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Staatseinnahmen, so wird zum mindesten eine halbe Millarde erreicht werden. Ueber den Fremdenzufluß vom Auslande während der Ausstellung läßt sich folgendes feststellen: es haben die Ausstellung besucht rund 1,500,000 Ausländer, darunter 380,000 Eng­länder, 225,000 Belgier, 160,000 Deutsche, 38,000 Italiener rc. Diese Zahlen weichen nur wenig ab von denjenigen, die gegen Ende des vorigen Jahres veröffentlicht worden sind. In diesen anderthalb Millionen Ausstellungsgästen sind natürlich die Be­sucher aus der Provinz nicht inbegriffen; die Zahl derselben wird sich kaum genau feststellen lassen. Die Omnibus-Gesellschaft erzielte eine Mehreinnahme von 4 Millionen, die Gesellschaft der vereinigten Droschkenbesitzer 3'/s Millionen; die Gesellschaft der Seine-Personen-Dampfer 1'/- Millionen, Angaben über die Mehreinnahmen der Seeschiffs-Gesellschaften sind noch nicht bekannt geworden. Einen sehr großen Gewinn haben die Theater in Paris der Weltaus­stellung zu verdanken. Der gesetzmäßig an die Kasse der öffentlichen Armenpflege zu entrichtende Beitrag der Theater (10 Prozent der Einnahmen) hat im Ausstellungsjahre 1,086,765 Fr. mehr betragen als im Vorjahre; die Theater haben sich demnach einer Mehreinnahme von 10,875,000 Fr. zu erfreuen gehabt.

Paris. Mehrere Deputierte von Paris und eine große Anzahl von Gemeinderäten wohnten einer Versammlung von 200 Schlächtern, Händlern, Gerbern und Talgschmelzern bei, welche an die Kammer das Verlangen stellen, künftig wieder die lebende Einfuhr von Schafen aus Deutschland und Oesterreich zu ge­statten, da daselbst das aphtöse Fieber als Epidemie nicht herrsche. Andernfalls verlangten sie Entschädig­ung der Arbeiter in den Schlächtereien und der sämtli­chen mit der Schlächterei zusammenhängenden Industrie.

Die belgischen Sozialdemokraten beabsichtigen, den deutschen Kollegen bei den Reichstagswahlen zu Hilfe zu kom­men, so schreibt man demHamb. Corr." Trotz allem Abraten beabsichtigen dieselben, ein großes Fest zu veranstalten und den Ertrag dem sozialistischen Wahlfond zuzuschreiben.

Tages Neuigkeiten.

' Herrenberg, 26. Jan. Gestern abend konnte hier ein prachtvolles Meteor beobachtet werden. Dasselbe ging über den Gasthof zur Post her auf dem Marktplatz nieder und hatte eine so intensive Helle verbreitet, daß man glauben konnte, es sei ein Brand ausgebrochen. Das Meteor hinterließ einen Stein, der beim Aufheben noch heiß war; derselbe ist etwa 6 em lang, 4 em breit und 12 om dick und hat ein glänzendes schwarz und braunes Aussehen.

Stuttgart, 27. Jan. Central stelle für Landwirtschaft. Dem Frkf. Journal wird von hier geschrieben: Wie man hört dürfte Freiherr Hans v. Ow an Stelle des pensionierten Präsidenten v. Werner an die Spitze der Centralstelle für Landwirtschaft treten. Herr v. Ow, welcher größere Güter im Schwarzwald besitzt, gilt als einer unserer tüchtigsten Landwirte, er wäre also zweifellos die ge­eignete Persönlichkeit für den vakanten Posten. Im übrigen vertrat Herr v. Ow bisher den 8. Wahlkreis

im Reichstag und sitzt auch schon seit Jahren als ritterschaftlicher Abgeordneter im Landtag.

