den Elbfahrer „Immanuel", welcher sechstausend Mark an Bord hatte. Kapitän und Steuermann wurden niedergeschlagen und sind tätlich verletzt.
Königsberg, 33. Nov. Der Ostpreußische Konservative Verein hat am 17. November ein Flugblatt erlaffen, welches, an das Datum der Allerhöchsten Botschaft von 1881 anknüpfend, die Hauptbestimmungen des „dritten Gliedes" der großen svzialrsfvrmatorischen Gesetzgebung, der Jnvaliditäts- und Altersversicherung, dem Verständnisse der großen Masse erschließt. Das Flugblatt schließt mit folgender beherzigenswerter Mahnung: „Großer Not wird begegnet, das Familienleben verschönt und die Pflicht und die Ehre der Arbeit von jedem redlichen Arbeiter «kannt werden. Darum gilt es, daß alle ehrlich und treu gesinnten Patrioten Hand anlegen, ein so wichtiges Gesetz, welches die Not der Zeit für mehr als eine halbe Million Arbeiter in unserer Provinz bestimmt ist, durchzuführen. Der Arbeiter sorgt dadurch für sich selbst, der Arbeitgeber aber für die Entlastung der Gemeinden und Gutsbezirke, indem durch dieses Gesetz die Last der Armenpflege beseitigt oder doch wenigstens gemindert wird. Ostpreußen, von welchem schon einmal die großartige Bewegung egen den äußeren Feind ausgegangen ist, wolle auch ier die Bewegung gegen den inneren Feind entschlossen aufnehmen und durchführen und dadurch zeigen, daß es die Ziele der herrlichen Kaiserbotschaft verstanden hat und gewillt ist, dieselbe immer fester zum Bewußtsein seiner Bewohner zu bringen!"
Die Pflichten eines Hausvaters
nach dem Inkrafttreten des neuen Jnvaliditäts- und Altersversicherungsgesetzes (am 1. Januar 1891) verdienen eine besondere Darlegung um so mehr, als über diese Pflichten bei allen denjenigen Hausvorständen, die nicht zu den großen Arbeitgebern gehören, noch nicht allzuviel Klarheit herrschen dürfte.
Versicherungspflichtig sind bekanntlich alle Personen, welche als Arbeiter, Gehilfen, Gesellen, Lehrlinge oder Dienstboten gegen Lohn oder Gehalt beschäftigt werden und das 16. Lebensjahr überschritten haben. Also nicht nur alle Dienstmädchen, Köchinnen, Knechte, müssen versichert werden, sondern auch alle Bonnen, Kindergärtnerinnen, kurz, alle im Dienst stehenden Personen, sobald das Entgeld für die Dienstleistungen aller dieser Personen nicht nur in freier Station besteht.
Versichert wird mit Hilfe von „Quittungskarten und Beitragsmarken"; man klebt eine Beitragsmarke auf die Quittungskarte auf und wenn die letztere gefüllt ist, liefert man dieselbe ab. Zu allererst hat also jeder Hausvater dafür zu sorgen, daß jeder, der in seinem Hausstand versicherungspflichtig ist, eine Quittungskarte erhält. Man schickt, sobald der erste Januar naht, zur Polizei und sagt dem Dienstboten, er soll sich eine Quittungskarte geben lassen. Dabei wird man gut thun, ihm irgend etwas amtliches, das Dienstbuch u. dergl. mitzugeben, woraus der Geburtstag zu ersehen ist. Der Dienstbote oder Arbeitsmann erhält dann eine zweiblätterige Karte aus gelbem Kartonpapier, um ein Geringes größer als die Doppel
postkarten. — 8uf der ersten Seite stehen die Stempel der Behörde und die Personalien der Person, für welche die Karte ausgestellt ist. Die zweite und dritte Seite enthalten 53 numerierte Felder für die Marken. Die vierte Seite trägt den Abdruck dreier, bei der Verwendung der Quittungskarten besonders u beachtender Bestimmungen. Für die Ausstellung olcher Quittungskarten hat der Versicherungspflichtige nichts zu zahlen; sollte ein Arbeiter oder Dienstbote in der Beschaffung solcher Karte säumig sein, so hat der Hausherr für ihn eine zu besorgen, woraus etwa 5 oder 10 Pfennig Kosten entstehen werden, welche vom Lohn abgezogen werden können. Auf die zweite und dritte Seite der Karte muß nun der Hausvater für sein Personal die Betragsmarken aufkleben, und zwar jedesmal bei der Lohnzahlung. Daraus folgt, daß man Jeden, der Lohn fordert, fragt: „Haben Sie ihre Quittungskarte da? Wenn nicht, so besorgen Sie dieselbe?" Ist sie zur Stelle, so kann das Aufkleben beginnen — vorausgesetzt, daß man die „Beitragsmarken" hat. Mit solchen muß sich also der Hausherr oder die Hausfrau vor der Lohnzahlung ausrüsten.
