^ 28.
Amts
und Anzeigeblatt für den Bezirk (Lalw.
65. Iahrglmg.
Erscheint Dienstag, Donnerstag und Samitag. Die Einrnckungsgebühr beträgt im Bezirk und nächster Umgebung S Pfg. die Zeile, sonst 12 Pfg.
Samstag, den 8. Mar; 1890.
AbsnnementSpreiS vierteljährlich in der Stadt BO Pfg. u»d 20 Pfg. Trägerlohn, durch die Post bezogen Mk. 1. 15, sonst t« ganz Württemberg Mk. 1. 35.
^en Herren, welche sich am gestrigen Festesten im Waldhorn hier betheiligten, beehre ich mich von nachstehenden:, gestern Abend noch eingetroffenen Telegramm Kenntniß zu geben.
Calw, 7. März 1890.
Oberamtmann
Supper.
„Seine Königliche Majestät sind durch dievonder Festversammlung dargebrachten Glückwünsche zu Allerhöchst- ihrem Geburtsfest aufrichtig erfreut worden und lassen derselben für die bewiesene Aufmerksamkeit und treue Ergebenheit Allerhöchstihren gnädigen und wohlwollenden Dank aussprechen.
Der (Labinetsches:
Griesinger."
Deutsches Reich.
Die Aufgabe des nächsten Reichstags. Die Köln. Z. schreibt: Wenn auch die Einberufung des nächsten Reichstages schwerlich vor Ostern erfolgen dürfte, so läßt sich doch schon eine Reihe derjenigen Aufgaben übersehen, an der das Antikartell seine Einigkeit und seine staatserhaltende Kraft wird beweisen müssen. Unzweifelhaft werden zu den ersten Vorlagen, die der Reichstag bei seinem Zusammentritt vorsinden wird, die Gesetzentwürfe über den Arbeiterschuz gehören, welche auf Grund der jüngsten Beratungen des preuß. Staatsrats bis dahin ohne große Schwierigkeit ausgearbeitet werden können. ' Sie werden sich vor allem auf das Verbot der Sonntagsarbeit nebst den zuzulassenden Einzelausnahmen, auf die Einschränkung der Kinderarbeit und auf eine Beschränkung der Frauenarbeit bei Nacht in Fabriken und industriellen Unternehmungen erstrecken und wohl im wesentlichen den Beschlüssen entsprechen, welche die jüngsten Reichstage mit großen Mehrheiten gefaßt hatten. Das Gesetz
gegen die Ausschreitungen der Sozialdemokratie läuft im Herbste ab, und da die Regierung bisher es für unentbehrlich erachtet hat, scharfe Waffen gegen diese Ausschreitungen zu besitzen, so ist mit Sicherheit anzunehmen, daß sie nicht auf den letzten möglichen Versuch verzichten wird, diese Waffen in der einen oder andern Form auch vom jetzigen Reichstag zu erhalten. Daß dieser Versuch freilich vergeblich sein wird, liegt bei der Zusammensetzung des Antikartells auf der Hand und wird auch der Regierung nicht unbekannt sein, aber indem sie von neuem den Versuch macht, das Gesetz in irgend einer Form zu verlängern, wälzt sie die Verantwortung für die Nichtbewilligung der zur Bekämpfung der Sozialdemokratie erforderlichen Waffe dem Reichstag zu, und dieser wird seinerseits die volle Verantwortlichkeit für die daraus entstehenden Folgen vor dem Volke übernehmen und tragen müssen. Weitere Vorlagen werden auf militärischem Gebiete liegen. Wer die jüngsten militärischen Forderungen und die Zusammensetzung der neuen Armeekorps mit Sachkenntnis und Aufmerksamkeit verfolgt hat, wird nicht so sehr davon überrascht sein, daß neue Forderungen für die Ergänzung der vorhandenen Lücken unmittelbar bevorstehen. Wir halten es aber nicht an der Zeit hierüber weitere Andeutungen zu machen, zumal ja auch das Antikartell die Parole „von jedem Mann und von jedem Groschen" das seinige zu nennen pflegt. Ebenso ist gewiß, daß eine weitere Forderung für die Wißmann'sche Expedition inOstafrika vom neuen Reichstag erbeten werden wird, für deren nähere Feststellung wohl die Rückkehr des Majors Liebert, der in diesen Tagen in Sansibar eintreffen dürfte, abzuwarten bleiben wird. Sehr wünschenswert wäre ferner, wenn die Regierung sich auch entschließen würde, endlich wieder ein Postsparkassengesetz vorzulegen. Gerade bei dem gegenwärtigen Aufschwung aller Industrien und gesteigerten Löhnen sind unsere arbeitenden Klassen in der Lage, erheblichere Ersparnisse zu machen. Die jetzigen Sparkasseneinrichtungen sind nicht im Stande die Sparlust gerade
dieser kleinen Klaffen entsprechend ihrer vorhandenen Sparkraft zu wecken und zu beleben; die Eröffnung von weitern neuen 20,000 Sparstellen durch Einführung der Postsparkassen würde nach den Erfahrungen anderer Länder von dem größten sozialen Nutzen sein, ohne daß die vorhandenen Gemeinde- und Kreissparkasien auch nur den geringsten Nachteil davon zu haben brauchten. Schließlich sei noch erwähnt, daß auch die Erhöhung der Gehälter für die untern und Mittlern Reichsbeamten dem Antikartell reichliche Gelegenheit geben wird, glänzende Proben seiner im Wahlkampfe so viel gerühmten Sparsamkeit an den Tag zu legen. Auch erwarten wir mit aller Sicherheit m den ersten Tagen seitens der Forschrittspartei und der sozialdemokratischen Fraktion die Anträge auf Abschaffung der Lebensmittelzölle und Ersatz derselben durch neue Steuern. Die Herren haben dem Volk soviel von der vorhandenen Teuerung der für den armen Mann notwendigsten Lebensmittel geredet, sie haben so klar nachgewiesen, daß die einzige Ursache dieser Teuerung unsere Zollpolitik sei, daß sie als ehrliche Männer notwendig Kops und Kragen daran wagen muffen, aufs rascheste die Politik unmöglich zu machen. Einen günstigeren Reichtag wie den jetzigen können sie für ihre Zwecke doch wahrlich nicht erwarten.
