen kann, der eigenen Gesetzen folgt und fremdes Gebot nicht kennt.
Wir betrachten da» Wort der gegenwärtigen Regierung Deutschlands nicht als eine Bürgschaft für irgend etwas, was von bleibender Bedeutung sein könnte, es sei d:nn, daß es auedrücklich du-ch ein n so klaren Ausdruck des Willens, der den Zielen des deutschen Volkes selbst ent- spricht, gestützt wird, daß die übrigen Völker der Welt das Recht haken, das Wort der Regierenden zu Akzeptieren. So oft man diese Worte wieder liest, schüttelt man stau- nend den Kopf. Aber dem Staunen gesellt sich dann der Zorn be: über diesen kecken Eingriff in die ureigenste un- serer eigenen Angelegenheiten. Als Hausfriedenrbruch empfinden wir die amerikanische Anmaßung, die gewiß nicht an Schmackhasliskeit gewinnt durch die naiv-tröstliche Zu- sichrrung. daß Amerika die Beseitigung der Hohrrzallcru- dynafii- nicht gerade unbedingt von uns fordern will. Und dieser Eindruck beseelt, von ganz wenigen Ausnahmen ab- gesehen, un» alle. Deutschland wird seinen Weg aus eigene« Kräften finden; auf amerikanische Wegweiser und Bahn- bereiter kann es verzichten. Das ist der Grundgedanke, -.n dem sich alle politischen und patriotischen Kundgebungen dieser Tage zusammrnfinden, mögen sie van vaierlä«bischer, Bereinigungen. von Arbeiterverbänden, von städtischen und sonstigen öffeml-chen Körperschaften »der von Einzelpersonen auegehen, und diese Einmütigkeit wird Wilson, der zweifellos den Parteihader in Drulschlsnd schüren, nicht ober löschen wallte, wenig Freude und Genugtuung bereiten.
Auch der Ton, in dem ave diese Resolutionen und Erklärungen gehalten sind, wird ihm schwerlich sanderlich behagen. Deutschland ist eine Monarchie mit demokratischen Einrichtungen: die Bereinigten Staaten sind dem Namen nach eine Demakratie. in der Tat eine Repuklick mit auto- kratischen Einrichtungen, und ihr Präsident ist der «räch- tigste Selbstherrscher der Welt", sagt Generaldirektor a. D. Vröckelmann in einem Offenen Brief, den dle „Neue Freie Presse" in Wien dieser Tage veröffentlichte, und au« einem Lieb--schreiben von Dr. Ernst Müller-Weinigen an Wilson sei zur Kennzeichnung der nun glücklich in Deutschland vollzogenen Desillusion über amerikanisches Arsen und amerikanische Werte der folgende Abschnitt entnommen: „Der einfachste menschlichste Takt u»d der palitische Instinkt müßte Sie lehren, daß sie mit dieser Art des von außen versuchten Aufdrängens innerpolittscher Reformen direkt al» Bundesgenosse der stärksten Feinde jeder freiheitlichen Entwicklung in Deutschland «ustreten. Was würden die Amerikaner tun. wenn wir ihnen z. B. die monarchische Staatssorm auszwingen wollten? Sie würden uns für Tallhäurler erklären, u^d da« mit Recht! Uns aber wagt der Nachfolger Monrve« die dreisteste Einmischung in unsere eigensten Angelegenheiten zu bieten! Der Himmel behüte uns vor der Morgan-Demokratie, der Pluto- traten Englands! Die ganze Bewegung, die von deutschen Baterlandssreunden im Interesse der zukünftigen freien Entwicklung des deutschen Belke» und des siegreichen Durchhaltenr uxserer Ration eiageleiiet und teilweise durch- geführt worden ist, kann durch nichts schlimmer kommen, al» durch Ihr Eingreifen. Wir verbitten un» Ihre beleidigende Art und Weise der Einmischung und weisen die plumpe Beschimpfung unserer Regierung mit Verachtung zurück".
