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91. Jahrgang.

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Mittwoch» de« 25. April

Jllustr. Sonntagsblatt.

l 11»

Lloyd Georges Lügenrede.

Don Rudolf Eucken.

Der Premierminister oder vielmehr Diktator von Eng­land. Lloyd George. Hst in diesen Tagen eiamÄ Wieder eine Rede getnüren, Worin er in seiner g-Wohnttn Art einen unmü-digen Ton anschMg« und mit gröbsten Enfirllunsen mbeiter/ Die Tendenz dieser Rede geht dahin, unsere Gegner als die Vorkämpfer wahrer Feeiheck, uns aber als Gegner di-ser Frech -;L darstsüen und zugleich dos. was dis Gegner Demok alle nennen. «!s eine stchsrs Gswöhr des Friedens und als die §)? b 'isührmuL Mkk :ll'iSM5!mn Bölkerglückes auozugcben. Sich mi: diesen Gedanken- gängsn näher aussinand.rzusetzen, weiten Zweck; wer die Hohlheit und Unwahrhsftigkett des Ganzen nichi ftldst duechschatt, dem können keine Gründe h!si°n. Aber es ist doch oMftcht nicht übcrstnss!^ e»nioe Hanpipunkie gegen­über jenem Lügengewebe festzuftellen.

l. Was Lloyd G orqe Demokratie nennt, ist alles eher al« ein Freiheit- nnd Volk stoat. Was in England, wie auch tn Frankreich. Italien und Amerika herrscht und dis Politik nach f inen Iolereffm lenkt, ist in Wchcheit das Kapiiol in seiner mannigsschen BerM-igung. Das Kapi­tal miß sich mit Hilfe einer große«, r?st bestochenen Presse dm Schssn der F.eihsiistiche und BolksireuMichkeü zu geben. Ader unter dem Scheine d r Freihett gerät dort der Einzelne als Arbeite, L h er. Se Mi- r in weit größere Mhänchhknit als es bei uns der Fol! ist. Auch die Für- sorge für wirffchifillch Schwächere ist in allen jenen Ländern geringer als bet uns. Erst auf das Borangrhen Deutsch­lands hin hat man sich dort emsÄrschn eins Sozialpolitik positiver Art zu treiben; wir waren mir unseren sozialen Gesetzen die Fuh'er, jene si> d, oft recht zögernd, erst nach- träglich gefolgt. Ms fern man str diese» Ländern davon ist. den wirklichen W Um des Volkes rmszMH'en. das zeigt das Beispiel Fatzens. Es wird setzt von allen Seiler; zugestanden, daß nur eins Minderheit dieses Volkes den Bri ch unr Kamps mit seinen bisherigen Brr-desrrnosim wollte, aber diese Minderheit hat mit rückst 1» losen Mttclrr, biLweilen mit brutaler Gewalt, die Mehrheil zmückge- drängt und ihr dm Krieg wrferlegt. Ist das ein Fc-i- keit-staat zu nmn°n, verdient das den Nomen

kralie? Wie steht es endlich mit der Volksbildung h'er und dort? Dis Zahlen zeigen w widsrlsgltch, wir weit heir Deutschland seit langer Zeit jene» solchen Demokratien überlegen ist.

2. Lloyd George stellt dis Sache so dar. als ob die Demokratien in seinem Sinn, die Scheindemokratien Vor­kämpfer des Friedens wären; die neueste Geschichte bekundet das gerade Gegenteil. Wer anders hat denn mit der be­rüchtigten EinkreisungspoMK den ungeheuren Weltkrieg hervorgemsen als dis englische Regierung? Wer hat, als in Rußland das Zünglein an der Wage zwischen Krieg und Frieden noch schwankte, für den Krieg den Anes . lag ge­geben als die mgl sche Politik? Wer war es ferne von den europäischen Staates?, der eine Eroberung forderte? Frank­reich wallte das Eisaß. Italien wollt!: österreichische, nur zum kleineren Teil von Italienern bewohnte Gebiete, Ruß-

! land wollte Konstcmtlnnpsl. aber auch der Erbitterste unserer § Gegner könnte kein Land aufführen, das Deutschland er- s oben; w üte.

3. Daß jene von den Gegnern vertretene Politik nicht dis wahren Interessen der Völker vertritt, sondern in ein­zelnen Klaffen, an erster Stelle dis des Großkapitals, das zeigt mit voller Deutlichkeit das Verhalten der Arbeiter­klassen. In Italien waren die Arbeiter von Anfang an kis jetzt entschiedene Gegner des Krieges. In Frankreich ist wenigstens ein großer Teil so gesinnt, er würde noch mehr zur Geltung kommen, wenn man nicht gleich nach Ausd-uch des Krkzea se.nen destru Führer James in sei­ger Weise ermordet Härle. In England ist wenigstens ein Teil kck'gsst'Lndiich. und auch in Amerika ist es die Sozialdemokratie. Das deutlichste Beispiel aber liefert jetzt Rußland, denn hier ist die unter englischem Einfluß flehende Vourgoifis mit allem Eifer bemüht, öas F-uer des Krie­ges zu schüren. Die Arbeiiermaffen dagegen sind friedlich gesinnt und wirken' nach bestem Vermögen für eine Etn- st?8--ng der Feindseligkeiten. Würde das wohl der Fall sein, wenn man von der sogenannten Demokratie eines Lloyd George-Frtsden und Hei! für die Welt erwartet?

