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Köln, 8. Sept. Die große Maschinenhalle der Kriegskunst-Ausstellung ist heute Nacht abgebrannt. Die sonstigen Gebäude sind unbeschädigt.
Dresden, 9. Sept. Das Wasser ist bis auf 4 Meter über die Normalhöhe zurückgegangen, alle Straßen und Plätze sind wieder wasserfrei.
Kiel, 8. Sept. Gestern Nachmittag kenterte bei Friedrichsort ein Segelboot. Von 6 Insassen sind 3 ertrunken.
vermischtes.
— Die Lebensversicherungs-und Ersparnis-Bank in Stuttgart hat infolge ihrer äußerst liberalen Versicherungs-Bedingungen und der absoluten Sicherheit, welche sie ihren Mitgliedern bietet, sich fortgesetzt eines wachsenden Zugangs zu erfreuen. Während der Einlauf an Anträgen nn Dezennium von 1855/64 ^ 31902831. betrug, hat sich solcher von 1880/89 auf 282691942. gesteigert. Im ganzen waren bei der Bank bis jetzt ^ 432 512 800. versichert. Für fällig gewordene Versicherungen wurden 50480000. ausgezahlt und 26 400000. konnten als Dividende an die Versicherten zurückvergütet werden, während weitere Ueb erschlösse von 12"ft Millionen Mark noch in Reserve liegen, um in den nächsten Jahren verteilt zu werden. Der Bankfonds beträgt derzeit ca. 82'/- Millionen Mark und erhöht sich alljährlich um weitere ca. 7 Millionen.
Eine Geschichte der Insel Helgolamd, Wie man der „Tägl. Rundschau" mitteilt, ist es der lebhafte Wunsch des Auswärtigen Amtes wie des Unterrichtsministers, alles Material zusammcngestellt zu wissen, das zu einer Darstellung der Geschichte der Insel Helgoland geeignet ist. Das auf den Staatsbibliotheken in England, Deutschland und Dänemark vorhandene Material läßt Lücken in Bezug auf die Zeit bis zum 16. Jahrhundert. Hier häufen sich die Wiedersprüche, weil Geschichte und Sage sich vermischen. Der historischen Kritik bleibt also ein weiter Spielraum übrig, und ihrer Forschung müssen sich die neueren geologischen Untersuchungen über den Ent- stehungs- wie Abbröckelungsprozeß der Insel einstigen. Die geologischen Berechnungen sind namentlich geeignet, den Sagenkreis zu verengen und den geschichtlichen Thatsachen zu ihrem Recht zu verhelfen. Mit viel Geschick hat der frühere Abgeordnete Oetker mit Helgoland sich beschäftigt, und soweit er die Rechtsverhältnisse der Insel darstellte, sind seine Aufzeichnungen noch heute von Wert. Keiner der vorhandenen deutschen Schriften reicht indeß an die von Lappenberg im Jahre 1831 verfaßte heran. Derselbe entnahm seine Angaben über Helgoland den literarischen Schätzen des britischen Museums in London und den Urkunden des englischen Staatsarchivs. Wertvolle Urkunden über Helgoland bewahrt, wie es heißt, die Kieler Universitätsbibliothek. Auch unter den litteratischen Schätzen Leopold v. Ranke's soll sich gutes Helgoländer Material befinden. Leider ist die Ranke'sche Bibliothek nach Amerika verkauft worden.
