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drang wirklich herauf, gleich leisem Geläute aus ferner, unendlicher Tiefe. Wohin sind die plätschernden Wasser, wo kommen sie wieder zu Tage? Das war mir klar, daß da unten mächtige Grotten und Tümpel bestehen, die teilweise von Wasser anaefüllt sind, auf diese Weise unterirdische Seeen bildend. In diese unterirdische Hallen, in das Märchenreich der Kobolde und Berggeister einzudringen, dahin stand von da an mein Sinnen und Trachten. Wie oft ich es auch versuchte, es glückte mir nicht. In letzter Zeit wiederholte ich die Versuche, von einem tüchtigen und überaus fleißigen Bergknappen (Franz Hoffmann) dazu veranlaßt, diesmal war unser Forschen von Erfolg. Die nun bekannte Höhle hat bis jetzt eine Länge von 65 Mtr. Die vordere, untere Höhle ist etwa 35 Mtr. lang und wechselt in einer Höhe von 3 bis über 15 Meter und einer Breite von 1 bis 3 Meter. Sie wiederum wird eigentlich gebildet von 3 Hallen, von denen aber nur die letztere nach Innen prächtige Tropfstembildungen aufweist. Die äußeren müssen schon früher bekannt und damals ihrer Schönheiten beraubt worden sein. Doch zeigen auch sie noch einzelne Merkwürdigkeiten. Am Eingang in die 3. Halle sieht der Beschauer eine eigentümliche Bildung, gleich einer gewaltigen Riesenschlange sich abwärts schlängelnd, um dem Besucher das weitere Vordringen zu wehren. Von dieser Halle an zieht sich die untere Höhle gangartig hinabwärts, immer wieder neue Kammern bildend, auf denen aber meterhoher Schutt vorerst das weitere Vorgehen hindert. Doch eigenartige schöne Bildungen lmks der 3. Halle locken uns nach oben. Wir stehen wiederum vor einer kleinen aber prächtigen Felsenkammer, dem Eingang zur oberen Hinteren Höhle. Wieder ein Blick nach oben und halb entsetzt glaubt das Auge rechts und links der Felswände gewaltige Wassermassen Herabstürzen, sich inmitten des Ganges zum reißenden Bache vereinigen und von Fels zu Fels genannter Kammer zuströmen zu sehen. Aber getrost — die Wasser sind erstarrt, ewig gebannt in die Form des Gesteins. Hurtig klimmen wir über die steinernen Wogen aufwärts und kommen zur 4. und prächtigsten Halle. In einer Höhe von etwa 5 m, einer Breite von 4 m und einer Länge von ebenfalls 4 in vereinigt sie alle Pracht eines unterirvischeu Tempels in sich. Vom Boden aufwärts von der Decke abwärts strecken sich größere und kleinere Stalagmiten, wunderbare, durchsichtige, glasähnliche Röhrchen, gelblich getönte Spindeln und sonst in allerlei Formen sich zeigende Bildungen. Besonders mächtig und staunenerregend sind die großen unter dem Halleingang herabhängenden Bildungen, Stalagmiten, von denen einige eine Länge von 1m, einer sogar war 2 in lang, erreichen, mannsdick in der Mitte, nach unten aber zur Nadel sich zuspitzend. Mit unseren Fingern gleichzeitig angeschlagen, tönten sie zusammen zum lieblichsten Geläute. Das ist bis jetzt die letzte Halle, durchaus aber noch nicht das Ende der Höhle. Bis hierher durfte weder Haue noch Schaufel angerührt werden, dieselben müssen aber nun tüchtig benützt werden, um die noch verborgenen Schönheiten unseren Augen zu erschließen. Gefunden und zuerst betreten wurde die Hintere obere Höhle vom Verfasser, während meine beiden Begleiter in der unteren Höhle forschten.
