rungsbogen zur Konkursmasse Burger angemeldeten Forderungen betragen allein 150 000 Es sind darunter Forderungen von Kleingewerbeleuten, deren ganzes Vermögen von Burger durchgebracht wurde. Wie es dieser Mann getrieben hat, geht daraus hervor, daß er seinem Dienstmädchen seine sauer ersparten 1000-6, seiner Waschfrau 6000 -6, verschiedenen anderen Leute ihre ganzen Notgroschen abschwitzte. An dem Tag, an dem er Heilbronn verließ, ging er noch gegen Abend zu einem Schuhmacher. kaufte sich dort ein Paar Stiefel, spielte den Kavalier und erzählte dem Schuhmacher, daß er alles bar zu bezahlen pflege; nur habe er jetzt im Augenblick kein Geld >iet sich, der Schuhmacher möchte ihm auch 100-6 borgen, was der Schuhmacher tat. Er wurde zuletzt in Heilbronn gesehen und von dort ab ist jede Spur verloren.
r Ravensburg, 9. Sept. (Gemeiner Schwindel). Der angeblich am Samstag abend in den Anlagen der Deitsburg auf einen jungen, aus Neckarsulm stammenden Chemiker verübte räuberische Uebersall hat sich nun als gemeiner Schwindel entpuppt. Die Polizei hatte von Anfang an den Aussagen des jungen Mannes gezweifen, hat sich aber infolge seiner wiederholten Beteuerungen daran gemacht, die Spur der Räuber zu verfolgen. Da ihre Bemühungen ebenso wie die der Landjägermannschaft erfolglos blieben, würbe der Beraubte gestern von dem Stations- Kommandanten Böhm nochmals verhört. Nach längerem Leugnen gab er zu, den Uebersall selbst erfunden zu haben. Der phantafiebegabte Jüngling, der vor einigen Tagen per Schub aus der Schweiz in das schwäbische Vaterland zu- rückgebracht worden war, sitzt jetzt hinter Schloß und Riegel.
Z« der SchreLeiiM i» Mühlhausen.
Bo« der Untersuchung der Mordtaten.
Baihiugeu a. E., 8. Sept. Die Untersuchung der Mordtaten in Mühlhausen durch das hiesige Amtsgericht ist nunmehr abgeschlossen. Die Akten gehen jetzt an die Staatsanwaltschaft in Heilbronn. Mit dem Abschluß der amtsgerichtlichen Untersuchung wurde zunächst noch zuge- wartet, weil zu befürchten war, daß von den Schwerverletzten der eine oder andere noch seinen Wunden erliegen werde. Nachdem aber feststeht, daß bei keinem der Verletzten eine Lebensgefahr vorhanden ist, konnten die Untersuchungen, soweit sie durch Oberamtsrichter Dr. Schwabe zu führen waren, abgeschlossen werden.
Muhlhause« a. E, 8. Sept. Die Staatsanwaltschaft hat nunmehr offiziell den Haftbefehl gegen den Mörder erlassen, und zwar wegen fünf vollendeter Morde in Degerloch, wegen zehn vollendeter Mordein Mühlhausen, wegen zehn versuchter Morde in Mühlhausen und wegen neun Verbrechen der vorsätzlichen Brandstiftung.
r Baihiugeu a. E., 9. Sept. Die Verletzten befinden sich andauernd auf dem Wege der Besserung. Der Mörder Wagner ist jetzt vom Publikum vollständig abgeschlossen und es darf auch im Krankenhaus über sein Tun und Treiben und fein Befinden keinerlei Auskunft erteilt werden. Er wird jetzt vollständig als Gefangener behandelt. Die Voruntersuchung ist abgeschlossen.
p Mühlhausen a. d. Enz, 9. Sept. Die zur Tat benützten Waffen hatte der Mörder schon seit drei Jahren im Besitz. An eine Schwester in Berlin, sandte er nach der Ermordung seiner Familie eine Postkarte, in der er ihr nahelegte, Gift zu nehmen, damit sie sich seiner nicht zu schämen brauche. Auf dem Massengrab in Mühlhausen, das die 14 Opfer des Mörders umschließt, wird ein gemeinsamer Gedenkstein errichtet werden.
Degerlsch, 9. Sept. Wie in Eglosheim, so wurde auch hier und zwar aus der Bühne des Hauses des Mörders ein Patronenlager entdeckt.
Schwäbische Gedenktage.
Anfang September 1634 wüteten die Kaiserlichen nach der Schlacht von Nördlingen besonders stark in Nürtingen; damals wurden auch 49 Häuser und Scheunen niedergebrannt.
Am 1. September 1480 starb in Leonberg Traf Ulrich V. von Württemberg mit dem Beinamen der Vielgeliebte.
