Die bei der Wahl abgegebenen Stimmen sind mittelst Kreuzes in Columne 7 der Wählerliste zu vermerken.
Die Schlußbeurkundung der Wählerliste
durch den Wahlvorstand hat zu lauten:
„Die Richtigkeit der bei der heutigen Wahl in Columne 7 gemachten Abstimmungsvermerke beurkundet
.. den 20. Februar 1890.
Der Wahlvorstand:
Wahlvorsteher. Beisitzer. Protokollführer."
(Name und Amt)
Die Gegenliste ist in der aus dem Formular ersichtlichen Weise zu beurkunden.
e. Die Vorsteher der einzelnen Wahlbezirke haben die Wahlprotokolle mit den bei der Wahl benützten Wählerlisten und sämmtlichen zugehörigen Schriftstücken (Gegenlisten und den nach Z 20 des Reglements dem Protokoll besonders beigehefteten, fortlaufend nummerierten Stimmzetteln) am Schluß der Wahl alsbald hieher zu befördern, jedenfalls aber so zeitig, daß die Akten am ÄS. Februar d. I., Vormittags, dem Wahl- commissär, Oberamtmann Supper hier, zukommen. Hiefür sind die Wahlvorsteher verantwortlich.
Calw, den 5. Februar 1890.
K. Oberamt.
Supper.
WeichsLcrgswclHt.
An die Ortsvorßeher und die Wahlvorsteher.
I. Den Ortsvorstehern geht mit der Post ein nach vorgängiger Ausfüllung zum sofortigen Anschlag am Rathhaus bestimmtes Plakat, betreffend die Bekanntmachung des Wahltermins u. s. w., zu.
II. Die Wahlvorsteher erhalten durch Vermittlung der Ortsvorsteher
1. Formulare zu Einladungsschreiben an die Bei
sitzer ;
2. Einladungsschreiben an den Protokollführer;
3. ein nach vorgängiger Ausfüllung zum Anschlag
am Wahllokal bestimmtes Plakat;
4. zwei Formulare zum Wahlprotokoll (wovon
eines zur Reserve);
5. ein Formular zur Gegenliste.
Die Wahlvorsteher werden aufgefordert, sich sofort zu überzeugen, daß diese Formulare ihnen vollständig zugekommen sind, und verneinendensalls alsbald hieher Anzeige zu machen.
Calw, den 5. Februar 1890.
K. Oberamt.
Supper.
An -ie Grtsvorkeher.
Unter Bezugnahme auf den Erlaß des K. Ministeriums des Innern vom 10. Januar d. I., betreffend die Vornahme einer allgemeinen Schafschau Minist. Amtsbl. S. 24, werden die Ortsvorsteher auf- aefordert binnen 1 Woche dem Oberamt ein Verzeichniß der Schafbestände ihres Gemeindebezirks — auch der Hausschafe — unter Angabe der Stückzahl derselben und Bezeichnung derjenigen Heerden, welche zur Sommerweide auf eine andere Markung
gebracht werden, vorzulegen, bezw. Fehlanzeige zu erstatten.
Den Schafbesitzern ist zu eröffnen, daß vor Beendigung des Heilverfahrens die Abfahrt einer Heerde, bei welcher die Räude festgestellt wird, auf die Sommerweide nicht werde gestattet werden.
Calw, 5. Februar 1890.
K. Oberamt.
Amtmann Bert sch.
Deutsches Reich.
— Die „Nationalzeitung" meldet: Der Kaiser hielt kürzlich an die in die Armee tretenden Kadetten zu Großlichterfelde folgende Ansprache: „Wir leben in einer ernsten Zeit, in welcher an jeden Einzelnen die höchsten Ansprüche gemacht werden müssen. Einfachheit und Mäßigkeit müssen den Offizier auszeichnen; er warne sie, sie sollten sich vor Aufwand und Luxus hüten. Aus vielen Gegenden des Reiches seien Beschwerden über Ausschreitungen an Untergebene an ihn gelangt. Der Offizier solle nicht forsch und schneidig gegen die Mannschaften sein, sondern Langmut und Geduld üben und von keinem der Leute mehr verlangen, als er leisten könne. In einer Zeit, wo die Monarchie vielfach angegriffen werde, sei es Pflicht der Offiziere, dieselbe nicht nur im Dienste, sondern im alltäglichen Leben nach besten Kräften zu stützen."
