Sasonows Rücktritt.

Das vielgenannte engihche Wort, oaß manmitten im Strom nicht die Pferde wechseln solle,' hat im Welt­krieg bei unseren Femden seine Geltung verloren. Eng- land, Frankreich, Italien Hoden nacheinander ihre Minister- Kabinette erneuert, und Rußland hotte die Ministeiwechsel ganz besonders notwendig. An Stelle Goremykins ist längst Boris Wladimirowttjch Stürmer getreten, eine Reihe anderer Minister-Portefeuilles haben ihre Inhaber gewechselt, nun ist auch Sasonow mit schlichtem Abschied in der Versenkung verschwunden. Die russische Meldung hierüber macht nicht viel Aufhebens von dieser Tatsache, der Dank des Zaren an den Mann, der seit beinahe sechs Jahren auf dem wichtigen Posten des russischen Außenministers gestanden, ist kühl, sehr kühl, gegenüber einem Manne, der plötzlich doch wohl im Dienste des Vaterlandes zusammen- bricht Bereits am Samstag verriet die Petersburger .Börsenzeitung", daß Sasonow, der sich noch Zum jüngsten Ministerrat im russischen Hauptquartier in völliger Frische und Gesundheit bevab, plötzlich einem nervösen Zusammen­bruch erlitten habe^ gänzlich arbeite-unsähig geworden und sofort im Extrazug in em finnisches Sanatorium gebracht worden sei-, sein Geisteszustand werdeals nicht völlig klar" bezeichnet.

Diese interessante Wahrnehmung, die man in Peters­burg erst nach dem letzten Mimsterrat machte, überraschte uns nicht. Hatte man früher Sasonow auch in Rußland als ganz besondere poliiische Leuchte betrachtet, so schüttelte man, als man ihn aus seine' Kriegsreden näher kennen lernte, allgemach den Kopf und schließlich verfiel er dem Fluch der Lächerlichkeit. Hielt man ihn einst für einen Antipoden Iswolskis, so stellte sich im Kriege heraus, daß der Siockrufle, Erz-eaktionär und Panslawist aus dem Gouvernement Rjäsan. aus der Tiefe Großrußlands, nichts anderes war. als Iswolskis gelehriger Schüler. Seine Reden waren der schlagendste Beweis dafür, daß ihm der sür einen Führer notwendige weite Blick und die staats- männische Durchdringung der Probleme seiner Zeit abgehen. Monatelang hielt sich Sasonow in deuischen Städten aus; als Ausbeute seiner deutschen Reisen brachte er nach Ruß­land die naive Anschauung mit, daß man Preußentum und Deutschtum gegeneinander aussptelen könnte. Seine Un­kenntnis verführte ihn auch zu anderen falschen Schlüssen. Er erzählte seinen Hörern, daß das getäuschte deutsche Volk anfangs, rinzusehen, wie seine Regierung den Krieg vbficht- lich herbeigesührt habe. Er berichtete ollen Erustcs, daß daß die deuischen Generale ihre Soldaten vor dem Angriff betrunken machten er konnte sich die Ursache deuischen Heldentums gar nicht anders oorstellen, als eben russisch, stockrusfisch. Dabei litt er ohne Zweifel schon früher an Gedächtnisschwäche. In seiner Dumaredc im vorigen August sprach er mit großen Worten von der endgültigen Vernich- tung des Feindes; im Februar nannte er eine derartige Behauptung sinnlos. Im Januar 1915 äußerte er den Petersburger Pressevertretern gegenüber, er glaube, der Krieg werde nicht mehr lange dauern, im Februar 1916 erklärte er die Kciegsdauer für unabsehbar lange.

Aber das waren Kleinigkeiten, die seine Landsleute nicht weiter störten. Die Haupt ache war sür ihn, die Tat­sachen vor der Duma zu verschleiern. Daher die hahne­büchenen Verleumdungen Deutschlands, die Lügen über die deutsche Politik, die durch geheime Arbeit unverantwortlicher Kräfte den Krieg verschuldet habe. Ueber die Gründe seines plötzlichen Rücktritts, auch über die Gründe seines physischen Zusammenbruchs verlautet bisher wenig. Jedenfalls fällt der Ministerwechsel mit dem Abschluß des russisch-japanischen Abkommens zeitlich zusammen. Sollte in Petersburg die Erkenntnis schon dämmern, daß Rußland nur noch zu ver­lieren hat, je länger es hartnäckig gegen di« Weststont stürmt?

