der Menschenrassen und der Menschenernährung ab gegen die Nachteile und vor allem die kriegerischen Spannungen und Rivalitäten der Völker. Die Linke stehe diesen Enl- wicklungsvorgängen nicht einheitlich gegenüber. Zwischen den Extremen Ledebour und Dernburg bewege sich die Linde. Die beiden liberalen Richtungen seien allerdings trotz zweierlei Stimmen in den letzten fünf Jahren zu einerlei Handlung gegenüber den Fragen der Weltpolitik gekommen, während die deutsche Sozialdemokratie noch programmäßig auf dem Boden der von der alten Demokratie überkomme­nen Anschauungen stehe. So lange das der Fall sei, werde die deutsche Politik nicht von der Linken gemacht werden. Naumann schloß mit der Erwartung, daß es vielleicht gut sei, daß die Linke in diesen Fragen noch in der Lehrzeit stehe. Sie müsse diese ausnutzen, damit einmal in Deutsch­land Links führen werde.

Stuttgart, 16. Sept. Zum 50jährigen Jubiläum der Spinnerei Unterboihingen hat die Firma Heinrich Otto und Söhne zur Unterstützung bedürftiger Arbeiter 100000 Mark gestiftet.

Herbstwanderversammlung der National- liberalen Partei Württembergs.

p Eßlingen, 15. Sept. Die am heutigen Sonntag hier gehaltene Herbstwanderoersammlung der Nationallibe­ralen Partei Württembergs erfreute sich eines überaus zahl­reichen Besuchs. Nach der Landesausschußsitzung am Vor­mittag versammelten sich die Parteifreunde zu einem Früh­schoppen auf der Bmg, wo der Vorsitzende der Eßlinger Partei, Herr Rafs, die Gäste willkommen hieß; ihm er­widerte in launiger Rede mit Dankesworten an die Eß­linger Parteifreunde der Reichstagsabg. Keinath. Die Hauptversammlung, die nachmittags 3 Uhr stallfand, wurde vom Vorsitzenden, Raff, eröffnet. Der Landesvorsitzende, Abg. Kübel, gab einen Ueberblick über die Fragen der Landespolitik. Der Redner gab zunächst seiner Freude darüber Ausdruck, daß der Versuch der Gründung einer Sondergruppe der sogen. Altnationalliberalen in Württem­berg nicht gelungen sei. Man könne gewiß nichts gegen Teilorganisationen einwenden, wie etwa gegen die Organi­sation der Zungliberalen oder gegen eine Frauenorganisation oder Arbeiterorganisation, aber zu bekämpfen seien Sonder- organismionen, die die Gefahr einer Spaltung in sich schließen. Ein Rückblick auf die Arbeiten des Landtags zeige, daß die politischen Gegensätze in Württemberg nicht so scharf seien wie anderswo. Die reine Volkskammer habe ihre erste Probe gut bestanden, auch vom Standpunkt der Fraktion der Deutschen Partei aus. Die Fraktion sei meist in der Lage gewesen, einen entscheidenden Einfluß bei der Beratung der Gesetzentwürfe auszuüben; sie habe sich dabei programm­gemäß gegen alle extremen Forderungen gewendet und werde sich in deren Bekämpfung bäufig mit der Bolkspartei zusammenfinden. Die Volksparln verkenne heute die Not­wendigkeit einer Heeres- und Flottenrüstung, sowie der Kolonialpolitik nicht mehr; dafür sei ein Beweis die gestrige Rede von Naumann, die in diesem Teil durchaus national­liberalen Charakter getragen habe. Im Verhältnis zur Sozialdemokratie habe sich für die Deutsche Partei nichts geändert. Das Wahlabkommen verpflichte auch nicht indirekt zu irgend welcher Unterstützung der Sozialdemokratie. Innerhalb der Sozialdemokratie tobe ein wilder Kampf zwischen Revisionisten und Radikalen, der allerdings bet den Wahlen für die bürgerlichen Parteien bedeutungslos sein werde. Der Redner wandte sich dann mit Schärfe gegen das Vorgehen der badischen Regierung, die der württembergischen Industrie in der Konkurrenz im badischen Lande Schwierigkeiten mache, so insbesondere der Stein- industrie. Der Boykott außerwürttembergischer Waren sei von uns ausdrücklich abgewiesen worden; man müsse aber von anderen Staaten dasselbe erwarten. Die Großblockidee sei für Württemberg auch von Herrn o. Payer abgelehnt worden. Die Partei habe keinerlei Ursache, an Stelle einer schwarz-blauen Mehrheit eine schwarz-rote Mehrheit zu setzen. Oberbürgermeister Dr. v. Mülberg er sprach über die Auf­gaben des kommenden Landtags; er wies darauf hin, daß eine Trennung von Staat und Kirche in ökonomischer Be- j

Gedichte

bei der Einweihung des Gemeindehauses

in Lbhausen am 8. Sept. 1912.

