den Desehl zum Rückmarsch seiner Armee in die Heimat. Es handelte sich demgemäß schließlich darum, daß Preußen mit seinen 11 Millionen Einwohnern den Krieg gegen Frankreich allein fortsetzte. In solcher Lage mußt« Preußen geschehen lassen, was nicht hintanzuhalten war.
Elsaß und Lothringen blieben im Besitz Frankreichs. Wehrlos, arm und uneins sollte Deutschland bleiben: Dahin lautete der Spruch von England und Rußland, und das galt bei ihnen als selbstverständlich, als die eigentliche Bestimmung des deutschen Volkes.
Jahre kamen, Jahre gingen. 1853 brach der Krimkrieg aus, der bis 1856 zwischen Rußland einerseits und der Türkei und ihren Verbündeten (England, Frankreich, Sardinien) andererseits geführt wurde. Als 1854 Deutschland gedrängt wurde, für die westeuropäischen Mächte Partei zu ergreifen, sprach sich König Wilhelm der I. von Württemberg dem preußischen Bundestagsgesandten Otto von Bismarck gegenüber folgendermaßen aus: „Ich teile Ihre Ansicht, daß wir kein Interesse haben, uns in diesen Krieg zu mischen, daß kein deutsches Interesse dabei aus dem Spiel steht, welches der Mühe wert wäre, deutsches Blut zu vergießen. Aber wenn wir uns darum mit den West- mächten Überwerfen sollten, wenn es soweit kommen sollte, zählen Sie aus meine Stimme im Bundesrate bis zu der Zeit, wo der Krieg zum Ausbruch kommt. Dann aber nimmt die Sachs eine andere Gestalt an. Ich bin entschlossen, so gut wie jeder andere, die Verbindlichkeiten einzuhalten, die ich eingegangen bin. Aber hüten Sie sich, die Menschen anders zu beurteilen, als sie sind. Geben Sie uns Straßbvrg, und wir werden einig sein für alle Eventualitäten. Solange Straßburg aber ein Aussalltor ist für eine stets bewaffnete Macht, muß ich befürchten, daß mein Land überschwemmt wird von fremden Truppen, bevor mir der deutsche Bund zu Hilfe kommen kann. Ich werde mich keine» Augenblick bedenken, das harte Brot der Verbannung in Ihrem Lager zu essen, ober meine Untertanen werden an mich schreiben. Sie werden von Kontributionen erdrückt werden, um auf Aenderung meines Entschlusses zu wirken. Ich weiß nicht, was ich tun werde, ich weiß nicht, ob alle Leute fest genug bleiben werden. Aber der Knotenpunkt liegt in Straßburg, denn solange das nicht deutsch ist, wird es immer ein Hindernis für Süddeutschland bleiben, sich der deutschen Einheit, einer deutsch-nationalen Politik ohne Rückhalt hinzugeben. Solange Straßburg ein Ausfallstor für eine stets waflenbereite Armee von 100 bis 150000 Mann ist, bleibt Deutschand in der Lage, nicht rechtzeitig mit ebenso starken Streitkrästen am Oberrhein eintreten zu können; die Franzosen werden stets früher da sein."
Jahre kamen und gingen. Am 2. Mai 1871 sprach sich Reichskanzler Fürst Bismarck im Reichstag über den Entwurf eines Gesetzes aus, durch welches das Verhältnis von Elsaß-Lothringen zum Deutschen Reich und die Verwaltung der neuen deutschen Gebietsteile geregelt werden sollte. Sehr ansprechend war unter anderem Bismarcks Darstellung von der Notwendigkeit für Deutschland, daß es, nachdem seit 300 Jahren jede Generation den Degen gegen Frankreich habe ziehen müssen, endlich seine Grenze richtig gezogen habe. Süddeutschlands Sicherheit fand dabei ihre besondere Betonung in der wörtlichen Anführung der obigen Aeußerung König Wilhelms von Württemberg.
Politische Tagesberichte.
Ein Württemberg«» als deutscher Botschaftsrat in Konstantinopel. Der bisherige Hilfsarbeiter in der politischen und vorher in der handelspolitischen Abteilung des Auswärtigen Amtes, Legationsrat Freiherr von Neurath ist zum Botschaftsrat bei der Kaiserlich- deutschen Botschaft in Konstantinopel ernannt worden. Er tritt dort an die Stelle des Herm v. Mutius, der seiner Zeit in St. Petersburg den zum diplomatischen Agenten und Generalkonsul in Durazzo beförderten o. Lucius ersetzt. Konstantin Freiherr o. Neurath wurde cm 2. Febr. 1873 auf dem väterlichen Gute Kleinglattbach Oberamt Vaihingen geboren.