Diese Beitragsmarken, welche in vier Abstufungen zu 14, 20, 24 und 30 Pfennig zu haben sind, werden von den Postanstalten feil gehalten. Diese Marken enthalten u. A. auch den Namen der Versicherungsanstalt, von welcher sie ausgegeben werden, und jede Postanstalt hält die Marken nur derjenigen Versicherungsanstalt zum Verkauf, in deren Bezirk sie liegt. Der Hausvater darf nur die Marken derjenigen Versicherungsanstalt verwenden, in deren Bezirk sein Hauswesen sich befindet.
Der Hausvater wird nun aber un Zweifel sein, welche der 4 Sorten von Marken er zu kaufen hat. Das hängt von der „Lohnklass e" ab, in welche der Dienstbote oder der Arbeiter gehört. Nach dem Gesetz giebt es nämlich vier Lohnklassen, in welche die Versicherten nach der Höhe ihres Arbeitsverdienstes verteilt sind.
Es gehören zur 1. Lohnklaffe die Personen mit einem Jahresarbeitsverdienst bis zu 350
Zur 2. Lohnklasse diejenigen von 351—550
Zur 3. Lohnklasse, wer jährlich 551—850 verdient.
Zur 4. Lohnklasse, wessen Verdienst über 850 hinausgeht.
Um dies zu berechnen, ist folgendes nötig: hat man Arbeiter, die einer Krankenkasse angehören, so nimmt man den Tag es betrag des Lohnes, von welchem die Krankenkassenbeiträge berechnet werden, multipliziert ihn mit 300 und hat die Lohnklasse. Bei den übrigen, insbesondere bei Dienstboten und den auf einzelne Tage im Hause beschäftigten Personen, kommt es nur darauf an, wie hoch allgemein der von der höheren Verwaltungsbehörde festgesetzte ortsübliche Tagelohn ist: daZ 300fache ergiebt die Lohnklaffe.
Für die 1. Lohnklasse braucht man eine Marke - von 14 -H, für Lohnklasse 2 eine solche von 20 -rZ, für Lohnklaffe 3 eine solche von 24 und für Lohn-
, klaffe 4 eine solche von 38« --Z..,- Für jede Woche der Beschäftigung ist eine Marke emzukleben und zwar bei der Lohnzahlung. Bekommt Jemand für einen, langen Zeitraum Lohn, so sind bei der Lohnzahlung so viele Marken auf die Karte zu kleben, als er Wochen gearbeitet hat. Nun kommt es vor, daß Jemand, z. B. eine Nühmamsell, nicht die ganze Woche an derselben Stelle beschäftigt ist, dann hat derjenige die Marke einzukleben, bei welchem der Versicherte zuerst arbeitet. Wer also eine Näherin am Montag beschäftigt, zahlt für die ganze Woche, nimmt man sie an einem späteren Tag? der Woche, so muß man sich bei der Lohnzahlung vergewissern, ob sie bereits für die laufende Woche eine Märke auf ihrer Karte hat oder nicht. Oberschw. Anz.
