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73 Mittwoch, den 28. März 1917

Wr AM mskttrÄMil «.-.russischen Nont.

Deutscher Reichstag.

Verl in. 26. März. WTB. Am Bundesratsttsch Staatssekretär Dr. Lisko, Gras Rödern.

Präsident Dr. Kämpf eröffnet die Sitzung um 1.17 Uhr.

Die zweite Lesung des Etats der Reichs,siizmrwal- lung wird fortgesetzt.

Staatssekretär Dr. Lisko: Da wir bei der Bera­tung des Iustizetats sind, verzichte ich darauf, auf den In­halt der von mir eingebrachten Iustiznovells etvzugehen. Die Vorlage bezweckt nicht in erster Linie, Iusttzbeamie für den Militärdienst sreizumachen, sondern vielmehr Schöf­fen, Geschworene und Sachverständige zu entlasten. Bon höheren, mittleren und niederen Iusttzbramten wurden zum Heeresdienst 21000 oder 43°/o Ungezogen, zurückg« blieben sind 2500 reklamierte KrisgLverwenduKgsfätzige. zu denen eine gwße Zahl Garnison«- und Arbeitsverwendungsfähige kommt. Auch dis Zahl der Rechtsanwäfte und Notare ist gewaltig zurückgegangen. Läßt die Militärverwaltung die Reklamierten nicht mehr frei, so vermindert sich die Zahl unserer Beamten wieder erheblich. Dies wäre umso empfindlicher, s-ls die Zahl der Straf- und Zioilpwzsfse, die in der ersten Kriegszeit adgenommen hatte, wieder an- schwM. Werden uns die Beamten genommen, ohne daß wir sonstige Maßnahmen treffen, so ieidet dis Rechtsspre­chung darunter gewaltig. Wollen wir den Krieg gewinnen, so müssen wir uns bis au die Zähne rüsten mit Munition und mit Männern. Dazu soll die No eile dienen. Uns ist es bitter ernst damit. Schieben sie die Vorlage dicht auf die lange Bank. Die Beschäftigung von Rechtsan- amvZl'en in Richterftellen dürste durch dis geringe Ent­schädigung auf Schwierigkeiten stoßen.

Adg. Bruhn (D. F.): Die Bestrafungen in den Wucher- und Schiebsrpwzrssen spotten aller Beschreibung. Sie stehen in keinem Verhältnis zu den erzielten Wucher- g-winnen. Abg. Dr. Adlaß (F. Vpt): Me Rechtsan­wälte mit ihrer veralteten Gebührenordnung leiden vielfach not. Wucher wird keineswegs einseitig nur von Juden getrieben.

Damit schließt dis Aussprache.

Das Emt des Reichsjusttzamts wird angenommen, eben­so sämtliche dazu gestellten Resolutionen.

Es folgt der Etat des Reichsrisendahnamtes. Von

Roman aus dem Schwedischen von E. Kuylenstierna-Wenster. 12j (Nachdruck verboten.)

Ach, obgleich sie höflich und freundlich war, sah sie ganz aus wie eine kleine Prinzessin, und ich habe mich die ganze Zeit darüber verwundert, daß sie selbst eine Be­sorgung machte. Sie paßte ganz und gar nicht unter kleine Leute."

Kleine Leute und große Leute. Das sind Erwachsene und Kinder. Wenn man einmal erwachsen ist, gibt es meiner Ansicht nach keine Schranken, die nicht durch Kraft, moralische oder physische, eingerissen werden können", ver­setzte Alf mit gerunzelter Stirn hart.

Ach, mein liebes Kind, wenn du so denkst, hast du das Leben noch nicht kennengelernt. Glaube doch ja nicht, du könntest die Schranken niederreißen, die schon lange, ehe du zur Welt gekommen bist, bestanden haben. Nein, min, sei nicht böse, Junge", sügte sie ängstlich hinzu,und 'Mine ja nicht, ich mißgönne dir deine kleine Prinzessin °der ein adeliges Fräulein, ich meinte ja nur, daß so rostbare Vögel meist auch einen vergoldeten Käfig haben wollen."

Ast nickte und ging dann. Sein empfindlichster Punkt getroffen worden, der Rostfleck in seinem Charakter, der an Hochmut grenzte, trat in diesem AV^blick scharf hervor und drückte auch während der des Tages allen seinen Handlungen und Arbeiten unversöhnlichen, fast gehässigen Stempel auf. Bei »nb 8° ^egenheiten fanden die Kollegen Alfunmöglich" uno sie Vorgesetzten nannten ihnanmaßend", aber weder k"?n noch die anderen konnten ihm im Dienst tadellos"*" ^hler Nachweisen; er erfüllte seine Pflichten

, As Alls ^ Abend nach Hause kam und den Eltern sagte, ging er noch lange in seinem Zimmer «ms uns ab und rauchte eine Zigarette nach der anderen; «oer ferne Gedanken beruhigten sich nicht. Immer wieder

fortschrittlicher Seite ist eine Resolution beantragt auf schleu­nige Vorlegung einer Denkschrift über die finanzielle und wirtschaftliche Wirkung einer Vereinheitlichung des deutschen Eisenbahnwesens unter Einbeziehung des Birmenwasserstra- ßenwrsens. Die Einberufung einer Fachkommission sollte bewerkstelligt werden.

