Noch einmal hatte der Sieg in jenen Sommertagen seinem einstigen Liebling freundlich geliichelt. Aber aus der Niederlage von Ligny wurde das preußische Heer durch das im schwerstem Unglück gefestigte Gottoertrauen, durch die unerschütterliche Treue zu seinem angestammten König, durch die heiß« Liebe zum Vaterland« nur zwei Tage später zum alle« entscheidenden Siege gesührt ein Vor­gang, bisher in der Geschichte unerhört.

Als der 18. Zuni 1815 sich seinem Ende zuneigte, zogen aus den vom Regen grundlosen Wegen Brabants die preußischen Scharen, alle Mühsal in ihrem Siegeswillen überwindend, dem Schlachtfeld zu, wo Wellington den Franzosen nur noch mit letzter Kraft standhielt. Al« über die dampfenden Felder die Nacht sich herabsenlrte, floh Napoleonwie ein Bettler vom Schlachtfeld und au» dem Reiche-. Der preußische Feldherr aber, die lebendige Ver­körperung des alten und doch jugendlichen Geistes der Truppen, die er führte, Blücher, fand den für alle Zeit gültigen Ausdruck des Dankes an seine .hochansehnlichen Kriegsgesährten": .Ihr habt euch einen großen Namen gemacht I Nie wird Preußen untergehen, wenn Eure Söhne und Enkel Euch gleichen I*

Die Schlacht von Delle-Alliance entschied für ein halbe« Jahrhundert über Europa. Die Söhne des deutschen Volke» hatten die Opfer des Tage» fast ganz getragen; sie errangen den reichsten Lorbeer. Aber nicht nur unter den eigenen Fahnen hatten st« gekämpft, neben wenigen Engländcrn hatten sie auch di« englischen Reihen gefüllt und an dem Preis des Siege« hatte England den größeren Anteil. Nur karger Gewinn ward Preußen und Deutschland gegönnt. So war die Freude am Siege nicht ungetrübt.

Anders ist es seitdem geworden. Seitdem bei Sedan König Wilhelm siegreich ein neuer napoleonischrs Kaiser­tum niederwarf, ist Belle-Alltance zurückgetreten in das Dämmerlicht der Geschichte. Was der 18. Juni 1815 uns nicht geben konnte, der 1. September 1870 hat es uns ge­bracht, das neue Reich und den deutschen Kaiser, die Sehn­sucht der Besten im deutschen Volk.

Zu den Gräbern derer, die diesen Ausstieg vorbereiteten, die 1675, 1757, 1815 unier der Iunisonne gestritten haben, wendet sich dankbar die Erinnerung; aus Uneinigkeit und Schwäche heraus haben sie uns die Grundlagen für Ein­heit und festgefügte Kraft des R-iches geschaffen. Neuen Stürmen soll dieser feste Bau trotzen. Er wird es, wenn Schenkendorss Mahnung unvergessen bleibt, die zu Koblenz das Denkmal des ersten Zollernkaisers sinnvoll schmückt: .Nimmer wird das Reich zerstöret,

Wmn ihr einig seid und treu!*

Der Weltkrieg.

Dev amtliche Tagesbericht.

WTB. Srsßr» Hsvptqnsrtter, 15. Juni. Amtl. Drahtb.

Westlicher Kriegsschauplatz.

Heeresgruppe des Geueralfe dmarschalls

Kronprinz Rupprecht von Bayern:

I» Flandern setzte »ach verhältnismäßig rnhi- gem Tag zwischen Hpern und ArmentierS gestern abend 8 Uhr so starkes Trommelfeuer ein, dem an der ganzen Front englische Angriffe folgte«. Sie drückten »ach Kämpfe«, die an einzelnen Stelle« bis znm Morgen a»da»erte», die Siche- rnnge« zurück, die unsere weiter östlich liegende Kampflinie Hollebeke, Douvegr»«d n»d süd­westlich von Warnet»» seit dem L0. Mai er­folgreich gegen alle Erknudnngsvorstöße der Eng- länder verschleiert habe«.

Nördlich des Kampsseldes bis zur Küste nur geringe Artillerttätigkrit. Im Handstreich hoben Stoßtrupp« eine« niederrheinischen Regiments am Pser-Kanal einen belgischen Posten von 25 Mann aus.

An der Artois-Front griffen die Engländer morgens nach heftigen Feuerwellen unsere Gräben östlich von Monchy an. Sie brachen an einigen Punkten ein, wurden jedoch durch Gegenstoß der Bereitschaften sofort hinausgeworfen. Ein Grabenstück westlich des Bois-du-Sars ist noch in Feindeshand.