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Geislingen, 30. Oktbr. Den 2 landw. I Vereinen der Bezirke Geislingen und Heidenheim > die seit einigen Jahren gemeinsame Zuchtfohlenaufkäufe in Frankreich machen, schloß sich in diesem Jahre auch der Blaubeurer Verein an. Die abgesandte Kaufskommission, bestehend aus den HH. Gutspächter Schmid auf Christophshof für Geislingen, Schultheiß Mayer von Steircheim für Heidenheim, Schultheiß und Landtagsabg. Braiting von Markbronn für Blaubeuren, unter der Leitung von Oek.-R. und Landtagsabg. Bantleon von Waldhausen, wurde in der kurzen Frist von 10 Tagen ihrer schwierigen Aufgabe in höchst zufriedenstellender Weise gerecht. Das Ergebnis ihrer Reise in die Gegend von Alengon ist der Ankauf von 15 Stuten- und 5 Hengstfohlen für Geislingen, je 13 Stuten- und 2 Hengstfohlen für Heidenheim und Blaubeuren, je im Alter von 6—8 Monaten, und von 2 3jährigen Hengsten für Blaubeuren. Heute fand die Versteigerung der für Geislingen angekauften Tiere statt, bei welcher die Preise für Hengstfohlen zwischen 325 und 700 für Stutenfohlen zwischen 295 und 610 ^ sich bewegten. Der Ankaufspreis betrug 7700 der Erlös 8700 Die Herren der Kommission rühmen das überaus freundliche Entgegenkommen der Verkäufer sowohl als der Verkaufsbehörden.
Spaichingen, 29. Okt. Wie der „Heub. B." erfährt, hat jüngst ein Bursche vom Heuberg, der nächtlicher Weile einem Landjäger begegnete, diesen dadurch geuzt, daß er beim Anblick des Landjägers davon sprang, so daß dieser natürlich annehmen mußte, er habe einen Gesetzesübertreter vor sich, und den Burschen verfolgte, der wieder langsamer lief, bis der Wächter der öffentlichen Sicherheit ihm nahe war, dann aber wieder Reißaus nahm und dieses Manöver öfter wiederholte. Glücklicher Weise wurde der Mann, der sich einen so kecken Spaß erlaubte, ermittelt und soll auch von seiner Heimatbehörde mit Fug und Recht auf Grund des groben Unfugsparagraphen mit einer Geldstrafe bedacht worden sein. — Derartige „Spässe," an und für sich verwerflich, können überdies aber für ihre Urheber recht bedenklich werden. Welches Unglück wäre wohl über den Burschen und seine Familie gekommen, wenn irgend ein verhängnisvoller Zufall eingetreten wäre, der den Landjäger zum Gebrauch seiner Schußwaffe berechtigt hätte? Der friedliche Bürger ist froh, wenn er sich und sein Eigentum durch die Gensdarmerie geschützt weiß, deren Dienst unangenehm genug ist; diesen Dienst ihr so zu erschweren, ist in hohem Grade unbillig.
Leutkirch, 27. Okt. Beim Nachfischen im Weiher in Ellerazhofen wollte ein prächtiger Rehbock über den leeren Weiher setzen, blieb aber in dem Morast stecken und arbeitete sich bis an den Hals darin fest, so daß einige Männer unter eigener. Gefahr des Versinkend ihm zu Hilfe kommen mußten, welche den sonderbaren Karpfen mit der größten Anstrengung ans Ufer brachten. Der Bock wurde dem Jagdpächter zugestellt.
Villingen, 27. Okt. Eine schreckliche Kunde durchläuft unsere Stadt. Der ca. 33 Jahre alte, sehr fleißige, verh. Gipsermeister Schiller von hier j
I (früher Offiziersbursche in Ludwigsburg und Berlin) I war gestern abend in einer hiesigen Wirtschaft mit l verschiedenen sich nicht gerade des besten Rufes erfreuenden kiesigen gleichaltrigen Männern in Streit geraten und wurde heute früh, nachdem er in der Nacht nicht in seinen Familienkreis zurückgekehrt war, vermißt. Die sofort von der Gensdarmerie angestell- ten Nachforschungen lieferten dann heute vormittag noch das traurige Ergebnis, daß der Leichnam am Rechen einer außerhalb der Stadt gelegenen Mühle aufgefunden wurde. Man nimmt an, daß Schiller innerhalb der Stadt ermordet cmd durch einen Schacht in eine die Stadt unterirdisch durchfließende Ableitung der z. Z. ziemlich wasserreichen Brigach geworfen worden ist. Verhaftungen sind vorgenommen worden.
