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Illustr. Svnntagsblatt.

40 Samstag, den 17. Februar 1917

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K. HbevckmL Ikcrgokd.

Maul- und Klauenseuche.

Die Maul- und Klauenseuche ist ausgebroche» iu Emmingen.

Sperrbezirk: Das verseucht G höit des Gemeinde- pfleqkrs F-redlich Mr-tzler «ud der Rest der Gemeinde Emmingen.

ö- Beobachtuugsgebiet: Die Gemeinde Pfron­dorf und vom Osrramt Herrenbrrg die Gemeinde Ober­jettingen.

0) 10 Klm. Umkreis: Die Gemeinden des Ober- amtsbezirks, ausgenommen Beuren, Bösingen, Enztal, Ett- mannswnler, Fünfbronn, Garrweiler, Gaugenwals, Ober- talheim. Simmersfeld, Spielb« rg. Ueberberg u. Untsrtalheim;

vom Oberamt Calw: Die Gemeinden Oberhauzsteti, Neubulach. Altbuloch und Holzb onn;

vom Oberamt Herrenberg: Die Gemeinden Oberjs- singen, Kupptngen. Affstätt, Herrenberg, Haslach. Oberjet- tingrn, Untsrjrttingkn, Nedringen. Oeschelbron , Mötzi igen;

vom Oberamt Horb: Me Gemeinden Salsingen, Bollmsringen, Hschdorf, Göttelfingen, Gündr ngen.

I. Besondere Maßregeln für den Sperrbezirk.

1. I« dem verseuchte« Gehöft ist über die Ställe oder sonstigen Standorte, wo Klauenot, h st, ht, die Sperre verhängt, die abgksperrten Tiere dürfen nur mit oberamt- licher Erlaubnis aus dem Stall (Standort) entfernt werden. Wettere Vorschriften sind erlassen über die Verwendung der Pferds außerhalb des Gehöfts, die Verwahrung des Ge­flügels. die Fernhaltnng fremden Klaneuviehs von dem Gehöft, das Weggeben von Milch, die Abfuhr von Dünger und Jauche, die Ausfuhr von Futter, Streu und Wolle, das jedesmalige Herausbringen von Fahrzeugen und Gerätschaften, namentlich Milchtransportgefäßen, die Ent­fernung von Kadavern u. a. Der Besitzer, fein Vertreter, die mit der Beaufsichtigung, Wart und Pflege der Tiere betrauten Peisonen und Tierärzte müssen sich beim Ver­lassen eines gesperrten Stalls reinigen und desinfizieren. Anderen Personen ist das Betreten der gesperrten Ställe verboten. Zur Wartung des Klauenotehs in dem Gehöft dürfen Personen nicht verwendet werden, die mit fremdem Klauenoieh in Berührung kommen.

Die graue Krau

Romae von A. Hottner-Grefe.

80s (Nachdruck verboten.)

Am Abend dieses Tages schrieb Paula Linstedt zum erstenmal seit langen Wochen an Kurt. Sie schrieb ihm offen und ehrlich, voll Verständnis, voll Liebe. Sie schrieb ihm alles, was sie gehört, was sie vermutete. Nur über jene seltsam,n Gedanken schwieg sie, welche ihr über ihren Vater und Kurts Mutter gekommen waren. Eine eigene Scheu hielt sie davon zurück, hierüber mit Kurt Gerhard zu sprechen. Voll Vertrauen legte sie ihr Schicksal noch einmal in seine Hand-. Sie feuerte ihn an, den Mut nicht j sinken zu lassen, weiterzuforschen, nichts unversucht zu lassen.Ich weiß es", schrieb siedaß wir endlich doch ! ans Ziel kommen müssen. Vielleicht ist noch viel Schweres ! zu überwinden. Aber einmal werden wir uns doch zur ^ Klarheit durchringen."

Sinnend sah Paula Linstedt auf diese letzten Worte nieder. Ganz leise dämmerte ihr eine Ahnung der großen Lebenswahrheit auf, daß sich selten im Leben Glück aufbauen läßt, ohne daß man einem anderen ein Stückchen Glück wegnimmt. Einer verliert, der and re gewinnt. Aber Paula Linstedt war jung, und sie wollte gewinnen.

j 14. Kapitel. Das Geheimnis des alten Hauses, i Es war an einem wundervollen Frühlingstage. Im matten, reinen Blau spannte sich der Himmel über der schönen Stadt aus, die nie so reizend ist, als zur Zeit, wenn die ersten Schneeglöckchen da irgendwo draußen im Wienerwach oder droben an den Hängen des Kahlen- berges oder in den weiten Praterauen ihre Köpfe scheu aus der dunklen Erde strecken. Wer Wien nicht an einem solchen Tag gesehen, der kennt es nicht. Das ist ein Flimmern und Leuchten über dem Häusermeer, ein Blitzen und Funkeln, daß die Augen wohl müde würden von all' der Pracht, wenn nicht der Frühlingsnebel gleich einem ganz leichten, wogenden Schleier über Las Bild

2. Sämtliches Klanenvieh (Rindvieh, Schafe, Ziegen, Schweine) nicht verseuchter Gehöfte unterliegt der Ab- sonderung im Emile uno das nur mit oberamtltcher Er­laubnis zur fofortigen Schlachtung entfernt werden. Außer­dem ist die Benützung zu dringenden landwirtschaftlichen Arbeiten erlaubt, dagegen nicht das gemeinsame Tränken an Brunnen und Bach.

