Erscheint täglich mit Ausuah»« der Sonn- und Festtage.

Preis vierteljährlich hier mit TrSgerlohn Md. 1.50, im Bezirks­

and 10 Lm.-Berkehr Mk. 1.50, im übrigen Württemberg Mir. 1.80.

Monats-Abonnements nach Verhältnis.

Fernsprecher 29. 91. Jahrgang. Postscheckkonto sii» Stnttgari.

^ 99 . Montag» den 30. April

Anzeigeu-Gebühr: pir di« etnspalr. Zeile au» gewöhnlicher Schrift oder deren Raum bei einmal. Stnrücknng 10 Pjg..

bei mehrmaliger «sprechend Rabatt.

Beilage»

Plauderstübche»

»ad

Sllnstr. Sonntagsblatt.

1917

Der engl. IlüHnchmsllih zM3. Mül züsameligebnilhell

Was brachte uns den Sieg in der Abwehrschlacht an der Aisne?

Liausewitz stellte vor einer Reihe von Iahrzeh»te« sür den RückzuZskampf den Grundsatz auf:Die Schwächen und Fehler des Gegners zu benutzen und nicht einen Zoll breit weiter zuÄckzugehen, als es die Umstände erfordern," und an anderer Stelle sagt er:Zur vollsten Ausnutzung der moralischen Faktoren der eigenen Annes ist es durch­aus nötig, bei l.nqsumem imnnr widerstrebendem Rückzug dem Verfolger kühn und mutig entgegenzuireten, wo immer er sein; BiMetlr auszunutzerr trachtet." Mag auch die Kriegskunst veränderlich sein, mögen neue Waffen, neue FocksäMe der Technik zu neue: Wmpsrveise im Laus der Jahrzehnte führen, die Grundprinzipien der Strategie blei­ben immer -is gleichen jene Warte, die Tlauseroitz nie- verschrieb in Beirachtuntz des Bewegungskrieges vor mehr als hundert Iah en, habe» heute im Grabenkriege an der Aisne. im Feuer von Tausende» von Geschütze«, im Zeit­alter der ILuazeuggeschwader und T-nkZ ihre volle Gül­tigkeit erwiesen.

Nach tagelangem Trommelfeuer mit der von fünf Weitteilen berntgestMen Munition brach der Angriff fran­zösischer Infanterie aller Farben und Schattierungen, unier« stützt bu ch russische und englische Divisionen, aus 80 Kilo- m-tsr Fwnibrette. sei; dem 16 April vor. Durchbrechung der dsutichea Front. Ausr llung unserer Linien von Reims nach Osten rmd umfassen des linken FlÜLLis der Hinden- durg-Srcllung vom Höhengelände von Cmvnne aus, waren die drtdrn stolzen Ziele der gewaltigen Offensive, die end­lich die se t Jahren erhoffte Wendung, die Entscheidung des Krieges zugunsten der Entente, bringen sollten. Dis­sen hochfahMüen Plönen gegenüber ist das rm der Ai«ns Erreichte wahrlich als ein kläglicher Zusammenbruch der gesamten Operation za betrachten.

Wohl ist es drm Gegner gelungen, im ersten Ansturm soft überall unsere vordersten Linien zu »benennen, 1 bis 2 K'tometer Raum in der Tiefe vorwärts zu kommen, aber was gewann er? Eine von seiner Artillerie eingetrom- meiie, völlig ze schlagens, von unsere» Truppen verlassene Gradenstetlung! Freilich konnte e' zahlreiches totes Matena!, gesprengte Geschick«, unbrauchbar gemochke Mo-

