Erscheint tüglich M Ausnahme der Avon- und Festtage.
Preis oierteljShrlich hier mit Trägeriohn Md. ISS, im Bezirks- »ad 10 Lw.-Derkehr Md. 1.65, im Lbrigen Kjirttemberg Md. 1.7S. Monats-Abonnement» nach Verhältnis.
183
ftr k« Lbmmtr-dezikll M««K.
^Anzeigen-Gebühr: für dir einspalt. Zeile an» gewöhnlicher Schrift odr» deren Raum bei einmal. Einrückung 10 Psg., bei mehrmaliger entsprechend Rabatt.
Beilagen:
Plauderstübcheu
und
Fernsprecher 29.
91. Jahrgang.
Postscheckkonto 5115 Stuttgart.
Illustr. Sonntagsblatt.
Mittwoch, der? 8. August
1917
IMer SwMrfch m -er rmönWn Amt.
Zur Lage.
In Rußland ist Kerenski in russischem Blute und in englischem Golde gewatet. Die Befreiung Rußlands vom Zarismus scheint er sich so vorgestellt zu haben, daß im Innern Mord und Totschlag, Raub und Knechtung das ungeschriebene, aber maßgebende Gesetz ist. Mit dem wüsten Zustand im Innern geht die Berschacherung der unermeßlichen Bodenschätze an England als ein Zeichen genialer Auslandspolitik Hand in Hand. Tatsächlich wird schon seit Monaten in der inneren Verwaltung Rußlands keine Kassenanweisung ohne den Stempel der englischen Kontrolleure mehr honoriert. Kerenski bezog sein Gehalt auch aus diesem Wege. Das mag manches erklären. Dem englischen Geldeinfluß ist auch zuzuschreiben, daß weder Kerenski noch einer von den anderen Befreiern, wirklich und ernstlich die Eroberungsziele der Entente bekämpft hat.
Aus England schallen die Stimmen Lloyd Georges und Balfours, au« Frankreich die Kammerspiele Ribots zu uns herüber. Im Tone sind sie etwa« unsicherer als früher, in der Sache bleiben sie bei ihren alten Forderungen. Vom Deutschen Reiche bliebe dabei nicht viel übrig, das wissen wir längst.
Im Osten hat die deutsche Oberste Heeresleitung nach woh! durchdachtem Plan dem Offensivgeiste der Führer und der Truppe ein Ventil geöffnet, behält aber diese Bewegung der Geister und der Waffen in der Hand und in den planmäßigen Grenzen. Gleichzeitig hat sie im Westen den gigantischen Angriff Englands abgewehrt und in glänzend organisiertem Gegenstoß aus dem längst unstarr gewordenen Grabenkrieg den Bewegung! Kamps innerhalb der gewollten Zone entwickelt. Gleichzeitig brachten außerdem Führung und Truppen westlich der Maas den Franzosen empfindliche Schlappen bei.
Inzwischen hat in Deutschland der neue Kanzler Männer seines Vertrauens in die Staatsleitung bekommen. Wir erhalten damit im Reiche eine ausgesprochene Be- amtenregterung. Auch die auswärtigen Geschäfte dürsten nicht mehr mit der Bewegungsfreiheit geführt werden, die unter dem fünften Kanzler üblich war. Der neue Staatssekretär des Aeußercn wird abhängiger sein als seine beiden Vorgänger. Seine Gedanken über die deutsche Aus- londspolitik werden nicht maßgebend sein, er wird das
Dunkle Pfade.
Roman von Reinhold Ortmann.
51 (Nachdruck verboten.)
