Erscheint täglich mit Ausnahme der Sonn- und Festtage.
Preis vierteljährlich hier mit Trägerlohn 1.35 im Bczirks- und 10 Lw.-Derkchr 1.40 -H, im übrigen Württemberg 1.50 Monats-Abonnements nach Verhältnis.
St«
Fernsprecher Nr. 29.
Anzeigen-Gebllhr sllr die einspalt. Zeile aus gewöhnlicher Schrift oder deren Raum bei einmal. Einrückung 10 /H, bei mehrmaliger entsprechend Rabatt.
MM
Beilagen: Plauderstübchen.
* Illustr. Sonntagsblatt und
Schwäb. Landwirt
Postscheckkonto Nr. 5113 Stuttgart
88. Jahrgang.
Menstäg, dm 15. September
er Weltkrieg 1314.
Vernichtung -er ersten russischen Armee. Anentschiedene NmO im Westen.
Großes Hauptquartier, 15. Sept. (Amtlich.) Generaloberst von Hindenburg telegraphierte an den Kaiser: Die Wilnaer Armee (2., 3., 4. und 20. Armeekorps, 3. starke Reservedivision, fünf Kavalleriedivisionen) wurde durch die Schlacht an den Masurischen Seen und in der anschließenden Verfolgung vollständig geschlagen.
Die Grodnoer Reservearmee (22. Armeekorps, Rest des 6. Armeekorps, Teile des 3. sibirischen Armeekorps) haben bei Lyck schwer gelitten.
Der Feind hatte starke Verluste an Toten nnd Verwundeten. Die Gefangenenzahl steigert sich. Die Kriegsbeute ist außerordentlich. Bei einer Frontbreite von über 100 Kilometer, den ungeheuren Marschleistungen (teilweise 150 Km. in zwei Tagen) und den auf der ganzen Front und Tiefe abspielenden Kämpfen kann man den vollen Umfang noch nicht melden.
Einige unserer Verbände waren schwer im Gefecht. Die Verluste sind aber nur gering.
Die Armee ist siegreich auf der ganzen Front gegen den hartnäckig kämpfenden und schließlich fliehenden Feind. Sie ist stolz, daß ein Kaiserlicher Prinz in ihren Reihen gekämpft und geblutet hat.
(W.T.B.)
Großes Hauptquartier, 15. Sept. (Amtlich.) Im Westen finden am rechten Heeresflügel schwere bisher noch unentschiedene Kämpse statt. Ein von den Franzosen versuchter Durchbruch wurde siegreich zurückgeschlagen, sonst fiel an keiner Stelle eine Entscheidung.
Im- Osten schreitet die Vernichtung der ersten russischen Armee fort. Die eigenen Verluste sind verhältnismäßig gering.
Die Armee des Generalobersten von Hinden- bnrg steht mit starken Kräften bereits jenseits der Grenze.
Das Gouvernement Suwalki ist unter deutsche Verwaltung gestellt.
Gcneralquartiermeister von Stein.
(W.T.B.)
Die Vernichtung der ersten russischen Armee aus dem östlichen Kriegsschauplatz. Unser Hindenburg schlug zuerst die Narewmmee und dann die Ntrmenarmce. Sie wurde vollständig geschlagen und wird siegreich verfolgt. Hindenburg steht bereits mit starken Kräften jenseits der Grenze. Freilich war es schwer, zu Anfang die heretndrängenden Kräfte aufzuhallen und zu schlagen. Aber unser tapferer Hindenburg war schlau, er wußte den plumpen russischen Bär in die Masurisch n Seen zu Hetzen und zu schlagen. Die Reste der Grodnoer Armee wurden über die Narew getrieben. Bei Lyck versuchte man auss neue einzufallen, wobei es zu einer entscheidenden Niederlage kam. Die über den Niemen oorqedrungene Wilnaer Armee wurde ebenfalls geschlagen. So haben wir durch die geschickte Taktik des Generalobersten von Hindenburg den Feind aus der ganzen Front geschlagen. Und der Name Hindenburg wird wie der des Marschall Vorwärts unsere Kinder rmd Kindeskinder begeistern. Ueber den deutsch-russischen Krieg schreibt der bekannte Berliner Journalist Theodor Wolfs im „Berliner Tageblatt": Wir führen Krieg mit Frankreich, w il es sich infolge seiner unklugen Allianz- volit k und auch durch allerhand Intriganten an die Seite Rußlands begeben hat. Aber uns kommt es in diesem Krieg vor allem auf die Niederlage Rußlands an. Wir sehen dort in einer Verkleinerung und Schwächung des Kolosses und in der Schaffung von Schutzgarcmtien die moralische
Idee dieses großen Kampfes und das politische Ziel. Es wird, wie wir hoffen und glauben, der Augenblick kommen, wo das, was wir j tzt gegen unseren Willen mil Frankreich auszumachen haben, eine für uns günstige militärische Erledigung gefunden hat und wo der Kampf mit vermehrten Kräften gegen Osten hin weiter gehen wird. Wir werden ja sehen, ob die Franzosen und die Engländer dann noch die Neigung haben, für Rußland den Krieg ins Endlose hinzuziehen, wenn wir die Franzosen fragen: Haben diejenigen von euch, die keine privaten Vorteile erwarten, nicht allmählich genug für Rußland gezahlt? und wenn wir mit möglichst fühlbarem Nachdruck die bisher noch der Kriegsnot etwas fernen Engländer fragen: Wollt ihr für Rußlands Macht und Herrlichkeit weiter die eigene Größe aufs Spiel setzen? (wie in dir „Times" zu lesen war, möglichst 20 Jahre lang.)