Nun, Sasonow hat abgewirtschaftet. An seiner Stelle übernahm Ministerpräsident Stürmer selbst das Ressort des Außenministers. Bekanntlich Hai Stürmer, dessen Familie deutschem Ursprungs ist, nichts Deutsches mehr an sich als

Mark, im Handelswettbewerb mit England durch alle Meere fahren. Wir sind England im Weg, seit unsere Eisenerzeu­gung die englische ums doppeUe übe trifft und unsere Stahl- fabrrkation die englische um etliche Millionen Doppelzentner jährlich überholt hat, seit deutsche Maschinen statt der englischen als die besten durch die Welt gehen, seit deutsche Waren aller Art in allen Erdteilen die englischen zu verdrängen begonnen haben. Mit dem allem und manchem andern find wir England im Weg. Darum hat England den Krieg gewollt und darum will Eduard Grey keinen Frieden ausgenommen emen solchen, den er macht noch seinem eng­lischen Herzen, einen Frieden, der uns zugrunde richtet und unser Volk auf Kind und Kinderkind zu armen Bettlern herunierdrückt. einen Frieden, der England die Weltherrschaft endgültig sichert.

Das alles darf nicht vergessen werden. Dann werden wir's uns noch einmal überlegen, cb wir ungeduldig nach der Heimkehr unserer Truppen und nach Frieden rufen dürfen. Dann werden wir vielmehr unsere wackeren gelieb­ten Soldaten bitten, in Gottes Namen auszuhallen in Mühe und Not. bis die gottlosen Pläne Englands gescheitert sind. Und zu Haus werden wir eher die Zähne zusammenbeißen. um schweigend und hart die Last und Mühsale des Krieges mit unseren Kindern zu tragen, ehe wir dem Engländer die Freude machen, daß wir müde und matt geworden, Frieden begehren um jeden Preis. Darauf wartet er ja gerade. Deshalb, nur der halb zieht er den Krieg in die Länge, daß wir müd werden sollen. Unseren Ruf nach Frie­den um jeden Preis will England hören, dann ist seine

der, Namen, er galt stets als eine der Koryphäen der ultra- russischen Partei, der Partei, die den Deutschenhaß aus ihre Fahne geschrieben hat. Sasonows Abgang wird also eben­sowenig eine Wirkung aus die politische Lage haben, als all die länderen Minrsterwechsel im Vierorrbano während dieses Krieges. Nur die Personen wechseln vorerst, nicht die Anschauungen. Leute, wie die führenden Politiker Schingarew und Mxandrro in der Pcterrdurger Stadtver­ordnetenversammlung. von denen die Rüsten kürzlich ernste Worte gegen dis Lügen über Deutschland vernahmen, ha­ben einstweilen noch keine Stimme im Rat des Zaren.

Der deutsche Nationalausschuß.

Aus badischen Hochschulreifen wird der Südd. Ztg. über den unter der Leituna des Fürsten Wedel stehenden Natronalausschuß zur Vorbereitung eines ehrenvollen Friedens" ein Aussatz zugesandt, der sich zum großen Teil mit unseren zllch gemachten Ausführungen deckt. Es heißt da u. a.: Der neueNationalausschuß" ist ein gänzlich überflüssiges Unternehmen. Für eine unparteiische Erörte­rung der Kriegs- und Friedensziele war ja schon vor ge­raumer Zeit die Schäferjche Unabhängige Bereinigung be­gründet worden. Im Zusammenhang mit zweckmäßigen Nebenorganisationen hat sie eine erfreuliche Tätigkeit ent- wickelt und viel zur Aufklärung über die schwebenden Fragen geleistet. Bon besonderer Bedeutung sind die ihr angeschloffenen lokalen Organisationen. Gerade sie bewei­sen, daß die Einrichtung die Gewähr vollkommener Un­parteilichkeit und Sachlichkeit bietet. Wenn diese lokalen Organisationen im Einzelnen einen verschiedenen Charakter haben, so gewähren sie doch jedem den Zutritt und das Recht der freien Meinungsäußerung, der nicht gerade auf dem Standpunkt eines krankhaften Pazifismus steht (wel­chen ja auch der Wedels che Ausschuß bekämpfen will). In einer großen süddeutschen Stadt z. B. sind sämtliche poli­tischen Parteien, von den Konservativen bis zur Sozial­demokratie. offiziell in der Organisation vertreten. In einer andcren fehlen zwar Bolkspartei und Sozialdemokratie offiziell, aber einzelne Mitglieder dikser Parteien legen Wert darauf, in den Sitzungen der Bereinigung nicht zu fehlen. Zu den Parteivenretungen kommen Vertreter des staat­lichen Beamtentums und von Handel, Industrie und Land­wirtschaft. Ist das nicht eine Bereinigung idealer Natur? Was soll dem gegenüber der Wedrlsche Verein? Es kann gar nicht ousbletben, daß er einen Mißklang in die Ver­hältnisse bringt, zumal er von vornherein mit einem Pro­gramm austrrtt, welches heftige Angriffe gegen vorhandene Richtungen enthält. Wenn man Zwietracht in der Nation stiften wollte, dann konnte man es nicht geschickter anfan­gen, als es der Wedrlsche Verein getan hat. Die Herren könnten es sich doch an den Fingern adzählen, daß dis ungerecht angegriffenen Kreise nicht einfach schweigen werden. Die geschilderten lokalen Organisationen sind, wie erwähnt, von unparteiischer und weitherziger Art. Man hätte ihnen die Möglichkeit zu stärkerem Ausbau und größerer Ver­breitung verschaffen sollen. Statt besten ruft man eine neue Bereinigung ins Leben, die naturgemäß in Gegensatz zu jenem treten wird. Häßliche Zänkereien werden die Folgen sein. Und was wird das Ausland dazu sagen, wenn es in dem Wedelschen Programm von den in Deutschland betriebenenHetzereien" und von derUnersättlichkeit" der deutschen Annexionisten liest!!

