Ein schlechtes Gewissen."

Berti«, 11. Okt. ALB. Die Nordd. Mg. Zig. schreib« unter dieser Ueberschrist u. a.:

Nach der Rede des Reichskanzlers im Reichstage vom 19. Aug. fühlten sich die englischen Staatsmänner umer dem starken Eindrücke seiner überzeugenden Ausführungen ge­nötigt. dem englischen Publikum in Aussicht zu stellen, datz sie auf die Darlegungen von deutscher Seite bei nächster Gelegenheit im Parlament antworten würden. Dieses tagt jedoch schon einige Wochen und weder Hr. Asquith noch Sir Edward Greg haben sich zu der in Aussicht gestellten Aeußeruna bewogen gesunden. Drr Grund für eine solche plötzliche Zurückhaltung kann nicht darin liegen, daß man die Dinge für genügend geklärt hält, u« weitere Diskus­sionen als übe, flüssig zu erachten. Es ist Vielmehr die Furcht vor der Wahrheit, die die englische Zurückhaltung erklärt. Oder sollte es vielleicht auch die Abneigung sein, für die deutsche Politik Reklame zu machen, wenn z. B. unsere Veröffentlichungen vom 28. Aug. zur Erwiderung des Briefes Sir Edward Greys und vom 8. Sept. über die Verhandlungen vom Jahre 1912 von der englischen Presse nur ganz unvollständig gebracht wurden ? Die Reuter- depesche über die erstgenannte Publikation unterdrückte, um nur einige Beispiele anzuführen, unsere Bemerkung über die Einzelausarbeitungen des Generals Ducarne und die Billi­gung des belgischen Kriegsplanes durch General Grieison. Auch unsere Ausführungen über die Haltung Englands und Belgiens in der belgischen Neutralitätssrage wurden mit Stillschweigen übergangen. Wir möchten übrigens bei dieser Gelegenhell Sir Edward Grey aus folgende« aufmerksam zu machen: In der Ausgabe der in München erscheinen­den WochenschriftMärz" vom 10. Jan. 1914 ist ein Ar­tikel des bekannten, belg. sozial. Abg. E. Banderoelde er­schienen über das Thema:Belgiens Stellung zwischen Frankreich und Deutschland". In diesem Artikel findet sich bei Besprechung der letzten belg. Militärvorlage folgende Stelle:

Nach der Abstimmung über die deutsche Wehrvor­lage vom 14. Juni 1912 legten verschiedene Mächte der belgischen Regierung nahe, daß man sie nicht mehr für fähig halte, im Notfälle eine Verletzung der belgischen Neutralität zu hindern. Man gab uns zu verstehen, daß, infolge unserer Machtlosigkeit, die Deutschen, die an der belgischen Grenze wichtige Vorkehrungen getroffen haben, im Handumdrehen den größten Teil des Landes besetzen könnten, und man rate ihr, daß unter diesen Umständen aus Furcht vor den Folgen einer solchen Besetzung andere Mächte, etwa Frankreich oder England, i» Kriegsfall für angezeigt halten könnten. Deutschland zuoorzukommen. Auf diese Argumente sich stützend, letzte es M. de Bro- qneville trotz der antimilitaristischen Tendenzen der Mehr- hell, bei eben dieser Mehrheit durch, daß die Kriegsstärke des Heeres etwa verdoppelt und dar Heeresbudget um wenigstens 30 Mill. erhöht wurde."

Tr kann als ausgescklofsen gelten, daß ein Mann von der Stellung, die Hr. Banderoelde im politischen Leben Belgiens einnahm, dies geschrieben hätte, wenn Hr. o. Bro- queville vorstehende Erklärungen nicht wirklich abgegeben hätte.