Schan heute dürste sich Wilson in stiller Stunde eingestehen, daß seine Rate ihren Zweck in kläglicher Weise verfehlt«. Da» Schlimr.ste: Nicht einmal die Ausnahme bei den lieben Bundesgenossen rvrd ihm über diese bittere Erkenntnis hinweghelsen. Denn auch die haben Erhebliche» zu bemäkeln: Die Engländer — die Wilsansche Ablehnung de» Wirtschaftskrieges, die Franzosen, die die Note übrigens sogar in recht entstellter Form zur Kenntnis ih:cr Bolksgenofsen b achten. — die Ignorierung ihrer annexio- nistlscheu Gelüste. P.-ch! —
Der Weltkrieg.
Der amtliche Tagesbericht
Gr,hr, H„,t,»arNrr. 4. OKI. Amil. WTB. Drahtd.
Westlicher Kriegsschauplatz.
Heeresgrnppe Kronprinz Rupprecht.
Die gestrige Kampstätigkeit de« Feindes in Flandern glich der an den Bortagen: tief in das Gelände hinter unseren Stellungen reichendes und aus die belgischen Ort
schaften gerichtetes starkes Störungsfeuer gegen einzelne Abschitle unserer Kampfzone in der Mitte der Schlacht- front zu heftigster Wirkung in Feuerstößen zusammengefaßt.
Die Nacht hindurch hielt oam Homhoulster-Wald bis zur Lys der gewaltige Artilleriekamps unvermindert an. Heute Morgen steigerte er sich zum Trommelfeuer.
Mit de« Einsetzen starker englischer Angriffe i« Bogen nm Ipern ist die Schlacht in Flandern von neuem entbrannt.
Bei den anderen Armeen war infolge schlechter Beobachtung, die GefkchtelStigkeit tagsüber meist aus ein geringe» Maß beschränkt, erst gegen Abend lebte sie auf.
Heeresgruppe Deutscher Kronprinz.
Auf dem Ostuser der Maas setzte bei Einbrvch der Dunkelheit schlagartig stärkstes Feuer an der Höhe 344 östlich von Samogneux ein. Tief gegliedert brachen die Franzosen bald daraus zum Angriff vor um die oon uns dort gewonnenen Stellungen zurllckzuerobem. Der Ansturm brach an der Abweh^wirkurig unserer Artillerie und an der zähen Widerstandskraft der Württemberg er verlustreich und ergebntsla» zusammen.
Heeresgruppe Herzog Albrecht.
Lebhafle Ariillettekämpfe entspannen sich zeitweilig dicht westlich der Mosel und im Sundgau. Angriffe erfolgte« dort nicht.
Oeftlicher Kriegsschauplatz.
Bei IakobstM, Düraburg und am Zdrucz, sowie am Douaukrtte bei Galatz nahm die Fkmrtätigkeit vorüber- grhend zu. Erkunsungsgefechte verliefen an m-.hreren Stellen für uns e ssigreich.
Mazedonische Front.
Die Lage ist unverändert.
Der Erste Serie-alquarttermeister:
Luden dorss.
! Der Seekrieg..
H U-Bootserfolge.
j Berlin, 3 Okt. WTB.
! Amtlich wird mttgelelt: Neue U-Boot-erfolge im
r Aermeikar.al und in der Nordsee: 4 Dampfer, I Segler, 1 Fischersahrzeug, darunter 3 vew-^ffnek Dampfer und der nrue englische Srgiec „Inrependence". Bon den drei brwassnrten Dampfern fuhr einer unter französischer Flagge, ein anderer war vom Aussehen des englischen Dampfers „Erndal Castle" (3885 BRT ).
Der Chef des Admiralstads der Marine.
Weit, re Ereiguisse zur See.
Berlin. 3. Oktober. «TB.
Amtlich wird mitgeteilt: Sredampfflugzeuqe der flandrischen Küste haben unter der b währten Führung des Oberleutnants zur See Christiansen am l. Oktober abends vor der Themsrmündung ein englisches Großflugbosl ab- geschaffen und vrrnichüt.
. Der Chef des Admiralstads der Marine.
Der Tauchbootkrieg.