Abg. Dr. Pfleger (Z.): Die von Geh.-Rai Kirch- hoff herausgerechnete Milliarde Ueberschuß bei einer Betriebs­reform der Eisenbahnen wirkt wie die Entdeckung eines verborgenen Schatzes. Seine Vorschläge sind freilich schon erschöpfend widerlegt worden. Zur Vereinheitlichung auf Grund von Verträgen und Abmachungen ist Bayern gerne bereit. Was aber darüber hinausgeht, findet entschiedenen Widerspruch. In erster Linie haben die Eisenbahnen oolss- wkischaftlichm und nicht fiskalischen Interessen zu dienen. Bride Interessen gleichzeitig von einer Zentralstelle aus verfolgen zu lassen, ist ein Unding. Man hüte sich davor, die Sonderrechts Bayerns auszuheben. Bayern hat dem Etnheitegedanken für die Eisenbahnen ein kategorisches Nein entgegengesetzt und wenn die Eisendahnfinanzen im Kriege gelitten haben, so überlasse man es Bayern, sie wieder in Ordnung zu bringen. Wir lehnen die Resolution ab. (Bravo im Zentrum.) Adg. Keil (Soz.): Die Eisenbahnen dürfen nicht zu fiskalischen Zwecken ausgmutzt werden. Und doch Letzt Preußen seit Jahr und Tag daraus mehr als 800 Millionen jährlichen Reingewinn für allgemeine staatliche Zwecke. Mit Einsetzung einer Fachkommission wollen wir keineswegs Bayern seiner finanziellen Einnahmen berauben, sondern nur einen belehrenden Gedankenaustausch herbei- sühren. Es handelt sich um einen großzügigen Fortschritt 'M Eisenbahnwesen; dem kann man auch getrost ein for­melles Recht zum Opfer bringen. Abg. Müller-Mei­ningen (F. Vpt.): Wir sind voll von Bewunderung über die Leistungen aller Eisenbahnen. Unser Antrag enthält auch keinerlei Mißtrauen gegen die Beamten und Verwal­tungen. Wir wollen ledigl ch die ganze Materie aus dem Streit der Parteien herausr-ehmen und die Vereinheitlichung der Eisenbahn sachverständig behandeln. Niemand denkt daran. Bayern seine Eisenbahnen mit Gewalt zu nehmen, oder ohne seine Zustimmung seine Sonderrechte zu beseiti­gen. Aber einerseits großzügige Eisenbahnpolitik und an­dererseits engherziger Partikularismus, das ist nicht denkbar. (Sehr richtig.)

sagte er sich, er sei ein Tropf, der in althergebrachten Geleisen weiterfahre, anstatt sie durch neue Wege zu kreuzen. Was waren die Kraft und der Wille wert, wenn sie nur in Träumen verdunsteten? Wenn sie den Stahl der Gedanken nie schärften und nie blank zogen?

Er erinnerte sich, wie er als Kind Sonntag um Sonntag in das Nationalmuseum gegangen war, um die Gruppe des heiligen Georg mit dem Drachen zu betrachten, und wie er sich da mit dem kühnen Ritter, der die Prin­zessin aus der Gewalt des Fabeltieres errettete, identi­fizierte. In heißer, bebender Erregung, mit geballten Fäusten und brennenden Augen hatte er vor der Gruppe gestanden und eine Viertelstunde um die andere unver­wandt diesem Kampf zugeschaut; und so lebendig stand alles vor ihm, daß er das Todesröcheln des Drachen zu sehen vermeinte, wenn St. Georg ihm das Schwert durch den Leib stieß. Und den Jubel der Prinzessin! Auch ihn hatte er gehört, und wie eine warme, weiche Volksweise hatte es an sein Ohr geklungen. Ach, diese Kinder- erinnerungenl . . . Das war nun so lange her, aber . . . Er lächelte und warf eine halbgerauchte Zigarette weg. In Wirklichkeit hatte er nun vielleicht die Prinzessin und den Drachen gefunden das veraltete Fabeltier der menschlichen Gesellschaft das er niederstechen würde, und dann dann würde er mit der Prinzessin in die weite Welt hinausziehen und dort würde er ein Schloß mit Turm und Zinnen für sie bauen.

Aber wie, wenn er den Kampf mit dem Drachen mm nicht bestehen würde? Es gab ja so viele, die ihn versucht hatten, in kühnem Mut den Kamps gewagt hatten, und die unterlegen waren, trotzdem sie Männer waren, die sich auf sich verlassen konnten! Bei diesem Gedanken jedoch furchte sich seine Stirn, der Trotz bekam die Oberhand, der Trotz gegenüber dem Leben. Er wollte das Leben zwingen und zügeln, sich aber nicht dem Leben beugen.