Eine neue Schreibmaschine. Endlich ist eine vollendete und äußerst billige Schreibmaschine entdeckt worden. Einem Engländer gebührt der Ruhm, hier der Welt einen bedeutsamen Dienst geleistet zu haben. Die Maschine ist nicht größer als ein anständiger Behälter von Tintenfaß und Streusandbüchse, heißt „Merritt" und kostet nur den vierten Teil der älteren Maschinen, ist aber zehnmal handlicher und praktischer. Wenn man bedenkt, wie ungemein verbreitet die nunmehr als veraltet zu bezeichnenden teuren Schreibmaschinen sind, so muß man sagen, daß „Merritt" einem nicht zu verkennenden Bedürfnis abhilft. Das Beste daran ist, daß Jeder in einer Minute sich mit dem einfachen Mechanismus vertraut machen und schreiben kann. Die mit der Merritt- Maschine geschriebenen Briefe sind copierfähig, auch kann man durch Einlegen je eines Blattes Blaupapier mehrere Copien zugleich Herstellen. Größte Deutlichkeit und Correktheit ist bekanntlich der Hauptvorzug der Schreibmaschinen. Bei der genannten, welche diesen Anforderungen in vollendetster Weise entspricht, kommt dazu, daß man in kürzester Zeit damit schneller als mit Feder und Bleistift zu schreiben vermag. Das Schreiben geschieht in folgender Weise: Vor der kleinen Maschine befindet sich ein kammähnliches Gestell und unter den einzelnen Einschnitten desselben steht je ein Buchstabe rc. Vermittelst eines kleinen Hebels drückt man in den Zwischenraum des gewünschten Buchstaben, der alsbald auf dem Papier erscheint. Ein kleiner Druck und ein groß geschriebener Buchstabe erscheint, während beim Nachlassen des Druckes nur klein geschriebene sich aneinander reihen. Das Papier schiebt sich selbstthütig weiter und steht die Schrift stets schnurgerade. Auf den älteren, teueren Maschinen mußte man jeden Buchstaben, wie auf dem Klavier die Tasten einzeln berühren, die jetzige Manipulation ähnelt mehr dem Telegraphieren. Die Schrift ist sehr deutlich (lateinisch). Sämtliche mit dieser Maschine geschriebenen Briefe werden von der Neichspost für 8 Pfg. expediert, ergiebt also 79 pCt. Porto-Ermäßigung. Eine Seite mit dieser Maschine geschrieben, enthält soviel Worte, als aus 3 Seiten mit der Feder geschrieben stehen. Originell ist ein Glockenzeichen, das das Ende einer Zeile anzeigt. Den alleinigen Vertrieb in Deutschland hat der Hof- graveur A. Liebmann, Berlin, Friedrichstraße 74.
Die Dame in Trauer. König Ludwig I. von Bayern war von schlagendstem Witz, dessen Stachel er besonders Personen fühlen ließ, die ihm nicht zu Gesicht standen. Einer Dame aus der Finanzwelt Münchens, die sich des Rufes bedeutender Schönheit erfreute, halte er die Auszeichnung widerfahren lassen, sie durch Meister Stieler's Pinsel in seiner Schön- Heiten-Galerie zu verewigen. Nun gab es für Frau K. . . . keine bürgerliche Sphäre mehr, sie fühlte sich nur mehr als zum Hofe gehörend. Sie schien die Spaziergänge des Königs genau studiert zu haben, denn auf jedem derselben stolperte er über Frau K. Ganz vergessend, daß der Zahn der Zeit, wenn auch nicht an ihrem Bilde, so doch an dem Original bedenklich verwüstend genagt hatte, folgte sie dem Hofe wie sein Schatten- In welcher Toilette nur immer die Königin Therese sich zeigen mochte, wenige Tage
„Ist es ein bequemer, wohnlicher Raum?" fragte ich.
Hier schnitt er ein Gesicht und spuckte verächtlich aus, was mich überzeugte, daß Matrosen, das Murren unv Knurren anlangend, zu allen Zeiten gleich gewesen find, und sogar in diesem Manne, der in Folge seines hohen Alters längst menschlich zu sein aufgehört hatte und der nur noch kraft des Fluches, den er mit seinem Herrn teilte, existierte, noch der Instinkt des Seemannes wie ein Funke unter ausgebrannter Asche fortlebte.
„Urteilen Sie selbst, wenn cs Ihnen beliebt!" sagte er endlich. „Mein letztes Schiff war die Maagt van Eukhuysen, und obgleich der miserable Zustand des Volkslogis sogar eine Meuterei hervorrief, versichere ich Ihnen, Mynheer, es war dennoch verglichen mit diesem wie guter Punsch zu schalem, kaltem Wasser."