Um aus das Reutertelegramm zurückzukommen, so fehlte darin unsere Feststellung, daß England im Jahre 1904 bezüglich Aegyptens über sein ganz Europa feierlich gege­benes Versprechen zur Tagesordnung übergegangen ist, ebenso die Beschuldigung, daß England den marokka­nischen Benragsbruch Frankreichs unterstützt hat. Unsere Veröffentlichungen vom 8. September wurden in den Times in dem kleinsten nur möglichen Druck unvoll­ständig gebracht. Es wurden alle diejenigen Stellen unter« schlage«, die gegen die Veröffentlichung de» englischen Aus­wärtigen Amts polemisierten. Sir Edward Greg hat in dem Brief, den er nach der Rede des Reichskanzlers an die englische Presse gerichtet hat, in elegischem Tvn gefragt, ob eineoanälä soal" (freimütige Seele) in Deutschland sei, die nicht bedauere, daß die deutsche Regierung den Kou- serenzvorschlag abgelehnt und damit den Krieg verursacht habe. Sir Edward Grey richtete damit an das deutsche Volk eine Frage, die man mit einer Frage an das englische Volk erwidern Kanu. Deutschland ist nicht frivol in diesen Riesenkampf gezogen; man kann sagen, schweren Herzens, von Anfang an sich der Größe des Kampfes und der Op­fer bewußt, die er kosten werde, aber einhellig llberzeugt von der Gerechtigkeit seiner Sache. Bon deutscher Seite hörte »an zu Beginn de» Krieges kein Wort leichtfertigen Optimismus'; Regierung wie Volk war es bitter ernst. Die englische Regierung dagegen zeigte, daß die leitenden Männer in verhängnisvoller Verblendung da» Risiko für England nicht allzuhoch einschätzten. Man denke in dieser Beziehung nur an den Ausspruch Sir Edward Greys: Wir werden nur wenig mehr leiden, wenn wir am Kriege teilnehmen, als wenn wir abseits bleiben." Zu dieser zyni­schen Kriegsbegründung, die fortleben wird in der Geschichte aller Zeilen, liefern die täglichen englischen Loteulisten einen tragischen Kommentar. Um die wünschenswerte Kriegsbe- getsterung in die Massen zu trage«, mußte die englische Regierung z» dem Mittel greife«, den deutschen Einmarsch in Belgien als Kriegsgrund zu proklamieren und mit der denkbar würdelosesten Propaganda zu popularisieren. Di« englische Landung in Griechenland hat dieser verächtlichen Henchelei ein unvergängliches Denkmal errichtet.

Zehntausende seiner Söhne betrauert heute England als Opfer der Politik der Herren Asquith, Grey und Genoffen. Der Nimbus der Seeherrschast Englands ist vernichtet, die Legende von der Unangreifbarkeit Englands endgültig zer­stört, der englische Kredit auf das Schwerste erschüttert.

Das sind die vorläufigen Ergebnisse der von der liberalen Regierung seit 10 Jahren desolaten antideutschen Politik. Die Frage, die wir an das englische Volk richten, lautet: Gibt es heute jemand in England, der nicht bedauert, daß die Politik seiner leitenden Männer das Gewicht Großbritanniens in das Gefährt des Zweibundes mit seinen kriegerischen Tendenzen legte, das so mit verhängnisvoll vermehrter Wucht und Schnelligkeit dem Abgrunde zueilte?"

Ei« französisch-englisches Abkommen über die Landesverteidign«gs-Jnd«strie.

Paris, 11. Okt. (WTB. Nichtamtlich.) Der Mn- nttionsunterstaatssekretär Thomas erklärte noch seiner Rück­kehr au» London einem Mitarbeiter desMalm", er habe in London mit Lloyd George ein Abkommen unterzeich­net, dessen Inhalt man dahin zussmmenfassen könne: Beide Länder verpflichten sich gegenseitig, alle ihre Rohprodukte der Fabrikation für die Lan­desverteidigung zu widmen. Die Fabrikation aller Prioat-Industrien. selbst wenn sie ein großes wirtschaftliches Interesse besitzen, sollen erst in zweiter Reihe Berücksichtigung finden. Dieses Abkommen besitze die größte Wichtigkeit. Die großen Fabriken Frankreichs würden ihre Produktion für den Heekesbedarf mit Unterstützung von England und Amerika ständig erhöhen können.

Untergang eines russischen Kreuzers in der Ostsee.

LautBerl. Lok.-Anz." berichten schweizerische Blätter aus Petersburg, daß private Todesnachrichten in derNo- woje Wremja" den Verlust eines russischen Kreuzers mit dem gesamten Offizierdorps in der Ostsee melden.

Vorbereitungen am Merkanal.

Lyon, 11. OKI. WTB. Der Progres meldet aus Poperinghe: Die unausgesetzte Tätigkeit der englischen Flotte gegen die belgische Küste scheint ein Anzeichen dafür zu sein, daß sowohl zur See wie zu Lande ein entscheiden­des Ereignis vorbereitet wird. Die Tätigkeit der Flieger hat den größten Umfang angenommen. Auf der ganzen Mersront herrscht lebhafteste Tätigkeit. Bon deutscher^Seite wurden die Befestigungsanlagen außerordentlich verstärkt.

Die Offensive in Serbien.

Aus Athen wird derBoss. Z." zufolge gemeldet, aus Belgrad seien 6000 österreichische und deutsche Gra­naten gefallen.

