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Tages-Neuigkeite«.
* Calw. Wie wir soeben erfahren, wurde der Firma G. Widmaier hier in der Stuttgarter Ausstellung für volksverständliche Gesundheitsund Krankenpflege die silberne Medaille für hervorragende Leistungen zuerkannt.
Der über die Ausstellung erschienenen offiziellen Zeitung entnehmen wir hierüber folgendes: G. Widmaier in Calw hat seine reichhaltigen Spezialitäten: Matrazen, nnt einem prächtigen Rahmen versehen, er zeigt dabei, daß er seine Kunst als Dekorateur wohl versteht, und daß man durch geschmackvolle Dekoration die Aufmerksamkeit der Besucher fesseln kann. In kunstsinniger Weise ist mit Ritterlanzen und bunten Tuchen ein Baldachin errichtet, unter welchem die Ausstellungsgegenstände placiert sind. Es fallen zunächst die Matrazen mit Schnürung auf, welche viele Vorteile aufzuweisen haben ; mittelst dieser Schnürung kann das Polster-Material seine ganze volle Elastizität entfalten, und kann stets egal und eben gehalten werden. Von Wichtigkeit ist die Roll- matraze, deren Lage stets verändert werden kann. Für Krankenbetten sind Rollmatrazen besonders angenehm, weil die Position des Kranken leicht geändert werden kann, ohne daß demselben eine nennenswerte Störung verursacht würde. Die Firma ist, wie weithin bekannt, sowohl in Sprungfeder-, wie Roßhaar- und Wollmatrazen sehr leistungsfähig. Sämtliche in Verwendung kommende Wollsorten sind neu und gut gereinigt. Kunstwolle, zumeist aus Lumpen alter getragener Kleider hergestellt, deren Anwendung schon aus Gesundheitsrücksichten zu verwerfen ist, kommt in dem Geschäft des G. Widmaier prinzipiell nicht zur Verwendung. Es ist überhaupt bekannt, daß die Matrazen mit der pünktlichsten Sorgfalt, unter persönlicher Aufsicht hergestellt werden.
Stuttgart, 29. Sept. Hopfenmarkt. Zugeführt wurden heute 150 Ballen, Verkauf langsam, Preise für In. ^ 190—210, Mittelware 160—180. — Kirchheim u. T., 29. Septbr. Obstm arkt. Der heutige Markt ist mit 700 Säcken befahren. Die Preise bewegen sich für Aepfel von 5 ^ 40 bis 5 ^ 70 per Zentner; für Birnen 4 ^ 50 Verkauf lebhaft. — Stuttgart, 30. Sept. Kartoffelmarkt. Zufuhr 300 Ztr. Preis 2 ^ 30 bis 2 80 p. Ztr. Kraut
markt: 3000 Stück Filderkraut 12—14 per 100 Stück. Mo st ob st: Wilhelmsplatz. 2500 Ztr. Preis 5 ^ bis 6 — iZ.
Stuttgart, 30. Sept. Der Traube ist die denkbar beste Witterung beschieden. Die warme trockene Witterung, welche der August dem Weinstock größtenteils versagt hat, wurde im September nur durch 2 Regentage unterbrochen, die wie gerufen kamen, weil sie der Traube die Feuchtigkeit brachten, durch welche die Beere saftreich und dünnhäutig wird. Schon zu Anfang der vorigen Woche waren Vollreife Trollinger, sogar Muskateller, die spätest reifende Traube, in guten Lagen zu finden. Frost vermöchte den reifen Trauben nichts mehr anzuhaben. Allein neben den reifen Trauben giebt es viel nachgetriebenes und spät verblühtes Gewächs, das keinen Anspruch darauf hat, Material für ein gutes Getränk zu liefern, so günstig sich auch die Witterung bis Mitte Oktober gestalten mag. Unter allen Umständen ist
sorgfältige Lese erstes Gebot. Dann über ist, gute Witterung bis zur Lese vorausgesetzt, ein ganz respektables Gewächs zu ermatten.
