Amtliches.
Bekanntmachung,
betr. Beftandserhebung von Bastfaserrohstoffe«
«nd Erzeugnisse« ans Bastfaser« (Inte, Flachs,
Ramie, europäischer Hanf u. überseeischer Hanf).
Nachstehende Verfügung wird hiermit zur allgemeinen Kenntnis gebracht mit dem Bemerken, daß jede Uebertretung — worunter auch verspätete oder unvollständige Meldung Mt — sowie jedes Anreizen zur Uebertretung der erlassenen Vorschrift, soweit nicht nach den allgemeinen Strafgesetzen höhere Strafen verwirkt sind, nach 8 9 Buchst, b*) des Gesetzes über den Belagerungszustand vom 4. Juni 1851 oder nach 8 5**) der Bekanntmachung über Vorratserhebungen vom 2. Februar 1915 bestraft wird; auch kann der Militärbefehlshaber die Schließung des Betriebs anordnen.
8 1. Inkrafttreten der Verordnung.
Die Verordnung tritt am 2. August 1915 nachts 12 Uhr in Kraft.
8 2. Bo« der Verordnung betroffene Gegenstände.
Bon der Verordnung betroffen sind sämtliche Vorräte (einerlei ob Vorräte einer, mehrerer oder sämtlicher Klassen vorhanden sind) an folgenden Gegenständen:
1. -si) Bastssserrohstoffe, im Stroh (ungelöstst und geröstet),
geknickt, geschwungen, gebrochen, gehechelt und als Werg oder sptnnsähiger Abfall;
2. -s-) ganz oder teilweise au» Bastfasern hergestellte Garne
und Zwirne;
Z.-s) Seilerwaren wie Bindfäden, Bindegarne, Kordel, Schnüre, Stricke. Leinen, Seile. Taue, Transportbänder, Bandseile, Gurte u. a.;
4. s) alle ganz oder teilweise aus Bastfasern hergestellten
Gewebe, welche für Heeresbedarf in Betracht kommen. Diese sind alle glatten oder streifig gemusterten Gewebe in rohem, gebleichten, imprägnierten und gefärbten Zustande, welche mit nicht mehr als 5 Schäften hergestellt sind und in denen keine feineren Garne als Leinengarnnummer 30 engl, oder bei mit Baumwolle gemischten Geweden keine feineren Garne als Baum- wollgarnnumnur 32 engl, verwendet worden find;
5. -s-) leere Säcke, ganz oder teilweise aus Bastfasern her-
gestellt, und zwar alle ungebrauchten Säcke und alle für menschliche oder tierische Nahrungsmittel gebrauchten Säcke.
Zu den Bastfasern im Sinne dieser Verordnung gehören:
Jute, Flachs, Ramie, europäischer Hanf, die außereuropäischen Hänse wie Manilahanf, Sisalhans. indischer Hans, Neuseelandflachs und andere Seilerfasern; ferner alle bei der Bearbeitung von Fasern entstehenden Wergarten oder spinnfähigen Abfälle.
F 3. Von der Verordnung betroffene Personen, Gesellschaften «sw.
Bon dieser Verordnung werden betroffen:
») alle gewerblichen Unternehmer und Firmen, in deren Betrieben die in 8 2 aufgeführten Gegenstände erzeugt, gebraucht oder verarbeitet werden, soweit die Vorräte sich in ihrem Gewahrsam oder bei ihnen unter Zollaufsicht befinden;
d) alle Personen und Firmen, die solche Gegenstände au» Anlaß ihres Wirlschaftsbettiebes, ihres Handelsbetriebes oder sonst des Erwerbes wegen für sich oder für andere in Gewahrsam haben, oder wenn sie sich bet ihnen unter Zollaussicht befinden;
«) alle Kommunen, öffentlich-rechtlichen Körperschaften und Verbände, in deren Betrieben solche Gegenstände erzeugt, gebraucht oder verarbeitet werden, oder die solche Gegenstände in Gewahrsam haben, soweit die Vorräte sich in ihrem Gewahrsam oder bei ihnen unter Zollaufsicht befinden ;
ä) Personen, welche zur Wiederoeräußerung oder Vergebet- tung durch sie oder andere bestimmte Gegenstände der in 8 2 aufgeführten Art in Gewahrsam genommen haben, auch wenn sie kein Handelegewerbe betreiben; s) alle Empfänger (der unter a, bis ä bezeichneten Art) solcher Gegenstände nach Empfang derselben, falls die Gegenstände sich am Meldetag auf dem Versand befinden und nicht bei einem der unter a bis ä aufgeführten Unternehmer, Personen usw. in Gewahrsam, oder unter Zollaufsicht gehalten werden.
