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Tages Neuigkeiten.

Stuttgart, 6. Sept. Heute vormittag 11 Ahr wurde die Ausstellung für volksver­ständliche Gesundheits- und Krankenpflege eröffnet. Im Auftrag der Regierung waren er­schienen Direktor v. Gaupp und Stadtdirektor Klaiber; die bürgerlichen Kollegien waren vertreten durch Oberbürgermeister Dr. v. Hack, Gemeinderat Fetzer und Bürgerausschußmitglied Finanzrat Klai­ber. Außerdem waren erschienen Landtagsabgeord­neter Stalin, Staatsrat Dr. v. Köstlin, Geh. Hofrat Dr. Stiegele u. a. Generallieutenannt v. Knorzer eröffnete die Ausstellung mit einer kurzen Ansprache und übergab sie der Obhut der Stadt Stuttgart. Sodann wurde ein Rundgang in der Ausstellung unternommen.

Stuttgart, 8. Sept. Entwertete Zwan­zig-Markstücke zirkulieren gegenwärtig in ver­schiedenen Städten und Ortschaften Württembergs. Die Goldstücke wurden teils mit Säuren, teils auf mechanischem Wege geringwertiger gemacht.

Stuttgart, 8. Sept. Hopfen. Zugeführt wurden ca. 20 Ballen. Verkauf langsam, schleppend, da die Käufer die bisherigen Preise nicht genehmigen wollten. Erlöst wurden 150200 pr. Ztr.

Eßlingen, 6. Sept. Zufuhr 150 Ztr. Obst Preis 3 20 iZ bis 4 ^ 20 --Z pr. Ztr.

Ludwigsburg, 8. Sept. Am 17. Juli d. I. badeten Angehörige der hiesigen Garnison auf dem städtischen Badeplatz bei Neckarweihingen. Hier­bei wagte sich beim Schwimmen der Musketier Klein des 3. Infanterieregiments Nr. 121 über die Sicher­heitspfähle hinaus und sank als er ermüdet zu stehen versuchte, unter; ein in der Nähe befindlicher Kame­rad wollte ihm Hilfe leisten, stand aber davon ab, da der Sinkende sich an ihn klammerte und ihn selber in Gefahr brachte. Auf die Hilferufe dieses schwamm der Unteroffizier Hunteßer des 2. Feldartillerie' regiments auf die 4 m tiefe Stelle, wo Musketier Klein inzwischen untergesunken war, zu, und es ge­lang ihm den schon Bewußtlosen unter Aufbietung aller Kräfte ans Land zu bringen, und vom Ertrinken zu erretten. Für diese brave That hat Seine Majestät der König dem Hunteßer die silberne Zivilverdienstmedaille verliehen.

Heilbronn. Der 70 Jahre alte Weingärtner Georg Bäuerle aus Weinsberg besuchte am 27. v, M. den hiesigen Viehmarkt, um ein Stück Vieh zu kaufen, in Gemeinschaft mit zwei Bekannten. Sie bemerkten bald, daß ein Mensch sie fortwährend ver­folgte, ohne daß sie den Zweck dieser Aufmerksamkeit erfahren konnten, als ihnen die Sache zu lästig wurde, begaben sie sich in eine Wirtschaft, wo sie einige Zeit verweilten. Alsbald nach dem Verlassen der­selben war der Mensch wieder in ihrer Nähe. Den Zeitpunkt einer kurzen Trennung des Bäuerle von seinen Begleitern benützte der Mensch, um rasch an den ersteren heranzutreten, diesem mit den Händen über die Brust zu fahren und sich sodann eiligst da­von zu machen. Bäuerle griff sofort nach seinem in einer Brusttasche verwahrten Gelde; dasselbe im Be­trag von 63 war verschwunden. Augenblicklich

eingeleitete Verfolgung des Fremden führte zu dessen Ergreifung: das Geld samt der Börse war in seinem Besitz. Die angestellten Ermittelungen ergaben, daß der Dieb ein böhmischer Musikant namens Dlaske ist, der im Juni d. I. wegen Taschendiebstahls in München bestraft worden ist und jetzt seiner Abur­teilung hier entgegensieht.

