Ein Anschlag auf den Zaren?
Die „Berliner Zeitung" bringt als eigenen Drahtbericht aus Petersburg folgendes: Ein folgenschwerer Anschlag gegen den Zaren ist aus der EtsenbahnstreckeKischinew- Petersburg verübt worden. Der Zar und seine Begleiter sind offenbar nur durch einen glücklichen Zufall dem Tode entgangen. Ein dem Hoszug folgender Zug ist jedoch von schwerem Unheil ereilt worden. Die Zarenfamilie und das Gefolge hatten Kischinew, wo der Zar nach der Rückkehr von Rumänien Station gemacht hatte, in zwei Sonderzügen verlassen. Kurz nachdem die beiden Züge auf dem Wege nach Petersburg die Station Kasatin verlassen hatten, wurde von dort ein gewöhnlicher Postzug abgelassen. Unweit der Station Tschudnow erfolgte eine gewaltige Explosion. Die Lokomotive wurde umgeworsen, mehrere Waggons entgleisten, eine Anzahl Paffagiere wurden schwer verletzt. Die Ergebnisse der Untersuchung werden streng geheimgehalten, doch unterliegt es keinem Zweifel, daß es sich um einen Anschlag aus den Zarenzug handelt, der nur durch die verspätete Explosion der aus die Schienen gelegten Sprengkörper unbeschädigt davonkam.
Der Kampf um Durazzo.
Die Lage in Durazzo wird in Wien als sehr ernst angesehen und man ist sich durchaus der verhängnisvollen Folgen bewußt, die der Fall der Stadt für das Schicksal des ganzen Fürstentums in seiner jetzigen Form nach sich ziehen müßte. Die Regierung Oesterreich-Ungarns scheint jedenfalls entschlossen zu sein, die Gründung Europas, die in erster Linie seine Gründung ist, nicht im Stiche zu lasten, und es kann sehr leicht geschehen, daß die Aufständischen im letzten Augenblick auf österreichische Bajonette stoßen werden. Nach den neuesten Meldungen stehen etwa 500 Rebellen an der Brücke vor Durazzo.
Sozialdemokratie und Kaiserhoch.
Die radikale Hälfte der sozialdemokratischen Reichs- tagssraktion würde es gar zu gern sehen, daß der Uneinigkeit innerhalb der Reichstagssraktion wegen des Sitzenbleibens der Sozialdemokraten beim Kaiserhoch wenigstens nach außen hin endlich ein Ende bereitet würde. Der „Vorwärts" schreibt gegen den Genossen Questel, der in den „Sozialist. Monatsheften" das Sitzenbleiben scharf kritisiert hat: „Genoste Questel kann es sich nicht versagen, zu den Aeußerungen der Genosten Heine und Edmund Fischer auch seinen Senf zu geben, natürlich in den Sozialist. Monatsheften. Sfine Ausführungen selbst bieten nichts Neues. Daß aber ein sozialdemokr. Reichstagsabg. just in dem Moment, wo die ganze reaktionäre Meute gegen die Partei losgelösten ist, nichts anderes zu tun weiß, als den Gegnern mit neuen Argumenten zu Hilfe zu kommen, ist sehr wenig erfreulich. Wir denken, das Taktgefühl müßte jetzt jedem Genossen, mag er über das Sitzenbleiben gedacht haben was er will, sagen: Der Hetze der Gegner gegenüber schließt die Partei die Reihen und zeigt den Feinden die geschloffene Front.
Politische Tagesberichte.
Titelverleihnngeu. Der König hat dem stellvertretenden Bevollmächtigten zum Bundesrat, Ministerialdirektor Dr. o. Köhler, den Rang aus der dritten Stufe der Rangordnung und dem stellvertretenden Bevollmächtigten zum Bundesrat, Ministerialrat o. Schleehauf, den Titel und Rang eines Ministerialdirektors verliehen. Dem Ministerialrat und Vortragenden Rat im Finanzministerium, von Rösch wurde der Titel eines Direktors mit dem Rang auf der 4. Stufe der Rangordnung verliehen.
r 88 Jahre. Der Reichsgerichtsrat a. D. Karl v. Streich. das älteste noch lebende einstige Mitglied des ersten Deutschen Reichstags, wo er den 13. Württemberg. Wahlkreis Aalen vertrat, feiert seinen 88. Geburtstag.
„Und sehen Sie die schöne Haube nicht, die meine Mary Ihnen gebracht hat?" fragte da Wals. Da sah die Alte das für sie bestimmte Geschenk. — „Was, die soll ich haben? O, die ist viel zu schön für mich." und Tränen der Rührung traten in ihre Augen, wie ste das „Kunstwerk", wie Wolf scherzend sagte, in die Hand nahm und von allen Seiten betrachtete.