Noch ein anderer Punkt dürfte nicht gleichgültig sein. Deutschland darf sich rühmen, sich während des Krieges günstiger finanzieller Verkäitniffe zu erfreuen. Aber wenn wir finanziell nicht schlecht stehen, so wollen wir doch über­flüssige Ausgaben vermeiden. Um solche aber scheint es sich «ns bet dem Wedelschen Unternehmen zu handeln. Mit großer Reklame wird es ins Werk gesetztman sichert sich lange voraus die größten Säle; die Rsdner machen weite Reisen. Wozu das alles? Die bestehenden Or­ganisationen wirtschaften mit bescheidenen Mitteln. Indessen diese Bemerkung über die finanzielle Sette dsc Sache nur nebenbei. Bor allem müssen wir gegen das neue Unter­nehmen geltend machen, daß es überflüssig ist, nur Zwie-

Stunde gekommen. Dann hofft es uns an die Kehle fahren zu können im Friedensschiuß. Es ist verständlich, wenn eine Frau in Zorn gerät, wenn sie stundenlang vor einem Laden steht und schließlich nicht bekommt, was sie braucht. Wir dürfen uns nicht wundern, wenn manches sich erregt und ins Schimpfen hineinkommt ob der Sorge ums tägliche Brot. Aber das Ende vor allem muß der trotzige Vorsatz sein: Lieber hungem als vor England in die Kniee! Die Freude soll der heimtückische Krämer an uns nicht erleben, daß wir vor seinen Ohren von einem Frieden reden um jeden Preis. Das Stärkste, Las Willkommenste, was wir dem Feinde jetzt geben können, ist der müde und verzagte Ruf nach Frieden, sind die Schwierigkeiten, die wir einan­der im Innern machen, ist die Unzufriedenheit über die mancherlei Unbequemlichkeiten und Entbehrungen. Nein dazu ist jetzt keine Zeit. Einig sein im Willen zum Durchhalten, im Willen zum Sieg, stark und fest und ge­schloffen wie eine Mauer dastehen gleich unseren Soldaten draußen das ist's, was wir alle einander zurusen wol­len, das ist das Gebot der Stunde.

Andere Zeiten. Früher glaubten die Menschen durch Zauberet aus den Gang des Krieges einwirken zu können. So rühmte sich Melanchthons Bekannter, Faust von Kündling. er habe dem Kaiserlichen Herrn in Italien durch Magie den Sieg verschafft. Besonders schrieb man den Sieg Karls V. bei Paula einem Zauberer zu. Auch Goethe läßt in seinemFaust" seinen Helden den Sieg des Kaiserlichen Heeres über das Heer des Gegenkaisers

iracht m die Nation bringen wird und dem feindlicher!! Ausland Gelegenheit gibt, über zerfahrene Verhältnisse in Deutschland zu jubeln.

Frankreich und der deutsche Nationalausschuß.

DieBataille" bespricht die Gründung des National- ausschusies unter Führung dcs Fürsten Wedel und fragt, ob dieser armexloniftische Aufruf ^Gesellschafter) Gnade bei den demschem Volke finden ws de. Dem Volke wäre zwei­fellos ein Ausschuß, der ihm Brot spendete, lieber, und es habe nur den Wunsch nach Friedm. Fürst Wedel und Genoffen wüßten dos, und deshalb töne das WertFriede" so laut in ihrem Manifest.