Reuter verbreitet auf Beranlassu::§ der englischen Marinebehörde« die Nachricht, daß durch Verwendung von Mitteln zur Rauchentwicklung und Nebelerzeugung eine Verminderung der Verluste dmch den U-Bootskrieg zu erwarten sei. „Wknn die Orffentlichkeit wüßte was wir wissen", so wurde nach Reuter in der Admiralität gesagt, „so würde sie sich nicht im geringsten beunruhigen". Durch Verwendung des Rauch- und Nebrlsystems zur Verteidigung gegen U-Boote seien Dutzende oon Schiffen gerettet worden. Da» System sei einige Monats erprobt und jetzt sei der g ößte Teil der englischen Handelsschiffe damit ausgerüstet.
Den Kommandanten unserer U-Boote ist das System natürlich nicht unbekannt. Es hat ihre erfolg,eiche Tätigkeit bisher in keiner Weise beeinträchtigt. Nur in einem einzigen Fall konnte sich rin Dampfer bisher Lurch Erzeugung künstlichen Rauchs und Nebels dem Angriff entziehen. Gegen die Wirksamkeit der Nebelbombe.n und der Rauch- erzeuger sprachen auch die Zusammenstellungen der britischen Admiralität. Denen zufolge wurden von unseren U- Bovten erfolglos angegriffen: im Juni 105 englische Schiffe, im Juli 55- im August 49. Gelegentlich der Wochenausweise de» September äußert sich der Marinebe- richterstatter der „Timer", daß die Zahl der erfolglos angegriffenen Schiff« ständig abnehme. Noch am 13. Sept. schließt die genannte Zeitung eine Betrachtung über di« Notwendigkeit genauer Angaben über den U-Bootskrieg mit den Worten, daß gegenwärtig keine Anzeichen vorhanden seien, die irgend jemand Gründe geben könnten für die Annahme, daß man auf dem besten Wege sei, der U-Boot-gesahr wirksam Herr zu »erden. Eine Reihe oon Stimmen aus anderen englischen Zeitungen kommt zu dem gleichen Ergebnis über die U Bootsgesahr uad ihre Bekämpfung.
Wie Llcyd George so hat also auch die britische Admiralität fortgesetzt das Unglück, durch eigene frühere Aur- laffunasn und die Neuerungen Wohlunterrichteter im eigenen Lande widerlegt zu werden. WTB.
Der Luftkrieg.
Fliegeraugriffe auf deutsches Heimatgediet.
Berlin, 4. Oktober.
In der Nacht vom 2. zum 3. Oktober haben feind- liehe Flieger in zahlreichen Flügen Angriffe auf deutsche« Heimatgediet versucht. Irgend welche Ergebnisse haben die Angriffe nicht gezeitigt. Ei» seindltchrs Flugzeug hat sich in die Gegend oon Stuttgart begeben und wars über Feuerbach 6 Bomben ab, die geringen Sachschaden aber keine Verluste verursachten. Die offene Stadt Frankfurt a. M. wurde oon etwa 10 Fliegern angegriffen, die aus südlicher und westlicher Richtung anflogen. Die meisten der abgeworfenen Bomben fielen wirkungslos außerhalb der Stadt nieder. Im Stadtbereich wurden bisher ^Einschlagstellen gezählt. Die Bomben fielen meistens aus Straßen und offene Plätze. Der angerichte Sachschaden ist gering. 5 Personen wurden leicht verletz?. Tode sind nicht zu beklagen. Das Lothringische Industriegebiet wurde oon zahlreichen Angreifern heimgrsucht, die jedoch, wie ge- wöhnlich, dank unserer gut durchgebildeten Abwehrmaßnahmen nur wenig Erfolg hatten.
Bis in die Gegend oon Dortmund oorzudringen, gelang wiederum nur einem einzig-n Flieger. Er warf dort auf die Bahnstrecke Dorstfeld-Dortmund-Süd 6 Bomben ab, die den Bahnkörper beschädigten. Bei diesem Angriff wurde eine Person getöt. Zeigt der Angriff auf das west- sälische Industriegebiet erneut, weichen Wert die Gegner aus die Vernichtung dieses Hauptsttzss unserer wirtschaftlichen Stärke legen, so zeigt er andernfalls, daß der Heimat das oon unserem Heer gehaltene feindliche Gebiet auch gegen Luftangriffs Schutz und Bollwerk ?st.