„Da du so hartnäckig darauf bestehst — meinetwegen.' Aber das eine sage ich dir, Editha: von weiteren Beziehungen zwischen dir und Günter ist nicht die Rede! Ich wäre vielleicht gutmütig genug gewesen, dich ihm zu geben, wenn er meine Erwartungen erfüllt und sich als ein rechtschaffener, tüchtiger Mensch erwiesen hättet Darauf, , daß sich eines Tages etwas zwischen euch anspinnen j könnte, mußte ich ja gefaßt sein, als ich ihm mein Haus erschloß. Aber ein Windbeutel, ein charakterloser, wortbrüchiger Mensch kann niemals mein Schwiegersohn werden — niemals! Und es müßte alles aus sein zwischen euch, jauch wenn es seinen schmeichlerischen Künsten gelänge, dich ru versöhnen/
Rasch ohne jedes zaudernde Überlegen, aber mit fast tonloser Stimme kam ihre Erwiderung:
. „Sei unbesorgt, Vater. Wenn er mir die Treue gesprochen hat, wenn er diesem Mädchen ein Recht gegeben ? bat, so an ihn zu schreiben — dann ist er tot für mich — suno nie, nie werde ich ihm verzeihen/ s »Ich rechne auf deinen Stolz, mein Kind. Du hast l nicht nötig, dich wegzuwerfen. Aber du solltest deshalb snuch darauf verzichten, mich zu begleiten/
In diesem Punkte indes war sie unerschütterlich.
. -Ich muß sie sehen, Vater — versuche nicht, mich Enn zu hindern/
ar.."^EM^wegen also! Ich habe drüben noch einiges Geschäftliche mit Francke zu hesprechen. In einer Viertel- spätestens bin ich wieder da. Und unterdessen ^chst du dich vielleicht bereit/
editha nickte stumm; aber als er dann Miene machte, N ^ entfernen, deutete sie mit einer Geberde des Ab- tcheus auf den Brief, den er auf dem Tische zurückgelaffen:
„Nimm das fort, Vater! Ich möchte es nicht noch einmal anrühren/
führende Organ des Kanzlers. Dr. Michaelis will das Staatsschiff in dem von ihm für richtig gehaltenen Kurse und ausschließlich nach seinem Willen steuern. Das geht unzweideutig hervor aus der neuen Stellenbesetzung, aus der Umgestaltung der Ernährungsorganifation, aus der größeren Abhängigkeit des Staatssekretariats des Aeußeren. Findet der neue Kanzler den richtigen Kurs, vereint er in sich die Begabung zu einheitlicher Leitung aller Ressorts, besitzt er die Willenskraft, nach außen und innen seine Auffassung der Staatsnotwendigkeiten durchzusetzen, so können und werden wir ihn und uns gern und aufrichtig beglückwünschen. Lr.
Die feindlichen Schiffsverluste im dritten Kriegsjahr.
Hatte das zweite Kriegsjahr durch die Seeschlacht vor dem Skagerrak die bis jetzt größte Einbuße der Ententemächte an Krisgsschifftonnage gebracht, so stand das nun abgelausene dritte Kriegsjahr in seiner zweiten Hälfte unter dem Zeichen des uneingeschränkten U-Bootkrieges, der in nie geahntem Matze unter der H^ndelsschiffstonnage der Ententeländer aufräumts. Die nunmehr mit voller Bewegungsfreiheit ausgestatteten Unterseeboote bewirkten aber neben einem beträchtlich verminderten Handelsschiffsverkehr auch eine Einschränkung des Auftretens größerer feindlicher Kriegsschiffs, die es in Anbetracht der lebhaften Unte» seeboote-Tätigkeit mehr und mehr oorzogen, im sicheren Häfen zu bleiben und den Schutz der Küsten und Handelsschiffe kleineren Streitkräften zu überlasten. Dennoch büßten unsere Gegner im Laufe des letzten Kriegsjahres vom 2. August 1916 bis 1.-August 1917 durch U-Boote. Minen, die Tätigkeit unserer Seestreitkräste oder andere kriegerische Ursachen nicht weniger als 286000 Tonnen ein. Zum Vergleiche diene es, daß die Kriegsmarine unseres österreichischen Bundesgenosten bei Kriegsausbruch insgesamt 405 620 Tonnen oufwies.