Bon der Verordnung betroffen sind hienach insbesondere nachstehend ausgesührte Betriebe und Personen:
gewerbliche Betriebe: wie z. B. Faserbereitungsanstalten, Spinnereien, Webereien, Zwirnereien, Färbereien. Bleiche- ^n, Wäschefabriken, Konfektionshäuser, Plan- und Säcke- sadriken, Setterwarenfabriken, Seilereien, Netzfabriken.
5 einem in Belagerungszustand erklärte» Orte ol "" "^Adlärung des Belagerungszustandes oder währe k!» Wlltärbefehlshaber im Interesse der öffentlichen Sich
verbot Übertritt, oder zu solcher Uebertretung ausford bestehenden Gesetze keine höhere Freihei strafe bestimmen, mit Gefängnis bis zu einem Jahre bestraft werk ) Wer vorsätzlich die Auskunft, zu der er aus Grund die E^sordnung verpflichtet ist, nicht in der gesetzten Frist erteilt, ol
bestraft, auch können Vorräte, die verschwiegen find, im Urteil dem Staate verfallen erklärt werden. Wer fahrlässig die Auskm zu der er auf Grund dieser Verordnung verpflichtet ist, nicht in ! gesetzten Frist erteilt oder unrichtige oder unvollständige Angaben ma, wird mit Geldstrafe dis zu 3000 Mark oder im Unvermögensfalle > Gefängnis bis zu 6 Monaten bestraft.
-s-) Die nicht zu meldenden Mindestmengen jeder Warenqattu sind im 8 8 aufgesührt.
Handelsbetriebe: Kaufleuie, Lagerhalter, Spediteure, Kommissionäre usw.;
wirtschaftliche Betriebe: Landwirte usw.
Sind in dem Bezirk der verordnenden Behörde neben der Harplstelle Zweigstellen vorhanden (Zweigfabriken, Filialen, Zwetgbureaus u. dgl ), so ist die Hauptstelle zur Meldung und zur Durchführung der Beschlagnahmebestimmungei» auch für die Zweigstellen verpflichtet. Die außerhalb des genannten Bezirks (in welchem sich die Hauptstelle befindet) ansässigen Zweigstellen haben einzeln z« melden.
8 4. Meldepflicht.
Die vor, dieser Verordnung betroffenen Gegenstände sind von den in 8 3 Bezeichneten (Meldepflichttgen) nach Maßgabe der nachstehenden Bestimmungen zu melden.
Die erste Meldung ist für die am 2. August 1915 nachts 12 Uhr vorhandenen Vorräte bis zum 12. August zu erstatten.
Die folgenden Meldungen find für die bei Beginn des ersten Tages eines jeden zweiten Monats vorhandenen Vorräte bis zum 10. des betreffenden Monats — bei der zweiten Meldung demnach bis zum 10. Oktober 1915 zu erstatten.
8 5. Meldescheine.
Bei der ersten Meldung find die Vorräte von sämtlichen in 8 2 aufgesührten Gegenständen anzugeben; bei den folgenden Meldungen nur die Vorräte der in 8 2 unter Ziffer 1 und 2 aufgesührten Gegenstände.
Die Meldungen haben unter Benutzung der amtlichen Meldescheine für Bastfasern und Bastfasererzeugnifse zu erfolgen. Die Meldescheine für die erste Bestandsmeldung sind unverzüglich nach erfolgter Bekanntmachung gegenwärtiger Verordnung, für die späteren Meldungen entsprechend frühzeitig, bei dem Webstosfmeldeamt der Knegs-Rohstoff- Abteilung des König!. Krtegsministeriums, Berlin 8>V 48, Verlängerte Hedemannstraße 11, zu verlangen. Die Anforderung hat auf einer Postkarte (nicht mit Brief) zu erfolgen, die nichts anderes enthalten darf, als die Kopsschrift: „Betrifft Meldescheine für Bastfasern", die kurze Anforderung der Meldescheine und die deutliche Unterschrift und Firmenstempel mit genauer Adresse.