Suwalki, das jetzt unter deutscher Verwaltung steht, ist ein Gouvernement in Russ.-Polen (Weichselgouvernements) und grenzt an Ostpreußen. Es zählte 1910 667 300 Einwohner und ist 12 551 qkm groß. Die Hauptstadt Suwalki liegt an der Czarna Nancza und zählt 22 000 Einwohner.
Der Krieg im Westen.
Während nun de: Einmarsch in Rußland siegreich erfolgt, stehen sich im Westen riesige Heeresmassen in erbitterten Kämpfen gegenüber. Der Krieg im Westen ist in ein zweites Stadium getreten, und eine gewaltige Entscheidungsschlacht wird gekämpft.
Zu der
Eroberung von Maubeuge
wird von dem Kriegsberichterstatter Binder dem „Berliner Tageblatt" aus dem Großen Hauptquartier geschrieben: Zum erstenmal in diesem Feldzug galt es eine französische Festung niederzuringen, die mit weit vorgeschobenen Forts und mit Zwischenrverken versehen war, aus die der Gegner große Hoffnungen gesetzt hatte. Diele Zw'schenrverke bestehen in verstärkten Schützengräben, zahlreichen Hohlräumen,
- Zeichnet die KriegMleiheu! !
» »
starken Drahtverhauen, zahlreichen tief in die Erde eingegrabenen Batterien und vor allem in einer stark beweglichen Artillerie. Außerdem war auf der Nordostfront ein Panzerzug tätig. Im Burenseldzug haben diese Panzcrzüge mit gutem Erfolg Verwendung gefunden. Namur und Lüttich waren ohne diesen Schutz. Bei Maubeuge sollten unsere Truppen zum erstcnmal auf diesen Widerstand stoßen. 6 Forts und 7 Zwtschenwerke waren niederzukämpfen.
Zu der Kapitulation der 40000 Mann in Maubeuge heißt in demselben Kriegsbericht des „Berliner Tageblatts": Der Ausmarsch der Gefangenen begann 2.30 Uhr nachmittags. Er dauerte über 6 Stunden bis abends 9 Uhr. Unter den Gefangenen befanden sich zum großen Bedauern unserer Truppen nur 120 versprengte Engländer, nur Burschen im Aller von 18 20 Jahren. Beim Ausmarsch Hallen die englischen Jünglinge die Naivität, den deutschen Siegern als Zeichen des genllemanltken Bestegtseins die Hand zu bieten. Sie wollten nach einer alten Boxsitte mit einem Snakehand die Angelegenheit aus der Welt schaffen, wie man es beim Fußballkamps zu tun pflegt. Unsere Jungen quittierten diese milde Kriegersi te mit ein paar abweisenden Kniffen.
„Hela" gesunken!
Berlin, 14. Sept. (W.T.B.) Amtliche Bekanntmachung. Am 13. September wurde S. M. Kleiner Kreuzer „Hela" durch Torpedoschüsse eines feindlichen Unterseebootes zum Sinken gebracht. Fast die gesamte Besatzung wurde gerettet. Der stellvertr. Chef des Admiralstabes.
gez. Behncke.
