erscheint täglich mit Ausnahme der Sonn- und Festtage.
Preis vierteljährlich hier mit Trägerlohn Md. !.S0, im Bezirks- sud 10 Lm.-Berkehr Mk 1.50, im ädrigen Mrttemberg Mk. 1.S0. Monats-Abonnements nach Verhältnis.
Anzeigen-Gebühr: sür die einspalt. Zeile au» gewöhnlicher Schrift oder deren Raum bei einmal. Einrückung 10 Psg., bei mehrmaliger entsprechend Rabatt.
>«j> M k> AemwHW
Beilagen
Plauderstübcheu
und
Fernsprecher 29.
91. Jahrgang. PGscheckksyto siis Stuttgart.
Zllustr. Sonntagsblatt.
130 Donnerstag den 7. Juni , 1917
Vegim der me« eiMe« Lffe»five.
Am Chemin des Dames.
Schluß.
3. Drr Gegenstoß bei der Malval-Ferme.
Die Franzosen bezeichnen ihr XX. Korps als das eiserne Korps, und wenn dieser Verband f it der Schlacht bei Metz, wo ihn die Bayern nach Stegemann „förmlich in Stücke rissen", auch öfter schwer mitgenommen wurde, so sind sein Ruhm wie seine Wucht doch die alten geblieben und sein Einsatz am 5.. 6. und 7. Mai beiderseits Braye beweist, daß es der französischen Heeresleitung gerade in diesem Punkte darauf ankam, eine besonders stoß- kräftige. Truppe zum Sturm zu führen. 3um Ueberfluß war das Armeekorps noch durch eine weitere Division vom IV. Korps verstärkt worden. Das französische Elttekorps gab sich auch bei dieser Gelegenheit alle Mühe, seinen alten Ruf zu behaupten; aber es traf auf eine ebenso bewährte preußische Division, die sich aus westpreußi scheu, pommerschen, holsteinischen und hanseatischen Bezirken ergänzte.
Gerade nördlich von Broye weist der Chemin-dss- Dames-Rücken seine schmälste Stelle auf. und da» Schußfeld auf den deutschen Stellungen war infolge dieser örtlichen Eigenart noch beschränkter als an anderen Stellen.
So harrten denn unsere Braven stoßbereit hart hinter den st-il-n Nordhängen. Sie hatten seit dem IO. April ohne Ablösung gefachten und lagen feit dem 16. mit geringen Pausen im Trommelfeuer.
Auch in den Frühstunden des ewig denkwürdigen 5. Mai breitete das feindliche Artillerieseuer seinen eisernen Vorhang über den heißumstrittenen Höhsnkamm und den Nordabhang des Themin-Rückens und als endlich gegen 10 Uhr die Fruerwand sich noch mehr an dis beiden bereitliegenden Unterstützungsbataillone heranschob, da wußte der Führer des aus Bataillonen mehrerer Regimenter bestehenden Abschnitts, daß endlich der ersehnte Augenblick der Tat gekommen war.
3n solchen Momenten, wo der Verteidiger das Schwert zum Gegenstoß gezückt hinter dem Schild bereit hält, kommt es auf Augenblicke an. Ein zu frühzeitig angesetzter Gegenstoß verpufft, weil er kein Ziel trifft; es bleibt .kein zweiter zu entsenden." Eine Verspätung des An
griffsbefehls rächt sich noch grausamer. Meldungen, Gerüchte, Uebertreibungen. alles das und noch mehr dringt auf den Führer ein. Wohl der Truppe und der Sache, wenn der Führer in kalter unbeeinflußter Berechnung erst zustößt, wenn er weiß: jetzt muß der Stoß sitzen.
Dunkel und massig schlugen die Wogen künstlichen Nebels, den der Angreifer vor sich her verbreitete, über den Kamm herüber. Aus dem schwarzen Brodem, in dem man buchstäblich die Hand nicht vor Augen sah, ertönte der Schrei erbitterten Kampfes einer tapferen Minderheit, die lieber am Platze stirbt wie weicht. „Hilft!" ruft die Kameradschaft. „Warte noch ab!" sagte die Pflicht. „Los! schlag los!" pulst das eigens Herz. .Kalt' Blut!" beruhigt das Gefühl der Schwere des Entschlusses und der Verantwortung.
