dem Schultheißen Ayasse in Neuhengstett OA. Calw gnädigst übertragen.
— Se. Maj. der König haben ferner verliehen: das Ritterkreuz erster Klasse des Friedrichsordens
dem Oberamtmann Flaxland in Göppingen, den Titel eines Zollinspektors
dem Zollverwalter Wieland in Tübingen.
— Se. Majestät der König haben allergnädigst geruht am 4. März d. I. die Postsekretäre Häberlen und Nufer bei dem Postamt Nr. 1 in Stuttgart auf Ansuchen gegenseitig zu versetzen.
Calw. Das Geburtsfest Sr. Majestät des Königs wurde hier in herkömmlicher Weise gefeiert. Morgens früh wurde in den Straßen Tagwache geblasen und um 7 Uhr donnerten Böllersalven vom Scheerwäldle aus über das Thal. Vom Turm ertönte die Königshymne „Heil unserem Königs Heil". Um 10 Uhr sammelten sich auf dem Rathaus die Offiziere, Staats- und städtische Beamte, sowie die bürgerlichen Kollegien um von da aus gemeinsam in die Kirche zu ziehen. Die Festpredigt hietl Hr. Dekan Braun über den von Sr. Majestät selbst ausge- gewählten Text Ps. 73. Vers 23: Dennoch bleibe ich stets an Dir; denn du hältst mich bei meiner rechten Hand. Das Festessen fand im Gasthof z. Waldhorn statt. Hr. Oberamtmann Supper brachte in einer längeren Ansprache, in welcher er an die Liebe und Verehrung des schwäb. Volkes zu seinem Fürstenhause erinnerte, welche bei dem im vor. Jahre gefeierten Regierungsjubiläum unseres Königs und dem gleichzeitigen Besuch des Kaiserpaares zum Ausdruck gekommen, einen zündenden Toast auf unfern vielgeliebten König aus, in welchen die Versammelten begeistert einstimmten. Auf ein an Se. Majestät abgegebenes Telegramm lief noch abends die Antwort ein, welche an der Spitze des heutigen Blattes bekannt gegeben wird.
* Calw, 7. März. Das Geburtsfest Sr. Maj. des Königs wurde gestern abend im Liederkranz auf eine schöne und würdige Weise gefeiert. Im Saale des bad. Hofes hatten sich außer den Sängern auch viele passive Mitglieder eingefunden. In l '/sstündigem trefflichen, an belehrenden wie an erheiternden Ausführungen reichen Vortrag, den wir im Auszug folgen lassen, zeichnete Vorstand Baeuchle ein Bild von dem Leben und Wirken des schwäbischen Dialektdichters Joh. Nessle n. Redner leitete seinen Vortrag mit einer kurzen Darlegung über das Wesen der Dialektpoesie im allgemeinen und über die Geschichte der schwäbisch mundartlichen Volksdichtung im besonderen ein, worauf die äußeren Lebensverhältnisse Nefflens in ausführlicher Weise dargestellt wurden. Nefflen, geboren den 5. Nov. 1789 zu Oberstenfeld, besuchte die höheren Lehranstalten in Eßlingen und Stuttgart, ward 1815 Schultheiß der Gemeinde Pleidelsheim, wo er sich mit großem Eifer, Geschick und Erfolg auf die Landwirtschaft warf und von König Wilhelm mit der silbernen Medaille für landwirtschaftl. Fortschritt ausgezeichnet wurde. Im Jahr 1831 wurde er in die Abgeordnetenkammer gewählt, wo er einer der bedeutendsten Redner des 6., 7. und 8. Landtags war. Mit seiner landständischen Thätigkeit leitete sich aber auch sein Verhängnis ein. Er kaufte sich, nachdem er als Schultheiß zurückgetreten war, in Hessenthal ein Gut, siedelte später nach Heilbronn über und