Die Bestände sind nach den vorgedruckten Stoffbe- Zeichnungen getrennt anzugeben.
In denjenigen Fällen, in denen die Gewichte oder Mengen nicht ermittelt werden können, find schätzungsweise Angaben einzutragen, mit dem besonderen Vermerk, daß die Angaben geschätzt sind.
Sämtliche in den Meldescheinen gestellten Fragen find genau zu beantworten.
Die Meldescheine sind ordnungsgemäß frankiert an das
Weöstoffmekdearut der Kriegs-Kohstoff-Aöteitung des
Kgk. Kriegs Ministeriums, N-rki» 8^ 48, Serk.
Krdemannstr. 11,
einzusenden. Auf die Vorderseite der zur Uebersendung von Meldescheinen benutzten Briefumschläge ist der Vermerk zu setzen: „Enthält Meldeschein für Bastfasern".
8 6 Besondere Meldebestimmnngen.
Flachsstroh und Hanfstroh, welche am Stichtage noch nicht geerntet sind, müffev schätzungsweise gemeldet werde«. Die genaue Meldung ist sofort nach der Einerntung unter Abzug des Gewichtes des Samens vorzuuehme«.
Die nach dem jeweiligen Stichtage eintreffendeu, vor dem Stichtage aber schon abgesandten Vorräte sind vom Empfänger unverzüglich nach Empfang zu melden.
Außer den Borratsmengen sind anzugeben, wem die fremden Vorräte gehören, die sich im Gewahrsam des Auskunft! pflichtigen (88 3 und 4) befinden.
Aus einem Meldeschein dürfen nur die Vorräte eines und desselben Eigentümers, und die Bestände einer und derselben Lagcrstelle gemeldet werden.
Soweit Rohstoffe oder Game nach dem 25. Mai 1915 aus dem Auslande etngeführt sind, hat der Meldepflichtige dies bei Erstattung der Meldung anzugeben und auf Verlangen des Kriegsministeriums, Kriegs-Rohstoff-Abteilung, den Nachweis dafür zu erbringen.
Anfragen, die vorliegende Verordnung betreffen, find an das Webstoffmeldeamt der Kriegs-Rohstoff-Abteilung des König!. Kriegsministeriums, Berlin 48, Verlängerte Hedemannstraße 11, zu richten; die Anfragen müssen auf dem Briefumschlag sowie am Kopf des Briefes den Vermerk enthalten: „Betrifft Bestandsaufnahme für Bastfasern".
Muster der gemeldeten Vorräte sind nur aus besonderes Verlangen dem Webstoffmeldeamt zu übersenden.
8 7 Lagerbnch.
Jeder Meldepflichtige hat ein Lagerbuch etnzurichten, aus dem jede Aenderung in den Borratsmengen und ihre Verwendung ersichtlich sein muß.
Beauftragten der Polizei- und Militärbehörden ist jederzeit die Prüfung des Lagerbuches, sowie die Besichtigung des Betriebes zu gestatten.
8 8. Ausnahmen.
Die Meldepflichtigen find insoweit von einer Meldepflicht und Führung des Lagerbuches befreit, als ihre Bor- räte (einschließlich derjenigen in sämtlichen Zweigstellen, die sich im Bezirk der verordnenden Behörde befinden) am 2. August 1915, nachts 12 Uhr. geringer find als (Mindestvorräte):
a) ein Gesamtoorrat von 500 kg Faserstroh oder 100 kg
ausgearbeitete Rohstoffe,
b) 100 Kg Garne und Zwirne oder 100 Kg Seilerwalen,
e) 200 m Gesamtlänge von Geweben gleicher Bezeichnung (z. B. alle Gewebe unter der Bezeichnung Handtücher oder Bettücher). Nicht zu melden sind demnach alle gemusterten Gewebe (ausgenommen gestreifte Gewebe) und olle Bastfasergewebe, in denen Garne seiner als Leinengarn Nr. 30 oder Baumwollgarn Nr. 32 enthalten find. Ebenso find nicht zu melden alle Wirkwaren und Spitzen (oergl. 8 2 Ziffer 4), cl) 500 Säcke aller zu meldenden Gattnngen (vergl. 8 2 Ziffer 5).
Auch diese Personen sind auf besonderes Verlangen der Kriegs-Rohstoff-Abteilung des Kriegsministeriums zur Meldung ihrer Vorräte oder zu Fehlmeldungen verpflichtet.