schinengewchre und Minenwerfer als erbeutet melden, auch war ihm eine verhältnismäßig große Zahl Gefangener in die Hände gefallen die schwache Grabenbesatzung. de­ren Aufgabe es war. den Gegner bis zum letzten Augen­blick über das Preisgeben der andersten Linie zu täuschen, und der dann durch den Eisenoorhang des Sperrfeuers der Rückzug in Hintere Linien ebgeschnüten war. Sich selbst für das Vaterland aufopfernd, hatten diese Wackeren tm Hage! der Granaten bis zuletz! ausgeharrt und durch vernichtendes Maschinengewehrseuer dem Gegner noch im Sturm gewaltigen Schaden zugesügt. In weisrr Voraus- sicht hatte unsere Heereskttung die vorderste Linie im all- g-meinrn geräumt. Wie dünn sie beim feindlich?» Sturm nur noch besetzt war. beweist am besten die Nachrechnung der vom Gegner gemeldeten Gesangenenzaisten. Bei einer Angriffesront von 80 Kilometer Breite ist hiernach im Durchschnitt nur auf alle fünf Meter 1 Manu gefangen und doch mußte bei der Gewalt des Sperrfeuer« dem Geg­ner sich alles ergeben, was noch lebrndig im Graben war.

Wo auch die Franzosen in diesen 8 Tagen a »griffen, nordöstlich Soifsons, beiderseits der Straße nach Laon, an der Aisne-Front. längs der Straße LaonReims, oder in der Champagne westlich der Suippes, nirgends haben sie außer dem ersten, planmäßig preisqegedenen Graben etwae gewonnen. Darüber täusche» auch nicht die franzö­sischen Berichte hinweg, die ln gewaltigem Wortschwall un­ter Anführung unzähliger Ortsnamen und Slellungsteile zu verdecken suchen, daß ihre Offensive elend stecken ge­blieben ist; denn alle diese aufgezählten Oertlichketten lie­gen eben ln oder u rmitt-lbar vor der von uns geräumten Linie. Geräumt, in Clausemtßschem Geiste,nicht einen Zoll breit weiter zu ückgrh n, ol» es die Umstände erfor­derten." Der Durchführung dieses Grundsatzes danken wir in erster Linie den Sieg in der Abwehrschlacht. Ohne Un­terstützung der Muffe der eigenen Artillerie, die aus ihren alten Stellungen dt« neue deutsche Linie nicht zu erreichen vermochte, kam der Gegner tu seinem vermeintlichen Sie­geslauf in das schonungslose Wilkuagsseuer unserer drei Waffen, und überall auf der ganzen Front brachen seine Divisionen im Abwehrfeuer zusammen. Schon am zweiten Tage war d e französischeu^rinee äe poursuite" so zer­mürbt, d ß rs unmöglich war, die gleichen Divisionen noch e^mol et-'zns tzea. e« mußten erst Reserven be'anqezogen

Der- ^

ckes L-eZÄens.

Roman aus dem Schwedischen von E. Kuylenstierna-Wenster. 2SZ (Nachdruck verboten.)

Ms sie nun in ihrem kalten, dunklen Hinterzimmer saß, überkam sie plötzlich ein wahrer Groll gegen das Schicksal, ein trotziges Auflehnen gegen ihre Lage, die sie zwang, ihre besten Jugendjahre in einem geisttötenden Kampf ums Dasein verschleudern zu müssen. Warum? Warum hatte nicht auch sie ein Heim, warum ward sie nicht beschützt und erwärmt im Arm eines geliebten Mannes? Sie stützte den Kopf in die Hand und gab sich ' indem sie betrübt Nordins Worte über Alfwied er-

z holte:Eher würde er das Liebste, was er auf Erden be- S laß, unter seine Füße treten, als einen Zollbreit Don dem

- abwerchm, was er sich vorgenommen hatte."

! Also blieb ihr nichts anderes übrig, als während

- weser langen Wartezeit jung, froh und mutig zu bleiben.

fest, fest an das Glück, das kommen würde, zu glauben' n" luhlte sie sich nicht, aber von dem Licht ganz, aus- Wöüonen, das durch die hohen Fenster der vornehmen .»r. E in vornehme Räume hineinfällt. Würde sie

können? Müde lehnte sie den Kopf gegen das n zurück und schluchzte schmerzlich, weil Meere >' Aw^<M>er sie von dem Geliebten trennten und sie so . mußte, ehe ihr schließlich das

erahnte Gluck zuteil werden sollte.

5 ,i^Äuachten war die einzige Zeit im Jahre, wo sie der Familie ausgenommen wurde, da ver- ftrmmelten sich die Verwandten um den Weihnachtsbaum, Ä?? sich innerlich nur einen Zollbreit näher zu kommen, «re rußten sich beim Morgen- und Abendgruß, vermieden Auftritte und zeigten eine Einigkeit, die

A und vorsichtig behandelt werden mußte,

wie d,e Politur eines feinen Möbelstückes.

