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kranz" und begeisterte Zurufe der dicht gedrängten Menge folgten dem Kaiser.
London, 4. Aug. Kaiser Wilhelm ist an Bord der „Hohenzollern" gestern abend 10 Uhr in der Bucht von Dower angekommen. Es fand ein Salut der deutschen Kriegsschiffe statt, der von den Strandbatterien erwidert wurde. Graf Hatz- feldt begab sich mit dem deutschen Marineattachs an Bord der „Hohenzollern", die heute früh mit dem Geschwader die Fahrt zur Insel Wight fortsetzte. Die Landung in Ostcowes findet im Laufe des Vormittags statt.
London, 4. Aua. Die Königin sah von Osborne aus der Annäherung der vereinigten Geschwader zu und ließ durch Signale den Kaiser begrüßen. Die „Hohenzollern" und das britische Wacht- schiff wechselten Salutschüsse. Als die „Hohenzollern" Cowes erreichte, begab sich der Prinz von Wales an Bord, welchen Besuch der Kaiser sogleich am Bord des Schiffes des Prinzen erwiderte. Dann begaben sich die Fürstlichkeiten auf einer Dampfbarkasse nach Trinity-Wharf; dort begrüßten Prinz Heinrich v. Battenberg, Prinz Christian zu Schleswig-Holstein, Prinz Alfred von Edinburgh, welcher deutsche Uniform trug, der Marquis von Lorne, der deutsche Vizekonsul und andere hochgestellte Personen den Kaiser, der überaus gut aussah und seinerseits alle herzlichst mit den Worten begrüßte: „Ich bin entzückt, wieder in England zu sein." Dann fuhren sämtliche Fürstlichkeiten in Hofwagen nach Osborne, wo die Prinzessin von Wales dem Kaiser entgegenkam und ihn herzlich begrüßte.
London, 5. Aug. Die Morgenblätter widmen dem Besuche des deutschen Kaisers sehr sympathische Leitartikel und erblicken in dem Kaiser den Friedenshort, der durch den zweiten Besuch eine neue Bürgschaft für die Erhaltung des Friedens biete. Kaiser Wilhelm sei der kräftigste Exponent einer einzigen gesunden Friedenspolitik, er habe alle Erwartungen übertroffen und alle Vorurteile besiegt.
Portsmouth, 4. Aug. Kaiser Wilhelm traf so früh in Osborne ein, daß der Prinz von Wales nicht, wie festgesetzt war, mit der Pacht „Osborne" der „Hohenzollern" begegnen konnte. Da die für Hebungen mobilisierte britische Flotte an einer anderen Stelle versammelt ist, war die Reede von Spithead von Kriegsschiffen entblößt. Der Kaiser fuhr in Cowes ein, begleitet von einem deutschen Panzerschiffe, sowie von Torpedobooten und der Admiralitätsyacht „The Queen", welche ihm entgegengefahren waren. An Bord der letzteren befanden sich der Hafenadmiral Commerell und der kominandierende General des Süddistrikts von Leicester, Smith. Das Hafengeschwader begrüßte die Kaiseryacht. Vom Hauptmaste des Schiffes „Herzog von Wellington" wehte die deutsche Flagge. Sämtliche Schiffe gahen den Kaisersalut ab, als die „Hohenzollern" Spithead passierte. Bei Cowes erwarteten zahlreiche Pachten die Ankunft des Kaisers. Nach der Landung schritt der Kaiser die Ehrenwache ab und begab sich sofort nach dem Schlosse Osborne, wo die Königin Viktoria den- selben auf das herzlichste bewillkommnete._
Tages-Neuiglreiten.
* Calw. Lehrerverein für Naturkunde. Letzten Samstag mittag versammelten sich
die Mitglieder des Lehrervereins für Naturkunde, Sektion Calw, im Gasthof z. Bad. Hof, um einen Vortrag über Koniferen von Hrn. Apotheker Stein anzuhören. Zur erläuternden Anschauung dienten Zweige der wichtigsten bei uns wachsenden Coniferen, sowie einige Dünnschnitte, welche unter dem Mikroskop die Struktur des Tannenholzes mit seinen Tüpfel-- zellen deutlich zeigten. Der Verein, dem auch Nicht-- lehrer angehören können, zählt über 30 Mitglieder..