3. Sämtl'che Hunde sind festzulegen.

4. Schlächtern, Viehkastrierern, sowie Händlern und anderen Personen, die gewerbsmäßig in Ställen ver­kehren, ferner Hausierhändlern ist das Betreten aller Ställe und sonstiger Standorte von Klauenoith im Sperrbezirke und der Eintritt in die Seuchengehöste verboten.

5. Dünger und Jauche von Klauenvieh, ferner Gerätschaften und Gegenstände aller Art, die mit solchem Bteh in Berührung gekommen sind, dürfen aus dem Sperr­bezirke nur m t polizeilicher Erlaubnis ausgesührt werden.

6. Die Einfuhr von Klauenvieh in den Sperr­bezirk, sowie das Durchlrerben von solchem Bieh und das Durchfahren mit Wiederkä-rergejpannen durch den Bezirk ist verboten. Ausnahmen für die Einfuhr kann das Ober­amt zulasfen.

7. Die Ber- und Entladung von Klauenvieh auf den Bahnstationen tm Sperrbezirk ist verboten.

II. Besondere Maßregeln für das Beobachtuugsgebiet,

soweit es in den Oberamtsbezirk sällt.

1. Klanenvieh darf ans dem Beobachtungs­gebiet nicht entfernt werden. Das Oberamt kann die Ausfuhr in der Regel nur zu sofortiger Schlichtung zulasten.

2. Das Dnrchtreibe« von Klanenvieh und das Durchfahren mit Wiederkäuergespurmen ist verboten.

III. Gemeinsame Maßregeln für Sperrbezirk, Beobachtungsgebiet und 10 Km-Umkreis, soweit sie in den Oberamtsbezirk fallen.

Verboten sind:

1. Die Abhaltung von Märkten und morktähn- lichen Veranstaltungen mit Klanenvieh, ?o>vie der Auf­trieb von Klanenvieh aus Jahr- uno Wochsnmärkte.

2. Der Handel mit Klanenvieh, der ohne vor­gängige Bestellung entwever putze,halb des Gemeindebezirks der gewerblichen Ntederlossu q des Händlers o^e' ohne

gespannt wäre. Von den Bergen und Wäldern ringsum leuchtet es herüber wie lichtes, zartes Grün und dann und wann weht auch durch die dunkelsten, engsten Gassen ein lauer Wind, der einen süßen, feinen Duft hereinträgt bis zum Herzen der stolzen Königin am Donaustrom. Dann hebt wohl mancher, der verdrossen oder im Gehetze des Alltags der Pracht nicht achtend dahinichritt, wie er­staunt den Kopf. Was war das, was ihn da grüßte? Ach ia, es will ja wieder einmal Frühling werden! Frühling! Und mit einem Lächeln um die Lippen geht der Großstadtmensch weiter. . .

Auch Kurt Gerhard hatte so ein verlorenes, fast scheues Lächeln in den Zügen, als er mit großen Schritten durch die hastende Menge ging. Es war ihm enge und schwül geworden in dem alten, dunklen Hause. Das Leben war so unerträglich schwer, die Zukunft zu dunkel. Er hatte all die langen Wochen her immer nur der Lösung des unheimlichen Rätsels nachgesonnen, welchem Paula und er zum Opfer fallen sollten. Und immer wieder kam, nach Tagen tiefer Mutlosigkeit, eine Stunde, wo er den Glauben wieder fand, den ungestümen, blinden Glauben der Jugend an das Glück, an das Leben, an die Zukunft. Seit jenem ernsten Tag, an dem er an dem Bette einer Sterbenden ein heiliges Versprechen geleistet hatte, seit den wirren Worten, die sie, schon halb im Hinüberdämmern, gesprochen, schien es ihm, als sei irgend etwas besser geworden. Er lächelte übcr sich selbst. Dieser, so rasch zerrinnenden Erinnerung einer Scheidenden konnte man wohl keinerlei Bedeutung zumessen. Aller Wahr­scheinlichkeit nach war alles, was die alte Frau damals sprach, nur ein Spiel ihrer Phantasie, irgendein Ge­danke huschte ihr noch in letzter Stunde durch den müden Kopf, vielleicht nur eine Reminiszenz an längst Gewesenes. Aber trotzdem er sich dies hundertmal vorsagte, hatte es ihn nicht mehr daheim gelitten. Das Landhaus draußen in Nußdorf, dessen rechtmäßiger Besitzer er nunmehr war, erschien ihm eigenartig interessant und die Idee, einmal ganz allein durch die Räume zu wandeln, die längst niemand mehr betreten, lockte ihn mit unwiderstehlicher Gewalt, lind dann: in nächster Nähe lebte Paula! Er

Begründung einer solchen stattfindet. Als Handel gilt auch das Auffuchen von Beste'lungen durch Händler ohne Mit» führen von Tiere« und das Aaskaufe» von Tieren durch Händler.