Zwei Bataillone, sie waren bei weitem nicht mehr friedensstark, lagen bereit zum Gegenstoß. Biele hundert Männer krampsten d e Hände ums Gewehr und um die Handgranate, sahen festen Blicks hinein in den Rauchwall, der den Höhenkamm umdüsterte, wie einst in den fernen Tagen des Dreißigjährigen Krieges, wo auch die Reserve nichts sah als den Puloerdamps, der die vorn ringenden Glieder umwogte. Eines der Bataillone lag hinter der Mitte der Stellung, das andere hinter dem rechten Flügel in der Warmont-Ferme. Jetzt endlich bricht ein Menschenhause herüber über den Damm. Die Franzosen sind durchgebrochen r Und ^'-ichzeitig schlägt von links her aus der schon am diesseitigen Hang kleb 'nden Maloal- Ferme das Feuer in die linke Flanke der sich eben zum Gegenstoß erhebenden Bataillone. Kein Zweifel der Feind hat das links nebenan fechtende Regiment gleichfalls durchbrochen, und mit der Ferme hält > r die Straße, die ins Tal führt, besetzt. „Entschluß!" drängt die entscheidende Sekunde, und wie beim „Kriegsspiel" in fernen Tagen löst sich im Augenblick die befreiende Tat aus. „Nur das 2. Bataillon des Xlen Regiments stöst vor und wirft dis Franzosen aus der Stellung. Das 1. Bataillon greift gedeckt hinter der Höhe, Front nach Osten, die Malval-Ferme an und nimmt st« wieder." Und wiederum, wie in weit zurückliegenden Manöoertagen. entwickeln sich die in einem dreijährigen Kriege hartgebrannten Bataillone. „Wie aus dem Exerzierplatz," erzählt der Abschnittsführer, „ist das zum Gegenstoß angesetzte Bataillon oorgezangen." In erbittertem
Fm Sanne sei* I^iebe.
Original-Roman von Hermann Preiß.
81 (Nachdruck verboten.)
Breitenfeld antwortete nicht sogleich. Er schritt in sichtlicher Erregung ein paarmal im Zimmer hin und her, trat dann an ein kleines Rauchtischchen, nahm ein Etui und bot dem Untersuchungsrichter eine Zigarette an. Dann entzündete er selbst eine und nachdem er verschiedene Züge getan hatte, sagte er:
„Die Polizei hat einen großen Fehler begangen."
Der Untersuchungsrichter blickte auf.
! ^ ich heute den Säulenanschlag las, zuckte mir so- , fort der Gedanke durchs Hirn, daß zwar die Allgemein- i ueit häufig zur Erforschung solcher Verbrechen beigetragen ! Hab» daß aber in diesem Falle irgendein Geheimnis ob- walten müsse, das besser vor der Öffentlichkeit verborgen gebneben wäre. Ich fürchte sehr, daß die Behörde wider ihren Willen auf eine falsche Spur gedrängt wird und ^Aman von vornherein, wie ja auch aus dem Säulen- amchiag hervorgeht, an ein Verbrechen glaubt, das begangen ist aus niederer Habsucht."
_-^."Uud was glauben Sie?" fragte der Untersuchungsrichter gespannt.
bil? ? « habe mir eine eigene Meinung noch nicht ge- «sann aber nach dem mir bekannten Sachverhalt '->'er Auffassung durchaus nicht zustimmen. Ehe ich in Zugen zu sagen vermag, was ich von der Sache -,E"re, mußte ich doch erst genau die Örtlichkeit besichtigt haben und Kenntnis der näheren Umstände, sowie der Personen erhalten, die auf dem Balle anwesend waren." m » .ras Oldensloh hat mir ausdrücklich versichert, daß -„„rEMem Falle einer seiner Gäste als Täter in Betracht Dienerschaft ^ bürge durchaus für sie, wie für seine
^r Detektiv lächelte unmerklich.
bin überzeugt, Herr Doktor", sagte er mit ISarkasmus, „daß solcher Wink der Untersuchungs- .„^orde nicht ausschlaggebend gewesen ist. Sie verüen Nichtsdestoweniger in Ihrem Verhör die Dar
stellung der Zeugen sowie ihr Benehmen genau beobachtet haben."