Niedernau, OA. Rottenburg. Die Hopfen­ernte mit den Späthopfen hat teilweise begonnen und wird mit Beginn der nächsten Woche allgemein werden. Das Produkt liefert bei uns im großen und ganzen ein befriedigendes Resultat. Die Doldenent- lung ist normal und die Farbe tadellos; die Dolden sind vollgespickt mit Lupulin und sind deshalb gegen­über andern Jahren nennenswert gewichtiger. Bis Ende nächster Woche giebt es wohl schon trockene Ware. Möge nur ein entsprechender Preis den andern Jahren gegenüber quantitativen Ausfall decken.

Ulm, 8 Sept. Die Familie des Oekonomen Mayer in der Schwilmengasse wurde am Samstag abend in große Trauer versetzt. Mann, Frau und Sohn befanden sich beim Fürstenegger Hof auf dem Feld und hatten einen Wagen mit Oehmd.ge­laden. Beim Spannen brach der Wiesbaum, der Sohn, der sich auf dem Wagen befand, wurde hinaus- geschleudcrt, und die Frau, die hinter dem Wagen stand, erhielt von dem abspringenden Wiesbaum einen Schlag ins Genick, daß sie tot zusammenstürzte. Der Sohn ist unverletzt.

Meßkirch, 5. Sept. Mit jedem Tage meh­ren sich hier die zu den Manövern notwendigen Vor­kehrungen zur Selbstverpflegung der Truppen bei Biwacks. Die Zufuhr von Stroh an das Manöver­magazin ist recht lebhaft. Auf dem Turnplatz und der anstoßenden Hinteren Kiesgrube sind große Zelte ausgeschlagen, die zur Unterbringung des zugeführten Roggenstrohs und der Feldbäckerei dienen. Die Ein­richtung derselben ist sehr interessant. Die 5 Oefen, wovon jeder 7080 runde Laib Brot saßt, stehen in einer Reihe. Die Oefen selbst sind von Wellblech, während den Bodenbelag Backsteine bilden, die auf einer Kies- und Sandschichte ruhen. Vor den Oefen ist eine Grube gegraben, in welcher die zum Einschießen stehenden Bäcker diese Arbeit bequem verrichten können. Mit Erstellung der Oefen wurde Mittwoch mittag begonnen und sind diese bereits gestern nachmittag gefeuert worden, uni die sie umgebende Erdbedeckung auszutrocknen. Heute früh wurden die Oefen noch­mals geheizt und sodann mit dem Backen begonnen. Für die nächst bevorstehenden Biwaks sollen etwa 1600 Laib Brot gebacken werden. Eines der Zelte enthält die Bäckerei-Einrichtung, Mehlvorrat, Mulden, Gestelle zur Unterbringung der zum Backen fertigen Laibe re., während ein anderes zur Unterbringung des Brotes dienen soll. Auch mit der Schlächterei wird heute begonnen, wozu jedoch das hiesige Schlacht­haus benutzt wird. Heute werden 2 Ochsen geschlachtet, während nächste Woche für die großen Biwak/ sechs weitere vom Leben zum Tod befördert werden sollen. Von hier aus wird die ganze 29. Division sowohl mit Brot als mit Fleisch versorgt, da weder in Pfullen- dorf noch in Lippertsreute bei den dort bestehenden

Magazinen Bäckereien noch Schlächtereien errichtet werden.

Friedrichshafen, 6. Sspt.. Der am ver­gangenen Samstag vom letzten Zug hier abhanden gekommene Postsack mit einem Inhalt von 25000 ^ und eingeschriebenen Briefen wurde gestern nachmittag 4 Uhr bei Konstanz aus dem See gefischt. Bei Er­öffnung desselben zeigte sich, daß das Geld fehlte^ während die Briefpackete, allerdings zum Teil durch­näßt, noch intakt waren. Offenbar ist der Sack in der Nähe von Konstanz nach Beraubung in den See geworfen worden. Alles deutet darauf hin, daß eine kundige Hand sich mit der Sache befaßt hat. Möge doch die mit großem Eifer geführte Untersuchung Licht in dieses Dunkel bringen und von Erfolg be­gleitet sein.