ImBerl. Lsk.-Anz." heißt es - Beim Schlußangriff aus Belgrad drangen südlich und westlich österreichische, östlich deutsche Truppen vor. Der nördliche Stadtteil war bald genommen, der südliche hielt sich noch 36 Stunden.

Leonhard Adelt berichtet imBerl. Tagebl." u. a.: Bis in die letzten Tage hatte man in Belgrad unter Lei­tung englischer Ingenieure an der Wiederherstellung der bei der ersten Erstürmung zerstörten Befestigungen gearbeitet. Als das neue Bombardement der Verbündeten die Stadt überschüttete, wurden Schulen und Banken nach Risch ge­schickt und darauf, da auch Nisch nicht genügend Sicherheit bot, nach Prischtina, wohin auch die Skupschtina, die Ententekonsuln usw. übergcsiedelt find.

Pest, 12. Okt. Leber die Kämpfe nach der Einnahme Belgrads wird an den Lokalanz. noch gemeldet : Die zweite Berteidigungslinie der Serben aus den Höhen südlich von Belgrad war ebenso stark befestigt, wie die erste. Unter mächtiger Unterstützung der Artillerie schreitet jedoch der An­griff der Verbündeten auf der ganzen Linie erfolgreich fort.

Tost«, 9. Okt. (WTB. Verspätet eingetroffen.) Der aus Risch eingelroffene bulgarische Gesandte Tchapraschkow bestätigte, daß die Stimmung in Serbien angesichts de« Angriffes der Verbündeten und der Haltung Griechenland« bis zur Hoffnungslosigkeit niedergedrückt sei. Irgendwelche Hilfe der Bieroerbandsmächie werde nicht mehr erwartet.

Riga mit Bomben belegt.

Bevli«, 11. Okt. (WTB.) Wie wir von zuständiger Stelle erfahren, hat am 10. Oktober ein Marineflugzeug auf einer Aufklärungrfahrt den Bohnhos von Riga mit 10 Bomben belegt. Das Flugzeug ist wohlbehalten nach sei­nem Stützpunkt zurückgekehrt.

Erfolge gegen die Italiener.

Wie». 11. Okt. (WTB.) Aus dem Kriegspreffe- quartier wird gemeldet: Im Küstengebiet wurde gestern unsererseits im Gebiet des Taniaeo ein Feuerüberfaü ge­macht, wobei einige italienische Unterstände zerstört wurden. Ebenfalls im Küstenland wurden unsererseits erfolgreiche Unternehmungen zur Zerstörung von feindliches Sappen durchgefühlt, bei denen die Italiener schwere Verluste er­litten.

Opfer des Seekriegs.

Katwijk, 12. Okt. (WTB.) Der FischloggerK. A. 10" ist auf eine Mine gestoßen und gesunken. Die Besatzung wurde gerettet.

London, 12. Okt. (WTB.) Das Reuter'sche Bureau meldet, der englische DampferThorpwood" (3184 Bruttotonnen) sei versenkt worden. Die Besatzung sei ge­rettet.

London, 11. Okl. (WTB.) Der griechische Damp­fer Dimilrtos (2508 Bruttotonne») und der britische Dampfer Newcastle (3492 Bruttotonnen) sind versenkt worden. Dir Besatzungen sind gerettet.

Athen, 1l. Okt. (WTB. Prioaltelegramm.) Der englische Dampfer Triest (1512 Tonnen) ist bei Kythera von einem Unterseeboot versenkt worden.

Die Truppenlandung in Saloniki.

GKS. Frankfurt, ii. Okt. DieFrkf. Zig." mel- det au» Lugano: Mit Delcasse, so berichtet der Pariser Korrespondent desSecolo". trat auch Millerand gegen eiue Landung in Saloniki aus. was zu schweren Differenzen im französischen Miniflerrai führte. Delcaffe begründete seine» Widerspruch mit dem Widerwillen, den England gegen eine Landung mit Rücksicht auf die Be- gründung seine» Kriege» gegen Deutschland zeigte. Briand gelang e» jedoch, die Mehrheit des Mintsterrats für die Landung zu gewinnen, worauf Bioiani und Augagneur mit fieberhafter Eile im Kraftwagen bis Calais und von dort im Torpedoboot über den Kanal reisten, um gegenüber dem englische» Zaudern die Landung durchzusetzen. Doch ließ England absichtlich den französischen Truppen den Boriritt in Saloniki. Interessant ist ferner das Geständnis des Secolo-"Korrespondenten, daß sowohl Ioffre wie French nur zaudernd der Landung zustimmien. Schließlich habe Ioffre eingrwilligt, einen Teil der in Frankreich stehenden Engländer dafür sreizugeben.