Er forderte mich auf, hinabzusteigen, aber ich bat ihn, vorauszugehen, denn wie konnte ich wissen, welchen Empfang mir die Bewohner bereiten würden, wenn ich ihr Heiligtum ohne Begleitung beträte? „Sehr wohl," antwortete er auf meine Aufforderung, erfaßte den Lukenrahmen und verschwand mit seinem korpulenten Körperumfang durch die Oeffnung, während ich ihm dicht hinterdrein folgte.
Wir stiegen eine Fallreepstreppe hinab, die mit der übrigen Ausrüstung des Fahrzeuges vollständig harmonierte; ihr Geländer zeigte Schnitzereien und die Stufen bestanden aus einer Art Gitter, was sich in der That von dem rohen, ungehobelten Holzwerk, das in unserer Zeit den Abstieg vermittelt, vorteilhaft unterschied. Das Himmelslicht strömte hell durch die Decköffnung, doch schien es machtlos, die ringsum herrschende Düsterheit zu durchdringen. Anfangs war mein Sehorgan ganz verwirrt und vergeblich blinzelnd stand ich für einen Augenblick unter der Decköffnung, ohne das Geringste sehen zu können. Als ich mich jedoch ganz von dem Schimmer des Tageslichtes abwandte, traten die Einzelheiten des Raumes nach und nach vor mein Auge, trotz der das Dunkel eher noch tiefer erscheinen lassenden, keinesfalls Helligkeit verbrestenden matt flackernden, rauchenden Flamme einer wie ein Kaffeetopf geformten Lampe, die, dem üblen, ihr entströmenden Geruch nach zu urteilen, mit Talg gespeist wurde und an einem Querbalken hin und her schwang. Man mußte, um die Lampe und die von ihr beschienene Scene in Sicht zu bekommen,
darauf machte Frau K. in derselben von sich reden. Hatte der Hof Trauer angelegt, so ging auch Frau K. schwarz. Schon über Jahresfrist war Königin Therese entschlummert und der Hof hatte längst alle äußeren Zeichen abgelegt, welche an dieses schmerzliche Ereignis erinnern konnten. Auf einer Promenade begegnete Ludwig'I. Frau K., die in tiefstes Schwarz mit langem herabwallendem Schleier, Hoftrauer ersten Grades, gekleidet war. Teilnahmsvoll näherte sich der König der Dame und fragte sie, wer von ihrer Familie wohl gestorben sei. „Niemand", lautete die Antwort. „Ja, für wen trauern Sie dann so tief?" fragte der König befremdet. Frau K. stammelte, indem sie eine ihrer stets fertigen Thränen über die Wange rieseln ließ: „Für Ihre höchstselige Majestät." Das war oem König doch zu bunt, denn merklich unwirsch sagte er: „Für meine Gemahlin ? Hören Sie, Frau K., ich habe gar nicht gewußt, daß wir so nahe mit einander verwandt sind!" Sprachs und ließ die keiner weiteren Aufklärung mehr bedürfende Dame stehen.
Kittcrnrischcs.