Abends stießen mehrere englische Bataillone östlich von Loos vor. Auch hier wurde unsere Stellung durch heftigen Gegenangriff gehalten.

Heeresgruppe des Deutschen Kronprinzen:

Am Chemin-des-Dame« lebte in den Abendstunden der Feuerkamps zu beiden Seit:» der Straße LaonSois- sons und am Winterberg auf.

Unsere Sturmtrupps brachten von Unternehmungen gegen französische Gräben nordöstlich Braye, westlich der Suippes-Niederung und auf dem östlichen Maas-User Ge­fangene und Beute zurück.

Heeresgruppe des Geueralfeldmarschalls

Herzog Albrecht von Württemberg:

Keine größeren Gefrchtehandlungen.

Oeftlicher Kriegsschauplatz.

Lebhafte Feuertätigkeil bei Smorgon, westlich von Luck und an den von Zloczow und Halicz auf Tarnopol füh­renden Bahnen.

An der

Mazedonischen Front: ist die Lage unverändert.

Der Erste Genera'quartiermeister:

Ludendorff.

Umgang an de« deutschen Frouteu.

Berlin. 14. Juni. WLB.

In Flandern wurde deutscherseits der Minenkampf mit bestem Erfolg fortgesetzt. Am 13. Juni wurden in den Vormittags-Stunden drei erfolgreiche Sprengungen östlich Zillebeke ausgeführt. Die Engländer antworteten mit drei Sprengungen östlich Bellgaarde-See, di« ohne Erfolg blieben.

Am Nachmittag wurden daraufhin 12 weitere deutsche Minen gesprengt, die verheerende Wirkung hatten. Zwischen der Eisenbahn PpernComines der Straße WernMenin sind 18 gewaltige Trichter entstanden. Mit der Sprengung des großen Minensystem» im Wyischaetebogen, zu dem die Engländer nicht weniger als 600 Tonnen Sprengstoff verwandten, die in 20 über 10 britische Meilen verteilten Stollen untergebracht waren, an denen jahrelang gearbei­tet wurde, haben die Engländer im Minenkrieg augen­scheinlich ihren besten Trumps ausgespielt. Wie neuerdings Gefangene aussagen, versprachen sie sich von den Spren­gungen einen durchschlagenden Erfolg. Nach dem Durch- bruch sollte die Front nach Norden und Süden aufgerollt werden, wobei das erste Ziel im Süden Lille war, iw Norden dagegen die flandrischen Küstengebiete, die den Engländern als vermeintliche Stützpunkte der deutschen U- Boote so außerordentlich unangenehm sind. Nachdem die heldenhafte Ausdauer der deutschen Verteidiger, die in der Hölle der Sprengungen unerschüttert blieben, den englischen Stoß aufgesangen hatte, werden die britischen Streitkräfte augenblicklich umgruppiert. Mit einer Erneuerung der Angriff« vielleicht an einer anderen Frontstelle ist zu rech­nen.

An der Arrassront blieb die Arlillerietäligkeit den 13. Juni über gering. Gegen Abend und in den Morgen­stunden de» 14. Juni erreichte sie größere Heftigkeit an den alten Brennpunkten: im Lenrbogen. in der Gegend zwischen Scarpe und der Straße ArrasTambrai und bei Bullecourt. Wie nachträglich gemeldet wird, waren die feindlichen Verluste bei dem Patrouillenvorstoß bei St. Hubert am 12. Juni außerordentlich hoch. Bon den zwei Kompagnien, die ihn ausgesührt hatten, wurden allein 80 Leichen der im Nahkampf Gefallenen gezählt, wozu die starken Verluste kommen, welche die zurückflutenden Geg­ner an Toten und Verwundeten liegen lasten mußten.

In der Gegend von Saint Quentin wurden bei Pat- rouillengefechten mehrere Engländer und Inder gefangen etngebracht.

An der Aisnefront blieb bei schlechter Sicht das Ar­tilleriefeuer gering und nahm erst gegen Abend zu. Der französische Angriff bet Bauxaillon wurde nach dreistündiger Artillerievorbereitung zwischen 8 und 9 Uhr abends sorge« tragen. Der Angriff kam überhaupt nicht an die deutschen Gräben heran. Im Gewehr- u»d Maschinengewehrfeuer und im gut liegenden Sperrfeuer brachen die Sturmwellen zusammen. In der Champagne erzielte die deutsche Ar­tillerie beim Beschießen französischer Batterien östchiich St. Hilaire-le-Grand eine gewaltige Explosion. Eine riesige schwarze Rauchsäule blieb '/t Stunde« lag sichtbar.