Getreidezoll. Dieser Schutzzoll für die Landwirtschaft wird so verschiedentlich in seinem Wert und seiner Wirkung beurteilt. Man liest darüber im „Schw. Merk.": „Eine besonders verwickelte Sache ist es mit den Getreidezöllen, welchen man den schweren Vorwurf macht, sie verteuerten das Brot des armen Mannes. Aber darüber ist kein Zweifel möglich, daß durch die ungeahnte Entwicklung unserer Verkehrsmittel, wodurch die fernsten Länder uns so nahe gebracht sind, wie früher kaum entlegenere Provinzen, sich unsere Landwirtschaft ganz plötzlich und unvermittelt einer Konkurrenz von getreideproduzierenden Ländern gegenüber gestellt sieht, welche infolge günstigerer Bodenbeschaffenheit und niedrigerer Arbeitslöhne in ungeheurem Vorteil gegen uns sind. Es bleibt Angesichts dieser an sich unabänderlichen That- sache nur ein doppeltes Verhalten möglich: entweder man läßt die Dinge gehen, wie sie wollen, d. h. man läßt das Ausland seine unerschöpflichen Mengen von Getreide ungehindert auf unfern Markt werfen, und sieht zu, wie infolge dieses Prozesses unsere eigene Landwirtschaft langsam aber sicher zu Grunde geht, indem unsere gesamte bäuerliche Bevölkerung, Eigentümer und Arbeiter, sich an demselben verblutet. Der Einwand, unsere Landwirtschaft könne sich ja nach andern rentableren Produktionsarten Umsehen, ist ebenso wohlfeil, als nicht stichhaltig; denn wer die Verhältnisse kennt, der weiß, daß ein derartiger Uebergang eine lange Zeit erfordert, bis zu deren Ablauf die Wohlhabenheit unseres „Nährstandes" einstweilen gründlich zerstört sein würde. Der andere Weg aber ist derjenige, welchen die Reichsregierung in Uebereinstimmung mit der Mehrheit des Reichstags eingeschlagen hat: durch einen mäßigen Schutzzoll einen Damm gegen diesen unversehens gekom
menen ungleichen Kampf auf Tod und Leben zwischen dem Ausland und unserer eigenen Landwirtschaft aufzurichten. Prinzipiell läßt sich hiegegen gewiß nichts einwenden; aber über das M a ß, d. h. darüber in welcher Höhe und in welcher Dauer der Getreidezoll berechtigt ist, herrscht viel Streit und dieser kann nur durch einen billigen Mittelweg geschlichtet werden. Das ist der Kern der Sache und im Wesentlichen ist die große Mehrheit der Bevölkerung auch damit einverstanden.
Ausland.
Paris, 4. Febr. „Republique Frangaise" niemt, die Gemeinschaft der Interessen Rußlands und Frankreichs sei einer der Hauptfaktoren der europäischen Politik, aber die Völker könnten ebenso wenig wie Individuen eines gewissen Stolzes entbehren. Es gäbe Leute, die sich mit zu viel Eifer Rußland an den Hals würfen, solchem Betragen fehle Würde und Geschicklichkeit. Die einzige Politik sei: Viele Lebel- Gewehre und viele entschlossene Soldaten. Das übrige komme von selbst.
Paris, 4. Februar. „La Presse" veröffentlicht einen Dankbrief Boulangers an Laisant für das letzte Bankett, worin Boulanger das Vertrauen in die Wahlen am 16. d. M. ausdrückt.
Tages-Neuigkeiten.
ss Calw, 4. Febr. Das Freikonzert des hiesigen Kirchengesangvereins fand gestern abend im Saale von I. Dreiß statt. Das Programm umfaßte 12 Nummern, welche in rascher Folge zum Vortrag gelangten. Der Chor sang 4 Lieder; wir erwähnen besonders die beiden frischen Frühlingslieder „Die linden Lüfte sind erwacht" (Gedicht von Uhland, Komponist unbekannt) und „Perle des Jahres, Lenz sei gegrüßt" von Fink, welche recht hübsch gesungen aufs schönste zur Geltung kamen. Auch das „Abendlied" von Seminaroberlehrer Hegele in Nagold wurde trotz seiner schweren Uebergänge ganz wacker durchgeführt, so daß wir den Leistungen des Chores und seinem unermüdlichen Dirigenten Hrn. Fr. Grindert alle Anerkennung zollen. Als Tenorsolisten traten die Herren L. Schüz und W. Schwämmle auf. Elfterer sang „Die Uhr" von Karl Löwe und „Im Frühling" von A. Fesca, letzterer „Das Herz am Rhein" von Brandes. Beide Herren waren bei sehr guter Stimme und boten den Zuhörern durch ihre trefflichen Leistungen einen hohen Genuß, weshalb ihnen reicher Beifall zuteil wurde. Hr. Stadtmusikus Speidel erfreute uns durch 2 Violinstücke, von denen wir das überaus melodische „Nocturne" von I. Laibach, rühmend hervorheben. Sämtliche Klavierbegleitungen hatte in dankenswertester Weise Hr. Organist Vinyon übernommen, welcher denn auch mit größtem Geschicke seiner Aufgabe gerecht wurde. Schließlich haben wir noch der 2 Klaviervorträge (worunter ein „Thema mit Variationen" von G. F. Händel) von Frl. Klett anerkennend zu gedenken. Nach Abwickelung des Programms gaben die Solisten und auch der Chor noch einige Lieder zum Besten. Das Konzert war in Anbetracht der gegenwärtigen Zeit- und Gesundheitsverhältnisse ordentlich besucht.
und während sie sich von dem schwermütig stimmenden Anblick wegwendete und beschloß, es solle dieser Pfad dem Dichter der göttlichen Komödie gewidmet sein und innerlich erörterte, ob „Dantepfad" oder „Danteweg" wohllautender das Ohr berühre — stand sie plötzlich still.