* Calw, 4. Aug. Egsdt. Eine neue Erfindung. Kunstmühlebesitzer Hähnlen hier hat. für 2 außerordentlich sinnreich erdachte, nützliche Instrumente, nämlich für einen Holz halt er zum. Querschneiden auf Kreissägen, wodurch Un-- glücksfälle so gut wie ausgeschlossen sind, und für: eine das gleiche Ziel erstrebende und in der That auch gewährleistende Schutzvorrichtung für Kreissägen, vom kaiserlichen Patentamte die Anordnung der ihm erteilten Patentverleihung mitgeteilt erhalten. Es freut uns, diese ebenso nützliche als. sinnreichen Erfindungen unseres Mitbürgers auch einem weiteren Kreis mitteilen zu können und hoffen, beide werden den in sie gesetzten Erwartungen vollauf ent» sprechen; dem Erfinder aber wünschen wir Glück zu. seinem Fortschritte auf technischem und prophylaktischen Gebiete.
Neuenbürg, 3. Aug. Der gestrige Tag, war für die hiesige Sensen sab rik ein Freudentag. Er galt der Feier der silbernen Hochzeit des Fabrikbesitzers Ferd. Schmidt, der vor 25 Jahren, mit seiner Verheiratung zugleich die Leitung des Geschäfts übernommen hatte. Zum Dank für das glückliche Zusammenwirken mit seinen Arbeitern beging, der Jubilar, so schreibt der Enzthäler, mit dem gesamten Fabrikpersonal einen festlichen Tag. Morgens 8 Uhr brachten die Sensenschmiede des Turnergesangvereins dem Jubilar ein Ständchen. Um 8'/s Uhr versammelten sich die Vorstände der Bruder- und Krankenkasse unter Führung des Verwalters Loos,, um dem Jubilar namens aller Arbeiter ein kunstvoll gearbeitetes Gedenkblatt zu überreichen. Dasselbe ist geziert mit dem Wappen der Familie Schmidt und den Emblemen der Sensenfabrik und enthält den Ausdruck der Dankbarkeit für das warme Herz, die treue Pflege und manigfache Förderung, welche derselbe stets den von seinen Vorfahren schon längst ins Leben gerufenen und gepflegten Wohlfahrtseinrichtungen der Fabrik entgegenbrachte. Tief gerührt dankten der Jubilar und seine Gemahlin aufs herzlichste. Mit dem 10-Uhr-Zug kam die Festmusik (die Kapelle des Feldart.-Reg. Nr. 29) an und brachte dem Jubilar ein Ständchen. Nachmittags 3 Uhr versammelte sich der Festzug in folgender Ordnung : voraus die Kinder, der Arbeiter, dann die Musik, hierauf die Fahne der Fabrik, begleitet von den pensionierten Sensenschmieden.. Sodann die Herren des Geschäfts im Gefolge von. sämtlichen Arbeitern. Der Zug bewegte sich von der Fabrik aus auf den Marienplatz, wo bald eine fröhliche Feststimmung eintrat. Hr. Schmidt gedachte in bewegten Worten der Zeiten, welche er seit der vor 25 Jahren an derselben Stelle mit seinen Arbeitern nochmals festlich begangenen Hochzeitsseier mit und unter diesen verlebt hat. Er dankte den Arbeitern, für die seither bewiesene Treue und Anhänglichkeit und trank auf das Wohl derselben. Hierauf dankte: Sensenschmied Kade in beredten Worten für die vom.