4. Endlich sei auch das Benehmen der Deutschen im Ausland als Zeugnis dafür angeführt, wie sich die aus- wärssgen Verhältnisse zu dm unstigen, von den Gegnern so arg verleumdeten, verhalten. Die zahlreichen Deutschen

t im Ausland, im besonderen in jenen Demokratien, haben

die Zustände hier und dort aus eigener Anschaung kennen gelernt und können ermessen, wo wahre Freiheit zu finden ist. Wären die Zustände wirklich so bei uns. wie Lloyd George sie zu schildern sich erdr-istct. so müßten wir er- warten, daß sie froh seien, einem solchen Kerker entronnen z - sein; in Wahcheit haben sie mit seltenen Ausnahmen ihrem Düte:land- ihre vollste Treue bewahrt und find oft unter ungeheuren Schwierigkeiten von weiter Feme her­bergeeilt. um ihm im Kampf für seine Selbstecheltung bei- zusteh-n.

Kurz das alles stimmt nicht zu der Karikatur, nnlche Lloyd George von uns entwirft. Daß aber ein Mann von so kläglicher Denkart bei unfern G.gnern eine so her- oorragende Stellung erlangen konnte, dac kann uns nur in dem Einschluß und der Zuversicht stärken, unsere ge­rechte Sache gegen olle Widerstände tapfer aufrecht zu er­halte». Denn wie es in dem allen Worte heiß-, »groß ist die Wahrheit und sie wird siegen!"

Der Weltkrieg.

Ser Weite englische Inrchbruchrversnch bei Arrar

unter nngehrnren Verluste« gescheitert.

WTB. Graß» Hmptgaarürr, 24. April. Amt!. Drahtb.

Westlicher Kriegsschauplatz.

Heeresgruppe des Generalfeld mar challs

Kronprinz Rupprecht von Bayern:

Auf dem Schlachtfelde von Arras führte die auf Frankreichs Boden stehende britische Macht gestern den 2. großen Stotz, um die deutschen Linien zu durchbrechen.

Seit Tagen schleuderten schwere und schwerste Batterien Masten von Geschossen jeder Art auf unsere Stellungen. Am 23. April früh morgen»

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Äes L-SZLLSNA.

Roman aus dem Schwedischen von E. Kuylenstierna-Wenster. 26) (Nachdruck verboten.)

Du solltest nur wissen, wie schön ich träume! Ach. wie arm ist der, der nie wachend geträumt hat! Aber vielleicht doch ärmer ist der, der den Glauben an seine holdesten Träume verloren hat!

Die arme Göret muß nun auf breiten, staubigen Landstraßen wandern. Wie leid tut sie mir! Sie sieht bleich und ermüdet aus trotz all ihres Reichtums, und es nützt alles nichts, ob sie auch noch aufrechter geht als j sonst- Jedenfalls macht sie mir den Eindruck, als sei in i ihrem Innern etwas gebrochen. Eine Gesellschaftsdame ! ist ste jetzt mehr als je, und Abend für Abend ist sie bei ! irgendeinem Vergnügen, das ihr meiner Überzeugung nach ! durchaus kein Vergnügen macht.

-« Taster hat jetzt seine Verlobung mit Antonia ver- - mientlicht. Der arme Kerl sah sich zur Regelung seiner Verhältnisse dazu gezwungen. Ach wie traurig ^ad ärmlich ' ivenn man um des Geldes willen eine Xanthippe

nehmen muß!

--^.Nein, jetzt bin ich häßlich. Ein Zankapfel ist Antonia ' sieht in ihr nur das Rettungsboot, auf

i bas sinkende Schiff verlassen will. Und so etwas

! Menschengute VarLien". Niemand tadelt es,

verkauft' Mädchen wie eine Ware an den oder jenen

meine Tage freilich, sehr einsam, das Armen. Und es tut mir oft bitter weh, denn w werß, die Meinigen werden nicht mehr viel nach mir Wen-werl rch eben nicht so bin wie sie. Aber Kopf , ^erde arbeiten und hoffen, ja hoffen zuerst und ^etzt. Und dann habe ich Deine Mutter, zu der ich /ann. Ich versäume sie nicht, Geliebter, das darfst glauben. Sie hat mir erlaubt, sie Tante Maja zu AU"eil, und ich glaube, sie hat mich ein bißchen lieb, ouerst Horen wir eine Weile Deines Vaters Geschichten »u, aber wenn Dein Vater dann zu Bett gegangen ist,