wanderte im Jahr 1849 nach Amerika aus, wo er im 70. Lebensjahr bei einem Sohn zu Cumberland starb. Im Anschluß an den betreffenden Lebensabschnitt kamen aus den Werken Nefflens folgende Stellen in schwäbischer Mundart zum Vortrag: „Was Schulerle im Feld erlebt hat" ; „Vorschuh und Vögele gegen den Blitzableiter"; „Wie Schultheiß Klotz zu Hause und auf dem Rathause amtet" und andere. Üeber die lyrischen Gedichte wurde ein abgerundetes Ganze gegeben. Den Schluß bildete eine Zusammenstellung der Verdienste Nefflens um Hebung des schwäbischen Stammesbewußtseins, um Förderung von Kultur und Sitte und um Gründung eines mundartlichen Buchstils. Nefflen hat ganz ausgezeichnete Sittenbilder aus dem altwürttembergischen Schwaben geschrieben, welche eine sehr gründliche Kenntnis des Volks verraten; die Personen sind meisterhaft karak- terisiert und überall tritt uns ein gesunder und kräftiger Humor entgegen; die Sprache ist zwar etwas derb aber ungemein bilderreich und lebhaft. Heiter und getreu hat „der Vetter aus Schwaben" die Volkszustände geschildert und so dem schwäbischen Volk einen Spiegel gegeben, in dem es sich sehen kann, wie es in Wirklichkeit ist, damit es seine Vorzüge frisch und gesund erhalte, seine Fehler dagegen ablege. Im Anschluß hieran brachte der Vorstand ein mit Begeisterung aufgenommenes Hoch auf Se. Maj. den König aus. Auf den nun zum Vortrag gebrachten gemütlichen und immer wieder gerne gehörten Chor „Hellauf Schwobaland" folgte von Seiten des Hrn. Prof. Haug eine begeisterte Schilderung des schwäbischen Volksstammes mit seinen Eigentümlichkeiten und Vorzügen. Auch das von dem Redner auf das württ. Volk ausgebrachte Hoch fand in der Versammlung eine freudige Zustimmung.
Calw, 6. März. (Egsdt.) Alle diejenigen, welche es wissen und schätzen gelernt haben, mit welch treuer und aufopfernder Hingebung Herr Speidel sich in den 12 Jahren seines Hierseins bemüht hat, in unserer Vaterstadt den Sinn für Musik zu pflegen, wie er insbesondere trotz mancher nicht gerade aufmunternder Erfahrungen unermüdlich war in seinem Streben, eine ordentliche Kapelle zu Stande zu bringen und die oft nicht zu vermeidenden Lücken immer wieder durch jungen, von ihm selbst mit freudigem Eifer geschulten Nachwuchs zu ergänzen, allen diesen wird es eine gerne gehörte Nachricht sein, daß der Gemeinderat die unläugbaren Verdienste des Hrn. Speidel um das musikalische Leben in hiesiger Stadt durch eine äußere Anerkennung gewürdigt und ihm durch Beschluß vom 5. März den Titel eines „st ä d - tischenMusikdirektors" verliehen hat. Die gewiß allgemeine Freude über diese Anerkennung des bescheidenen Mannes soll weder Hrn. Speidel, noch dem verehrlichen Gemeinderat vorenthalten sein, dessen rechtzeitiger Liberalität wir es ja überhaupt verdanken, daß uns Herr Speidel, dem vor einem Jahre verlockende Anerbietungen von auswärts gemacht worden sind, erhalten geblieben ist. Eine wohlverdiente Anerkennung des rastlosen Strebens unseres Herrn Musikdirektors, immer Besseres zu leisten, wäre es aber sicherlich auch, wenn die nur in bescheidenem Maße sich wiederholenden musikalischen Produktionen stets auch eines Besuches sich zu erfreuen hätten, der eine willkommene Aufmunterung zu stetigem Fortschreiten wäre, und wenn diese Zeilen hiezu etwas beitragen könnten, so wäre ihr Zweck erreicht.