„Hela" lief am 28. März 1895 auf der Weserwerft zu Bremen vom Stapel und gehörte zur Marinestalion der
Nordsee. Die Länge beläuft sich aus 100 w, die Breite aus 11 w, der Tiefgang auf 4 w, während die Wasserverdrängung 2040 Tonnen beträgt. Zwei Maschinen von zusammen 6000 Pserdek äste treiben zwei Schrauben und geben dem Schiff eine Geschwindigkeit von 21 Seemeilen; Die Dampfstrccke beträgt 3500 Seemeilen. Die „Hela" ist aus Stahl konstruiert; sie hat ein 25 mm dickes Panzerdeck, der Kommandoturm ist ebenfalls mit einem Panzer von 30 mw versehen. Die Bestückung besteht aus vier 8.8 em- und sechs 5 om-Geschützen sowie zwei Maschinengewehren. Die Torpedoausrüstung weist drei Ausstoßrohre auf, und zwar zwei seitliche über Wasser, eins am Bug unter Wasser. Die 187 Köpfe betragende Besatzung setzt sich zusammen aus 5 Offizieren, je 1 Marine-Ingenieur. Arzt und Zahlmeister, 11 Deckosfiziere und 168 Unteroffizieren und Mannschaften. Es ist also ein älteres Schiff, das Borpostendienste verrichtete.
Die Kämpfe der Oesterreicher.
Schwere Schlachten hatten auch die Oesterreicher in Galizien gegen die gewaltigen Heeresmassen zu Kämpfen, nicht ohne große Verluste. Ein Bild von den Riesenschlachten gibt nachfolgendes Telegramm:
Berlin, 14. Sept. (W.T.B.) Der Kriegsberichterstatter des „BerlinerLokalanzeigers" meldete aus dem österreichischen Hauptpressequartier, die Lage der Oesterreich« war trotz der großen Verluste recht vielversprechend, da die Heeresleitung die Verwirrung der Russen nach dem Erfolge von Grodek rechtzeitig benützte, um auf eine bestens vorbereitete, kaum einnehmbare Linie zurückzugehen, wo die Armee sich ruhig erholen und Verstärkungen erwarten kann. Der Gegner hatte 350000 Mann Truppen mehr versammelt. Als nun die inzwischen im Raume von Lemberg erscheinenden Armeen Auffenberg und Dankt von überraschend großen russischen Heeresmassen, die sich ketl- artig zwischen jene schoben, angegriffen wurden und zurück- gehen mußten, mußten auch die übrigen österreichischen Truppen sich dieser Rückwärtsbewegung anschltcßen. Nach Aussagen Gefangener stand es um die russischen Truppen trotz ihrer Uebermacht weit schlimmer als um die österreichischen Truppen.
Ueber die gleichen Ereignisse berichtete auch der Korrespondent des „Berliner Tageblatts". Danach stießen nach Wiederaufnahme der nach 9 Tagen abgebrochenen ersten Lembecger Schlacht die österreichisch-ungarischen Streiikräfte aus die Grodeker Chaussee und südlich davon in der Richtung aus Lemberg gegen die russische Hauptarmee mit den selben Kräften wie in der ersten Lemberger Schlacht vor. In fünftägigem, hartnäckigem Ringen gelang den österreichischen Armeen die langsame Zmückdrängung des Gegners. Inzwischen war aber ein Hauptteil der russischen Armee nördlich gegen die aus dem Gebiete von Zamocs heranrückende Armee Auffenberg oorgegangen. Ebenso stieß die zweite bisher siegreich oorgedrungene Armee Dankl vor Lublin auf immer stärker werdende russische Kräfte und mußte deshalb ebenfalls zurück. Deshalb konnte auch die österreichisch; Hauptarmee ihre Erfolge, die sich in 10 000 Gefangenen und einer Menge erbeuteter Geschütze Kundgaben, nicht voll ausnvtzen und mußte auch die zweite Lemberger Schlacht abbrechen. Die Ursache dafür ist allein die riesige numerische und artilleristische Ueberlegenheit der Russen. Die österreichischen Truppen fochten zudem seit drei Wochen mit Unterbrechung anstrengender Märsche in ständigem verlustreichem Kampfe tagsüber und wurden nachts beunruhigt. Zunächst ist ein Stillstand der Operationen eingetreten. Die Ablösung der österreichischen Hauptarmee, sowie der Armee des Generals Dankl vom Feind erfolgte glatt. Ernstere Schwierigkeiten hatte dabei nur die Armee Auffenberg zu überwinden.
Die gefallenen russischen Generale.
Die Londoner „Times" veröffentlichen folgende Drahtnachricht aus Petersburg vom 1. Sept.: Das Hauptq.mrtier meldet heute: Dank dem hochentwickelten deutschen Eisenbahnsystem sammelten sich starke überlegene Streiikräfte von allen Seiten und warfen sich auf etwa zwei unserer Armeekorps. Diese waren dem außerordentlich heftigen Feuer der schweren Artillerie ausgesetzt, das starke Verluste