Die Kämpfe in Albanien. Ueber Mailand kommt aus Durazzo die Nachricht, daß das Hilfs Korps des Prenk Bib Doda von den Aufständischen umzingelt und außer Gefecht gesetzt worden ist. Bib Doda selbst ist nur gegen Ehrenwort, nicht mehr zu Kämpfen, freigelaffen worden. Die Verletzung dieses Ehrenwortes dürste nach albanischem Brauch sofort mit dem Tode bestraft werden. Die italienischen Blätter halten ncch Vernichtung dieses Hilfs- Korps die Lage in Durazzo für verzweifelt. Am Montagabend besetzten Streilkräfte unter Botasch Bey und Zaccani Fieri die Ufer des Boisa (Wjoissa). Balona wird in Verteidigungszustand gesetzt. Die Regierungstruppen hatten in dem Kamps am 21. Juni 80 Tote und 120 Verwundete. In Valona traf das russische Kanonenboot „Terez" ein und setzte dort ein Mitglied der Kontrollkommission an Land. Epi roten griffen am 21. Juni 2 albanische Dörfer an und töteten 24Männer, 12Frauen und 6 Kinder. Ein mohammedanisches Dorf wurde von den Banden der Epiroten in Brand gesteckt.
Aus Stadt und Land.
Nagold, 25. Juni 1S14.
Der Liederkrauz hatte seine Mitglieder am gestrigen Mittwoch zu einer Hauptversammlung einberufen. Der Vizevorstand, Herr Rentschler eröffnete die Versammlung, indem er die Erschienenen herzlich willkommen hieß. Herr Braun als Kassenwart, legte den Rechnungsbericht vor, welcher genehmigt wurde. Als wichtigster Punkt standen diesmal die Wahlen aus der Tagesordnung. Als Vorstand wurde an Stelle des zurückgetretenen bisherigen Voistandes, Herrn Oberamtspfleger Rapp, Herr Präzeptor Wieland einstimmig gewählt. Als Vizeoorstand wurde Herr Rentschler und als Dirigent Herr Gewerbelehrer Ratsch einstimmig wiedergewählt. Als Kassenwart wurde Herr Braun wiedergewählt. In der Versammlung wurde der Wunsch geäußert, man möge die Statuten gedruckt an die Mitglieder verteilen. Der Vorstand wird sich mit dieser Angelegenheit einstweilen noch näher befassen und entsprechende Vorschläge machen? Herr Präzeptor Wieland dankte für die Wahl, worauf man ein Hoch auf den neuen Vorstand ausbrachte. Die Versammlung schloß mit einer recht gemütlichen Unterhaltung, wobei die Sangeslust des Liederkranzcs so recht zur Geltung kam.
Schnell!
Es ist die . höchste Zeit
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Ei« Heister Sommer i» Sicht? Meteorologen verkünden, daß der heurige Sommer dieselbe Hitze wie der des Jahres 1911 bringen werde. Man traut diesen Ansagen jedoch nicht mehr recht, nachdem das bisherige Wetter dieses Jahres stets eine Kette unvorhergesehener Ueber- raschungen gewesen ist. _
t. Altensteig. Sitzung des Gemeinderats am 23. Juni 1914. U. a. werden die Grabarbeiten zur Einlegung einer Wasserleitung und Kanalisation in die neue Schloßbergstraße am Helleberg um die Boranschlagspreise, die Maurerarbeiten sowie die Rohrlieferung für die Kanalisation mit einem Abgebot von 3 Proz. den Maurermeistern Joel Walz, Georg Schaible und Friedrich
Walz, die Rohrlegungsarbeiten für die Wasserleitung den Gebr. Ackermann mit einem Abgebot von 25^ Proz. über- tragen. — Die Anschaffung einer Brückenwage mit mindestens 12 Ztr. Tragkraft für das städt. Elektrizitätswerk, sowie von 20 Et. Elektrizitätszähler wird genehmigt. Auch soll zur Sicherung des Betriebs des Dieselmotors (Herstellung von Preßluft) ein Elektromotor angeschafft werden. — Daniel Luz, Notgelder hat unerlaubierweise im Turm- feld eine Heuschever erstellt und dabei einen Teil des öffentlichen Feldwegs überbaut. Der Gemeinderat beschließt einstimmig auf Entfernung des Ueberbaues zu beharren.
Aus de» Nachbarbezirken.