— Die Straßenbahn hat über die 3 Volksfesttage durchschnittlich je 6000 ^ zus. 18 000 ^ Fahrgelder eingenommen. Es gingen 40 Wagen nach Berg, 6 Charlottenplatz—Dreieck, 12 Schwabstraße— Prag. Leider stürzte aus Unvorsichtigkeit eines Bediensteten ein wertvolles Pferd; es kam zwischen 2 Wagen und wurde derartig verletzt, daß es nach 5 Minuten tot war.
Cannstatt, 29. Sept. Gestern abend fand man den erst kürzlich pensionierten Lehrer Kick von hier oberhalb der Pragwirtschaft auf der Ludwigs- ourger Straße als Leiche. Wie es scheint, wurde derselbe vom Schlage getroffen. — Gestern abend 6 Uhr haben vier junge Burschen auf der Staatsstraße bei Gaisburg einen Mann angefallen und seiner Barschaft beraubt. Die Thäter find festgenommen.
Cannstatt, 30. Sept. Bei der gestern abend stattgehabten Ziehung derVolksfestlotterie fielen die Haupttreffer folgenden Nummern zu: 7605, 6765, 65386, 6637, 69 799, 67346, 57585, 49843, 30 957, 33 612. Der 1. Preis besteht aus 2 Paar bespannten Pferden mit einem Pritschenwagen, der 2. Preis aus 2 Paar Ochsen mit einem Erntewagen, der 3. Preis aus 1 Paar bespannten Pferden mit einem Erntewagen, der 4. Preis aus 1 Paar bespannten Ochsen mit einem Wagen und der 5. Preis aus 1 Paar bespannten Ochsen mit einem Leiterwagen.
Fellbach, 29. Sept. Die Kartoffelernte, welche nun zu Ende ist, lieferte einen nach Güte und Menge gleich,guten Ertrag. Vornehmlich, waren es die 3 Sorten „Rote", „Holländer" und „Berliner", welche sich als geeignetste Anbausorten bewiesen haben und die vom Viertelmorgen durchschnittlich je nach Bodenbeschaffenheit 30—35 Ztr. lieferten. Im nahen Schmieden ist die Kartoffel zu einem wirklichen Handelsartikel und der Anbau deshalb ein allgemeiner geworden; der daraus gezogene Nutzen ist jedes Jahr ein sicherer. Mit dem 1. Oktober beginnt das Ausgraben und Abliefern der Zuckerrüben.
Ludwigsburg, 29. Sept. S. K. H. der Prinz Wilhelm begab sich gestern morgen nach Cannstatt, um dem Bahnzeigen für die Rennen anzuwohnen und unterzog alsdann die Kreisrindvieh - ausstellung dortselbst einer eingehenden Besichtigung. Höchstderselbe verweilte alsdann einige Zeit im Wilhelmspalaste in Stuttgart und leitete nachmittags die Rennen auf dem Cannstatter Wasen.
Aistaig, OA. Sulz, 29-Sept. In der verflossenen Nacht brachte sich ein hiesiger Schuhmachergeselle mit dem „Kneipen" eine tiefe Wunde am linken Unterarm bei in der Absicht durch Oeffnung der Pulsader sich das Leben zu nehmen. Die beabsichtigte Wirkung erfolgte jedoch nicht auf den ersten Streich und so kam der Bursche, dem die Sache doch etwas zu wehe gethan zu haben scheint, plötzlich wieder auf andere Gedanken und rief um Hilfe.
Tübingen, 29. Sept. Die Obstausstellung, welche die hiesige Obstbausektion in Verbindung mit ihrer gestrigen Versammlung im Museum veranstaltet hatte, übte eine große Anziehungskraft aus, wie der zahlreiche Besuch derselben bewies. Es
waren aber auch unter -den ausgestellten Obstsotten wahre Prachtexemplare zu. sehen. Etwa 40 Aussteller aus Stadt und Bezirk hatdm die Ausstellung beschickt.