Borgetragen von einem Mitglied d. Iünglingsvereins (E. Frick) und einem MÜglied des Iungfrauenoereins (Marie Glatz).

I.

Es sei uns Jungen auch ein Wort vergönnt Am schönen Festtag, da die Freude Der frohen Jugend Herz vor allem füllt,

Bor allem auch in diesem Hause heute,

Das doch für unser froh Zusammensein,

Ein Plätzlein bringt, gar heimisch, hell und fein.

Zwei Jahre sind's, da sagt der Pfarrherr uns: Zweitausend Mark und damit bauen?"

Das ist die Jugend, die nicht rechnen kann.

Zehn Jahre noch und viel Vertrauen."

Das war für uns fürwahr kein kleiner Schreck,

Fast nahm es bei uns Mut und Hoffnung weg.

Zehn Jahre noch,da werden wir gar alt,"

So dachten wir und hatten Klagen.

Die alte Schulbank ward uns doppelt hart Und bös war von ihr unser Sagen.

Und ward im Saale das Gestühl erneut.

Verschloß die Tür sich, 's war stets kurze Freud?

ziehung von Vorteil für beide Teile sein werde, insofem die gegenseitige Bevormundung aufhöre. Eine völlige Trennung unter Zerreißung aller Beziehungen sei bei uns in Deutsch­land unmöglich. Es werde sich darum handeln können, das Existenzminimum bei der Einkommensteuer unter An­sehung der veränderten Verhältnisse zu erhöhen. Eine Steigerung der Progression nach oben ins Ungemessene sei unmöglich; sie würde dem Lande nur schaden. Das Um­geld bedeute nicht sowohl eine Verbrauchs- als eine Be- triebsabgabe, deren Beseitigung auf die Dauer wohl nicht zu umgehen sein werde. Für den Wirtestand wesentlicher sei aber eine Aenderung in dem bisherigen System der Konzessionierung von Wirtschaften auch da, wo kein wirk­liches Bedürfnis vorhanden sei. Es sei zu bedauern, daß der Entwurf einer Wegeordnung immer noch nicht der öffentlichen Kritik unterworfen sei. Auf dem Gebiet der Schule sei eine Beschränkung aus die eigentlichen Aufgaben der Schule am Platze. Weniger viel Wissen, aber mehr Charakterbildung! Es sei bedauerlich, daß die Regierung den Berkehrsunternehmungen im Herzen des Landes so wenig Interesse entgegenbringe. Zum Schluß kam der Redner noch auf das Verhältnis der Sozialdemokratie zum Staat und zu den bürgerlichen Parteien zu sprechen. Es sei nachgerade eine öffentliche Gefahr geworden, mit welchem Terrorismus die Sozialdemokratie in Staat und Gemeinden vorgehe. Selbst in den eigenen Reihen der Sozialdemokratie empfinde man dies allmählich als unerträglich. Politik und Geschäft seien dort in unzulässiger Weise miteinander verbunden. Reichstagsabg. List-Reutlingen sprach dann über Fragen der Reichspolitik. Der Redner wandte sich zunächst gegen die schmählichen Angriffe der Sozialdemokratie gegen die Sedanfeiern und anderen nationalen Feste. Die Ereignisse in der auswärtigen Politik mahnten uns, unser Schwert scharf und unser Pulver trocken zu halten. In der inneren Politik beherrsche zur Zeit die Frage der Fleisch­teuerung das politische Leben. Die Agitation der Sozial­demokratie, die das Gespenst einer Hungersnot an die Wand male, sei als verhetzende Uebertreibung zurückzuweisen. Eine Fleischnot bestehe wenigstens in Württemberg nicht, sondern es handle sich um eine Fleischteuerung, deren Ursache in erster Linie die abnorme Witterung der letzten zwei Jahre bilde, die dem Diehstand schwere Wunden geschlagen habe. Es komme hinzu, daß der Verbrauch von Fleisch sehr stark zugenommen habe. Eine Fleischteuerung sei nicht zu be­streiten, und man müsse alles daransetzen, um dieser Notlage ein Ende zu beseiten. Es käme in Frage, einmal die Er­mäßigung der Unkosten der heimischen Produktion und so­dann die Vermehrung des Angebots von fremder Ware in Zeiten der Teuerung. Eine vorübergehende Suspension der Futtermittelzölle hätte keinen durchschlaqenden Wert; ihm wäre eine dauernde Aufhebung der Futtermittelzölle im Interesse des süddeutschen Bauernstandes sympathisch. Aus der andern Seite komme in Betracht, die Einfuhr von Ge­frierfleisch u. a.; es sei aber an der Zeit, daß die Regierung nun von den Erwägungen zu Taten übergehe und wenn sie selbst nicht sich zu einer entscheidenden Tat entschließen könne, den Reichstag einberufe. Der Redner kam dann noch aus das Gesetz über die Einbringung einer allgemeinen Besitzsteuer zu sprechen, die einen Sieg des liberalen Ge­dankens darstelle, wenn auch die Schwierigkeiten noch nicht vollständig überwunden seien. Es könne nur eine Erbschafts­steuer oder eine Vermögenssteuer in Frage kommen. Für den bevorstehenden Kampf müßten die bürgerlichen Reihen sich schließen zum Kampfe gegen die falschen Propheten der Sozialdemokratie. Sämtliche Reden wurden von der Versammlung mit stürmischem Beifall ausgenommen.