A?rel fragte Gunvor ganz nebenbei, wie sie denn s° erbärmlichen Gehalt auskommen könne. Die lunge Gräfin schien vergessen zu haben, wie bettelarm sie letoit vor noch nicht allzu langer Zeit gewesen war.

Oh, es geht schon", antwortete Gunvor ausweichend.

Du kannst dich wohl nie ordentlich sattesten?"

Doch, ich bekomme genug, wenn es auch einfach ist."

Na ja, einfach ist wahrscheinlich auch deine Kleidung. Du siehst ja ganz verschonen aus. Ach, die Menschen sind doch sonderbar! Du könntest es jetzt ausgezeichnet haben!"Es geht mir gut. Görel, ich lege besonderen Wert auf frische Luft."

Na, davon bekommst du wohl nicht zu viel in dem staubigen Modesalon?"

Nein, dort nicht, aber ach, du verstehst mich doch nicht!" brach Gunvor das Gespräch wieder ab.

Da hast du recht, nein, ich verstehe dich nicht!" sagte Görel kopfschüttelnd. Sie und ihr Mann pvaren zu kurzem Aufenthalt nach Stockholm gekommen, um von da nach Paris zu reisen. Görel war jetzt weder bleich noch gleich­gültig. Sie hatte ihrem Mann einen kleinen Fideikommiß- erben geschenkt und die Mutterschaft hatte sie verschönt und ihren etwas starren Zügen mehr Ausdruck verliehen. Im übrigen war ihr Herz recht geräumig; es glich einem groben Zimmer mit viel Fenstern und Türen, in denen die Möbel reichlich Platz hatten, wo man sich aber unmöglich warm und behaglich fühlen konnte. In diesem Herzen wohnten Mann und Kind, die Mutter mitsamt einer Menge Freunde, und Görel brachte sie alle so unter, daß keines sie hemmte oder zu sehr in Anspruch nahm, denn das eigene Ich war Görels stärkste Seite. Sie hatte Bewunderer und liebte sich selbst kritiklos und unerschütterlich.

Die Fräulein Grüner ließen bei Robert u. Wally nähen, und besonders Antonia machte große Bestellungen. So oft sie hinkam, mußte das halbe Lager heruntergeriffen werden, bis siedas Rechte" fand.

Gegen Gunvor war sie fremd und höflich, sie vermied es,du" zu ihr zu sagm, und tat, als ob ste sich kaum kannten. Zu ihrer fahlen, unreinen Haut paßten nur wenig Farben, und es gehörte ein wirkliches Studium dazu, bis ein passendes Modell für die so sehr magere Figur gefunden war.

Ja, nun muß ich bald an mein Hochzeitskleid denken", sagte sie eines Vormittags.

werden, und es kam zu einer Gefechlspause. Dann aber folgten Tag sür Tag französische Tetlangriffe. zu geschlos­senem großzügigem Vorstoß raffte sich der Gegner nicht mehr auf; aber abgesehen von ganz undedMterden Fort­schritten an einzelnen Stellen, wo unsere Führung erneute« Nachqeb'n für erforderlich hielt, um de W-ndige Kraft der T uope nicht zu opfern, sondern sür eigene offensive Zwecke später bereitzustellen, sind alle Anstrengungen ver­gebens. Dank der Gunst des Geländes, das den Gegner zwang, aus dem Tal der Aisne und dev Nttdrmngen der Searp.' im Angriff gegen die von uns besetztes Höhen auf- zustcigen, wais die mit reger Angriffstäligkeit gepaarte, ak­tive Verteidigung ihn überall zurück

