Ausschußanträge betr. die innere Mission ein. Zu dem Punkt „Fürsorge für die Zuziehrnden und Charitas" spra- chen Dr. Pieper. Giesberts-Äünchen-Gladbach, Pfarrer Marren-Hannooer, Pfarrer Mayer-München, Schweizer- Köln und Dr. Fleischer-Berlin. Pfarrer Mayer bemerkte u. a. für seine Person und als Seelsorger, daß bei der Frage nach der Organisation selbstverständlich die Arbeiter zunächst den kath. Arbeitervereinen zugefühlt werden müssen, aber ohne die gewerkschaftl. Organisationen im Rücken könne man den Mitgliedern keine Arbeit verschaffen. Der Vorsitzende betonte später ausdrücklich, daß der Redner dabei nur seine persönliche Auffassung vorgetragen habe. Im übrigen bitte er die folgenden Redner entschieden, die Frage, wie man sich organisieren soll, ganz auszuschalten. Hieran knüpfte Dr. Fleischer als Vertreter der katholischen Arbeitervereine an und lehnte es gleichfalls ab, Stellung zu der Frage der Art der Organisation zu nehmen, da dieser Punkt durch die päpstliche Enzyklika erledigt sei, wie vorgestern auch der Präsident Fürst zu Löwenstein dargelegt habe.
r Metz, 20. Aug. In der 3. öffentlichen Generalversammlung in der Festhalle hielt Graf Galen einen Vortrag über die katholischen Orden in der heutigen Zeit nnd erklärte, das ganze katholische Volk hänge an den Orden mit dankbarer Liebe und fordere Licht und Lust, für alle Orden. Wenn trotz mehrfacher Reichtagsabschlüffe das Iesuitengesetz stehen bleibe, so sei das eine Kränkung des katholischen Volkes. In der Bekämpfung des inneren Feindes seien die besten Truppen lahmgelegt. Die Orden müßten zurückgerufen werden. — Die Ausführungen wurden mit brausendem Beifall ausgenommen.
Ausland.
Innsbruck, 19. Aug. Bei den Manövern des 14 Armeekorps in der Pala-Gruppe in Südtirol stürzte gestern eine aus einem Unteroffizier und zwei Kaiserjägern bestehende Patrouille ab. Alle drei waren sofort tot.
Wien, 20. Aug. Wir die Blätter melden, hat ein Ingenieur aus Hamburg und ein Jurist aus Berlin bei der Staatsanwaltschaft in Wiener-Neustadt Strafanzeige gegen die Prinzessin Luise von Koburg und ihren Begleiter, den früheren Leutnant Matatschitsch, eingereicht und um deren Verhaftung ersucht. Die Anzeiger behaupten, daß sie durch die Prinzessin und Matatschitsch um 5 Millionen Kronen geschädigt worden seien.
r Prag, 19. Aug. Bet Wrana fand in Anwesenheit des Stadthalters und der militärischen Würdenträger die Enthüllung eines, aus Anlaß der Jahrhundertfeier der Befreiungskriege errichteten Denkmals statt. Das Denkmal steht an der Stelle, von der aus am 19. Aug. 1813 die österreichischen Truppen nach einer Heerschau vor den verbündeten Monarchen Oesterreichs, Preußens und Rußlands den Siegeszug antraten. Das Denkmal ist mit den Reliefs der verbündeten drei Monarchen geschmückt.
r Rom, 20. Aug. Popolo Romano dementierteinein Paris verbreitete Depesche aus Pera, wonach die italienische Gesandtschaft eine ausgedehnte Projekt für die friedliche Durchdringung des Vilajets Adana ausgearbeitet habe, und fügt hinzu: Indem wir dieses Projekt der Durchdringung dementieren. müssen wir hinzufügen, daß Italien ein Land ist, das immer neue wirtschaftliche Fortschritte macht und sich überall dahin wenden wird, wo es seine Arbeitskräfte un- terbringen kann, gleichviel, ob es sich um Kleinasien oder andere Länder handelt.
Turin, 20. Aug. „Stampa" meldet aus Kargil: Der italienische Alpinist Mario Piacenza, der gegenwärtig eine Forschungsreise durch den Himalaya mit Führern aus dem Tal Aosta unternimmt, erreichte den bisher von niemand erstiegenen 7200 w hohen Gipfel des Numkam nach sehr schwierigem Aufstiege und hißte dort eine kleine italienische Fahne. Piacenza und seine Begleiter übernachteten sechs Nächte in einer Höhe von 6500 Meiern und hatten mit hohem Schnee und strenger Kälte zu Kämpfen. Piacenza plant noch andere wichtige Besteigungen.
Emile Ollivier -j-.