A Guudringen. Der hiesige Ortsviehverficherungs- verein hatte in diesem Halbjahre 4 Schadensälle zu begleichen, die meist durch Zugrundegrhen der Kuh beim Kalben heroorgerusen worden sind. Darunter wurde ein Kleinbauer und Handwerker innerhalb ^Jahren dreimal von diesem Unglück heimgesuchi. Ohne den Verein würde er einen Verlust von mehr als 1200 erleiden. So aber läßt sich das Unglück leichter ertragen.
r Rottenburg. Zum Feste der Bürgerwache haben sich jetzt 530 Mann auswärtiger Bürgerwachen angemeldet, für dis sämtlich Quartier beschafft ist. Die Bürgerwehren Saulgau (100 Mann), Ehingen (90 Mann) und Mengen (95 Mann) erscheinen mit Extrazug ab Herbertingen. Die Saulgauer Wehr wird teilweise beritten sein, der Extrazug enthält zwei Pferdewagen.
p Horb a. N. Eine hier gehaltene sozialdemokratische Kreisgeneralversammlung hat einstimmig beschlossen, die Anstellung eines Sekretärs für den 8. und 9. Wahlkreis bei der Landesverfammlung der sozialdemokratischen Partei zu beantragen.
m Freudeustadt. In der Sitzung der bürgerl. Kollegien wurde in Anwesenheit des Obermedizinalrats Dr. v. Scheurlen als Dertreter des Medizinalkollegiums und des Baurats Konz und des Oberamtmanns Niethammer als Vertreter der Kreisregierung beschlossen, eine zweite Zentralkläranlage für die in den Msnbach abfließenden städt. Abwasser zu erstellen. Die erste im Jahr 1911 gebaute städt. Kläranlage für die Kniebisoorstadt funktioniert gut; der nunmehrige endgültige Abschluß einer geordneten Abwasserbeseitigung bedeutet einen wesentlichen Fortschritt auf dem Gebiet der städt. Hygiene sowie der Fremdenindustrie.
r Stuttgart. In diesem Monat vollendet sich das 25. Jahr, seit die KönigKarl-Iubiläumsstiftung ins Leben getreten ist. In der Sitzung der Verwaltungs- Kommission der Stiftung benützte der Vorsitzende, Staats- mintster des Innern Dr. v. Fleischhauer, diesen Anlaß, um einen Rückblick auf das segensreiche Wirken der Stiftung zu werfen und der Männer zu gedenken, die einen hervorragenden Anteil nn dem Zustandekommen der Jubiläums- spende gehabt haben. Mit Ermächtigung des Königs dankte er den Mitgliedern der Berwaltungskommisston für ihre uneigennützige und ersprießliche Wirksamkeit im Dienste der Stiftung und gab als Beweis besonderer Anerkennung bekannt, daß dem Geh. Hofrat Dr. von Jobst als dem einzigen noch überlebenden Vorstandsmitglied des Landeskomitees zur Verwirklichung des Planes der Stiftung, das zugleich der Berwaltungskommisston von Anfang an bis heute ununterbrochen angehört hat, der Rang auf der 2. Stufe der Rangordnung verliehen worden sei. Nachmittags fand in der Villa des Geh. Hofrats Dr. v. Jobst ein Festmahl im engeren Kreise statt.
x Stuttgart. Der Landesverband württ. Uhrmachermeister hielt unter dem Vorsitz von Uhrmachermeister August Wolf seine Landesversammlung hier ab. Nach dem Jahresbericht des Vorsitzenden hielt Landtagsabg. Hiller ein Referat über das Zugabeunwesen, worauf eine Entschließung angenommen wurde, in der Bundesrat und Reichstag um Ergänzung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb durch eine Bestimmung gebeten werden, wonach für die Gewährung von Zugaben oder in Waren bestehenden Geschenken Geldstrafen bis zu 500 ^ eintreten sollen. Der korporative Beitritt des Landesverbandes zum Württ.
„Meine Tochter? Nein I Wie sollte sie - ? Aber mir wurde an meinem Stammtisch von Ihrer Schwärmerei erzählt. Sie wissen, der Stadtklatsch beschäftigt sich gem mit den internen Angelegenheiten höherer Stände — da sickert so manches in die Oeffentlichkrit —"
„Wie Du lügen kannst," dachte Wolf voller Ingrimm, „Deine Quelle kenne ich!" und laut fragte er: „Und die andere Angelegenheit, was sagt Fräulein Tochter dazu?"