Friedrichs Hafen, 7. Sspt. Unter dem zehrenden Einfluß der noch immer stark über die Hälfte des Tages am Himmelszelt stehenden Sonne und bei dqm oft einfallenden Ostwind gehen die Gewässer allenthalben zurück; daS Fallen beträgt aber kaum 5 Centimeter täglich, weil viel Schnee an den Bergen abschmilzt und die Zuflüsse iln Hochwafserstand erhält; eine Menge Gestrüpp aller Art treibt deshalb noch auf der Oberfläche des Sees, welcher erst durch an­haltenden Wind wieder reingefegt werden wird; wie sehr aber das Ausbleiben desselben zunächst zu wünschen ist, das hatten die Nachbarorte Rorschach und Konstanz, in den letzten Tagen erfahren, wo in wenigen Abend­stunden durch frischen Ost- und Südostwind viel neuer Schaden in Folge des Wellenbruchs angerichtet wurde. In Rorschach steht das Wasser noch immer sehr hoch über dem Geleise des Hafenbahnhofs, daß es den Anschein hat, die Bahnzüge schwimmen und werden durch Radschaufeln fortbewegt. Eine für die jetzige Jahreszeit sehr seltene Erscheinung sind die Wildenten, die zu Hunderten in den See eingefallen sind und namentlich in der Gegend der Schussenmündung sich aufhalten, sowie die Kormorane, sog. Seeadler, die der Fischerei äußerst schädlich sind.

Frankfurt a. M-, 5. Sept. In dem Keller, der Vereinigten Brauereien auf dem Hainerkeller hatte heute Nacht ein vor Jahresfrist wegen Diebstahls entlassener Kellermeister, der sich in die Lagerkeller schlich, ein Teil des Bieres durch Lösung des Zapfens fortlaufen lassen, worauf er das Gebäude in Brand steckte und sich erhängte. Der Schaden ist ziemlich beträchtlich, doch erleidet weder der Betrieb, noch der Versandt des Bieres irgend welche Störung. In raffinierter Weise hatte der Schurke vor der That. die Schläuche durchschnitten, so daß diese nicht funk­tionieren konnten. Die benachbarte Binding'sche Brauerei brachte die erste Spritze und genügend Wasser zur Brandstelle. Der Brandstifter wurde erst nach dem Löschen des Feuers an einem außer Gebrauch gesetzten Rollwagen, der in einem Winkel der anstoßenden Halle stand, in kauernder Stellung aufgefunden, so daß nian anfangs glaubte, er schlafe; erst bei näherer Untersuchung fand inan, daß er sich erhängt hatte. Der Schaden an den Gebäuden, so­wie an dem ausgelaufenen Bier soll einen Verlust, von 3035000 ausmachen.

sie jetzt stäriger und rhythmischer aus Nordwest daher, was unser alt s Gefährt mehr zu besänftigen und zu beruhigen als aufzuregen schien.

Das Schiff hatte alle Segel, die es besaß, gehißt. Daß Leesegel schon seit Menschengedenken im Gebrauch sind, wissen wir von einer Autorität wie Sir Walter Raleigh, aus seinen Schriften über Verbesserungen im Schiffsbau seit Heinrichs VIII. Zeit, doch ich kann dafür stehen, daß dieses Totenschiff an seinen Raaen keine Eisen hatte, noch konnte ich irgendwo Sparren, die den zum Spannen der Segel gebrauchten Spieren entsprachen, entdecken. Doch wenn cs sogar dies alles besessen hätte, so würde es an diesem Morgen dessenungeachtet von wenig Belang gewesen sein, denn die Brise wehte immer noch westlich und das Schiff steuerte dichtgebraßt ziemlich nordwestlich mit ungefähr drei Knoten die Stunde.