— Ter soeben erschienene Kalender des „Lahrer Hinkenden Boten für 1891" kann wie seine Vorgänger auf den Namen eines wirklichen Volksbuches Anspruch machen. Es haben auch diesmal einige der hervorragendsten deutschen Schriftsteller Beitiäge bcigestcncrt. die aber alle in echt volkstümlichem Geiste gehalten sind. Von Albert Bürt- l in, dem jüngstvcrstorbcnen edlen VolkSfreund, finden wir eine sehr lehrreiche Geschichte „Zweierlei Wirtschaft", Julius Grosse behandelt ein echt-deutsches Thema in „Die Lust am Wald," August Silberstein führt uns in seiner.Nikolobescherung" in die österreichischen Berge und Hermann Heiberg erzählt eine interessante Hnndcgeschichte „Knipperdolling." Außer diesen enthält der Kalender aber noch eine ganze Reihe unterhaltender Erzählungen, Schwänke, Anekdoten n. s. w. Der Lesestoff ist mit großem Geschick zusammcngestellt und nichts ist ausgenommen, das man nicht ruhig in jedermanns Hände geben könnte. Die Wcltbegcbenheiten werden wie immer knapp und erschöpfend, vor allem aber volkstümlich dargestellt. Außerordentlich reich ist der von bekannten Künstlern geschaffene Bilderschmuck. Dem Kalender liegt ein Wandkalender bei, der zugleich Trachtenbild ist. Bekanntlich erscheint der Kalender auch in einer umfassender!! Ausgabe als .Großer Volkskalender des Hinkenden Boten. Hier treten zu den genannten Erzählern noch Gerhard v. Amyntor (Der Professor und sein Hund), Heinrich Seidl (Tie Wirtin von Vornan), Ernst v. Wolzogen (Die Choleracigarrc) u. a. Auch der große Volkskalcn- dcr verdient in jeder gebildeten Familie eine Heimstätte zu finden.
FmLdm. Sonsrmr°Verein.
Diejenigen Mitglieder, welche Mostobst durch den Consum-Verein zu beziehen wünschen, werden ersucht, ihren etwaigen Bedarf bei ihrem LrtSrechner anzumelden.
Tadellose Lieferung selbstverständlich.
Der geschäftsführende Vorstand L. Dingler.
einen Schritt links oder rechts seitwärts thun, da sonst der Vordermast im Wege stand, der das Deck ganz am Ende des Bugspriets durchdrang.
Jans blieb mir zur Seite. „Können Sie sehen, Mynheer?" fragte er.
„Ja, meine Augen gewöhnen sich allmählich an das Dunkel," erwicdcrte ich.
„Master," kreischte eine hohle Stimme aus des Volkelogis' dunkelstem Hintergrund, „wcnn Sie etwas zur Füllung meiner Pfeife beitragen könnten, würde ich sehr dankbar sein."
Zum Glück hatte ich noch ein Ueberbleibsel von meiner — wie die Matrosen sagen — Tabakstange in meiner Tasche, die auch von Prius während des Trocknens meiner Jacke auf die ehrenwerteste Weise als fremdes Eigentum respektiert worden war. Und das noch so vorrätige Stück war schon bei der Fabrizierung durch die starke Pressung, die cs durchgcmacht, und den reichbchcn Rumzusatz so wasserdicht geworden, daß ihm auch mein Sturz in's Meer nichts von seinem Wohlgeschmack und seiner Gebrauchsfähigkeit geraubt hatte. Bei einer gewissenhaften und vorsichtigen Operation mit dem Messer war genügend vorhanden, um Allen zusammen mit einer Pfeife zu dienen. Ich zog es hervor und händigte es Jans ein, damit er cs dem Manne, der mich darum angesprochen, überreiche. Jans roch daran und bestätigte, daß es Tabak wäre, wünschte jedoch zu wissen, auf welche Weise es zu rauchen sei, was mich überzeugte, daß den Holländern im siebz hnten Jahrhundert sogenannte Tabakkuchen oder Tabakstangen ganz unb-kannt waren und sic wahrscheinlich das trockene Blatt benutzten wie cs in alter Zeit auf Manila und den Gewürzinseln Sitte gewesen.
Ich nahnr mein Messer zur Hand, legte den Tabak unter dem Scheine der von oben kindringenden Helle auf eine der Treppenstufen und begann ihn zu spalten und zu schaben. Als ich genug zu haben glaubte, rollte ich die Schnittchen in der Hand und füllre damit eine mir von Jans gereichte rußige Tonpfeife, welche er an der Lampe anzünden mußte. Nachdem er gethan wie ich befohlen, rauchte er m t wahrem Heißhunger darauf los, stieß gewaltige Rauchwolken hervor und murmelte dazwischen: „O, wie herrlich! o, wie herrlich!"
(Fortsetzung folgt.)