Tübingen 29. Sept. Die seit 11 Monaten hier erscheinende „Tübinger Zeitung", die sich im Laufe der Zeit als demokratisch-unabhängiges Organ aufspielte, zeigte heute an, daß sie mit dem morgigen Tage zu erscheinen aufhört und zwar wegen der zu schwachen Unterstützung Seitens des Publikums. Dasselbe „freisinnige" Blatt hat. noch in seiner g e -- strigen Sonntagsnummer das Publikum mit einer Abonnementseinladung irre geführt, in der mit fetten Lettern versichert war, daß das- Blatt „wegen seiner neuerdings sich stetig steigernden Beliebtheit und Verbreitung vorzüglich zu wirksamer Aufnahme aller Art sich eigne." Albbote.
Göppingen, 27. Sept. In den letzten Tagen sind einige Unglücks fälle mit mehr oder weniger gefährlichem Ausgange vorgekommen. Gestern vorm, stürzte in der Stuttgarter Straße ein Maurer vom 3. Stocke eines Neubaues herab- ohne sich erheblich zu verletzen. Einige Tage vorher war ein Maler von einem Gerüste an der mech. Weberei der Gebrüder Gutmann, welche zur Zeit bedeutend vergrößert wird, heruntergefallen und hatte an Hinterkopf und Rücken schwere Verletzungen erlitten, so daß er ins städt. Krankenhaus verbracht werden mußte. Vorgestern brach bei dem Transport eines etwa 400 Zentner schweren Dampfkessels über die Sauerbrunnenbrücke eine Diele; es gelang aber nach tüchtiger Anstrengung, den Kessel ohne weiteren Unfall, hinüber zu bringen. Gestern mittag fiel einer Frau,, welche an dem Gasthause zur Türkei vorbeiging, eine Ziegelplatte auf den Kopf und verletzte sie schwer^ so daß ihr Zustand Besorgnis erregt.
Lauffen a. N. 29. Sept. Infolge der wiederholten Aufforderung einer großen Zahl hiesiger und auswärtiger einflußreicher Wähler hat sich Stadtschultheiß Lehn er von hier gestern bereit erklärt, eine Kandidatur zur Landtagswahl anzunehmen.. Das Wahlkomite, bestehend aus dem verstärkten Ausschuß der deutschen Partei Lauffen, erläßt heute einen. Aufruf für Lehners Wahl. Eine große Anzahl Unterschriften von verschiedenen Bezirksgemeinden liegt zur Veröffentlichung vor. — Rechtsanw. Paper hat,, wie der Beob. berichtet, einer Abordnung aus dem Bezirk Besigheim die Annahme der Kandidatur für die Landtagswahl zugesagt.
Heilbronn, 26. Sept. In der gestrigen. Gemeinderatssitzung teilte der Oberbürgermeister mit,, daß die K. Staatsregierung die Einführung der elektrischen Anlage von Lauffen nach Heilbronn, genehmigt hat. Die Erlaubnis zur Führung der Drähte auf der Staatsstraße ist unter der Bedingung in widerruflicher Weise gegeben, daß die Drähte 5—6 mm stark 8 m über der Erdoberfläche geführt werden, in der Nähe der Stadt in einem anzubringenden Häuschen der Strom auf 1000 Volt Ampere adgeschwächt und von dort durch unterirdische Kanäle in die Stadt geleitet werde. Die Leitung muß so hergestellt werden, daß jede Gefährdung von Menschen oder fremdem Eigentum ausgeschlossen ist. Das Ministerium behält sich vor, die Ausführung auf Kosten des Werkes beaufsichtigen zu lassen. Die Führung über Privateigentum ist nur nach vorheriger Einholung ver Erlaubnis der Privateigentümer zu-
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dem wir begegnen, derartige Maßregeln ergreife, um unsere beiderseitige Errettung zu sichern. Es giebt auf dieser Welt keine Matrosenschaar, die sich bei dem Offenbarwerden des wahren Charakters unseres Schiffes nicht weigern würde, mit ihm das Geringste zu thun haben. Was dann ferner das Entkommen au? offener See anlangt, so weiß ich nicht, sogar wenn diese meine schwachen, hilflosen Arme die Kraft besäßen, eines jener Boote unbemerkt an der Seite hinabzulassen, ob meine Liebe zu Dir, Jmogene — ob, o, verzeihen Sie mir, wenn ich Sie verletzt habe."