Stuttgart, 5. März. Präzis 12 Uhr heute Mittag langten II. KK. H.H. Prinz und Prinzessin Wilhelm vor dem Portal des Panorama- gebäudes an, begleitet von Hofmarschall Frhr. v. Platow und Rittmeister Bieber. Zum Empfang hatten sich aufgestellt die Unternehmer des Panoramas mit dem Künstler Prof. Braun und dessen Sohn. II. KK. HH. wurden von Major v. Schott inr Namen der Armee und auch im Namen der Unternehmer des Panoramas mit einer Ansprache und mit Hochrufen begrüßt. Anwesend waren der komm. Gen., General der Kav. v. Alvensleben, Geh.-R. Or. v. Griesinger, der Sekretär der Königin, Baron v. Wolfs, Obersthofmeister Frhr. R. v. Reischach, Hofmarschall Frhr. v. Wöllwarth, erster Stallmeister des Königs Graf v. Gronsfeld, Stallmeister Frhr. v. Reitzenstein. Der letztere konnte sein eigenes Bild sehen; er war an diesem blutigen Tage als Adjutant zu seinem Vater kommandiert und hielt auf einem Schimmel, in der Nähe seines Vaters. 12 Uhr 20 trat I. Kais. Hoh. Herzogin Eugen ein und bald darauf erschien S. Hoh. Prinz Hermann zu Sachsen- Weimar mit hoher Gemahlin, der K. Prinzessin A u g u st e und mit Tochter Prinzessin Olga Maria. In der Begleitung befand sich Hofmarschall Frhr. v. Simolin-Bathory. Als Führer durch das Panorama sdienten Prof. Braun und Sohn, Major v. Schott und insbesondere auch Hauptmann v. Bayer- Ehrenberg, der an jenem Ehrentag der Württemberger 4 Schußwunden davontrug und sein Leben allem Anscheine nach nur durch die Sorgfalt von zwei Einjährigen (jetzt Oberbürgermeister Nast in Cannstatt und dessen Bruder jetzt Prof, in Stuttgart), die ihn fanden und in das Lazaret trugen, rettete. Als Verwundeter auf dem Schlachtfeld liegend, hatte er hinlänglich Gelegenheit, den Gang des Gefechtes zu verfolgen. Se. K. Hoh. Prinz Wilhelm lceß sich vor Allem durch Prof. Braun die Uebersicht über das Schlachtfeld und dann die hochinteressanten Ein-. zelnheiten erklären. Zum Schluffe wandte sich S. K. Hoh. auch an die Unternehmer und erklärte sich, denselben dankend, hochbefriedigt von dem jetzt vollendeten, großartig gelungenen Werke. Daß die Orientierung bis auf Personennamen durch Vorgesetzte Tafeln außerordentlich leicht gemacht worden, haben wir schon bemerkt. Es ist außerdem ein Mann m Dienst genommen worden, der den Kampf mitgemacht hat und jetzt die Aufgabe hat, Fragen der Besucher zu beantworten. Morgen Mittag kommt das Osfiziercorps zum Besuche des Panoramas.
Stuttgart, 5. März. Wie wir vernehmen,, wurde durch die Gnade des Königs dem wegen des Vaihinger Eisenbahnunglücks verurteilten Betriebsoberinspektor Finanzrat Lang von hier und Bahnhofverwalter Schwenninger von Vaihingen a. F. gestattet, ihre Strafe auf dem Hohenasperg verbüßen zu dürfen..
Stuttgart. Kaffeefälschung. Von einer hiesigen Gesellschaft wurde schon lange Kaffee an xros von einem auswärtigen Kaffeehause bezogen. Es wurde eine feine blaue Sorte bestellt. Der Kaffee kam an und sah brillant aus, schmeckte indessen nicht so, wie nach dem angelegten Preise zn erwarten war. Nun legte ein Teilnehmer auf Anraten die Bohnen 24 Stunden in Wasser, dasselbe erhielt eine prächtige grüne Anilinfarbe. Hieran wurde die Fälschung erkannt. Wie man hört, wollen die Beschädigten klagbar werden.
Er sah sie mit flammenden Blicken an. Seine gewaltsame Natur hielt noch immer den Zweifel an dem Ernst ihrer Worte aufrecht.