Aber diese grobe List der Junker werde bei den Mas­sen keinen Erfolg haben, sie wollen sich von dem Panger- maniften nicht mehr gebrauchen lassen. Sie wissen, daß dieser Weg zu nichts führen kann, da er den völligen Sieg Deutschlands zur Voraussetzung hat. und di.ser ist jetzt un­möglich. Hindenburg und Mackensen verlangen zwanzig Divisionen Verstärkung, an der Somme sieht es bedenklich, Oesterreich bricht zusammen, und diesen Augenblick erwählen die Gegner des Kanzlers, um von Eroberungen zu spreche,!! Die politische Krisis mit ihrem Gegensatz zwischen den Preußen des alten Stiles und der Regierung, die dis Lage kenne, könne den Franzosen nur gefallen. Je höher drr Alldeutschen ihr« Ansprüche spannten, um so mehr werde der Gegensatz zwischen Traum und Wirklichkeit offenbar werden. Dadurch könne die Entmutigung u>d die Wut des Volkes nur gesteigert werden. Schon jetzt versuche die Minderheit die Lage darzustellen, wir sie wirklich ist. Wenn Russen und Engländer in ihren Leistungen so sort- jühren, würde sich die Einsicht in Deutschland bald durch» setzen und damit das Ende des Krieges nahe sein.

DieBataille" hat zunächst offenbar eins ganz falsche Ansicht von dem Zwecks des Auftretens der Frkdens- männer. Jedenfalls werden sie nicht alsAnnexionastften" angesehen werden dürfen, eher das Gegenteil. Das über ist Nebensache. Die Hauptsache ist an den Ausjührungen des französischen Arbeiter-Blattes die Feststellung der mili­tärischen Lage, die natürlich in französischer Weise sür uns übertrieben ungünstig dargestellt wird, und andererseits dis Feststellung der gleichzeitig einsetzenden neuen Friedens­agitation in Deutschland mit den entsprechenden Rückschlüs­sen, die eine Abkürzung des Krieges nicht zur Folge haben dürsten. Genau, wie wir es oorausgrsagt haben.

Kömg Wilhelm GemalsetdmMÄ.

Stuttgart, 24 Juli. WTB. Kaiser Wilhelm hat an den König von Württemberg aus dem Großen Haupt­quartier, wie wir in unserer gestrigen Nummer bereits kurz de- richteten, folgendes Handschreiben gerichtet:Durchlauchtigster, Großmächtigsicr Flüst, sreundlteber Beiter und Bruder! Euerer Majestät württemvergisch« Truppen haben seit nun­mehr fast zwei Jahren in hetde«mütigr« Kämpfe« auf «Ke« Schaoptätze« dieses große« Krieges mit uuver gkeichkicher Tapferkeit ««d vollster KiugaSe für ihre« König ««d ihr schönes Schwaveukaud gefachte» «sd gevkstet. Sie hoben die württemvergische Waffeuehre ükerall hochgehalte« rmd stch des A«hmrs ihrer Mter würdig gezeigt. Ich gedenke dieser Leistungen mir hoher Zrlerkerwimg und bin gewiß, daß das Königlich Wirrt- tembergijche Armeekorps auch in Zukunst seinen Mann stehen und mit der gleichen Treue und Zähigkeit seine siegreichen Waffen weiter führen wird. Mit freudigem Stolze stehen Euere Majestät als erhabener Chef an der Spitze solcher Truppen! Ich bitte Euere Majestät daher mit tiefempfundenem Danke, dem ich hiedurch besonderen Ausdruck zu geben wünsche, heute dis Würde eines He «eralfrldmarschalls i« «einer Armee anzunehmen, sie mit mir stolz darauf sein wird. Euere Majestät nun auch

durch Magie entschieden. Heutzutage werden solche Schwarz.

Künstler schnell entlarvt, wie der Sroßerlacher Spuksall zeigt.

Landurlaub.

Zur Frühjahrsfeldbestellung wurden nach Möglichkeit die Landwirte, welche im Heereedienste stehen, beurlaubt. In der Kaserne hat auch der Kanonier Kehle um vierzehn Tage Urlaub eingegeben.

Der Feldwebel fragt:Wozu?"

Zur Landbestellung?"

Wieviel Land bewirtschaften Sie?"

Gar keins!"

Was sind Sie denn eigentlich?"

Landbriesträger."

Ei« .Ftriegsochse" wie er sei« soll. Daß es

dem züchterischen Fleiß unserer Landwirtschaft gelingt, selbst in dieser Zeit der Krastsuttermittelknappheit ansehnliche Mästungen zu erzielen, beweist folgender Fall: Das schwerste Schlachttier seit Bestehen des Schlachthauses in Crossen ist dikser Tage dort geschlachtet worden: ein 18,55 Zentner schwerer, dreijähriger Mastochse vom Dominium Loffar. Als Kaufpreis wurden 2115 Mk. gezahlt, wozu noch Pro- oifion für den Biehhandelsverband und sonstige Unkosten im Betrage von 163 Mk. kamen, so daß das Tier 2278 Mk. kostete. Das Fletsch diesesmustergültigen" Kriegs- ochsen wurde für die Truppenküchen in Troffen bestimmt.