Berlin, 31. Okt. Vor dem Hochzeitstag gestorben. Vorgestern sollte in einem hiesigen Hotel die Hochzeitsfeier der jüngsten 20jährigen Tochter M. des Rentiers Dr. med. P. in Charlottenburg mit einem jungen Bankier aus Antwerpen stattfinde»- Der Bräutigam teilte seiner Braut brieflich mit, daß er am Hochzeitstage mit dem Frühzuge in Berlin eintreffen werde. Die junge Braut war eben im Begriff, sich in Begleitung ihres Vaters zum Bahnhof zu begeben, als der Postbote eintrat und Herrn Dr. P. einen mit dem Poststempel Antwerpen versehenen Expreßbrief übergab. Ahnungslos wurde der Brief geöffnet und von Vater und Tochter gleichzeitig gelesen. Plötzlich stieß die junge Braut einen Schrei auS und sank ohnmächtig in den Armen ihres Vaters zusammen. In dem Brief meldeten die Angehörigen, des Bräutigams, daß derselbe gerade in demselben Moment, als er sich zur Abreise nach Berlin zu seiner Hochzeitsfeier anschickte, plötzlich vom Herzschlage getroffen und verschieden sei.
Vermischtes.
Die Luft, ein neuer Motor. Man hat. schon häufig die Frage aufgeworfen, was das Schicksal der Industrie sein werde, wenn einmal die Kohlenlager erschöpft sein werden. Nun sind allerdings, noch Kohlen genug vorhanden, auch können neue. Kohlenlager entdeckt werden, allein die Kohlenfrage darf uns nicht mehr beängstigen, seit ein neuer Motor in Gang gesetzt ist, dem die Zukunft zu gehören scheint, nämlich die Luftmaschine. Komprimierte. Luft benützt die Technik schon lange in Bergwerken,, für Tunnelbauten und sonst; man hat aber noch nie versucht, sie allgemein der Industrie dienstbar zu machen, weil man die Kosten scheute. Da trat etwa vor 12 Jahren der Oestreicher Viktor Popp an dem Stadtrat seiner Vaterstadt Wien heran mit dem Anerbieten, er wolle mit seiner Luftmaschine Uhren und andere Maschinen treiben. Allein er fand kem Verständnis, und es blieb dem erfinderischen Deutschen, wie so manchem anderen Erfinder, nichts anderes übrig, als seine Entdeckung dem Ausland anzubieten. Die Weltausstellung zu Paris 1878 war der richtige Boden, auf dem die neue Erfindung Anerkennung ernten konnte. Man trug sich damals mit dem Plane, j über ganz Paris ein gleiches Uhrensystem zu ver-
in die Fluten versenken würde; doch mit der Regelmäßigkeit eines Pultschlages fegte die unruhige See das kleine Fahrzeug klar und entriß es unterer Umarmung. Mein Standort ermöglichte mir einen ungemein günstigen Ueberblick über Alles, was auf ihm vorging.
Ter Schrecken der enternden Mannschaften hatte sich als ansteckend erwiesen
— ich werde den Anblick niemals vergessen! Klein wie der Schooner war, so konnte er doch kaum weniger denn neunzig Mann an Bord haben, und ihr Brüllen und Wüten hallte wie ein wahres Höllengetöse durch die Luft. Meine Kenntniß des Französischen war mangelhaft, doch einigen ihrer angsterfüllten Ausrufe war ich im Stande zu folgen, wie zum Beispiel: „Es ist der Fliegende Holländer!"
„Kappt uns los! Kappt uns los!"
„Brecht die Focke ein! — stoßt es ab! stoßt es weg! flink, Kinder!"
„Ha, wir sind los!"