begeben Tante und ich uns in Dein Zimmer. Ich schmiege mich in die Sofaecke und schließe die Augen und sage:Jetzt!* Und dann erzählt Tante von einem kleinen Jungen, der Alf hieß, von einem Jüngling, der stolze Exzelsiorträume hatte, von einem jungen Manne, der weit fort ist, unendlich weit fort. Wir lachen und weinen abwechslungsweise; aber wir sind die ganze Zeit über sehr glücklich, denn Du gehörst uns dann ganz, selbst wenn wir Dich auch nur in Gedanken umarmen können.

Ja, ja, Geliebter! Jetzt gehen wir mehr als je vorher Hand in Hand dem Ziele zu, denn jetzt werde ich eine tüchtige Geschäftsfrau werden, die vielleicht auch das Wort lerntZeit ist Geld" und schließlich auch nur noch kurze Briefe schreibt. Vielleicht, sage ich, aber ganz sicher darfst Du nicht sein, denn wenn ich an Dich schreibe, ist es, als wüchsen meiner Sehnsucht Schwingen, sie fliegt und fliegt und nimmt kleine schwarze Buchstaben und Worte mit: unkluge, kindische, ernste, frohe, und alle ziehen zu Dir, meinem Herzensfreund, zu Dir, der Sonne meiner Gedanken! Deine Gunoor."

Auf diesen Brief antwortete Alf ganz kurz, über die Feder wurde in seiner fieberheißen Hand selbst heiß, während er schrieb:

Meine eigene, geliebte kleine Prinzessin!

Tag und Nacht, zu jeder Stünde, schlafend oder wachend arbeite ich mit frohem Mut an dem Schloß, in Las ich Dich einmal führen werde. Hand in Hand schreibst Du. Herz an Herz, Gedanke an Gedanke, Sehnsucht zu Sehnsucht fliehend, füge ich hinzu, und niemals, nein, niemals kann ein Zukunstsschloß von kostbareren Balten erbaut sein als Deines und meines, denn es wird mit meinen besten Kräften gebaut, und ich gäbe gerne mein Herzblut hin, um die Mauern damit zusammenzufügen. Dir, meine Geliebte, Leben meines Lebens, tausend, tausend Küsse! Dein Alf."

Aber immer tiefer wurde Alf in den Wirbel bes Geschäftslebens hineingerissen. Er wußte selbst nicht, wie die Tage vergingen. Dagegen wußte er auf den Pfennig

genau, wie es mit seinem Kapital stand; es hatte be­trächtlich zugenommen, und Alf war in dem eleganten Banklokal, das mit seinen großen, geschliffenen Glasscheiben, blitzblanken Messinggittern und hellpolierten Mahagoni­tischen einen überaus gediegenen Eindruck machte, eine wohlbekannte Erscheinung.

Alf war ungefähr anderthalb Jahre in Chirägo ge­wesen, als die Mutter schrieb:

Mein lieber, guter Junge!

Herzlichen Dank für Deine letzte freundliche Karte! Es ist nun allerdings lange her, daß ich sie erhielt, aber ich hoffe, es geht Dir gut und ich hoffe auch, Du vergißt Schweden nicht, wo jetzt ein Mensch weniger ist, an den Du zu denken hast. Vater ist nämlich in der letzten Woche still und schmerzlos verschieden. Er war in den letzten Tagen seines Lebens noch etwas verwirrter gewesen, sonst aber haben wir keine Verschlimmerung seines Zustande» wahrgenommen. Ich half ihm an jenem Abend wie ge­wöhnlich beim Zubetiegehen, und als ich ihn dann gut ! zugedeckt hatte, griff er nach meiner Hand, richtete sich haL aus und rief laut:Mia! Mia!" Diesen Kosename» hatte er mir gegeben, als wir beide noch frisch und jung, waren. Noch einmal rief er:Mia!" Dann fiel er auf die Kissen zurück, und alles war vorüber.

Er ist so leicht in den Himmel versetzt worden, und das verstehe ich, denn er war der beste Mensch von der Welt, die lange Prüflingszeit seiner Krankheit verstehe ich dagegen nicht; doch will ich auch diese als eine Fügung Gottes hinnehmen, denn ich möchte mich so gerne an das Wort halten, daß denen, die Gott lieben, alle Dinge zum Besten dienen.

Jetzt ist unser kleines Heim öde und leer. Ich ver­misse Vater und Dich bei jedem Schritt und ich habe mir in der letzten Zeit fast die Augen ausgeweint vor lauter Heimweh nach euch beiden.

Fortsetzung folgt.) i