Unter den Verlusten der englischen Kriegsflotte befinden sich an großen Einheiten die beiden Schlachtschiffs „Tom- wallis" 14 220 Tonnen, am 9. Januar 17 durch U-Boot südlich von Malta versenkt, sowie das Großkampsschiff „Vanguard" 19560 Tonnen, infolge einer Explosion am
Und während er ihrem Verlangen willfahrte, wandte sie sich schnell, um das Zimmer zu verlassen.
2. Kapitel.
Der Kassierer und Prokurist Paul Francke erwartete seinen Chef bereits in dem kleinen Prioatkontor. Er war ein Mann von etwa 30 Jahren, mehr als mittelgroß, aber zu hager, um trotz seiner Körperlänge imposant zu erscheinen — mit einem klugen, regelmäßigen Gesicht und dem Austreten eines ernsten, bedächtigen, seiner Pflichten voll bewußten Mannes.
„Entschuldigen Sie, lieber Francke. wenn ich mich drüben etwas verspätet habe", sagte Bernhard Rüthling freundlich. „Ich habe allerlei Familienärger, der mir den Kopf heiß macht. Gibt es für heute noch irgend etwas Wichtiges im Geschäft?"
„Nichts, das Ihnen nicht bereits Vorgelegen hätte, Herr Rüthling!"
„Na schön! — Also, weshalb ich Sie hierher gebeten habe: wie denken Sie über den Buchhalter Heinitz? Haben Sie nicht bemerkt, daß der junge Mensch anfängt, seine Arbeiten zu vernachlässigen?"
„Ich muß die Frage leider bejahen. Aber ich möchte Sie bitten, etwas Geduld mit ihm zu haben. Es scheint, daß er neuerdings in schlechte Gesellschaft geraten ist, und weil es mir bei seiner sonstigen Tüchtigkeit leid tun würde, wenn ihm gekündigt werden müßte, habe ich ihm vorhin ins Gewissen geredet. Er weiß, daß ichs gut mit ihm meine, und hat mir reumütig seine Sünden gebeichtet. Ich bin überzeugt, daß es von nun an wieder besser mit ihm werden wird."
„Das soll mir lieb sein. Aber was hat er Ihnen denn gebeichtet?"
Der Kassierer suchte dem stagenden Blick seines Chefs auszuweichen.
„Ich möchte nicht gern darüber sprechen, Herr Rüthling. Was Heinitz mir erzählt hat, betrifft nicht ihn allein. Und es wäre mir peinlich, hier gegen meinen Willen gewissermaßen zum Angeber zu werden."
„Ich verstehe schon, wie das gemeint ist. Aber Sie
9. Januar 17 vernichtet. Daneben verlor England noch am großen und kleinen Kreuzern ungefähr 41000 Tonnen. An Zerstörern und Torpedobooten büßte England im dritten Kriegsjahr 25 Schiffe ein. Daneben einige U-Boote und 12 Hilfskreuzer, worunter die vorübergehend als Lazarettschiff verwandte „Britannkc" mit 48 158 Tonnen das größte Schiff war. Sie versank am 21. November 16 im Aegäi- scheu Meer nach Minen-Explosion.
Frankreich hat den Verlust von 3 Schlachtschiffen zu verzeichnen:
„Sufsren". 12 730 Tonnen, 26. November 1916 westlich von Lissabon durch U-Boot versenkt.
„Gaulois". 11300 Tonnen. 27. Dezember 1916 durch U-Boot im Aegäischrn Meer versenkt.
„Danton". 18400 Tonnen. 19. März 1917 durch U-Boot im westlichen Mittelmeer vernichtet.