„Nein! Halt! — es hängt noch irgendwo! Ha, schaut! Die Luvtopsegelbrasse hat sich in des Holländers Fockmarssegelraanocke verfitzt — es hat keinen Zweck, hinaufzuklettern! Laßt sie fahren — sie mag sich selbst vieren!"
Man stelle sich ein Stimmengewirr aus achtzig verschiedenen Kehlen vor. von denen einige noch dazu die syrupartige Dicke der Negersprache verrieten, Alle durcheinander schreiend und Befehle gebend, wie ich deren solche ausgezeichnet habe; man denke sich das Verdeck des SchoonerS mit erschreckten Männern überfüllt, die augenscheinlich ziellos von einer Seite zur andem, von einem Ende zum andern stürzten
— jeder Ordnung, jeder Disciplin bar, während aus der Tiefe zwischen beiden Schiffen gurgelnde Laute und Hilferufe hörbar wurden, ein Zeichen, daß irgend einer dieser Tröpfe bei der allzu hastigen Flucht über Bord gefallen war und sich nun in Todesangst irgendwo anklammerte. Die Segel zitterten, das Meer jenseits seines Bugs kräuselte sich in Wellen von schimmerndem Weiß, das die Formen des Schooners, wie er sich auf dem wogenden Schneeschaum cmporhob, in staunenswerter Deutlichkett erkennen ließ.
Endlich waren sie doch wenigsten? so vernünftig, die an ihren Enterhaken befindlichen Taue, welche sie mit unserem Schiffe verbanden, zu kappen, und zu meiner
größten Freude — denn wenn es wirkliche Piraten waren, wie ich es aus ihrem ganzen Aussehen und Benehmen anzunehmen Grund hatte, so wäre es gar nicht so wunderbar gewesen, wenn die Kühneren und Verivegeneren unter ihnen die Uebrigen noch einmal gesammelt und mit sich fortgerissen hätten — ich sage, zu meiner größten Freude begann der Schooner sogleich zu stampfen, zu schnaufen und sich vorwärts zu bewegen; in einigen Minuten hatte er bereits unfern Bug gekreuzt und floh in nordöstlicher Richtung von dannen, wobei er mitten im Laufe mit rapider Geschwindigkeit alle seine Segel entfaltete und so in der Dunkelheit verschwand. Ich blieb noch einen Augenblick stehen, um einen befreienden Atemzug zu thun und der Entfernung des Franzosen ganz sicher zu sein. In diese kurze Spanne Zeit hatte sich mehr Angst und Aufregung zusammengedrängt als ich zu berichten vermag.
Sie hätten den Holländern nichts anhaben können, aber mich würden sie sicherlich getötet und Jmogene hinweggeführt haben, darum dankte ich dem Himmel niemals in meinem Leben mit größerer Inbrunst als in diesem Augenblicke, wo meine Augen dem kleiner werdenden Schatten des davonflürmenden Korsaren folgten, bis er in der Nacht spurlos verschwunden war. Schnell schlüpfte ich an die Decköffnung, stieg ein oder zwei Stufen hinab und rief Jmogene leise beim Namen. Alsbald tauchte das bleiche Gesicht meines geliebten Mädchens vor mir aus der Dunkelheit auf.
„Sie sind fort!" rief ich ihr zu; „die Gefahr ist vorüber."
„Ich vernahm Deinen Alarmruf: Der Fliegende Holländer! Rettet Euch!"' flüsterte sie mit einem Anflug von Fröhlichkeit in der Stimme. „Es war eine kühne, verwegene Idee! Und, Herr des Himmels, welch eine Panik folgte darauf!"
„Die volle Wahrheit begann ihnen bereits zu dämmern," entgegnete ich mit unterdrücktem Lachen, „das merkte ich an der Art und Weise, mit der sie sich die gespensterhafte Schar Holländer anschauten, und ich war so ziemlich überzeugt, daß es nur noch eines kräftigen, furchterregenden, gellenden Schreies bedürfe, um die von mir gewünschte Panik ausbrechen zu lassen."
(Fortsetzung folgt.)