Tages Neuigkeiten.
sAmtliches.j Se. Königliche Majestät haben durch allerhöchste Entschließung vom 5. März den Titel und Rang eines Oberpostmeisters dem Postmeister List in Calw, den Titel eines Oberpräzeptors
dem Präzeptor Schmidt in Calw, allergnädigst zu verleihen geruht.
— Se. Königliche Majestät haben vermöge höchster Entschließung vom gleichen Tage die goldene Civilverdien st-Medaille dem Bezirksfeldwebel Visel in Calw (Neuenbürg), die silberne Civilverdienst-Medaille
Feuilleton. Nachdruck »erbot«,.
Mcrch dem Sturme.
Novelle von C. Bollbrecht.
(Schluß.)
„Heute" — vollendete der Offizier, indem er mit wiederkehrender Aufwallung seinen Sitz verließ und neben seinen Bruder trat — „stehen die Dinge so, daß ich Dich bitte, Edith nicht ferner den Hof zu machen, sondern in ihr meine künftige Gemahlin zu betrachten. Des Onkels Einwilligung halte ich mich sicher."
Eugen war bleich geworden. Eine Pause trat ein.
„Sprich mit Evith" — bedeutete er, seinem Gerechtigkeitssinn folgend, seinem Bruder — „sie mag entscheiden."
„So sei eS" — rief Harald besänftigt. — „Wie aber finde ich die Gelegenheit dazu? Sie geht jedem tets-ä-tkts mit mir in mädchenhafter Schüchternheit aus dem Wege."
Eugen sah den Sprechenden nachdenklich an. Ihm ging es eigentlich ebenso- Er halte Edith seit seiner Rückkehr noch nicht ein einziges Mal allein gesprochen.
Schon der nächste Morgen aber zeigte sich Haralds Wünschen günstig.
Die beiden Brüder und Edith begleiteten den Gutsherrn nach .Dunkelmühl", dem entferntesten Besitztum desselben, wo bauliche Veränderungen seine Abwesenheit erforderten. Als man vor dem jenseits des Waldes gelegenen Hause angekommen und von den Pferden gestiegen war, geleitete Harald seine Kousine den schmalen, sich unregelmäßig windenden Pfad empor, den man den Baumwurzeln und Steingeröll abgezwungen hatte. Sie wechselten beim Aufwärtsschreiten keine Worte.
Edith trug die lange Schleppe ihres Reitkleides auf dem Arm und bedauerte, daß der Baumeister mit seinen Plänen und Neuerungen den Onkel und Eugen wahrscheinlich lang in der Mühle zurückhalten würde.
Auf einem vorspringenden Plateau stand ein kleiner Tempel aus Birkenholz, leichtes Blättergerank bildete darum einen luftigen Vorhang. Hier ließen sie sich nieder. Zu ihnen herauf tönte das Brausen des Baches, der sich schäumend seinen Lauf durch Felsengeröll und die enge Schlucht bahnte, in welche sein Bett eingezwängt war. Aus einem verwilderten Garten lugte das graue bemooste Dach der Dunkelmühle, über welches die hochemporragende Bergwand deS benachbarten Ufers ihren kühlenden Schatten breitete.
Nur ungern vernahm Edith Haralds lobende Worte, welche der Aussicht galten, die preisende Stimme dünkte ihr angesichts der Größe der Natur stets unvollkommen und unzureichend.
Sie erwiederte deshalb nur wenig, Harald aber deutete dies für Befangenheit»
„Edith" — rief er endlich und ergriff ihre Hand, die sie ihm nur ungern überließ — „schon lange trage ich für Dich eine Frage auf den Lippen und im Herzen."
„Du?"
„Ja, Edüh — und heute" —
„Svrich nicht weiter, Harald" — bat sie ihn bangen Toner. Sie war ein wenig von ihm hinweggerückt und hatte ihm die Hand entzogen — „ich will es nicht hören."
„Nicht hören, Kind? Du wirst es noch oft hören müssen, Edith — daß ich Dich liebe" — rief er, ihre Verwirrung zu seinen Gunsten deutend — „und — nicht wahr, Geliebte — Du liebst mich auch?"
„Nein, Harald, nicht so, wie Du begehrst" — erwiederte sie leise, aber deutlich.