Der Seekrieg.

U-Bootserfolge.

Beriin, 15. Juni. WTB.

Amtlich wird mitgeteilt: Nene U-Bootserfolge im Atlantischen Ozean: S Dampfer und S Segler mit SS VVV Br«ttoregisterto»uen. Unter den ver­senkten Schiffen befinden sich u. a. der englische Dampfer Cavin»' (6539 Tonnen), der japanische bewaffnete Dampfer Miyazaki-Maru* (8500 Tonnen), vollbeladen nach Eng­land. der russische RaasegelschonerRosa" und eine unbe­kannte französische Bark mit Oelladung nach England. Mit den übrigen Fahrzeugen sind u. a. vernichtet worden: 5000 Tonnen Bichsutter, 2100 Tonnen Weizen und 1500 Tonnen Salzheringe.

Der Chef des Admiralstabs der Marine.

Der rZustkrieg.

Der Fliegerangriff anf London.

Berlin, 14. Inni. WTB.

Am 13. Juni 1 Uhr mittag« nach deutscher Zeit wurde die Festung London bei klarstem Wetter von einem ge­schloffenen Geschwader deutscher Großflugzeuge unter Führung de« Geschwaderkommandeur« Hauptmann Branden­burg angegriffen. Die Ziele des Angriffs waren die in der Mitte d-r Stadt gelegenen Docks, Werften, und Bahn­anlagen, sowie staatliche Magazine und Speicher, die sich aus beiden Ufern der Themse entlang ziehen. Zahlreiche Brände brachen aus und fanden in den aufgestapelten Vor­räte» reiche Nahrung. Das Geschwader hielt sich länger als eine Viertelstunde über seinem Angriffsziel aus. Trotz eng­lischen Abwehrmaßnahmen kehrten sämtliche Flugzeuge un­versehrt in ihre Heimathäfen zurück. Ein feindliche» Flug- zeug wurde über der Themse im Lustkampf abgeschossen und stiirtzte brennend in die Tiefe.

Englische Meldungen.

London, 15. Juni. WTB.

Die deutschen Flugzeug« wurden zwischen 11.30 Uhr und 11.45 Uhr in der Helle» Lust gesichtet. Wie man schätzt, flogen sie in einer Höhe von 18 OM Fuß. Sofort eröffnet« da« leichte und schwer« Abwehrgeschütz da« Feuer, aber die Flieger blieben beisammen mit dem direkten Kur« nach dem Ostende vsn London. Dort haben sie sich äugen- scheinlich getrennt, denn die Tausende, die durch den Schall der Explosionen auf die Straße gelockt wurden, sahen bald hier bald dort immer nur ein Flugzeug. Nördlich der Themse kamen die Flugzeuge wieder zusammen. Sie hiel­

ten sich immer noch in sehr großer Höhe von mindestens 17 000 Fuß. Wiederholt sah man dicht in ihrer Nähe die Granaikartätschen der Abwehrgeschütze zerspringen. Das schreckte indessen di« Angreifer nicht, denn sie verfolgten in einer Zickzacklinie weiter ihren Kurs nach Osten. Eine amtliche Mitteilung erweitert die frühere Mitteilung über den Luftangriff auf London wie folgt: Die erste Bombe wurde etwa um V,l2 Uhr vormittags in den östlichen Außenbezirken Londons abgeworsen. Zahlreiche Bomben fielen dann in schneller Aufeinanderfolge in den verschiedenen Bezirken von Ostend nieder. Eine Bombe traf einen Eisrn- bahnzug bei der Einfahrt in die Station. Hierbei wurden 7 Personen getötet und 16 verwundet. Eine weitere Bombe traf eine Schule, tötete 10 und verwundete etwa 50 Kinder.

Zahlreiche Häuser wurden beschädigt. Hierbei ent­standen Feuersbrünste. Nach bisherigen Feststellungen wurden im Londoner Gebiet 41 Personen gelötet und

121 Personen verwundet. Diese Liste ist aber noch nicht vollständig. Die engültigen Zahlen können größer sein. Der Luftangriff über London dauerte 15 Minuten. Bonar Law teilt« im Unterhaus über den Luftangriff fol­gendes mit: 12 oder 15 feindliche Flugzeuge haben die Küste bei North-Foreland überflogen und gingen über Essex direkt nach London. Zwei Bomben wurden in der Nähe von North-Foreland abgeworfen. Um 11.25 Uhr begaunen Bomben auf da» Ostende von London zu s llen und 13 Bomben fielen in die City. Soweit bekannt, wurden in der City 31 Personen gelötet und 67 verwun­det. Die Abwehrgeschütze nahmen den Feind unter Feuer, während ein« große Anzahl von Flugzeugen zur Verfolgung aufstieg. Unfälle in anderen Teilen Londons sind nicht bekannt, aber zu meinem Bedauern muß ich Mitteilen, daß in einer Schule in London-Ostend 10 Kinder getötet und 45 verwundet wurden. Bisher steht der Abschuß einer Maschine sicher fest.