Eingesendet.
Da der „Kirchengesangverein" am Adventsonntage 3 musikalische Werke aufzuführen gedenkt, scheint es passend, einige erläuternde Worte darüber vorauszuschicken.
Das „Konzert für Orgel mit Orchesterbegleitung" das zur Eröffnung der Gesangsfeier dient, ist das erste unter zwölfen, die uns von G. F. Händel überliefert sind und stammt wohl aus dem Jahr 1735. Händel pflegte bei Aufführung seiner großen Oratorien in die Pause zwischen dem einen und dein andern Teil, Orgelvorträge einzulegen,, welche die Anziehungskraft seiner Musikfeste steigerten. Unser „erstes" Konzert besteht aus 4 Sätzen. Der erste ist ein Imrgbktto in O-moll, ernsten, nachdenklichen und entschlossenen Charakters, mit einer am Schluß angehängten langsameren Ueberleitung zum 2. Satz. Dieser, ein ^.IIsKi-o in 6l-äur, schreitet, energisch einher in weitreichender Ausführung; neben dem bewegten Spiel fehlt es nicht an sanft klagenden Episoden in molk. Ein elegisches ^äugio von. nur 10 Takten in L-moU läßt die Orgel allein mit. qanz sanften Stimmen erklingen, erst in den 2 letzten Takten gesellt ^ das Orchester wieder dazu. Der Schluß ist ein gemütliches ^.näanto in 6l-äur, ein Liedsatz der sich in Variationen zu größerer Klangfülle entwickelt, und im Vollglanz triumphierender. Freude abschließt. Die Streichinstrumente wirken teils mit der Orgel einmütig zusammen teils lösen, sie die Orgel durch Zwischensätze ab, oder bescheiden sie sich zu untergeordneter Begleitung.
Mit Cherubinis „Requiem" in 6-moU, bringt, der Verein, sowohl hinsichtlich des Textes wie auch der Musik, Ungewohntes vor die Hörer; ein lateinisches Stück (dem der deutsche Text beigegeben ist) soll zu-' sammen mit dem nachfolgenden deutschen Psalm den Unterschied zwischen katholischer und evangelischer Kirchenmusik zu fühlen geben.
Cherubim wurde 1760 in Florenz geboren,, wo sein Vater als Musikus am Theater ihn frühzeitig in seine Kunst einweihte. Er machte so staunenerregende Fortschritte, daß er schon in feinem 13.. Jahre durch verschiedene Kirchenmusiken berühmt wurde. Doch verschmähte er den wohlfeilen Beifall des großen Publikums und schlug eine von der Landstraße weitabliegende Richtung ein, ihm lag vor allem.
„O, da ist genug Leinwand vorhanden," antwortete sie; „ich will die Säcke machen. Aber was für einen Plan hast Du denn eigentlich, Geoffroy? Bitte, weihe mich vollständig ein — vielleicht bin ich im Stande, Dich noch auf irgend etwas aufmerksam zu machen."
„Ich habe je nach den Umständen zwei verschiedene Pläne," erwiederte ich, „aber jetzt will ich nur von dem einen sprechen: Vanderdecken wird sicherlich dicht ans Land heransegeln; ich bezweifle daher nicht im geringsten, daß es mir möglich sein wird, die unbedeutende Distanz schwimmend zurückzulegen. Für Dich werde ich einen kleinen. Deiner Taille angepaßten Holzrahmen verfertigen, der Dich schwimmend erhalten wird, wenn ich Dich in das Wasser hinablasse. Alsdann werde ich mich selber so leise wie möglich hinablaffen und schwimmend Dich ans Land bugsieren."
Ich fürchtete, daß ich auf ihrem Antlitz ein ängstliches Erschrecken wahrnehmen würde; sie schaute mich jedoch furchtlos an, ja eS schien, als ob ein Gefühl des Triumphes ihre zarten Wangen rötete.
„Auf welche Wesse soll ich ins Wasser Hinabkommen?" fragte sie.