Meine KriegSrmchrichten.
Costarie« bricht die dipl. Beziehungen mit Deutschland.
Berlin, 4. Okt. WTB.
. Einer amtlichen Mitteilung der spanischen Regierung zufolge hat hat die Regierung der Republik Costarics die diplomatischen Beziehu.'-tzen zum Reiche abgebrochen. Welp n Urbernahme de» Schutzes der deutschen Interessen durch eine neutrale Macht ist das Ecsarderiiche in die Wege geleitet.
Der Berbandskrieg gegen die Neutrale«.
London, 4. Okt. WTB
Eine Bekanntmachung in der London „Gazette" verbietet die Ausfuhr aller nicht bisher schon oon der Ausfuhr ausgeschlossenen Waren nach Schweden, Norwegen. Dänemark und den N ederlanden. Ausgenommen von dem Verbot sind nur Drucksachen jeder Art und persönliches Gepäck, da« Reisende mit sich führen. Das Verbot tritt am 8. Oktober in Kraft.
Der Hanptzrnnd.
Der ehemalige Berliner Berichterstatter dar „Daily Mail" Wile schreib!: In unserem Land hört man es nicht gern, ader trotzdem rsi es die Absolute Wahrheit, daß der Hauptgrund, daß wir Deutschland noch nicht geschlagen haaen, darin liegt, daß hinter seinen Soldaten und Seeleuten eine Heimarmre steht, die trotz zunehmender Drangsale und erbarmungsloser Entbehrungen eine geradezu übermenschliche Festigkeit an den Tag legt, um den Wahl- spruch Durchhalten Zu befolge». Die Optimisten reden sich ein. d«ß die deutsche Fähigkeit. Entbehrungen zu tragen, nicht unerschöpflich sei und daß Deutschland im Begriffe stehe, au« de« Fuge« zu gehe». Ich habe 38 Monate mein« ganze Zeit darauf vrrwendet, Beweise für den deutschen Zusammenbruch von innen zu ermitteln, muß aber gestehen, daß sie heul« ebenso unauffindbar sind, wie ehemals. Ich glaube, daß Lloyd George« Vorhersagen vom Jahre 1S15, daß di« Alliierte» von dem deutschen Kriegs- brotzelst mehr zu fürchten hätten, al» von Hindenburgs Strategie nie «ine ominöser« Bedeutung hatte, als heute. WTB.
Wilson am Pranger.
Dir „Nvrdd. Allg. Zeitung, schreibt über den Bericht des deutschen Gesandten in Mexiko und die amerikanische Neutralität: Bor Karzer Z-it hat der amerikanische Staatssekretär Lansing einen Bericht veröffentlicht, den angeblich der kaiserliche Gesandte in Mexiko an seine Regierung gerichtet hatte und in dem der froher« schwedische Geschäftsträger i» Mexiko erwähnt wurde. E« wurde sofort fest- gestellt. daß ein solcher Bericht in hiesigen amtlichen Stelle» nicht bekannt ist. Im „Daily Telegraph" vom 15. September ds. I». und in andere» Zeitungen lesen wir nun die Mitteilung, daß der oon Lansing t» seiner „Enthüllung veröffentlichte Bericht vvm 8. März 1916 datiert sei und daß er sich anscheinend bereit» lange Zeit im Besitz der amerikanische» Regierung befindet. Wenn man hiermit die Tatsache zusammenhält. daß ein« Reihe von Berichten des deutschen Gesandten in Mexiko aus dem Jahre 1916 ihren Bestimmungsort nicht erreicht hat, so ist anzunehmen, daß die amerikanische Regierung bereit» zu einer Zeit, wo die Bereinigten Staaten von Amerika noch im vollen Frieden mit Deutschland lebten und ihre Vertreter einander >" Versicherungen der Unparteilichkeit und aufrichtigen Neutralität gegenüber allen Kriegführenden Überboten, systematisch amtliche Bericht« des Gesandten in Mexiko hat eru- wenden taffen. Dieser allen Grundsätzen des Völkerrechtes und der Neutralität widersprechende Postraub ist jedenfalls der irrste Kommentar zu den hochtrabenden Erklärungen,