Der Untersuchungsrichter errötete leicht. Er mußte sich sagen, daß er allzu willig den Angaben des Grafen Oldensloh Glauben geschenkt habe. Fast erschreckt legte er sich blitzschnell die Fragen vor: Wenn nun der Mörder heute vor dir gestanden hätte? Du hättest mit ihm gesprochen und er hätte das Protokoll unterzeichnet, das dahin lautet, er wisse nichts Sachdienliches, was zur Klärung des Verbrechens beitragen könne, auszusagen. Er rückte bei diesem Gedanken unruhig auf seinem Stuhle hin und her, dann sagte er unsicher:
„Von den Leuten, die heute in der Villa des Grafen Oldensloh vernommen worden sind, kann ja aus dem Grunde niemand in Betracht kommen, als von ihnen vor Eintreffen der Polizei keiner das Haus verlassen hatte. Der Täter hat eine deutliche Spur hinterlassen, ein Zeichen, daß er nach vollbrachter Tat geflüchtet ist."
„Sie wissen Las sicher?" fragte der Detektiv.
„Ganz sicher", gab der Untersuchungsrichter zurück.
„Alle Umstände weisen darauf hin."
Der Detektiv sann einen Augenblick nach, dann sah er auf die Uhr, es war dreiviertel auf neun. „Ich werde sofort hinausfahren und mir alles Wissenswerte selbst arischen, Herr Doktor."
Der Untersuchungsrichter erhob sich. „Ich danke Ihnen", sagte er, „ich weiß die Angelegenheit dann in guten Händen. Darf ich Sie auf dieser Fahrt begleiten?"
Der Detektiv zögerte einen Augenblick, dann antwortete er freimütig: „Sie würden mich verbinden, wenn Sie mich diesen ersten Gang in der Angelegenheit allein tun ließen. Ich bitte Sie, durch ein Handschreiben auch dafür Sorge zu tragen, daß die Beamten, die doch ohne Zweifel die Villa überwachen, meine Maßnahmen in keiner Weise stören." Damit reichte er dem Untersuchungsrichter ein Schreibzeug nebst Papier und Dr. Bremer schrieb schnell einige Zeilen im Sinne Breitenfelds. Dann verabschiedeten sich die beiden Herren und nachdem Breitenfeld noch einen Koffer mit allerlei Instrumenten genommen hatte, begab er sich eiligst zur Bahn, während der Unter-
Anprall wirft die frische und geschloffene Masse die Franzosen aus den Gräben, im Kamps mit Spaten, Pickel. Handgranate und Seitengewehr — „kurz mit allen Schi- Konen der Neuzeit" — wird der Feind zmückgedrückt. weicht Schritt sür Schritt. Immer der jugendliche Batail- lonssührer an der Spitze, zweimal hat er seinen Stab verloren in den letzten Tagen, er blutet am Kopse. „Macht nichts, sie müssen heraus." Endlich find die letzten geworfen und fliehen entsetzt in dem Feuerhagel unserer Artillerie, der ihnen jede Unterstützung abgeschnitten hatte. Ein Maschinengewehr, 10 Schnellsei ermuvketen, ein Flammenwerfer und über 150 Gefangene mit 4 Offizieren blieben die Beute des siegreichen Bataillon», besten brausende Hurrarufe dem anderen Bataillon nachklingen durch den Donner der Schlacht.