„Nein, Mutter Berger, die ist noch lange nicht gut genug für Siel Die tragen Sie immer und denken dann an mich — die habe ich Ihnen aus Dankbarkeit genäht! Und die Bilder sollen Sie immer an uns erinnern, wenn wir nicht mehr hier sind!"
(Fortsetzung folgt.)
Blümlrins Schicksal.
Schon ist der Blütenmond vorbei,
Schon sängt der Sommer wieder an,
Das Maiengras liegt welk wie Heu Dahingestreckt vom Sensenmann.
Dem Rain entlang liegt Saum an Saum, Manch Blümlein schloß die Augen zu Und endet seinen Maientraum Im dunkeln Magen einer Kuh.
Dominik Müller.
Neue Gemüse. Die Auswahl der Gemüse steigt von Jahr zu Jahr. Neben den Gemüsen, die wir aus
I Dem württembergischen Landtag hat er von 1866—1868 und von 1870—1879 als Vertreter von Gmünd angehört. Seit 1897 lebt er in Stuttgart im Ruhestand.
Nationale Einheitsschule in Hessen. Die Hessische Zweite Kammer lehnte die sozialdemokratische Forderung aus Einführung der nationalen Einheitsschule ohne konfessionellen Religionsunterricht ab, nahm aber dafür einstimmig den Antrag Osann (ntl.) an, der die Einführung der nationalen Einheitsschule auf der Grundlage der obligatorischen Volksschulen mit konfessionellem Religionsunterricht Vorsicht.
Eine »ene Enzyklika wird nach Meldung aus Rom in der nächsten Zeit erscheinen; sie soll die katholische Weltanschauung und moderne soziale Fragen zum Grundgedanken haben. In dem päpstlichen Rundschreiben wird der Standpunkt der Kurie in determinierten Ausführungen unter besonderer Berücksichtigung verschiedentlich» beurteilender Standpunkte und der deutschen Verhältnisse präzisiert werden.
Eine Verschwörung gegen den Präsidenten von Peru, Dr. Guillerme E. Billingshurst, ist in Lima entdeckt worden. Der Präsident erhielt Kenntnis von dem geplanten Attentat und überraschte an der Spitze einer Kavallerieabteilung die Verschwörer, die alle gefangen genommen wurden. Nur einer der erbiitertsten Feinde des Präsidenten konnte entfliehen.
Aus Stadt und Land.
Nagold, 19. Juni 1914.
r Die Wasserziuspflicht der Volksschullehrer.
Nach einer Entscheidung des Kath. Oberschulrats sind die Lehrer im allgemeinen zur Zahlung von Wasserzins verpflichtet. Die entgegenstehenden Vorschriften über die Benützung und Unterhaltung der Wohnungen in Staatsgebäuden finden nur dann Anwendung, wenn der durch die Hauswasserleitung vertretene Brunnen zum ausschließlichen Gebrauch des oder der jeweiligen Wohnungsinhaber diente.
r Vergünstigung der Postaugestellten. Die Beamten, Unterbeamten und Arbeiter der Post- und Tele- graphenoerwaitung und ihre Familienangehörigen erhalten Borzugskarten zu 50 --Z zum einmaligen Besuch der Ausstellung für Gesundheitspflege in Stuttgart. Die Karten gelten an allen Tagen ab 10 Uhr morgens, ausgenommen Dienstag, Donnerstag und jeden 1. Sonntag im Monat und bestimmte Glitetage. Die Karten können in Stuttgart am Telegrammschalter des Postamts 1 gegen einen geeigneten Ausweis bezogen werden. Auf Verlangen können von diesem Amt auch Eintrittskarten in größerer Zahl an andere Aemter mit zahlreichem Personal gegen Aufrechnung abgegeben werden.
r Ein Echwabentag am Rhein. Bon Samstag, den 27. Juni bis Montag, den 29. Juni wird der Bund für Heimatschutz zusammen mit dem Stuttgarter Lehrergesangverein einen Besuch in Köln ausführen, zu dem die Teilnehmer durch Extrazug und Extraschiff nach Köln verbracht werden. Für den Tag ist eine Zusammenkunft der meisten Schwadenoereine in ganz Deutschland in Aussicht genommen und aus diesem Grunde hat auch die Fürstin Pauline von Wied ihre Anwesenheit in Aussicht gestellt. Für die Hinfahrt kann in Stuttgart, Ludwigsburg, Bietigheim und Mühlacker in den Sonderzug eingestiegen werden. Die Kosten betragen für die Hinfahrt allein etwa 9 für die Hin- und Rückfahrt zusammen etwa 16 auch für billigere Quartiere und Eintrittskarten ist Vorsorge getroffen. Anmeldungen nehmen die beiden Vereine in Stuttgart entgegen.