Unwillkürlich, mit tiefem Schreckgefühl griff ihre Hand nach dem Herzen und ihre Lippen öffneten sich zu einem Schrei, den sie jedoch zurückhielt.
Sie war bei der letzten scharfen Biegung aus dem Waldesdunkel getreten. Vor ihr lag der grüne Platz, in dessen Mitte eine einzige hohe Tanne stand, an welche die ersehnte Bank sich lehnte. Dieselbe aber war nicht leer. Auf ihr saß, Edith erkannte sofort an dem hochaufgekämmten, goldstrahlendem Haar, Isolde, mit dem Rücken ihr zugekehrt und zu ihren Füßen kniete — ein Mann.
Sie wagte anfangs nicht sich zu regen, sie kam nicht von der Stelle und sie wollte auch nicht ungesehen sich zurückziehen. — Nein — sie wollte ihre Anwesenheit kundgeben, bestimmt und deutlich, denn Der, welcher dort kniete und zärtliche Worte flüsterte, das war nicht Harald, der seit drei Tagen zum Manöver abwesend war — eS war ein Anderer.
Der Hund knurrte leise. Jetzt schoß er mit wütendem Gebell vorwärts. Der Mann sprang auf. ES war der Forstadjunkt. . . .
Mit dem Ausdruck namenloser Verwirrung, tötlichen Erschreckens, erkannte er die Pflegetochter seines Gebieters. Edith erwiederte nicht den unterwürfigen Gruß, den er ihr bot — mit flammenden Augen sah sie auf Isolde, die leichenblaß sich erhoben hatte und ihr gegenüber stand.
^aß uns allein, Paul" — sagte sie zu dem jungm Manne.
Er legte nochmals die Hand grüßend an die Mütze, dann verlor er sich zwischen den Bäumen des WaldeS. Edith war noch immer keines Wortes fähig. Unfähig an die Wahrheit dessen zu glauben, was sie soeben gesehen hatte. Mit Freuden hätte sie es vernommen, wenn Isolde in wenig Motten die Liebesscene als eine Sinnestäuschung, als einen Scherz bezeichnet hätte. Sie hätte — vielleicht
mit leichtem Zweifel zwar — sich dennoch gezwungen, an einen Irrtum ihrerseits zu glauben. Isoldens Antlitz aber sprach deutlich. —' Es klagte an, es bekannte.
„Höre mich an" — stammelte die junge Frau, während sie Ediths Hand ergriff und sie auf die Bank niederzog, von der sie sich vorher erhoben hatte — „höre mich an."
Edith folgte widerstrebend. Wäre sie ihrer inneren Regung gefolgt, dann hätte sie die Finger abgeschüttelt, die sich um ihr Handgelenk klammerten und wäre entflohen — ihrem Gedächtnis, dieser Stunde entflohen.
Es war nicht um Haralds Willen allein, daß sie der Schimpf aufs Aeußerste empörte, den man ihm angethan — sie empfand ihn in erster Reihe als Mitbeteiligte, als Glied jener Familie, die diese Eingedrungene, Geduldete betrog, entehrte.
Isolde lehnte neben ihr. Ihre weißen Zähne nagten an ihrer Unterlippe. Ihre Augen hatten einen trotzigen, herausfordernden Ausdruck. Sie hielt die Arme unter der Brust verschränkt und ihr Antlitz sah bleich und unbeweglich aus.
„Edith" — begann sie endlich — „ich liebte ihn, ehe ich Harald kennen lernte."
Sie hielt inne.
EVUH wollte fragen: „Und dennoch wurdest Du Harald's Weib?!" — aber ein plötzlich aufsteigendes Mitgefühl hielt ihre Worte zurück.
„Ja, ich liebte ihn" — fuhr die junge Frau in kurzen abgerissenen Sätzen sott — es schien, als gewähre ihr das Bekenntnis eine Erleichterung — „ich liebte ihn lange schon — wir waren heimlich verlobt und hofften, uns einst heiraten zu können. Da sendete ihn Graf von der Tann, Dein Onkel, auf eine Forst-Akademie. Ich lernte bald darauf Deinen Vetter kennen und wurde von ihm ausgezeichnet."
Sie stockte einen Augenblick und fuhr dann mit gefalteter Stirn und zu Boden gesenkten Augen sott: „Er war mir ganz gleichgültig." — Edith erschien es, al« beteure sie diese Thatsache mit gehässiger Betonung — „aber meine Mutter redete mir ein, es sei für mich das höchste Glück — Gräfin zu werden — und ich — ich glaubte daran — und wurde seine Frau."
„Dies war Deiner unwürdig" — rief Edith. (Fortsetzung folgt.)