Am 2. September 1789 ist in Kölbingen OA. Tuttlingen geboren Anton Straub, zuletzt Probst des Chorherren- stists Rrichersberg in Oberösterreich, gestorben 1860.
Am 3. September 1746 wurde in Gegenwart des Herzogs Karl der Grundstein zu dem neuen Schloß in Stuttgart gelegt.
Am 4. Sept. 1071 wurde die Aureliuskirche in Hirsau von Bischof Heinrich von Speyer eingeweiht.
Am 5. September 1634 wurde Giengen a. Br. durch den Herzog von Parma und sein spanisches Heer (nach der Schlacht bei Nördlingen) vollständig niedergebrannt. Nur 4 Häuser und 1 Scheune blieben sichen.
Am 6. September 1724 ist in Lrolzheim OA. Biberach geboren Willibald HUd, Reichsprälat in Rot und juristischer Schriftsteller; er starb 1789.
Am 7. September 1796 starb auf der Solilude Schillers Vater, als Vorstand der Hofgärtnerei. Gr ist auf dem Friedhof in Gerlingen begraben.
Am 8. Sept. 1749 suchte ein Brandunglück die Stadt Ehingen heim, wodurch 70 Haupt- und 40 Nebengebäude in Asche gelegt wurden.
Am 9. Sept. 1511 wurde in Schorndorf geboren Jakob Schegk (eigentlich hieß er Degen). Er wurde in Tübingen Professor der Medizin, zeichnete sich aber auch
j Aus der Vergangenheit des Mörders.
Dem „Schwäbischen Merkur" hat ein Lehrer eine Charakterisierung des Massenmörders Wagner aus den 90er Jahren des verg. Jahrhunderts zugehen lasten. Darin ist u. a. gesagt: Daß W. diese grauenhafte Tat als Mensch mit gesunden Sinnen vollbracht haben soll, halten wir für ausgeschloffen. Er war kein Alltagsmensch. Er wollte die Kinder vorwärts bringen. Mit seinem Geld ging er sorglos um; er hätte damit geteilt. Er las viel und zwar Klassiker; ebenso Schriften philosophischen und religiösen Charakters. Er war gutmütig. Ein Bekannter von ihm wollte ihn seinerzeit von der Heirat abbringen, weil er sah, daß die beiden Leute innerlich nicht harmonierten. Er aber hielt sich moralisch verpflichtet, die Ehe einzugehen. Gin rechter Lehrer wollte er zweifellos werden. Sicher ist, daß er damals voller Ideale steckte. Und wir hatten den Eindruck: Aus dem Manne wird einmal etwas, wenn er seine Schrullen nach und nach ablegt und mehr zur Wirklichkeit, was sich von selbst geben wird, zurückkehrt. Seine Persönlichkeit suchte er zu wahren; und eben das war es. was uns an ihm gefiel; denn sein Beruf erfordert Persönlichkeiten.. Um so schrecklicher ist. daß er auf diese abschüssige Bahn, den Weg des grauenvollen Verbrechens, geriet. Wir können uns den Fall auch nur so zurechtlegen, daß er doch von Haus aus exzentrisch veranlagt sein muß und daß, was wir damals als harmlose Auswüchse ansahen, eben doch, sich als Anlage ausweist.
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Nagold, 9. Sept. In der „Franks. Ztg." lesen wir: Die grauenerregenden Bluttaten des württembergischen Lehrers Wagner hat man sich mit der Annahme zu erklären versucht, daß der Täter irrsinnig sei. Diese zuerst so bestimmt auftretende Nachricht ist aber bald erschüttert worden; man muß wohl eher annehmen, daß man es nicht mit einem ausgesprochen Geisteskranken, sondern mit einem Menschen zu tun hat, dessen Geist zwar nicht normal, aber doch auch nicht krank ist, sondern sich in jenem gefährlichen Zwischenzustand befindet, aus dem die grausigsten Verbrechen geboren werden. Einen Einblick in ^diese Abgründe der Menschenseele — die dem Mitmenschen zumeist verborgen bleiben und die nur dadurch, daß ein solch Unseliger unbegreifliche Scheußlichkeiten begeht, sich bisweilen blitzschnell enthüllen — gewähren die Untersuchungen des hervorragenden Psychologen der Harvard-Universität Prof. Hugo- Münsterberg. der zwei solcher Massenmörder, einen männlichen und einen weiblichen, genau beobachtet und aus Grund seiner weiteren mannigfachen Studien eine Psychologie dieser Verbrechen aufgestellt hat. Die Ursachen für solche, dem normalen Empfinden ganz unverständliche Bluttaten findet der Gelehrte in einem eigenartigen Seelenzustand, den er „emotionally dead", „gesühlstot" genannt hat. Solch eine Gemütslage, die Münsterberg in wechselnder Stärke bei den meisten Kapitaloerbrechern feststellen konnte, zeigte sich besonders deutlich bei dem amerikanischen Massenmörder Orchardson. mit dem der Gelehrte eine Reihe bemerkenswerter Versuche vornahm, die sich auf Gedächtnis, Aufmerksamkeit, Urteil, die Gesühlsbetonung des Assoziationspro- zeffes und die Suggeflibilität des Kranken bezogen. „Ich fand", schreibt Münsterberg, „daß er „gesühlstot" war, wo- mit jedoch keineswegs gesagt ist. daß er Gefühlsregungen sich völlig unzugänglich zeigte. Nur stand seine Empfind- ungsfähigkeit wie bei den meisten Mördern tief unter dem Durchschnitt. Ein starker Nadelstich z. B. ergab keinerlei Reaktion: sein Tastsinn zeigte sich abgestumpft, während Gesicht und Gehör sehr gut entwickelt waren. Er zeigte auch durchaus die Fähigkeit, die Leiden anderer wahrzuneh- men; aber wenn er seine Höllenmaschinen unter Türen und Treppen legte und die entsetzlichsten Explosionen verirr- sachte, so dachte er dabei ebensowenig an die Leiden seiner Opfer wie etwa ein Spielwarenfabrikant an die Freuden, die seine Waren den Kindern bereiten. Er war „gefühlg.