3. D,e Veranstaltung von Versteigerungen von Klanenvieh.

4. Die Abhaltung von öffentlichen Tierschauen mit Klauenoieh.

5. Das Weggeben von nicht ausreichend erhitzter Milch ans Gammelmolkereteu an landwirtschaftliche Betliede, n denen Klauenoieh gehalten wird, sowie die Verwertung sicher Milch in den eigenen Viehbeständen der Molkerei, owrit dies nicht schon ohnehin verboten ist, ferner die Ent- err-ung der zur Anlieferung der Milch und zur Ablieferung rer Mtlchrückstände benutzten Gefäße aus der Molkerei» bevor sie desinfiziert sind.

Als ausreichende Erhitzung der Milch ist anzusehen n) Erhitzung über offenem Feuer bis zum wiederholten Aufkochen;

d) Erhitzung durch unmittelbar oder mittelbar einwirken­den strömenden Master dampf auf 85°;

e) Erhitzung im Wasterbad, und zwar entweder auf 85 ° für die Dauer einer Minute

oder, unter der Voraussetzung, daß durch geeignete Vorrichtungen eine gleichmäßige Erwärmung der ge­samten Mttchmenge oder Mtlchrückstände gewährleistet ist, auf 70° für die Dauer einer halben Stunde.

Die Desinfektion der Milchgefäße kann mit strömendem Wasterdampf oder durch Am kochen in Wasser oder 3pro- zsntiqer Soda- oder Setfenlösung oder auf eine der folgen­den Arten geschehen: durch Einlegen der G-fäße in kochend He ß s Master oder kochend heiße Sodalösung oder dünne Kalkmilch für die Dauer von mindestens 2 Minuten der­art, daß alle Teile der Gefäße von der Flüssigkeit bedeckt sind; oder durch gründliches Abbürsten der Außen- nnd Innenfläche der Gesäße nebst Griffen, Deckeln und anderen B ifchlutzoorrichtungen mit koch nd heißem Wasser oder kochrnd heißer Sodalösung oder dünner Kalkmilch.

Jeder weitere Ausbruch oder Verdacht der Seuche ist der Ortspol z-itu Hörde sofort nach dem Auf­treten der ersten Krankkeitserfcheinungen auzuzeige». Be'lek >naen d-r Anrela-pfsicht oder der vo'siedend anae-

achtete ihren Wunsch, ihr selten zu schreiben, sie nicht zu stören in ihrer Einsamkeit, den Leuten nicht noch mehr Anlaß zu geben zu klatschen. Aber das Gefühl, ihr endlich wieder einmal räumlich nahe zu sein, erfüllte ihn mit einer tiefen Ruhe.

Und so, in Gedanken an sie, ging er weiter und weiter. Er wollte nicht fahren, die rasche Bewegung tat ihm wohl. Und erst als er über den weiten Hauptplatz schritt, über den ein Netz von Tönen sich zu spannen schien, die teils von derRose" herüberdr^naen, wo eben die Militärkapelle einen feurigen Walzer spielte, teils, halb verweht, vom Bockkeller herabklangen, wo ein Piston-Solo geblasen wurde, erst jetzt kam ihm der ganze eigenartige Zauber dieser Umgebung zum Bewußtsein. Überall Musik, überall fröhliche, sonntäglich geputzte Menschen, zwang­loses Treiben. In den Vorgärtchen saßen die Alteren still beschaulich, die Jugend stand lachend, plaudernd vor den Staketen. Jubelnde Kinder spielten in den engeren Seitengassen Haschen und Versteck. Und dort und dann sang eine gedämpfte Stimme irgend eine flotte Werse mit. Von unten her aber klang wie ein schwerer, tiefer Grund- Akkord das Rauschen des mächtigen Stromes und von den Bergen her kam manchesmal der Wind kosend und raunend und sang sein uraltes Lied dazwischen.

Kurt Gerhard war in eine schmale Gasse eingebogen und stieg nun jäh bergan. Die Häuser blieben hinter ihm zurück. Zwischen Felsgehäng und wildem Gesträuch ging es empor. Das Herz schlug ihm hoch. Dort die kleine Villa, welche etwas abseits vom Wege stand das mußte die Zufluchtsstätte von Paula und Nelly sein. Und dort, das Schieferdach, das sich unweit davon aus den Wipfeln alter Nadelbäume emporhob, das ge­hörte zu Großmamas Besitz. Eine seltsame Unruhe über- kam den Wandernden. Er schritt noch rascher aus nnd einige Minuten später stand er schon vor der zernen Planke, die rings das Heimwesen umsäumte. Scharf und gellend klang der Ton der kleinen Glocke durch die tiefe Stille.

«Fortsetzung folgt.)