Stuttgart. Nach einer Mitteilung der W. Ldsztg. hat Herr Maler Nachbaur hier im Aufträge des Vereins zur Hebung des Fremdenver­kehrs den Entwurf eines künstlerisch ausgeführten Plakates der Stadt Stuttgart mit Umgebung ange­fertigt, welches als Agitationsmittel in ganz Deutsch­land, England und auch Amerika benutzt werden soll. Wie wir erfahren, hat der Ausschuß des Vereins das Plakat einstimmig angenommen. Dasselbe wird noch den bürgerlichen Kollegien, welche zu den Kosten eine nahmhafte Summe beitragen, zur Genehmigung unterbreitet werden. Außer Maler Nachbaur war auch Professor Halmhuber von der Kunstgewerbeschule mit der Anfertigung ejnes Entwurfes beauftragt worden.

Stuttgart. Tivoli-Theater. Es war schon so manches im Tivoli-Theater zu sehen: dressierte Gänse, Hunde w. drgl. mehr, aber dressierte Mäuse und Ratten, schöne weiße Exemplare, in Ge­meinschaft mit ihren Todfeinden, den Katzen, das war allerdings neu. Die originelle Produktion hat Mr. Hoffmann-Fredr, gestern abend dem zahlreich anwesenden Publikum vorgeführt und wurde ihm mit Recht stürmischer Beifall zu teil. Schade, daß es nur ein einziges Gastspiel war. Auch die übrigen, mit so vielem Erfolg auftretenden Künstler verab­schieden sich in einigen Tagen. Am 1. Februar treten wiederum neue Spezialitäten auf.

Reutlingen, 28. Jan. Gestern vormittag spielten in einem Gehöft imLindach".mehrere kleine Knaben mit Zündhölzchen und entzündeten damit einige Reisigbüschel zu einemFeuerle", bis dasselbe an der Giebelseite des Hauses in hohen Flammen lichterloh emporloderte. Dadurch aufmerksam gemacht, kamen erwachsene Leute herbei und beseitigten die drohende Feuersgefahr. An der nötigen Belehrung der Kleinen mit gehörigem Nachdruck wird es hoffent­lich nicht gefehlt haben und dürfte dieser Fall auch sonst den Eltern und Erwachsenen Veranlassung geben, immer wieder aufs neue durch Belehrung der Müder dem Spielen mit Feuer und den daraus entstehenden schweren Folgen bei Zeiten vorzubeugen.

Oberndorf, 26. Jan. Vorgestern abend ereignete sich bei dem Bahnhof in Epfendorf ein be­dauerlicher Unglückssall. Als der von Rottweil um 8 Uhr 37 Min. eintreffende Personenzug, der daselbst mit einem von Oberndorf kommenden Güterzug zu kreuzen hat, vor seiner Einfahrt zur Station den vorgeschriebenen Halt machte, wollte ein Mädchen in der irrigen Meinung, der Zug befinde sich bereits am Stationsgebäude, aussteigen und fiel, da letzterer sich wieder in Bewegung setzte, vom Wagen auf das Geleise, auf welchem im nächsten Augenblick der Güterzug heranfuhr. Das Mädchen wurde von der Lokomotive zur Seite geschleudert und erlitt hiebei mehrere schwere Verletzungen. In hilflosem Zustande entdeckte ein Bahnbediensteter, der nach Verfluß einer halben Stunde die Bahn beging, dasselbe und sorgte für die erste Hilfe. Heute nachmittag wurde die Ver­unglückte in das Rottweiler Spital verbracht. An­gesichts des bedeutenden Anwachsens der evangelischen Bevölkerung unserer Stadt, die zur Zeit die Zahl von 69 Familien umfaßt, beschlossen die bürgerlichen

Kollegien die Umwandlung der hiesigen evangelischen Konfessionsschule in eine städtische Volksschule. Die Uebernahme derselben erfolgt mit dem 1. April d. Ist

Rottweil, 26. Jan. Eine zahlreich besuchte Versammlung der Narrhalla hat sich für Fastnachts- °ss"stag einen kostümierten Jahrmarkt geplant, wo sich Künstler aller Art und allerlei fahrend Volk ähn­lich dem Cannst. Volksfest einfinden werden; auch der Schneider von Ulm" soll sich entschlossen haben, das Fliegen nochmals zu probieren. Es wäre zu wünschen, daß der ausdehnungssähige Gedanke seine Verwirk­lichung fände, und wenn die Kasse der Narrhalla, die übrigens Nicht schlecht steht, nicht reichen sollte, so ist so viel Fastnachtssinn hier vorhanden, daß das geplante Unternehmen nicht zu scheitern braucht, wenn alles zusammenwirkt.