in der Philosophie als scharfsinniger Ausleger des Aristoteles aus. Er starb am 9. Mai 1587.
Am 10. Sept. 1742 wurde in Nürtingen geboren Ioh. Gottlieb Steeb, zuletzt Psarrer in Grabensletten, wo er am 30. Noo. 1799 starb. Er war ein durch Schrift und Tat um die Landwirtschaft ungemein verdienter Mann.
Am 11. September 1316 lagerte König Ludwig der Bayer vor den Mauern Schorndorfs.
Vom 11.—13. Sept. 1634 wurde die Stadt Herrenberg von den Kaiserlichen auegeptündeit und viele Einwohner gelötet.
Am 12. Sept. 1442 erkauften die Nonnen von Frauenzimmern OA. Brackenheim die Probst« Kirchbach bei Ochsenbach und verlegten ihr Kloster dahin.
Vom 12.—17. September 1305 befand sich Kaiser Albrecht im Lager bei Oberboihingen.
Am 13. Sept. 1744 hielt Graf Segur mit seinen Truppen in Westernach OA. Oehringen Rasttag.
Vom 13.—18. Sept. 1634 wurde Oehringen durch die Kaiserlichen geplündert und verwüstet.
Am 14. Sept. 1700 ist in Oehringen geboren Ioh. Mich. Franz, Professor der Geographie in Göttingen, gestorben 1761.
Zwischen dem 14. und dem 21. Sept. 1286 zerstörte König Rudolf in seinem Kampf mit dem Grafen Eberhard dem Erlauchten den befestigten Kirchhof von Nürtingen.
Am 15. September 1644 ereignete sich in Leonberg das Wunder, daß in Gegenwart des Herzogs Eberhard III. ein 26jähriges Mädchen. Katharina Hummel, aus Ohmden OA. Kirchheim. deren Füße schon 9 Jahre zusammen gebogen waren, und die an Krücken ging, plötzlich eine aufrechte
tot". Ein weibliches Gegenstück zu dieser „Bestie in Menschengestalt" war Mrs. Guineß, der „weibliche Blaubart", die aus ihrer einsamen Farm jahrelang Verbrechen auf Verbrechen häufte und gegen 180 Menschen ermordete und verscharrte. Der Psychologe fand bei der Untersuchung dieser Frau deutliche Anzeichen einer ausgebildeten Hysterie; sie besaß nicht die normalen Hemmungsvorstellungen, die beim Austauchen eines verbrecherischen Gedankens von dessen Ausführung zurückhalten, sondern sie handelte unter einem Zwange, dessen gefühlsmäßige Bedingungen ihr völlig nnbekannt waren. Prof. Münsterberg widerspricht den Anschauungen Lombrosos; er glaubt nicht an den geborenen Verbrecher. „Irgend ein Gefühl, das wir nicht kennen, hat vielmehr die Tätigkeit des gesunden Organismus, des Füh- lens und Handelns gestört; der Gehirnweg, durch den die gefühlsbetonten Empfindungen eindringen, ist gesperrt. Der Verbrecher fühlt nicht die normalen Erregungen von Mitleid und Schrecken beim Anblick des Blutes, weil er gefühlstot ist. Dieser Zustand, der tausend Entstehungsmöglichkeiten hat, ist die Quelle der meisten Verbrechen. Die Hemmungsvorstellungen schwinden, das Gleichgewicht der Gefühle wird aufgehoben. Verbrecher werden nicht geboren, sondern es sind Menschen mit schwach arbeitendem Geist".