„Herr von Wolfsburg," wandte sich Ulrich ihm da zu. „Sie scheinen zu denken, daß ich meiner Gabriele Einblick in meine geschäftlichen Sachen gestatte! Da sind Sie sehr im Irrtum; es fehlt ihr übrigens jedes Interesse daran. Nein, nein, sie ist ganz unbeteiligt."
„Ah, dann ist mir ein großer Stein vom Herzen! — Es müßte auch für Fräulein Gabriele ein wenig angenehmes Gefühl sein, wenn in dieser Weise über ihre Person verfügt wird. Dann kann ich ihr morgen auch — unbefangener entgegentreten! Jetzt gestatten Sie mir wohl, daß ich mich entferne — ich muß mich doch erst etwas zurechtfinden!" Er verneigte sich; Ulrich gab ihm bis zur Tür das Geleit, schüttelte ihm zum Abschied freundschaftlich di« Hand mit einem „Auf Wiedersehen" und ging dann wieder in sein Privatkonto! zurück.
„Es scheint ihm doch sehr schwer zu fallen, mein ein- ziges Kind mit seinem Vermögen zu lieben! Die Sache mit der kleinen Putzmacherin muß also wohl wahr sein und tiefer sitzen, als ich dachte? Lächerlich — er wird schon anderen Sinnes werden, wenn ich ihm sage, was meine Tochter bekommt. So unempfindlich ist keiner gegen den
Wert und die Macht des Geldes. Jetzt ist es vielleicht Trotz von ihm — später wird er es mir noch danken! Es wäre töricht gewesen, jetzt auf meine Macht über ihn zu verzichten, wo ich weiß, wie heiß ihn Gabriele begehrt, und er ist mir auch als Schwiegersohn der willkommenste von allen! Schön, aus altem Geschlechts — wer weiß denn weiter von dem Flecken auf dessen Schild —" so sinnend saß er an dem Schreibtisch.
Gabriele war sein einziges, von ihm abgöttisch geliebtes Kind. Jeder Wunsch wurde ihr erfüllt; was er ihr an den Augen absehen konnte, tat er. Maßlos verwöhnt und ein Entsagen nicht kennend, erfüllte es sie fast mit Zorn, daß Wolfsburg sich so kühl ablehnend gegen sie verhielt und gar keine Miene machte, mit den vielen Bewerbern um ihre Hand in Wettbewerb zu treten. Und sie hatte ihn so gern, den schlanken, vornehmen Offizier mit dem schönen, dunklen Gesicht!
Ihr Vater war sehr zufrieden, daß sie noch bei ihm war; aber trotzdem wunderte er sich, daß sie so gar keine Neigung zum Heiraten zeigte — die Sache mußte tiefer liegen — und da, auf fein Drängen hatte sie ihm denn gestanden, daß sie sich aus keinem ihrer Verehrer etwas mache, daß ihr alle, alle gleichgültig wären — bis auf einen — und der bemühte sich nicht um sie! Leutnant Wolfsburg! Tränen hatten ihre Augen erfüllt, als sie von seiner Kühle sprach. „Ich heirate nicht, Papa, wenn ich ihn nicht bekomme — ach, ich bin so unglücklich!" Er hatte sie getröstet, daß Wolfsburg in seinem stolzen Sinn durch seine Armut zurückgehalten sei — (Forts, s.)
Mission und Hygiene. Welch enge Verbindung zwischen Christentum und Hygiene besteht, tritt auf den Misstonsgebieten deutlich in die Erscheinung: Aus Anregung des Kaiser!. Bezirksamtes Wilhelmstal (Deutsch-Ostafrtka) hatte der im Paregebirge stationierte Missionar Dannholz im Jahrs 1908 Erhebungen über die Kindersterblichkeit in seinem Gebiete gepflogen. Nach den Angaben von 50 Müttern wurde berechnet, daß 73 Prozent aller Kinder in den ersten Lebensjahren gestorben waren. Weithin sichtbar leuchtet dort eine weiße Steinplatte ins Land hinaus. Hier wurden Zwillingskinder und Säuglinge, welche die oberen Schneidezähne vor den unteren bekamen, ausgesetzt. Im Jahr 1913 zeigte sich bei den unter dem Einflüsse der Mifstonsarbeit stehenden Frauen, daß während der letzten 5 Jahre nur 13 Prozent aller Geborenen gestorben waren. Da merkt man, wie das Evangelium völkererhaltend und mehrend wirkt.
Erquickt.
Deine Augen schauen klar und still.
Laß mich ihrem Licht vertrauen immer, wenn es nachten will.
Soll des Tages Schwüle bald vergehn:
O, so muß die blaue Kühle deines Blickes mich umwehn.
Karl Brögrr.