höfischen Zeitungen kräftig einstimmten. Der Kaiser sah vorzüglich aus und schien in vorzüglicher Stimmung zu sein. Er grüßte freundlich nach allen Seiten und als er den König von Belgien erblickte, winkte er ihm lebhaft zu. Die Begrüßung fand an Bord der „Hohenzollern" statt und war sehr herzlich. Nach Vorstellung des beiderseitigen Gefolges schritten die Majestäten unter den Klängen der Nationalhymne die Front der Ehrenkompagnie ab und nahmen dann in den bereitstehenden Galawagen Platz. Die Fahrt ging über die Digne durch Rue royale nach dem königlichen Lustschloß am Strande. Der Kaiser wurde überall sehr freundlich begrüßt. Von einer Spalierbildung durch die Truppen hatte man Abstand genommen. Auch von Polizei war erfreulicherweise so gut wie nichts zu sehen, und doch, vielleicht gerade deshalb, verlief alles in musterhafter Ordnung. Nur die Landungsstation war abgesperrt durch das Publikum. Um 4'/- Uhr trafen die Majestäten zu Fuß im Kursaal ein. Der Kaiser war im einfachen grauen Reiseanzug mit gelbledernen Stiefeln, der König von Belgien trug schwarzen Ueberrock. Die Majestäten wurden enthusiastisch begrüßt. Von dem Konzert, zu welchem jeder Kursaalabonnent in Straßentoilette Zutritt hatte, war nicht viel zu hören. Man hätte besser daran gethan, eine etwas kräftigere musikalische Kost zu wählen. Stücke wie das Adagio aus der Sonate Pathetique rc. zerflossen in dem ungeheurem Raum. Der Gesangverein „I-ss artisano röunw" verfügt über ein vorzügliches Stimmenmaterial und ist vortrefflich geschult. Zum Schluffe des Konzerts spielte die Kapelle der zweiten Matrosendivision unter Leitung des Musikdirektors Wöhlbier auf Befehl des Kaisers das Parsifal-Vorspiel, sowie einige Armeemärsche. Als der Kaiser den Saal verließ, stimmte der Gesangverein die preußische Nationalhymne an. Dieselbe wurde von den anwesenden Deutschen stehend mitgesungen. Die Franzosen enthielten sich jeder Aeußerung des Mißfallens, im Gegenteil, in meiner Nähe bemerkte ich sogar einige Pariser Damen, die tapfer mitsangen. Üeber das Diner auf dem Rathause ist nicht viel zu berichten. Es trug einen fast privaten Charakter. — Von herrlichster Wirkung waren der Zapfenstreich, ausgeführt von zwölf Musikkorps — ca. 600 Musiker — und der militärische Fackelzug. Es kamen Petroleumfackeln und Magnesiumlichter in matter, gelber und blauer Farbe zur Verwendung. Jedesmal wenn der Kaiser auf den Balkon hinaustrat, jubelte ihm das Publikum minutenlang an. — Den Schluß der Feste des gestrigen Tages machte ein prächtiges Feuerwerk auf der Estacade. Wir Deutsche dürfen völlig zufrieden sein mit der Aufnahme, welche unser Kaiser hier gefunden. Wenn der Besuch auch keine direkten politischen Folgen haben dürfte, jedenfalls wird er doch beitragen die freundschaftlichen Gesinnungen zwischen dem belgischen und deutschen Volke immer noch mehr zu stärken und zu befestigen.
Ostende, 3. Aug. Der Kaiser mit dem Prinzen Heinrich und dem Gefolge ist heute Nachmittag bald nach 3 Uhr auf der Pacht „Hohenzollern" von hier abgereist. König Leopold, der Graf von Flandern und der Prinz Balduin geleiteten Se. Majestät zum Schiffe, wo Kaiser Wilhelm von dem Könige überaus herzlichen Abschied nahm. Bei der Abfahrt spielte die Militärmusik das „Heil dir im Sieger
„Ha!" rief ich, tief atemholend, aus, „da ist doch schließlich etwas Wirklichkeit und Natürliches in diesem übernatürlichen Geschäft. Aber wie decken sie denn ihren Munitionsbedarf? Ihr ursprünglicher Vorrat muß doch längst ausgegangen sein?"
„Das kann ich nur raten. Vor ungefähr zwölf Monaten trafen wir ein verlassene« Schiff, aus dem Vanderdecken eine große Quantität Tabak, Pulver, Geld. Nahrungsartikel, ein paar Kisten mit Marmelade und einige Fässer mit Mehl entnahm. Ob diese Schiffswracke durch den Einfluß jener Macht, die solch ein fürchterliches Geschick über ihn verhängt hat, speziell für ihn liegen bleiben, um ihn mit Lebensunterhalt zu versorgen, kann ich nicht sagen, aber seit ich hier bin, sind wir bereits auf drei verlassene Fahrzeuge gestoßen, die teils auf der See trieben, teils an die Küste geworfen waren. Und ist es nicht denkbar, daß dies die ganze Zeit hindurch ihre Verproviantierungsmethode gewesen ist, wozu noch jene weitere Nahrung kommt, die sie sich durch ihre Musketen und Vogelflinten erbeuten?"