Paris, 20. Aug. In Saint-Geroais in Savoyen, wo er sich seit einigen Wochen aufhielt, ist heute früh im Alter von 88 Jahren Emile Ollivier, der beim Ausbruch des deutsch-französischen Krieges im Jahre 1870 Ministerpräsident war, gestorben.
SO. Friedenskongreß.
r Haag, 20. Aug. Der 20. Friedenskongreß wurde mit 950 Teilnehmern eröffnet. Der Präsident Prof. Dc- louter sprach in der Eröffnungsrede gegen den Gedanken einer supranationalen Organisation in Form der Bereinigten Staaten der Welt. Der Friede werde nur durch die Entwickelung des internationalen Rechts mit völliger Unabhängigkeit der Staaten ausrecht erhallen. Internationalis- mus und Patriotismus seien keine unvereinbaren Begriffe. Minister Heemskerk hieß die Kongreßteilnehmer willkommen. Goeman Bergesius und der belgische Senator Lafontaine stellten fest, daß der Friedensgedanke Fortschritte gemacht habe, protestierten gegen die Balkanereignisse, brachten Carnegie eine Ehrung dar und huldigten dem Andenken Assers.
r Haag, 20. Aug. Der Friedenskongreß nahm heute drei Resolutionen über die Abrüstung an. Der Kongreß fordert, daß die Frage der Rüstungsbeschränkung auf die Tagesordnung der dritten Friedenskonferenz gefetzt und zunächst durch nationale Kommissionen studiert werden soll. Er protestiert gegen den unheilvollen Einfluß der an der Waffenindustrie Interessierten und empfiehlt die Prüfung des Planes eines allgemeinen Vertrags über die allmähliche Abrüstung durch die Fliedensgesellschaften und das inter
nationale Bureau in Bern, damit sich der nächste Kongreß in Kenntnis der Sachlage damit besoffen könne.
Ueber die Aussichten des Christentums in China enthält das 7. Heft der „Zeitschrift für Misstonskunde und Religionswissenschaft" einige bedeutsame Miteilungen, die gewiß auf allgemeines Interesse rechnen dürfen. In Pun- nanfu, der Hauptstadt der früher sremdenfeindlichen Provinz Vunnau, ist unter Mitwirkung der Spitzen der Behörden ein „Christlicher Verein junger Männer" gegründet worden auf Veranlassung einiger chemischer Studenten, die in Tokio studiert hatten und dort Christen geworden waren. Ein Tempel wurde dem Verein als Sammlungshaus überwiesen, die aus Lehm gefertigten, bunt bemalten Göllerfiguren wurden zerschlagen und mit dem Lehm Reparaturen an dem Gebäude vorgenommen — In Fu Chau hat der Gouverneur ein neues Gefängnis bauen lasten, dem auch eine christliche Kirche angebaut ist, um für die Gefangenen christliche Gottesdienste abhalten zu lassen. Der Gouverneur hat allen Ortsbehörden der Provinz befohlen, den christlichen Predigern den Zutritt zu den Staatsgesängniffen zu gestatten, uud hat die Missionare gebeten, für diese Gefäng- nisseelsorge einen Pastor zu bestimmen. — Früher schon hat der Vizepräsident der Republik Li Puan Hung geäußert: „Je mehr Missionare nach China kommen, um so lieber wird es der chinesischen Regierung sein". Ein anderer hoher chinesischer Staatsmann hat auf die Frage eines europäischen politischen Schriftstellers, ob China am nötigsten Eisenbahnen oder Schulen oder Fabriken usw. gebrauche, oder was das nötigste sei, ohne Zögern geantwortet: „ Zweifellos das Christentum. Denn es ist das Einzige, was tief genug geht. China braucht alle diese Dinge, die Sie aufzählen, und noch viele andere, aber vor allem braucht China das Christentum, denn das ist die Grundlage alles anderen. China kann niemals erneuert werden bevor es nicht eine Zuverlässigkeit im Handel und Verwaltung gewinnt, und es kann diese niemals gewinnen, bevor es nicht eine.neue sitt- liche Gesinnung erlangt und es kann diese niemals gewinnen, bevor es christlich wird". Nehmen wir dazu, daß die chinesische Regierung jetzt einen Christen als ihren Gesandten nach Berlin geschickt hat — Dr. W. W. Den ist ein Sohn eines chinesischen Pastors in Peking —, so ist es wohl außer allem Zweifel, daß trotz aller Gärung und Unruhe in China das Christentum dort bessere Aussichten als je hat. Hoffentlich rafft sich die deutsche evangelische Christenheit in den nächsten Jahren ganz anders als bisher dazu auf, die Mission im fernen Osten tatkräftig zu unterstützen und es ihr zu ermöglichen, die große Gelegenheit wirklich auszunutzen.