Ans den Nachbarbezirke«.
r Baisinge». Ein hiesiger, aus Russisch-Polen eingewanderter Handelsmann wird wegen Verdachts, ein Sittlichkeitsoergehen an Eutinasr Kindern begangen zu haben, strafrechtlich verfolgt. Er scheint sein Heil in der Flucht gesucht zu haben.
r Pfalzgrafenweiler. Bei dem schweren Gewitter am Dienstag schlug der Blitz kurz vor 12 Uhr
andern Ländern beziehen und die durch Gewohnheit Alltag geworden sind, will man nun einige Neuheiten kennen lernen. Man hat die Blätter der Rosen, die Blüten der Veilchen als Gemüse angewendet, aber sie sind mehr Luxus denn ein fattmachendes Gemüse. Jetzt bringt man den Löwenzahn und die Zichorie als neue Gemüseartcn heraus. Es sind Pflanzen, die wohl jeder kennt, die man freilich vielfach als Unkraut bisher verachtete. Neuerdings hat man die Zichorie vielfach gezüchtet; sie verlangt im Garten einen lockeren Boden, am besten gedeiht sie in Lehmboden, sie verlangt sehr wenig Pflege. Ebenso anspruchslos ist der Löwenzahn, der jetzt eine reichliche Ernte gibt. Die Blätter werden in den verschiedensten Zubereitungsarien gekocht, mit Ei angemacht und wie der Spinat gegessen, haben aber einen weit kräftigeren Geschmack als dieser. Die Zichorie zeichnet sich gleichfalls durch einen kräftigen und eigenartigen Geschmack aus, und hier kann man gleichfalls die verschiedensten Variationen anwenden. Mit einer Fleischbeilage gibt die Zichorie ein kräftiges Mittagessen, sie ist im Einkauf sehr wohlseil, im Gebrauch sehr ausgiebig. Auch als Salat kann man diese beiden Pflanzen verwenden, mit der üblichen Zubereitung von Essig oder Zitrone und Oel sind ste sehr schmackhaft und außerordentlich gesund. Natürlich wird die Hausfrau sich langsam erst an die Neuheiten auf dem Gebiete der Küche gewöhnen, aber wenn sie sich erst einmal dazu durch gerungen hat, eine Speise zu bringen, die ihr und den ihrigen bisher fremd war, dann wird ste die Vorteile der neuen Gemüsearten gewiß mit Freuden begrüßen.
in das Haus des Holzhauers Johann Scheu, ohne jedoch zu zünden. Scheu, der unter der Haustüre stand, sank betäubt nieder und hat erst am Mittwoch das Bewußtsein wieder erlangt.
r Herreuberg. In einem hiesigen Sägwerk wurde dem 56 Jahre alten Säger Link an der Kreissäge der Zeigfinger der rechten Hand vollständig abgeschnitten und zwei weitere Finger schwer verletzt.
b Rottenbnrg. Am Fest Peter und Paul (29. Juni) kommt der König von Württemberg im 23. Jahre seiner Regierung auch einmal in die schwäbische Bischofstadt. Er wird beim Bischof ein Frühstück einnehmen, und dann vom bischöflichen Palais aus die Parade der an diesem Tage hier versammelten Bürgerwachen aus verschiedenen württem- bergischen Städten abnehmen. Dann fährt der König in die Turnhalle, wo er die festliche Begrüßung durch die Bürgerschaft erttgegennehmen wird.
r Rnttenbnrg. Der Sohn des früheren allkatholischen Pfarrers Bauer von Mannheim, der vor längerer Zeit an der Domkirche in Rsttenburg als Dompräpcudar und Domchordirigent tätig gewesen war, und vor einigen Jahren freiwillig aus dem Leben schied, hat in Berlin ebenfalls durch Selbstmord seinem Leben ein Ende gemacht. Er hatte sich dem Studium der Jurisprudenz gewidmet. Seine Tat führte er, wie es heißt, wegen unglücklicher Verheiratung aus.