Aus Spaichingen, 28. Jan., wird dem Grzb." geschrieben: Auch bei uns wurde am Sonn­tag von unbekannter Hand ein sozialdemokratisches Flugblatt verbreitet. Unsere Bevölkerung verspürt jedoch wenig Sehnsucht nach den verheißenen goldenen Zeiten dieser zweifelhaftenWeltverbesserer". Daß es die Reichsregierung weder am guten Willen noch an Thaten fehlen läßt, das Wohl der arbeitenden Klasse zu fördern, das sieht nachgerade jeder Unbe­fangene ein und dafür sind wahrlich Unfall-, Jnval- iditäts- und Krankenversicherungsgesetz zu beredte Zeugen. Wenn sich darum die Herren Sozialdemo­kraten als Pächter der Humanität und Netter der Menschheit aufspielen, so ist das selbst dem deutschen Michel zu dick und die meisten denken mit dem Dichter: die Botschaft hört ich wohl, allein mir fehlt der Glaube". Im allgemeinen zieht unsere Bevölkerung aus solch phantastischen sozialdemokratischen Program­men das Fazit: Was daran gut ist, ist nicht neu, und was neu ist, ist nicht gut.

Spaichingen, 28. Jan. Eine eigentümliche Erscheinung hat der Sturmwind der vergangenen Tage mit sich gebracht. Auf frisch gefallenem Schnee zeigten sich kleine, schwarze Würmer, sog. Schnee­würmer, die große Ähnlichkeit mit dem Glühwurm haben, aber selten gefunden werden.

Biber ach, 26. Jan. Gestern nacht drohte in einen: hiesigen Gasthaus Feuer auszubrechen. Gegen 11 Uhr bemerkte der Gastwirt bedeutenden Rauch aus der Tenne aufsteigen, der von einigen bren­nenden Spreuersäcken Herrührte. Mit Hilfe der noch anwesenden Gäste gelang es, das Feuer im Keime zu ersticken. Brandstiftung wird vermutet.

Friedrichshafen, 27. Jan. In einer der letzten Nächte wurde das Haag des Hirschparkes auf Schloß Castel bei Constanz durch die Gewalt des Sturmes umgerissen. Die Hirsche entwichen. Zwei davon sind wieder eingefangen, während sich die üb­rigen noch auf den benachbarten Gemarkungen ihrer Freiheit erfreuen. Der im Hafen in Lindau ge­sunkene Trajektkahn konnte trotz der angestrengtesten Arbeit noch nicht gehoben werden und der Trajekt­verkehr ist immer noch unterbrochen.

Heidenheim, 27. Jan. Im benachbarten Schnaitheim siel im vergangenen Sommer ein jähr­iger Knabe von der Scheunenleiter herab auf den Kopf, schwebte dann eine Woche in Lebensgefahr, genas aber anscheinend vollständig wieder. Nnn spielte derselbe gestern im Hause einer Base ganz harmlos

Heute nun hatte nach langer Rücksprache mit dem Onkel Großmutter sie mit der Mitteilung überrascht, daß sie denselben nach Wien begleiten solle. Im Hause und unter dem Schutze der Generalin von Bonitz, Eugens und Harald's Mutter, die sie so oft schon eingeladen, sollte sie ihren Eintritt in die Welt feiern und auch bei Hofe vorgestellt werden.

Ich kann Dich nicht begleiten" vollendete die Gräfinin meinem Alter eine so wette Reise zu unternehmen, wäre Thorheit, doch weiß ich Dich in dem besten Schutz. Du bleibst in Wien, so lange das Herrenhaus tagt. Dies trifft mit dem Fasching zusammen. Auch wird Eugen wie alljährlich einige Wochen dort zubringen, so daß Du Dich nicht fremd fühlen kannst. Bei Eurer Wiederkehr erzählt mir dann von den Wunderdingen, die Ihr erlebt habt.