London, 11. Okl. (WTB.) Da» Reulersche Bureau meldet aus Athen: La« Hauptquartier der Allierten ist in drei Hotels in Saloniki untergebracht. Truppen aller Waffengattungen sind gelandet und lagern außerhalb der Stadt. Der italienische, französische und deutsche Mili­tärattache sind nach Saloniki abgereist. Nach der Auf- regung drr letzten Tage ist die Ssimmung wieder ruhiger. Im Bolk herrscht noch Unruhe.

Englische Blockade der bulg. Küste.

DemBerl. Tagebl." zufolge berichten in Athen einge' troffen« Schiffskapitäne, daß ein starkes englisches Geschwa­der seit zwei Tagen Dedeagatsch und die bulgarische Küste blockiere.

Deutsche A-Boote für Bulgarien?

Nach demBerl. Tagebl." berichtet dieBirschewja Wjedomosti", daß zu den acht in Warna bereits eingetrof­fenen deutschen Unterseeboote« nächstens noch drei erwartet würden, ssdatz Bulgarien über eine U-Bootsflotie von elf Fahrzeugen verfügen werde.

Regierungserklä. ung Griechenlands gegenüber Bulgarien.

Aus Budapest wird derBoss. Zig." gemeldet:A Bilaa" meldet aus Sofia: Der griechische Gesandte erschien bei Ministerpräsident Radsslawow und teilte ihm im Auf­trag der griechischen Regierung mit, die neue griechische Regierung stehe auf der Grundlage des Prinzips der be­waffneten Neutralität und lege Gewicht daraus, daß zwischen Griechenland und Bulgarien da» den Interessen beider Länder entsprechende, sich freundschaftlich gestaltende Verhältnis such weiter aufrecht erhalten bleibe. Radsslawow nahm diese Erklärung im Namrn seiner Regierung mit großer Genugtuung entgegen.

Aufgabe der Dardanellenaktion.

Mnilnnd, 11. Okt. WTB. Der Londoner Korre­spondent de» Secolo meldet über die mögliche Aufgabe der Dardanellenaktisn: Um den Anstrengungen Deutschlands und Oesterreich-Ungar»» gegen Serbien ei» Gegengewicht zu geben, würben jetzt, nachdem auf Griechenland nicht mehr zu rechnen sei, wenigsten« 300000 Man» in Maze- donien nötig sein. Bei einem gemeinsamen Vorgehen des Bieroerbondes sei die» sür ihn sicherlich keine Unmöglich­keit, nur könne er bei der klassischen Unentschlossenheit und dem Mangel an Vorbereitung, unter denen ber Bierver­band zu leiden scheine, Monate erfordern, um eine derartig hohe Truppeuzahl au» verschiedenen Hauptstädten nach der bulgarischen Grenze zu werfen, sodaß die Entente Gefahr lause, z« spät zu kommen und die Hisopferung Serbiens bereits vollzogen sein würbe. Um Serbien rasch oder we­nigsten» oertzSlinismätzig rasch mit bedeuteuden Kräften zu Hilfe kommen zu können, gebe es nur einen Ausweg, nämlich den. »o, den Dardanellen alle Verfügbaren Truppen wegzunehme» «ud sich dort defensiv zu oerhallen. Nur so könnten Frankreich und England sofort mit bedeutenden, guiausgerüstete« und krtegstüchtige« Kräften «ach Maze­donien gelangen. Die Aufgabe de» Dardanellenunterneh­men» könne erhebliche Vorteile bringen und zur Vermei­dung schwerer und schmerzlicher Ueberraschungen beitragen.

Pari-, 11. Okt. (WTB.) Auf Antra-de» Marine- minister» wurde Vizeadmiral Dortige Dufouruet als Nach­folger de« Admiral« Boud de Lapeyrere, der krankheits­halber »on seinem Amte zurücktritt, zum Oberbefehlshaber ber französische» Kriegsflotte ernannt. Dariige kommandierte seit Kriegsausbruch ba» syrische Geschwader, sodann das Dardanellengeschwader.

Türkische Berichte.

«onstonttnopel, 7. Okt. (WTB. Verspätet ringe- troffen.) Da, Hauptquartier teilt mit: An ber Dardanel­lenfront und de» anderen Kriegsschauplätzen keine Verän­derungen. E» wurde sestgestellt, daß ein großes Trans­portschiff. sowie der Hilfskreuzer Arabic(8000Tonnen) Mitte September durch deutsche Unterseeboote versenkt wurden.

Konstantinopel, 8. Okt. (WTB. Verspätet einge- troffen.) Das Hauptquartier teilt mit: An der Dardanellen- front bei Anaforta verhinderten unsere Ausklärungskolonnen