Wieder ähnelt hier die Führung der Abwehrschlacht 1917 d n Clausewitzschen Grundsätzen,zn mutigem, küh­nen Entgegentreten sind die moralischen Kräfte aus einem so günstigen Punkte als möglich bereitgestellt, um dem Ver­folger, der seine Vorteile im Übermaß benutzen will." den Siegespreis zu enireißen. Deutsche Reserven, cu» den vorderen Linien rechtzeitig zurückgrnommen Md im Gelände, geschickt dem feindlichen Feuer entzogen, berettgestellt. bra­chen täglich überraschend vor, nützren das wohlbekannte Gelände zu energischem Angriff au», warfen sich aus de» Gegner, vernichteten ihn, soweit es ging, sahen aber nicht ihr« Aufgabe darin, die hierbei erreichte Linie nun zäh sest- zuhalten, um dort das feindliche Anilleri ftuer erneut auf sich zu ziehen. Nein, war der Gegner geworfen, moralisch und physisch erschüitrrt, so war ihre Ausgabe erfüllt, und sie gingen zurück in ihre Bereitstellung, um für neue Offen« siotätigkeit vielleicht an anderer Stelle Ihre lebendige Kraft zu erholten unbekümmert darum daß der Gegner frü­her täglich von abgeschlagenen deutschen Angriffen faselt seine Verluste, die Trümmer seiner bisher eingesetzten Trup­pen st äsen ihn Lügen.

Aber verfolgen wir die Riesenschlacht w."'ter. Es ist ganz offenbar, die Angriff,Kraft der Gegner ist gebrochen. Schon seit dem ü und 6 Tage diese» gewaltigen Ringen» werden seine Vorstöße seltener, vorsichtig nur wogt er an- zugretfen, wo ihm dank unserer beweglichen Verteidigung ein leicht zu erringender Vorteil winkt. Mehr und mehr aber häufen sich die deutschen Angriffe au? der besetzten Stellung heraus, es ist zweiftllos, die Moral des Gegners hält diesem Adwebroerfahren geaenüber nicht stand. t-Ine

Ach so, ist der Hochzeitstag festgesetzt?" fräste Gunvor, indem ste ihre zukünftige Schwägerin ansah. War denn in ihrem spitzigen Vogelgesicht nicht et» einziger Schimmer von Jubel zu entdecken, von jene« reinen, heiligen Glück, das mit dem Wort Braut gleich­bedeutend sein sollte? Nein, sie saß da steif und ei» gebildet und rollte bedächtig einen erdbeersarbige» Seidenstoff zwischen den Fingern, um besten Qualität » prüfen.

Ja, wir haben ihn auf den Mai festgesetzt", sagte De mit phlegmatischem, beinahe schläfrigem Ton.Ich den«, ich will weißen Brokat nehmen."

Ja, das ist sehr schön", stimmte Gunvor zerstreut bei, und dann hörte sie noch, daß Antonia de» Freundinnen, die ste bei Robert u. Wally traf, erzählt^ Melker sei ganz versessen darauf, recht bald Hochzett M machen.

Ich glaube, er ist verliebter als je", versicherte Gtz eifrig.

Und du selbst?" fragte eine der Damen.

Ach, ich will es natürlich auch; aber den Herren tut eS recht gut, wenn sie erst eine Weile bitten müssen."

xJa, da hast du recht."

Im Spiegel konnte Gunvor daS Gesicht der Freundi» sehen, als sie sich von Antonia wegwendete. Sie hatte von Antonias Worten keine Silbe geglaubt, daS zeigte ihr Mienenspiel deutlich; aber natürlich zeigte man de« reichen Fräulein Grüner gegenüber so etwas nicht.

Onkel Laue war der einzige, der Gunvor gegenübsr derselbe geblieben war. Aber sie traf ihn äußerst seltmr zwar wurde sie ab und zu dort eingeladen, aber sie nah» die Einladungen meist nicht an, weil sie ersichtlich nur «mt Pflichtgefühl gemacht wurden. Die Tanten und Cousin«» sagten wie alle andern, sie habe einen Schritt cmf de» Arbeitsmarkt hinaus getan, das sei eine Indirekte, nein bei­nahe eine direkte Beleidigung gegen sie; Md die Gäsk schienen auch ungeheuer kurzsichtig zu sein, wenn es sich darum handelte, ein so unbedeutendes Wesen wie eine kleine Nähmamsell zu bemerken. Diesen Namen hatte» ihr die Verwandten gegeben. (Fortsetzung folgte