Zar Spannung zwischen de« Bereinigten Staate« und Mexiko.
Mexiko, 19. Aug. Die Regierung Huertas hat gestern abend den Bereinigten Staaten bis Mitternacht Zeit gegeben, ihre Anerkennung ouszusprechen. Eine Ablehnung würde dem Vernehmen nach den Abbruch aller Beziehungen im Gefolge haben.
Washington, 19. Aug. Staatssekretär Bryan hat eine neue Ablehnung auf seine Vorschläge zu einer friedlichen Beilegung der Revolution in Mexiko erhalten. Wahrscheinlich wird diese Ablehnung alle Beziehungen mit Huerta aufheben. Das einzige Interesse der Bereinigten Staaten besteht jetzt in dem Schutz von Leben und Eigentum. Menschenleben werden am besten durch Verlässen Mexikos geschützt. Für bedürftige Personen sollen die Beförderungskosten bezahlt werden.
r Portsmouth, 20. Aug. Das Kanonenboot Nash- oille ist von New-Hampshire nach Mexiko abgegangen mit Befehlen, die es vor einigen Tagen aus Washington erhalten hat.
r Washington, 20. Aug. Die Spannung, die in offiziellen Kreisen bezüglich Mexikos vorherrschte, hat infolge des Empfanges von Telegrammen der amerikanischen Botschaft und der Meldung Linds, 'noch denen die Verhandlungen noch fortschreiten, etwas nachgelassen.
New-Hork, 19. Aug. Thaws Festnahme in Coati- cook (Kanäoa) wird bestätigt. Er war auf dem Wege nach Montreal, von wo aus er nach Europa fliehen wollte. Er erklärt, daß man ihn nicht an die Bereinigten Staate« ausliefern könne. Indessen glaubt man, daß die kanadische Regierung ihn als lästigen Ausländer deportieren werde.
r Ottawa, 20. Äug. Die Einwanderungsbehörde hat erklärt, daß Thaw über die Grenze geschafft werden würde.
Untergang eines Dampfers.
Newyork, 19. Aug. Eine Depesche aus Iumeau (Alaska) berichtet über den schon gemeldeten Untergang des Dampfers „State of California", daß der Dampfer am Sontag morgen in der Gambierbai in voller Fahrt auf einen Felsen gelaufen, schwer leck geworden und binnen 3 Minuten gesunken sei. Die meisten Paffagiere der 1. Klaffe seien noch im Schlafe vom Tode überrascht worden. Der Kapitän und 40 Personen hätten sich auf Flößen ge- rettet. Mindestens 25 Passagiere und 27 Mann der Besetzung seien ertrunken. Ladung und Post seien verloren.
Die Lage auf dem Balkan.
London, 20. Aug. Das „Echo de Paris" meldet von hier, in orientierten Kreisen betrachte man die Frage Adrianopels als so ziemlich zu Gunsten der Türkei geregelt. Alle diplomatischen Mittel seien erschöpft. :
London, 20. Aug. Das „Bert. Tagebl." erfährt von einem hervorragenden Diplomaten. daß: die Pforte erklärt habe, sie wünsche dringend, die Adriern opelfrage zu
einem Abschluß zu bringen, und sei eventuell bereit, auf den Vorschlag zurückzukommen, welchen seinerzeit Kiamil Pascha machte, das heißt, den nördlichen Teil Adrianopels an Bulgarien abzutreten, wenn man ihr den Stadtteil mit den Sultansgräbern und Moscheen und den anderen National- heiltgtümmern belaste. Die Türkei denke garnicht daran, die ihr von den Griechen überlassenen Plätze zu behalten, und sie sei bereit, sich mit der Grenze Enos-Adrianopel- Kurnuburü zu begnügen.
r Petersburg, 20. Aug. Wie die Petersburger Telegraphenagenlur aus Sofia erfährt, hat die griechische Regierung die bulgarische durch die Vertreter der russischen Regierung in Bukarest und Sofia davon in Kenntnis gesetzt, daß von ihr drei Abgrenzungskommissionen ernannt worden sind, die sich am 22. d. M. in Demirhiffar versammeln werden. Die Städte Dedeagatsch, Fanthie und Gümüldschina werden am 21. d. M. von den griechischen Truppen geräumt werden.
r Sofia, 20. Aug. Die türkischen Truppen haben gestern nach einem lebhaften Gefecht mit der kleinen bulgarischen Garnison den Ort Kutschukavak endgültig besetzt. Die muselmanische Bevölkerung der Gegend hat sich der türkischen Armee angeschlossen, sich bewaffnet und unter den bulgarischen Soldaten und unter der bulgarischen Bevölkerung ein Blutbad angerichtet. Die bulgarische Regierung hat die Aufmerksamkeit der Vertreter der Mächte aus diese Tatsache gerichtet und von neuem darauf gedrungen, daß bei der Wiederbrsetzung der Gebiete durch die Bulgaren die ausländischen Militärattaches anwesend sein möchten.