Ferner büßte Frankreich den Panzerkreuzer von „Kleber" 7700 Tonnen ein, der am 27. Juni 1917 vor Brest aus eine Mine lief, verlor ferner neben Minenschiffen und Kanonenbooten 7 Hilfskreuzer, darunter die 1913 erbaute „Gallia" von 14966 Tonnen und „Burdigala" von 12009 Tonnen, den im Jahre 1913 nach Frankreich verkauften deutschen Schnelldampfer „Kaiser Friedrich III/. Die Verluste Frankreichs an Torpedo- und U-Booten belaufen sich insgesamt auf 12 Schiffe.
Rußland verlor das Schlachtschiff „Peresvjät", 11900 Tonnen, am 3. Januar 1917 vor Port Said nach Minen- sxplosion q-sunken. Der Rest der russischen Verluste setzt sich aus Torpedobooten, Hilfsschiffen und Kanonenbooten zusammen.
Größer als die Verluste der Rüsten waren diejenigen der italienischen Kriegsmarine. Sie verlor die beiden Linienschiffe:
„Leonardo da Vinci", 22 500 Tonnen, am 2. August 1916 infolge Explosion bei Tarent untergegangen.
„Regina Margherita", 13430 Tonnen, am 11. Dezember 1916 vor Balona durch Mine vernichtet. Der Rest der Verluste verteilt sich auf Hilfskreuzer, Torpedo- und U-Boote. Da die japanische Kriegsmarine sich mit Ausnahme einiger kürzlich im Mittelmeer eingetroffener Zerstörer und Kanonenboote vom Kriegsschauplatz fernhält, so waren ihre Verluste entsprechend gering. Eie verlor im dritten Kriegsjahr den Panzerkreuzer „Tsukuba", 14000
brauchen sich keine Gewissensskrupel zu machen. In der schlechten Gesellschaft, von der Sie sprechen, befindet sich auch mein Neffe — nicht wahr? Sie sehen, ich bin bereits unterrichtet. Und Sie erweisen dem betörten jungen Menschen vielleicht im Gegenteil einen guten Dienst, wenn Sie mir etwas Näheres Mitteilen. Ich habe gehört, daß die beiden sich unter allerlei Komödiantenvolk Herumtreiben. Eines von diesen verwünschten Kabaretts, die neuerdings überall auftauchen, hat es ihnen angetan."
„Da Sie es doch schon wissen — ja, das war es, was Heinitz mir erzählte."
„Und mein Neffe hat Beziehungen zu einer Sängerin, die in diesem Kabarett auftritt? Hörten Sie vielleicht auch, wie weit diese Beziehungen bereits gediehen sind?"
„Ich mische mich grundsätzlich niemals in Angelegenheiten,-die mich nichts angehen. Und ich habe es deshalb ^ auch vermieden, Heinitz nach solchen Dingen zu fragen. Wahrscheinlich handelt es sich ja auch nur um ein ganz harmloses Verhältnis ohne ernstliche Bedeutung. Diesen ! jungen Damen ist es doch schließlich nur um die Auf- ' merksamkeiten und Geschenke ihrer Anbeter zu tun. Auch j Herr Wolfradt wird von seiner Holden den Laufpaß er-s halten, sobald sich jemand findet, der ihn in dieser Hinsicht! überbietet/ s
Wenn diese Bemerkungen darauf berechnet waren, den Bankier milder gegen seinen jungen Verwandten zu stimmen, so hatten sie ihren Zweck jedenfalls sehr schlecht erfüllt, denn Bernhard Rüthling machte ein recht finsteres Gesicht. °
„Das ist ja wieder was ganz Neues! Er macht dem Mädchen also auch Geschenke? Da bin ich doch neugierig, zu erfahren, wovon er sie bezahlt. Ich habe ihm bisher nur ein ganz kleines Gehalt, eigentlich nicht viel mehr als ein Taschengeld gegeben, um ihn vor leichtfertigen Streichen zu bewahren. Wenn er trotzdem einer Sängerin kostspielige Aufmerksamkeiten erweist, so muß er notwendig Schulden machen. Ist Ihnen darüber etwas zu Ohren gekommen?"
(Fortsetzung folgt.)