Ihre Hand zuckte, als ob sie mir dieselbe entziehen wollte, aber ich hielt sie fester denn jemals und fühlte in ihrer warmen, zarten Handfläche die Schweißtropfen einer inneren leidenschaftlichen Bewegung.
Sie schwieg. Unwillkürlich blieben wir stehen, bis sie endlich mit einer schwachen, zitternden Stimme begann: „Sie verletzen mich nicht. Warum sollte es mir Kummer bereiten, geliebt zu werdm?"
„Ach, Du bist so schön und gut, Geliebte meines Herzens!* flüsterte ich.
„Und freundlos!"
„Nein, nein, o laß mich Dir sagen, wie heiß ich Dich liebe!"
Sie bat mich, leiser zu sprechen, und schmiegte sich fester an mich. Mit einer schnellen Bewegung küßte ich ihr die Wange. Gütiger Himmel! Welch ein Schauplatz für eine Liebeserklärung war dies! Welch rin Gedanke, daß unsre süßesten, reinsten Empfindungen dem Boden dieses gräßlichen TotenschiffeS entsprossen und auf ihm emporgewachsen waren!
Eine Zeit lang schwiegen wir Beide, dann flüstert« sie in einem schüchternen Tone, der einer leisen Koketten« nicht entbehrte und mir wie Musik in den Ohren klang: „Was wollten Sie sagen, Herr Frnton, al» Sie sich vorhin selbst unterbrachen ?"
^Liebes Herz," erwiedette ich, „vor Allem mußt Du mich nun Geoffroy nennen."
„Was wolltest Du sagen. Geoffroy?" wiederholt« sie.
„Nun," antwortete sich, „daß, wäre es mir sogar möglich, in Besitz eines die
ser Boote zu gelangen und es unbemerkt in die See hinabzulassen, meine Liebe zu Dir nicht zugeben würde. Dich den Gefahren eines solchen Wagstückes auszusetzen."
„Mein Leben ist in Deiner Obhut, Geoffroy," sagte sie mild. „Du brauchst mich nur zu leiten — ich folge Dir. Doch etwas möchte ich Dir zu bedenken geben: Wenn wir das feste Land zu erreichen suchen, denn wenn ich mich nicht täusche,, beginnt dieser Plan in Dir festere Formen anzunehmen" — ich unterbrach sie mit einem bestätigenden „Ja" —, „sind nicht die Gefahren, die dort unserer matten, weit größer als jegliche, die uns auf der See drohen können, im Falle wir uns hier jenem kleinen Boote anvertrauten? Es Hausen so viele wilde Tiere an der Küste, oftmals habe ich in der Stille der Nacht, wenn wir vor Anker gegangen waren, ihr Heulen und Schreien vernommen. Und gräßlicher und furchterregender als Leoparden, wilde Elefanten, Hyänen, Schakale, wilde Hunde und schreckliche Schlangen — deren Anzahl Legion ist, Geliebter — als Krokodile in den Flüssen und giftige Früchte und Kräuter — sind die Wilden, die scheußlichen, unbekleideten Kaffern und jene barbarischen Stämme, die, wie mein Vater zu erzählen pflegte,. Meilen und Meilen weit alles Land vom Kap bis zur Küste gegenüber der Insel Madagaskar in Besitz habm."
Ein seltsames Schaudern durchfuhr ihren Körper, und indem sie meine Hand fahren ließ, ergriff sie hastig meinen Arm — den jetzt, da sie wußte, daß mein Herz ihr gehörte, ging die mädchenhafte Scheu in eine bräutliche Zärtlichkeit und Vertraulichkeit über, und ich fühlte ihre völlige Hingabe sogar in der Art und Weise, mit der sie an meiner Geste hinschritt. ,O, Du mußt wissen, Geoffroy," begann fi« abermals, „daß, wenn jemals eine nächtliche Vision mein Herz zu Eis erstarren läßt,, so ist rS, wenn ich träume, daß ich in die Gefangenschaft eines solchen schwarzen, Stammes gerate und über die Berge transportiert werde, um dem Loose ein«, schwarzen Sklavin zu verfallen."
(Fortsetzung folgt.)