„So!' rief ich erstaunt aus, „kann ich mir endlich erklären, wie es zugeht, daß der Kapitän mir einen neuen Anzug aus seiner Garderobe aus dem siebzehnten Jahrhundert leihen kann und daß Sie — verzeihen Sie, verehrtes Fräulein — solche Kleider tragen."
Sie antwortete: „Im Schiffsraum lagern eine große Menge Seidenwaaren und andere Materialien zur Anfertigung weiblicher Gewänder. Dieses Jackett," sagte sie, auf ihren Anzug deutend, „ist ein Artikel aus einer mit Kleidern gefüllten Kiste, die Kapitän Vanderdecken für Frau, Töchter und Freunde zu Hause bestimmt hatte. Bemerken Sie den sonderbaren Schnitt, Herr Fenton?" fügte sie bei und wandte mir ihre schlanke, anmutige Taille zu, damit ich das Jackett inspizieren möchte, „es Kämmt sicherlich auS dem vorigen Jahrhundert; in des Kapitäns Kajüte hängt eine Portraft einer seiner Töchter, die auf fast ähnliche Weise gekleidet ist."
„So werden wenigstens Sie auf alle Fälle bezüglich des Anzuges nicht zu bald in Verlegenheft kommen," bemerke ich.
„O," erwiederte sie. das Haupt emporwerfend, halb überdrüssig, halb gering
schätzig, wie mir schien, „da steht in meiner Kajüte eine Kiste voller Gewänder, deren sich die reichste englische Herzogin nicht zu schämen brauchte. Ich benutze sie, wie sie mir gerade in die Hände geraten. Was brauche ich groß zu sorgen," sagte sie, indem sie ihr Haar aus der Stirn strich, „ob die Farben, die ich anlege, harmonieren, ob das Kleid sitzt oder zu weit ist! Dies Jackett paßt mir wie alle anderen Sachen, die für Gertrud Vanderdecken bestimmt waren." Als sie gewahrte, daß meine Augen auf den Perlen ruhten, nahm sie die schöne und kostbare Schnur in die Hand: „Das Schiff birgt einen reichen Vorrat von derartigen Schmucksachen," fuhr sie fort; „ungefähr vierzehn Tage oder drei Wochen nach meiner Rettung ließ der Kapitän durch Prius ein sehr großes Futteral herbeibringen, es wurde auf den Tisch gestellt und Vanderdecken öffnete es eigenhändig; ich glaubte einen Juwclierladen en wiiliatnro vor mir zu sehen, dessen einzelne Abteilungen von Perlenschmuck und Ringen strotzten; unter letzteren mußte ich einen für mich zum Tragen auswählen, wobei meine Wahl auf diesen fiel;" hier hielt sie ihren Zeigesinger empor, an dem der Edelstein blitzte. „Andere Fächer waren mit Ohrringen und vielen anderen Schmucksachen angefüllt, von denen ich einige älter als dieses Schiff schätzte, während andere aus späterer Zeit stammten. Ich kann mir denken, wie er in den Besitz des größeren Teiles dieses Schatzes kam."
„Wie?" fragte ich mü wachsendem Interesse.
„Nun," sagte sie und ließ die Perlenschnur fahren, um mit dem Ringe zu spielen, „ein gut Teil erstand er für einen Kaufmann in Amsterdam, hauptsächlich orientalische Juwelen, die auf irgend eine Weise aus den indischen Städten nach Java verschlagen wurden. Andere Stücke nahm er für die Seinigen mit nach Hause^ Doch viel davon, zusammen mü einem Vorrat weüerer Schätze, von denm ich einige bereits zu sehen bekommen und die aus gediegenem Silber, Goldbarren, welche zur Täuschung der Piraten und anderen seeräuberischen Gesindels mit Zinn überzogen sind, Leuchter und Kruzifixe aus kostbarem Metall fand er auf dem Wrack eines, großen spanischen Schiffes, das an einer Sandbank der Küste von Natal verlassen