Ich erspähte die korpulente Figur des Bootsmannes Jans in der Nähe des Vordermastes. Er lehnte daselbst mit untergeschlagencn Armen und starrte nach oben. Seine ganze Stellung deutete auf völlige Geistesabwesenheit hin, und er stierte mit dem nichtssagenden Blick eines säugenden Kindleins in Gott we ß welche Fernen.

Es wäre mir unmöglich, zu sagen, ob das Deck abgespült oder gescheuert worden, doch schien es feucht als wie erst kürzlich getrocknet. Jemand, wie ich ver­mutete, der Schiffszimmermann, sägte in der Nähe des Hauses, das den Schiffsvor­rat barg, Holz. Zwei Andere saßen dicht bei ihm auf einem Segel und besserten es aus, während sich ein anderer Matrose auf dem Mastkorb befand; doch was er daselbst verrichtete, konnte ich nicht sehen, denn cs ragte wenig mehr als sein Kopf über die Barrikade hervor. Ich schritt nach vorn auf den Bootsmann zu und als ich bemerke, daß er nicht die geringste Notiz von mir nahm, berührte ich ihn leicht an der Schulter.

Er wandte mir sein totenbleiches und doch so fleischiges und feistes Gesicht zu und schaute mich an. Ich fühlte mich etwas nervös und cs kostete mir viel Ueberwindung, diese weder menschlichen noch teuflischen Gestalten anzuredcn, doch war ich andererseits fest entschlossen, Alles, was da kommen möge, standhaft durch­zumachen, dabei von dem Gedanken» angeftuert, daß, wenn ich aus diesem Abenteuer

mit meinem Leben davon kommen sollte, ich der Welt eine Erzählung liefern konnte,, die Alles, was Seeleute bisher über das Seeleben mitgeteilt, weit übertreffen würde..

Ich sagte zu ihm:Guten Morgen, Herr Jans. Endlich ist der Himmel einmal klar und verheißt besseres Wetter."

Jawohl, Herr," gab er mir zurück, wobei er ohne Anstrengung den schweig­seligen, geistesträgen Zustand von sich abzuschütteln schien.Es hat sich recht hübsch aufgeklärt. Aber auf einen so vermaledeit langweiligen Nordwester sollte eigentlich sogleich ein munterer Sturm aus dem Süden folgen!"

Gebe es der Himmel!" erwiedcrte ich, durch seine Höflichkeit einigermaßen beherzter geworden.Ich zweifle nicht, Sie werden sich freuen, das alte, liebe Amsterdam wiederzusehen!"

Ha," fuhr er auf,ich versichere Ihnen! und dazu mein Weib Amana und meine Tochter Tobina, ha! ha! ha!"

Sein Lachen klang wie das des Papageis, freudenlos, und nicht eine Falte seines Gesichtes zuckte, um seiner furchterregenden Fröhlichkeit ein Gepräge der Wirklichkeit zu verleihen.

Um bald zum Ziel zu kommen denn ich wünschte nicht von Vanderdecken auf dem Vorderteil gesehen zu werden, fuhr ich fort:Ja. das Wiedersehen ist umso angenehmer, je länger die Verzögerung war. Verzeihen Sie mir, Herr, ich bin ein Engländer und mit den Schiffsbordgebräuchen der Holländer noch ganz un­bekannt. Auf dem Schiff, dem ich als zweiter Steuermann diente, halten wir ein sogenanntes Obervorderkastell, worin das Schiffsvolk schlief . . ."

Hier unterbrach er mich kopfschüttelnd:Ich verstehe Sie nicht," sagte er.

Das war allerdings nicht zu verwundern, denn da ich die holländische Be­zeichnung nicht wußte, bediente ich mich des englischen Topgallantvorderkastell..

Sie schliefen unter einem Deck, welches dem Poopdeck ähnelt," erläuterte ich..

Ha!" rief er aus.

Wo schläft die Mannschaft dieses Schiffes?"

Da unten," entgegnete er, auf eine Dccköfflrung deutend, dis der heutigen. Springluke entspricht.