„Ich will Dich von der Seitengalerie außerhalb Deiner Kabine hinablaffen," erwiederte ich; „die Höhe ist nicht bedeutend. Das nächtliche Dunkel unter dem Gilling wird Dich verbergen und ich werde alsdann bedacht fein, uns Beide in aller Sülle und so behutsam wie möglich durch das Wasser zu arbeiten."
Mich mit einem zärtlichen Lächeln anblickend, sagte sie: „So weit ist ja Alles ausführbar, Geofftoy. Aber was weiter? Stelle Dir vor, daß wir nun das Ufer glücklich erreicht haben."
„Selbstverständlich wird uns Vanderdecken verfolgen lassen, aber einer afrikanischen Küstengegend dürste es kaum an dichter Vegetation voller Schlupfwinkel und Verstecke fehlen. Indessen, bei diesem wie bei allem Anderen, Geliebteste, müssen wir un» ganz und gar auf Gottes Hilfe verlassen. Wird uns diese gewährt, so habm wir nichts zu fürchten, wird sie uns dagegen versagt — nun, dann wäre es besser, wenn ich mich sogleich über Bord stürzte."
„Geoffroy," rief sie aus, „ich frage Dich ja nicht, mein Geliebter, aus Furcht
vor dem, was uns etwa begegnen könnte, sondern nur, damit ich Dir, wenn die Zeit des Handelns kommt, kräftigen Beistand zu leisten vermag!"
„Mein tapferes, kleines Lieb!" flüsterte ich ihr zu, „glaube doch ja nicht, daß ich Dich falsch beurteilen könnte. Du wolltest mich nur fragen, was dann folgen soll, wenn dieses Schiff der Küste den Rücken kehrt und wir dort in der Wildnis allein sein werden? Wie kann ich Dir darauf Antwort geben? Wir müssen eben versuchen, was schon Andere mit Erfolg vollbracht haben — uns bis zu irgend einer Niederlassung durchkämpfen. Wohl bin ich mir bewußt, daß unsere Aussichten auf Rettung auch in diesem günstigsten Falle nur sehr gering sein werden. Aber bedenke doch das Geschick, das unsrer harrt, wenn Du hier auf dem Schiffe bliebtest und ich allein an jener unbewohnten Küste ausgefftzt würde. Fliehen wir hingegen, so haben wir doch wenigstens eine Aussicht aus Rettung — eine sehr geringe zwar- aber doch immerhin eine Aussicht, die sich uns bietet, wenn wir an das Land entkommen. Und dann würden wir doch wenigstens beisammen sein, Geliebte!"
Ich küßte sie auf die Stirne, und ihre Liebe flammte empor unter meinem leidenschaftlichen Kuß. Schön wie sie war, schien sie doch verwandelt durch die tiefe Röte auf ihren Wangen, ihr Lächeln und das Funkeln keuscher, mädchenhafter Glücksempfindung in ihren dunklen Augensternen.
Ein Seemann mag sich vielleicht wundern, mich von drei oder vier Säcken Proviant sprechen zu hören, und den Kopf schütteln, daß ich — wie er meint — nicht sehen sollte, daß diese Nahrungsmittel, in Säcken Jmogenen umgehängt, bei der geringsten Bewegung des Wassers von der salzigen Nässe verdorben und unbrauchbar gemacht werden würden. Aber dieser mein Vorschlag, sie in einem Holzrahmen schweben zu lassen und sie so schwimmend ans Land zu bugsieren, war ja nur für den schlimmsten Fall von mir gemacht, daß sich der andere und weniger gefährliche Fluchtversuch mü Hilfe eines der Boote als unmöglich erweisen sollte. Und in diesem Falle waren drei kleine Säckchen, die, wohlverwahrt und über Wasser gehalten, meinem Liebchen um die Schultern hingen, der Gefahr des Naßwerdens viel weniger ausgesetzt als ein einziger großer Sack, der notwendigerweise schwerer- und demgemäß tiefer hängen mußte. (Forts, folgt.)