Edith erschrak im ersten Augenblick. Ahnte die Großmutter ihr Geheimnis? Was sie da aussprach, bedeutete Trennung von Harald. Vielleicht Erlösung! Ja, sie sehnte sich, des Bannes ledig zu werden, dessen Zauber sie umstrickte, und es war Pflicht dagegen anzukämpfen.

Sir erklärte sich bereit.

Es gab nun eine Menge Anordnungen zu treffen, denn der Zeitpunkt der Abreise war nahe und Graf von der Tann kein Freund von Warten. Zu ihrer eigenen Ueberraschung kam Edith sehr schnell über die Trennung von Harald hinaus, der lebhaft bedauerte, Zurückbleiben zu müssen. An Urlaub war nicht zu denken.

Bald nachdem Edith von der Generalin, einer liebenswürdigen, heiteren Frau mit Zärtlichkeit begrüßt worden war, traf auch Eugen ein.

Edith sah ihn hier in anderer Umgebung und eS war ihr, als sei ein guter Teil der Heimat mit ihm gekommen. Er wohnte dem Onkel in dessen Palais, sie genoß die Gastfreundschaft seiner Mutter, aber sie sahen sich täglich.

Edith müßte nicht jung und kein Mädchen gewesen sein, als daß der Fasching mit seinen Zerstreuungen nicht lindernd und heilend auf ihr Gemüt gewirkt hätte. Vormittags begleitete sie die Tante in Magazine und Modehandlungen. Es

wurden Bestellungen, Einkäufe gemacht, auch Besuche abgestattct. Beim Speisen traf man mit den Herren zusammen. Nach dem Diner, Ausfahrt für Edith auch oft ein Spazierritt nach dem Prater mit dem General und Eugen, auf die Begleitung des Onkels war niemals zu rechnen. Die Krankenhäuser hatten für ihn mehr Anziehungskraft als sämtliche Bälle und Soirven des Adels. Dann zurück­gekehrt beschäftigte Edüh die Toilette für das Theater oder einen Ball, und rei­zend verstandBetti", das neuangenwrbene Kammermädchen, ihre junge Gebieterin anzukleiden.

Diese blühte sichtlich auf. Ihr Antlitz hatte seine frühere Rundung wieder erhalten. Das krankhafte Jnsichgekehrtsein war bei diesem Leben des Vergnügens eine Unmöglichkeit. Bei ihrer Rückkehr am späten Abend oder frühen Morgen sank sie dann, die Sinne noch erfüllt von Musik, Blumenduft, Huldigungen, totmüde in den Schlaf.

Nicht entgehen konnte ihr die bevorzugte Stellung, welche Eugen in diesen Kreisen eingeräumt wurde. Andeutungen von dessen Mutter halfen ihr auf Spuren, die sie selbst nicht aufgefunden hätte. Eugen war umworben von Müttern und jungen Damen und da Edith Vergleiche anstellte, mußte sie sich zugestehen mit Recht Keiner der andern Kavaliere konnte sich ihm zur Sette stellen. Er überragte alle an Hoheü der Erscheinung, durch liebenswürdiges Aeußere und wie sie am besten wußte inneren Wert. Dazu kam woran Edith nicht dachte für andere die Gewißheit, er werde einst seines Oheims Nachfolger im Besitz und Namen sein.

Sie überraschte sich selbst zuweilen mit der Frage, ob nicht hier, unter den reizenden Mädchen dieses Kreises diejenige weile, welche Eugen liebte. Sie legte sich auf's Beobachten, fest überzeugt, es müsse sich im vorjährigen Fasching Eugen sich hier verliebt haben aber sie entdeckte nichts. Auch ihre leisen diplomatischen Fragen an die Generalin leiteten auf keine Spur.

(Fortsetzung folgt.)