Ein schwerer Weg! Immer durch den verwüsteten Hangwald, in den fort und fort das Artilleriefeuer schlug, heran an die Malval-Ferme. Ein Maschinengewehr hielt deren Verteidigung nieder und lenkte sie ab. Außerdem aber wehrten sich die früheren Verteidiger der Ferme, dir von der französischen Ueberflutung im Rücken gepackt waren, zähe in den Kellern, und als der herannahende Entsatz fühlbar wurde, brachen auch sie aus. In heißem Ringen wurde der Hos gesäubert und anschließend der ganze Nachbarabschniit zurückgewonnen, wobei die vorrü- ckenden Unterstützungen des Nachbarregiments kräftig mtt- halsen. Leider liefen sich der begeisterte und begeisternde Führer des siegreichen Bataillons und sein Adjutant durch den Siegestaumel jetzt sogar oerletten, durch da» eigene Sperrfeuer hindurch die Ausgangsstellung des Angreifers „seinerseits anzupacken." Bei dem tollkühnen Versuch „das Franzofennest" zu nehmen, fiel der tapfere Offizier, während sein Adjutant mit drei Schuß schwer verwundet wurde. Bis zehn Schritt an die Ausgansstellung hatten beide den Angriff oorgetragen.
Bei diesem Angriff hatte sich auch der Sergeant Buchholtz, ein Westsale, ausgezeichnet. Der gleiche Unteroffizier hatte 8 Tage vorher einen hundert Meter langen Graben von Franzosen gesäubert. Jetzt ließ er sich vor dem Angriff schnell einen starken Granatsplitter heraus- schneiden, den er bei Messin ins Gesäß erhalten hatte, „da ihn dieser bei der letzten Gelegenheit gehindert habe". Mil der frisch blutenden Wunde kämpfte er seinen Leuten voraus.
suchungsrichter von neuer Hoffnung beseelt, sein Heim aufsuchte, um auszuruhen nach den Anstrengungen der letzten Stunden.
3. Kapitel.
Die Villa des Grafen Oldensloh lag dunkel im tiefen Schweigen, als der Detektiv mit dem Glockenschlag zehn Uhr das Vestibül betrat. Vor dem Hause hatte die Vorzeigung des Schreibens vom Untersuchungsrichter genügt, um ihm sofort Eintritt zu verschaffen. Im Vestibül fand Breitenfeld den Kommissar im Gespräch mit einem anderen Beamten. Die beiden Männer erhoben sich, als der Detektiv eintrat, der Kommissar ging ihm entgegen und indem er ihm wohlwollend die Hand entgegenstreckte, sagte er:
„Ich freue mich, die Bekanntschaft eines so berühmten Mannes zu machen, von dem im vorliegenden Falle bedeutende Aufschlüsse zu erwarten sind."
Breitenfeld merkte wohl den feinen Spott in den Worten des Kommissars, aber er war in langjähriger Arbeit und bei seiner aufregenden Tätigkeit, die ihn häufig mit der Polizei in Gegensatz brachte, viel zu sehr daran gewöhnt, nicht als ebenbürtig betrachtet zu werben, als daß er besonderer Empfindsamkeit in diesem Augenblick nachgegeben hätte. Er sagte nur einfach:
„Ich hoffe, daß ich das meine zur Klärung des Rätsels beitragen kann."
Der Kommissar griff nach einer Aktenmappe, um dem Detektiv das Ergebnis der bisherigen Untersuchung mitzuteilen. Breitenfeld aber wehrte höflich doch entschieden ab.
„Ich möchte der Sache völlig unbefangen gegenübertreten. Sie wollen nur die Liebenswürdigkeit haben, mich mit der Örtlichkeit im Hause vertraut zu machen."
Die beiden Männer betraten den Festsaal, ein Druck auf den Knopf, der in unmittelbarer Nähe der Tür angebracht war, und die Halle strahlte im festlichen Lichter glanz.
Sie schritten auer durch den Saal, der noch vor wenigen Stunden der Zeuge lauter Lustbarkeit gewesen war. Von hier aus betraten sie den Wintergarten.
(Fortsetzung folgt.)