In jedem Falle tritt auch für sie die Pflicht zur Meldung uud zur Führung eines Lagerbuches für die gesamten Bestände ein, wenn an einem späteren Stichtage die oben bezeichneten Mindestvorräte überschritten werden. — Verringern sich die Bestände nachträglich unter die angegebenen Mtndepoorräte, so bleibt die Pflicht zur Wiederholung der Meldung und Führung des Lagerbuches trotzdem bestehen.
Stuttgart, den 24. Juli 1915.
Don seiten des stell». Generalkommandos des XIII. (K. W.) Armeekorps.
Der Chef des Stabes: von Stroebel, Generalmajor.
Die Gemeindebehörde«
wollen die Bekanntmachung alsbald nach dem Erscheinen des Bezirksamtsblattes an den für die Veröffentlichungen bestimmten Stellen zum Aushang bringen oder anschlagen.
Nagold, den 27. Juli 1915. K. Oberami:
Kommerell.
Bekanntmachung, betr. die Abhaltung eines Wanderlehrknrses über Obst-«. Gemüseverwertnng.
Der staatliche Sachverständige für Obst- und Gemüsebau, Herr Odstbauinspektor Winkelmann in Ulm wird in der Zeit vom S. bis 7. August einen Wanderlehrknrs über Obst- und Gemüseverwertnng im Hetz fche« Schnlsaal in Nagold abhalten.
Lehrplan:
Erster Tag.
Vormittags: Das Einmachen von Obst und Gemüsen in Gläsern. Krügen. Flaschen, Büchsen. Dos Einsäuern von Gemüsen, theoretisch und praktisch.
Nachmittags: Das Dörren von Obst und Gemüse, theoretisch und praktisch.
Zweiter Tag.
Vormittags: Die Herstellung von Mus, Marmelade. Kraut, Gelee, theoretisch und praktisch.
Nachmittags: Dasselbe.
Dritter Tag.
Vormittags: Die Saftbereitung, theoretisch und praktisch. Nachmittags: Die Obstweinbereitung, theoretisch.
Die Unterweisungen beginnen vormittags um 9 Uhr, nachmittags um 2 Uhr.
Aenderungen im Lehrplane sind dem Kursierter Vorbehalten.
Zu diesem Kurs wird jedermann aus Stadt und Land sreundlichst ein geladen.
Den 26. Juli 1915. Kommerell.
k Stuttgart, 26. Juli. In einer 4stündigen Abend- sttzung erledigte die Zweite Kammer heute die Beratung des Etats. Zumeist fanden die einzelnen Kapitel ohne Debatte Annahme. Längere Zeit nahm die Erörterung verschiedener Anträge der Kriegswohlfahrtspslege in Anspruch, die aber schließlich sämtlich einstimmige Annahme fanden, so ein Antrag Mattutat iS ) betr. Erhöhung der Familienunterstützung durch das Reich, mit einem Zusatz Liesching (B.) auf baldigen Ersatz der für das Reich aus- gelegtcn Beträge und einem Antrag Bogt-Weinsberg (BK.) auf eine Erweiterung des Begriffs der Bedürftigkeit. Ein weiterer sozialdemokratischer Antrag betr. Mietzuschüsse und Naturalien an bedürftige Familien mit einem Zusatz Andre (Z.) auf Erhöhung der Staatsbeiträge an Gemeinden und ein sozialdemokr. Antrag auf Schaffung von Einrichtungen für Arbeitslose fanden ebenfalls Zustimmung. Minister v. Fleischhauer teilte mit, daß für Wohlfahrtspflege 3^ Millionen Mark in Württemberg bis jetzt aufgewendet wurden. Im übrigen gab der Minister durchaus beruhigende Zusagen. — Zwei Anträgen der sozialistischen Vereinigung aus Streichung der Gesandtschaften in Berlin und München und auf Wiederherstellung des gesetzmäßigen Zustands auf dem Gebiet des Presse- Vereins- und Bersammlungerechts wurden dasselbe Schicksal zu teil: Uebergang zur Tagesordnung. Bei der Abstimmpng über den Entwurf des Finanzgesetzes stimmte die sozialistische Bereinigung gegen den Entwurf.
Büchertisch.
Schmle« mid Schmdeistlliche.
Bon Albrecht Keller.
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