„Wie Edith — willst Du leugnen, daß Du mich von jeher geliebt?"
„Einst, Harald —ja" — und dabei traf ihn überzeugend ihr ruhiger Blick — „aber schon lange, lange nicht mehr. Nein" — rief sie, in Thronen ausbrechend, denn plötzlich kehrte in ihre Brust die Erinnerung deS Leids zurück, das sie um seinetwillen getragen — „sprich niemals wieder so zu mir — ich müßte Dir allezeit dieselbe Antwort geben."
Eine harte, zornige Erwiderung schwebte auf seinen Lippen, aber als er sie da im Schatten des zitternden Blättergewirres sitzen sah und Thräne auf Thräne über ihre Wangen rann, da gedachte er plötzlich deS Kindes „Edith." So hatte sie geweint, wenn der Onkel ihm zürnt«, wenn er — Harald — als armer Sünder mit wenig bußfertigem Sinn zum Hausarrest verurteilt war, während die Anderen sich amüsierten. So hatte sie auch geweint, wenn die Ferienzeit ihr Ende erreicht hatte und er die kleine Kousine zum Abschied an seine Knabenbrust gezogen — und, ach — die bittersten Thränen, die sie um ihn geweint, von denen hatte er keine Ahnung.
Sein Herz aber folgte der milden Regung.
„Ist die« Dein letzte« Wort, Koufinchen?" — fragte er weich. — „Du «eisest mich ab?"
Sie weinte nur noch heftiger, aber die bejahende Bewegung ihres Kopfe« ließ keinen Zweifel übrig. Er fühlte sich auch vollkommen überzeugt und bat sie, ihn bei den Anderen zu entschuldigen. Er reite nach der Festung und werde sie erst Wiedersehen, wenn dies mit Ruhe geschehen könne.
Sie neigte nur stumm da« Haupt. Sie wußte, er würde bald getröstet sein.
Eugen vernahm verhallenden Huffchlag, als er von der Gartenseite der Mühle sich durch Dill und Stachrlbeergestrüpp den Aufgang zu Edith bahnte.
Er fand sie allein, mit verwirrter, betretener Miene.
„Laß uns ein Stück in den Wald gehen" — bat sie und hing sich an seinen Arm. Er fühlte das Beben ihres Körpers.
„Und Harald?" — fragte er stockend. — „Wo ist er?"
-Weg."
Dabei begegneten sich ihre Blicke. Sie sah — er konnte es mcht verbergen — den Wiederschein innerer Befriedigung, sein Antlitz erhellen und in ihr tagte e» vollkommen.
Sie senkte die Augen nieder und fühlte sich plötzlich von jubelndem Heber- mut erfüllt.
Ihm wollte noch immer der Glaube an das Glück der Wirklichkett nicht kommen. Er hatte sich so lange in die Rolle des Entsagenden gefügt.
Errötend wendete sie den Kopf, aber mü reizender Koketterie schlüpfte die Frage über ihre Lippen: „Und nun sage auch Du mir, Eugen, — wie heißt diejenige, die Du liebst?"
Da beugte er sich nieder zu ihrem Ohr, um welches die Lichter des Walde« zitterten, und wie einen Hauch fühlte sie es sich durchwehen: „Edith!"
Und al« er e« ausgesprochen, lehnte ihr Kopf an seiner Schüller und ihre lächelnden Lippen fragten: „Und sie sollte Dich nicht wieder lieben?! — O, Eugen!"
Da fühlte sie sich emporgehoben und in seinem Glücksgefühl trug er sie eine Strecke weit. Dann setzte er sie wieder auf die nächste Moosbank und fiel vor ihr auf die Knie. Sein Antlitz lag auf ihren Knien und sie vernahm lange kem- Wort. Da — als sie sich niederbeugte und einen Kuß in sein Haar drückte, wollte er doch an die Wirklichkeit glauben — und als er sie ansah, leuchtenden Auges, da» wußten sie e« Beide, daß nun da« Glück eingekehrt sei.
Ende.