Alf trat an seinen Schreibtisch, ließ sich davor nieder und stützte den Kopf in die Hände. Was hatte ihm gerade jetzt die Worteein Schloß mit Türmen und Zinnen" ein­gegeben? Etwas Verflossenes, eine Stimmung, die vor-

P: äsident des Rkichseisenbahnürnles Wackerzapp: Die Durchführung der Reichssisenbahnen könnte nur unter der Zustimmung der einzelnen Bundesstaaten geschchen. Diese lehnen es aber entschieden ab. Es ist durchaus be­greiflich, da sie ihre finanzielle Selbständigkeit behalten wollen. Würde die Einführung und die vorbehaltlose Zu­stimmung der Einzelstaateu erzwungen, so würde die Durch­führung auf die g ößt n Schwierigkeiten stoßen. Es ist durchaus nicht selbstverständlich, daß durch die Vereinheit­lichung Hunderte von Millionen erzielt würden. Auch Kirch­hofs erwartet dies nicht durch die Vereinheitlichung, sondern durch andere Maßnahmen, die auch ohne die Vereinheitli­chung durchgeführt werden können. Wir sind in der Ver­einheitlichung im Verwaltung!!- und Verkehrsbetrieb soweit gekommen, daß durch Schaffung der Reichselsenbahnen kaum noch mehr erreicht werden kann.

Abg. Stöoe (Nat.): Wir können die Vereinheitli­chung der Bahnen nicht der Initiative der Bundesstaaten überlasten. Wenn die Angelegenheit undurchführbar ist, so vetstehe ich nicht das grobe G schütz, das man gegen den fortschrittlichen Antrag und die Kirchhoff'schen Pläne auf- fährt. Abg. Baudert (Soz.) bringt Wünsche hinsichtlich der Besoldung und Gewährung von Teuerungszulagen sür Eisenbahnbeamte vor.

Damit schließt die Aussprache.

Ueber die sottschittliche Resolution wird Dienstag nachmittag um 4 Uhr obgestimmt.

Der Etat des Reich?eisenbahnamis wird bewilligt.

Es folgt die zweite Lesung des Etats des Reichs­schatzamts.

Hierzu liegt eine Resolution des Prinzen Schönaich- Carolath (Natt.) auf Erhöhung der Beteranenbethilfe durch eine einmalige außerorde,wiche Zuwendung aus Reichrmit- teln vor. Außerdem beantragen Vertreter der bürgerlichen Parteien die Vorlegung eine» Gesetzentwurfs, der verbietet, den Warenumsatzstempel den Käufern besonders in Rechnung zu stellen und wegen des bei der Weiteroeräußerung zu berechnenden Stempels einen besonderen Preisabzug zu machen.

Abg. Prinz Schön aich-Carolath (Natl.) empfiehlt seine Resolution. Auch auf die Kämpfer an der Front werde es günstig wirken, wenn sür die alten Veteranen gesorgt weide.

überging. Schon einmal an diesem Tage hatte ihn diese Erinnerung gefangengenommen. Ach ja, ein Gedicht, das einzige Gedicht aus seiner Jugend, hatte sie heroor- gerufen. Und er dachte an jene Stunde, wo er diese Strophen geschrieben hatte.

Eines Abends war es gewesen, an einem schönen, lauen Abend. Er war schon mittags in Köln an­gekommen, aber ganz hingenommen von all dem Neuen und Verlockenden des Reiselebens, dachte er gar nicht daran, sich auszuruhen, obgleich der ganze Nachmittag auf den Besuch von Fabriken und Werkstätten verwendet worden war.

Der Mond schien hell und die vielen engen, merk­würdig durcheinander laufenden Gassen der interessanten alten Stadt lagen teils vom klaren Mondschein beleuchtet, teils im Schatten der hohen Häuser.

Der offene Domplatz dagegen lag glänzend und menschenleer wie ein versilberter Schild da, und im Hintergrund ragte der mächtige Dom aus dem Mittelalter mit seinen Fenstern im Spitzbogenstil und seinen schlanken Türmen hoch empor. Alf hatte zu diesem Prachtwerk der Baukunst mit Bewunderung aufgeschaut und dann den Weg nach dem Hafen eingeschlagen, war dann in einem Boot auf den Rhein hinausgerudert und an einer uralten Burg am Rhein ausgestiegen, von deren gigan­tischen Ruinen aus man eine weite Aussicht über das malerische Gelände hatte. Dort oben hatte er dann eine! jener Nächte wachend verbracht, an die er sich nach langen' Jahren mit einem wehmütigendas war damals" er­innerte. Er hatte Bleistift und Notizbuch herausgezogen, um eine Skizze von der Burg zu machen, aber während die Skizze sich der Vollendung näherte, war etwas ganz anderes aus ihr geworden, ein Luftschloß, wenn man es so nennen will, und Alf war kindlich genug, die hohen Zinnen mit Flaggen zu schmücken..

(Fortsetzung folgt.)