Deutsches Reich.
r Berlin, 9. Seplbr. In der gestrigen Sitzung der Schöneberger Stadtverordnetenversammlung wurde ein sozialdemokratischer Antrag angenommen, in dem der Magistrat ersucht wird, zu Eindämmung der Arbeitslosigkeit die bereits beschlossenen, aber noch nicht zur Ausführung gelangten Arbeiten jetzt beginnen zu lassen. Gleichzeitig wurde ein ebenfalls sozialdemokratischer Zusatzantrag angenommen, den Magistrat zu ersuchen, auf der Konferenz der Großberliner Gemeinden am nächsten Samstag für eine obligatorische Arbeitslosenversicherung für das Reich, sowie für die Schaffung eines einheitlichen Arbeitsnachweises für Groß-Berlin einzutreten.
Berlin, 9. Sept. In einer Antwort auf die Einladung zur Internationalen Städteausstellung in Lyon bemerkt der Zentralverband Deutscher Industrieller u. a., er glaube, „die Bemerkung nicht unterdrücken zu dürfen, daß die Neigung zu einer Beteiligung an der Lyoner Ausstellung in den Kreisen der ihm zugehörigen Industrie mit Rücksicht auf das rigorose Vorgehen der französischen Regierung bei der Zollabfertigung deutscher Waren nicht sehr groß sein dürfte."
r Berlin, 9. Septbr. Wie das Berliner Tageblatt meldet, wurden gestern in dem Harz-Kurort Wilde Mann durch eine Feuersbrunst sieben Gehöfte eingeäschert.
Pforzheim, 8. Sept. Aus Ittersbach wird gemeldet: Gestern entstand in einem Lokal, in dem am Nachmittag eine sozialdemokratische Versammlung stattfinden sollte, kurz zuvor ein Tumult unter einer im Lokal anwesenden Schirmflickergesellschaft. Als anwesende Gäste den mit Revolvern bedrohten Wirt schützen wollten, fingen drei der wie rasend sich geberdenden Schirmslicker an, blindlings unter die Gäste scharf zu schießen, so daß diese, unter ihnen der sozialdemokratische Referent Sigmund aus Karlsruhe, flüchten mußten. Dann verfolgten die Revolverhelden die Leute aus der Straße, schossen wie aus einer Schützenlinie aus dem Graben auf die Passanten und flüchteten dann in den Wald. An der Schießerei beteiligten sich männliche und weibliche Mitglieder der Gesellschaft, ohne ernstlichen Schaden anzurichten. Sie wurden in Ittersbach selbst und in Weiler von der Gendarmerie verhört. Mehrere befinden sich in Haft, andere wurden freigelassen, nachdem man ihnen die Waffen abgenommen hatte.
Karlsruhe, 8. Sept. Mit der für Mitte Oktober d. I. in Aussicht genommenen Eröffnung des neuen Personenbahnhofs in Karlsruhe werden laut „Staatsanz." die Stationen Karlsruhe-Mülburgertor, Karlsruhe-Mulburg
Gestalt erhielt, die Krücken wegstellte und von dem Dekan in die Mitte der Kirche geführt wurde. Auf des Herzogs Befehl wurde am 22. September eine Dankpredigt gehalten.
Am 16. September 1787 brannten in Nürtingen 30 Häuser nieder.
Poesie und Prosa. Die verschiedenen Versionen überden Ort und vor allem die Person der von Baumbach so schön besungenen „Lindenwirtin" werden jetzt auf ein recht nüchternes Niveau zurückgeschraubt. Bon einem Freunde des Dichters wird nämlich der „Hildburghäuser Dorfzeitung" mittgeteilt, daß weder die Gotesberger noch eine andere schöne Lindenwirtin das Motiv zu drin Gedicht war. „In den achtziger Jahren des verstoßenen Jahrhunderts", erzählt der Gewährsmann, war der Dichter zu einer festlichen Veranstaltung der „Künstlerklause" in Meiningen als Gast erschienen. Als früheres Mitglied war ich auch eingeladen worden und saß gerade neben dem Dichter, als die „Lindenwirtin" gesungen wurde. Er war sehr gerührt. Da ich ihn schon als Meininger Gymnasiast kennen gelernt batte, während er als junger Lehrer an einer Triester Schule in der Vaterstadt zu Besuch war, fragte ich ihn nach dem Ursprung des Liedes in der Mer- nung, daß irgend ein interessantes Erlebnis aus einer Alpenwanderung zum Vorschein käme. Aber er erzählte: aus einem Spaziergang von Meiningen noch Heida hätte er einmal ein Gespräch einiger Bauernweiber angehört. Da hätte die eine gesagt: „Mir hamm'n Gerichtsvollzieher, der is ss scharf, der pfänd eim das Herz aus dem Leib raus". Alles andere sei der dichterischen Phantasie entsprungen".