pk Calw. Der 19 Jahre alte Schuhmacher Albert Schwarz von Wiesenbach wurde wegen Betrugs an das hiesige Amtsgericht eingeliesert. Schwarz erschien vor einigen Tagen in Pfadfinderunisorm in Simmozheim. Dort machte er für eine größere Abteilung Pfadfinder Quartier und ließ sich einige Tage gut bewirten. Don dort aus ging er nach Alt Heng sielt, mietete sich ein Pferd und machte mehrere Ritte in die umliegenden Ortschaften, wo er ebenfalls Quartier machte und sich auf Rechnung bestens bewirten ließ. In allen Orten war man gespannt und wartete mit Freuden auf den Pfadfinderbesuch. Nachdem die Pfadfinder zur angesagten Zeit aber nicht erschienen, wurden die Leute stutzig und der Landjäger nahm sich um den Quartiermacher an. Es stellte sich dann alsbald heraus, daß der Quartiermacher ein mittelloser, von der Behörde wegen Betrugs gesuchter, aus falschem Namen reisender Bursche war.
r Calw. Der mit einer Schußwunde aus einem Abteil II. Klaffe des Zuges von Weilderstadt herauegetragene und ins dortige Bezirkskrankenhaus eingelieserre junge Mann ist seinen schweren Verletzungen erlegen. Es ist ein Friseur namens Alfred Hamann, der in letzter Zeit bei seinem Vater in Calw beschäftigt war. Die Beweggründe sind noch unbekannt.
Hirsau. Mit den Bauarbeiten für den Umbau der hiesigen Nagoldbrücke, welche dem gesteigerten Verkehr nicht mehr genügt und nunmehr auf Kosten der K. Straßenbau- verwaltung ecbreitert wird, geht es rasch voran. Der Aushub des Nagoldbetts unmittelbar oberhalb der Brücke und der Gründung für die Erbreiterung des Mittelpseilers der Brücke flußaufwärts ist in Angriff genommen; die vorübergehende Wasserbeseitigung erfolgt durch Zentrifugalpumpen von großer Förderkraft; auch ist die notwendig gewordene Verlegung des Schweinbachbetts zwischen der Oelmühle und dem Dr. Römer'schen Anwesen in die Wege geleitet.
r Reutlingen. Auf das Preisausschreiben zur Gewinnung eines Plakats für dis Gewerbe- und Industrieausstellung Reutlingen 1915 find 152 Entwürfe eingegangen. Das Preisgericht wird demnächst zusammentre- ten, um über die Zuteilung der Preise, für die insgesamt 600 Mark ausgesetzt sind, zu erkennen.
r Eningen u. d. Achalm. Der 18 jährige Hermann Honer, Sohn des Schuhmachermeisters Friedr.ch Horrer in Reutlingen, fiel aus dem Grasderg der Erringe: Weide von einer Tanne herunter und erlitt einen doppelten Beinbruch, sowie innere Verletzungen. Er mußte ins Bezirks- Krankenhaus nach Reutlingen verbracht werden, wo er in bedenklichem Zustande darniederliegt.
Die abgelehute Gedenktafel. In einer Sitzung des Bamberger Gemeindekollegiums sollten 90 — sage und schreibe: neunzig — Mark bewilligt werden für eine vom Stadtmagistrat am Hause Pfahlplätzchen 1 beschlossene Gedenktafel für Hegel, dem schwäbischen Philosophen, der hier zwei Jahre gewohnt hat. Das Zentrum verhielt sich auf Antrag seines Führers Rattel ablehnend. Es müsse erst der Historische Verein gehört werden, die zwei Historiker erklärten, Hegel habe nur ein Jahr in Bamberg gelebt und sich während dieser Zeit als Redakteur einer Zeitung betätigt. Die Linke protestierte gegen das Verhalten des Zentrums. Iustlzrat Dr. Werner (lib.) wies darauf hin, daß das Kollegium sich lächerlich mache, wenn es dem Antrag Rattel zustimme. Gem.-Beo. Dr. Amende (lib.) hob hervor, daß Hegel in Bamberg sein erstes Hauptwerk: „Die Phänomenologie des Geistes" vollendet hat und dort hat drucken und verlegen lassen. Trotzdem wurde der Antrag Rattel mit allen Stimmen des Zentrums gegen die der Linken angenommen. Der Philosoph Hegel wird noch „leben", wenn der Zahnarzt Rattel schon längst „tot" ist — mit oder ohne Gedenktafel. Bamberg aber darf sich glücklich schätzen, wieder um ein Schildbürgerstückchen seiner Rathausgewaltigen bereichert zu sein.
Sonderbare Ilrage. Fremder (von der Bahn kommend, zu dem auf der Straße liegenden Bauer): „Sagen Sie mal, guter Freund, ich sah, daß Sie soeben hier aus dem Ochsen herausgeschmisten wurden . . Ist das 'n empfehlenswerter Gasthof?