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Nach amtlicher Mitteilung ist jetzt die Liste der Opfer des Luftangriffs auf London vollständig. Es wurden 25 Männer, 15 Frauen und 26 Kinder getötet, 223 Männer,

122 Frauen und 94 Kinder verwundet. Kein Schaden an Heeres- und Marineeinrichtungen.

Kleine Kriegsnachrichten.

Feindliche Bertnste.

Berlin. 15. Juni. WTB.

Neuere Meldungen über englische Verluste lassen diese fast als völlige Vernichtung ganzer Truppenteile erscheinen. Sie kehrten von XVII Midd. X nach den Angriffen auf Oppy Ende April nur ein Offizier, zwei Unteroffiziere und 42 Mann zurück, wie Gefangene des Regiments aussagen.

In einem Brief aus Elrmis vom 19. April heißt es:

Major Cuttler erzählte, daß die Canadier bei Bimy 16000 Mann verloren hätten, aber daß das noch gar nichts sei

im Vergleich zu den Australiern, die jetzt bei Pozieres

24 OM Mann liegen lassen. Auch französische Regimenter haben entsetzlich geblutet. Gefangene des 164. Infanterie­regiments bekunden, daß die Verluste der K»mpagnien ihres Regiments in den Tagen vom 20. bis 22. Mai

zwischen 50 und 80°/g betragen. Von einem Zug waren

ein Leutnant und zwei Mann, die gelangen wursen, die einzigen Ueberlebendeu.

Die Entthronung König Konstantins.

Die Absetzung des Königs Konstantin von Griechen­land gelang der Entente auf Grund eines regelrechten militärischen Aufmarsches, den man in den letzten Wochen planmäßig durchjrsührt hatte. Französische Truppen der Salonikiarmee, die nebenbei noch den Auftrag hatten, die für die Ernährung des griechischen Volkes unentbehrliche thessalische Ernte zu beschlagnahmen, rückten in Thessalien ein. Die Italiener marschierten durch den Epkrus und be­setzten Ianina. Sin aus allen Ententetruppen gemischtes Korps landete bei Itea au der Nordküste des korinthischen Golfs, besetzten die Stadt Korinth und trennten damit den Peloponnes von dem übrigen Griechenland. Der Ober­kommissar der Entente, Ionnart, aber stand vor dem Piräus mit einem starken Landungskorp, bereit, um die Hauptstadt zu besetzen. Diese militärische Operation erfolgte gegen einen Staat, der bisher die Neutralität bewahrt hatte und nur den einen Wunsch kennt, sie auch weiterhin zu bewahren. E« ist da» erstemal in dem fast dreijährigen Krieg, daß der Entente ein einheitlicher militärischer Aufmarsch geglückt ist. Allerdings erfolgte er gegen eine Armee, der man vorher die Waffen abgelistet und gegen ein Volk, das man durch Hunger zermürbt hatte.

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La Suisse" meldet, der Prioaisekretär König Kon­stantins sei am Montag in Lugano angekommen und habe eine Billa für di« Königliche Familie mit Gefolge gemietet.

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Der Telegraph dringt zu der Entthronung des grie­chischen Königs noch folgende Meldungen:

Die Bekanntgabe im englische» Unterhaus.

London, 15. Juni. WTB.

Reuter meldet : Im Unterhaus machte unter allgemeinem Beifall Bonar Law Mitteilung von dem Rücktritt des Königs Konstantin in Griechenland, indem er erklärte, König Konstantin habe zugunsten seines zweiten Sohnes Alexander abgedankt, der bereits den Eid geleistet habe. Wir hoffen, fuhr Bonar Law fort, daß diese» Ereignis zur Einigung Griechenlands und zur Wiederherstellung einer verfassungsmäßigen Regierung beitragen wird. Lynch fragte, was die Regierung durch die Abdankung Konstantins zu gewinnen hoffe, wenn dieselben Mißstände unter einem