Serbien nach dem Kriege.
Aeußerrmgeu des Ministerpräsidenten Waschtisch.
Belgrad, 19. Aug. In einer Unterredung mit dem Korrespondenten der „Frds. Ztg." legte der Ministerpräsident Paschitsch dar. daß Rumänien, das sich in dankenswerter Weise für die Erhaltung des Gleichgewichts am Balkan eingesetzt habe, seine Interessen mit jenen der Balkanvölker wieder in vollen Einklang gebracht habe und daß es sich gemeinsam mit den Verbündeten für die Erhaltung der durch den Bukarester Frieden herbeigeführten Balkanlage einsetzen werde. Hierdurch werde Bulgarien im eigenen Interesse darauf angewiesen, sich wieder an seine Nachbarn anzuschließen. Die Stipulationen des Bukarester Friedens hätten nicht nur die Wünsche der Großmächte berücksichtigt, sondern Bulgarien ein derart großes Territorium überlasten, daß von einer wesentlichen Schwächung des bulgarischen Staates nicht recht gesprochen werden könne. Es sei daher naheliegend, daß auch zu einer Revision des Friedensver- irags keine sachliche Veranlassung oorliegen könne. Serbien werde seine ganze Aufmerksamkeit der möglichst raschen Durchführung seiner Kuliurmission in den neuen Gebieten zuwenden und letztere nach Tunlichkett auch in administrativer wie politischer Beziehung dem oltkn Staatsgebiete gleichstellen.
„Bereits in kurzer Zeit", so fuhr Herr Paschitsch fort, „wird Serbien größere Bestellungen im Auslande machen müssen. Da die Regierung diese in keiner Weise mit politischen Fragen zu verquicken gedenkt, wird sich der europäischen Industrie ein freier Wettbewerb zur Beteiligung an den Lieferungen eröffnen. Dem Friedensbedürsnis entsprechend, wird Serbien alles aufbieten, um mit Oesterreich- Ungarn dauernde frelmdschaftliche Beziehungen herzustellen. Was Albanien anbelangt, so ist zu hoffen, daß es den Großmächten, die es in ihre Obhut genommen haben, gelingt, ihre auf die Gründung eines neuen Staatsgebilde« abzielenden Bestrebungen erfolgreich durchzusühren. Serbien wird Albanien gegenüber die Rolle des wohlgeneigten Nachbarn einnehmen."
StniWs oder Sparkasse?
r In unruhigen Zeiten wird der kleine wie große Kapitalist ängstlich, ja nervös, und es ist im Laufe des vergangenen Jahres sogar der Strumpf als Geldansammler bet Allzuvorsichtigen wieder zu Ehren gekommen. Wir halten ein solches Tun für unzweckmäßig und als Massen« erscheinung sogar für unheilvoll. Die Folgen der Kapital- Zurückhaltung haben sich auch gerade im letzten Jahre in üblen Erscheinungen gezeigt.
Wie aber legt der Sparer fein Geld am sichersten und am ertragreichsten an? Wir nehmen als obersten Gesichtspunkt: Die Sicherheit, dann erst der Ertrag. Bei allen Anlagen aber, beweglichen oder unbeweglichen, sind jedenfalls folgende vier Eigenschaften zu prüfen und beim Entschluß zu berücksichtigen: Sicherheit, Ertrag, Beräußerlichkcit und Gewinnmöglichkeit. Zu den beweglichen Merten gehören Wertpapiere, die unbeweglichen sind Licgenschastcn (Grundstücke und Häuser).
Don den Sparkassen sind die unter staatlicher Aussicht stehenden oder von Staat und Gemeinde errichteten den privaten vorzuziehen; denn sie sind nicht in» Leben gerufen, für sich selbst Geld zu verdienen, sondern das Ecmeinwohl zu fördern. An Sicherheit kommen den öffentlichen Sparkassen gleich die unter Kontrolle stehenden Darlehens- kassenvereine.
Bei Einlagen der Privatbanken, wie sie insbesondere im Geschästsleben der Contokorrentverbehr notwendig macht, hat sich der Einleger die vertrauenswürdigste Adresse auszusuchen.
Die Geldanlage in Aktien und ähnlichen Spekulotionc- papieren erfordert viele Erfahrung, die sich nur durch Beobachtung und leider gelegentlich auch nur durch Fingeroerbrennen gewinnen läßt. Wer sich mit Aktien einläßt, muß einen g nirgend hohrn Fonds bksitzen, um eventuell ron einem gelegentlichen „Aderlaß" nicht dauernd geschwächt