Während des Mittagsmahls sprach Reallehrer Böh­rin g er auf Kaiser und Reich, Regierungsbaumeister Klotz auf die Partei und ihre Abgeordneten. Abg. Maier- Blaubeuren dankte für die der Fraktion gezollte Anerkenn­ung und gab der Freude Ausdruck, daß in Württemberg Einigkeit zwischen Jung und Alt bestehe und daß der alt­nationalliberale Verband keinerlei Anhang in Württemberg gesunden habe.

r Crailsheim, 16. Sept. (Schwerer Auto­unfall.) Gestern abend 6 Uhr ereignete sich am Eingang

Ein Saal noch bot uns Gnade und sein Herr,

Wir wollen heut ihm ziemlich danken,

Und bitten ab, wenn's manchmal Anlaß gab,

Ob junger Torheit uns zu zanken.

Gibt es nun bald dort auch ein neu Gestühl,

Wir freu'n uns mit, sreu'n uns ja selbst am Ziel.

Und nun, Ihr werten Freunde, Gäste all',

Die Ihr mit Euren Gaben, Sorgen, Mühen,

Dies Haus ln Heimatmitte habt erstellt,

Es soll im Herzen uns erglühn

Der Jugend Dank. Und so soll's bei uns sein.

Daß Euch der Liebe Müh'n nicht möge reu'n.

Auch eine Bitte sei uns noch erlaubt:

Laßt Eure Freundschaft mit uns gehn Im neuen Haus. Ihr kennt die Jugend ja:

Sie will auf eignen Füßen stehn

Und kann's doch nur, wenn sie gehalten wird

Von guter Hand, gestützt, gestärkt, gefühlt.;

Drum bleibt mit Euren Gaben ferner treu,

Wir möchten mit die Hauslast decken,

Teilt gern uns mit, was Kunst und Leben sei,

Was guten Geist mag kräftig wecken.

Wir sind ein Feld, das lechzt nach guter Saat, Verachtet 's nicht, weil es auch Dornen hat.

Und wir, es soll bei Worten doch nicht stehn!

Ihr jungen Freunde, die wir heute Ein schönes Fest in diesem Haus mitfei'rn,

s des Ortes Mariä-Kappel ein Unfall. Ein Auto, das mur Crailsheim herkam, übersah anscheinend die dortige Kurve und fuhr die Böschung hinunter, wobei es einen Telephon­mast umwarf. Das Auto überschlug sich und verbrannte vollständig. Der Besitzer. Prinz Btron von Kurland, erlitt nur unerhebliche Verletzungen und wurde mit einem Fuhr­werk nach der Station Ellrichshausen gebracht, von wo aus er nach Nürnberg weiterfuhr. Der Chauffeur und ein Diener kamen mit dem Schrecken davon.

Die württemb. Landtagswahle». x Stuttgart, 16. Sept. Die Bolkspartei hat als Landlagskandidaten für den Bezirk Kirchheim u. T. nach dem Rücktritt des seitherigen Abg. Beurlen den Prof. Nägele in Tübingen, bisherigen Proporzabgeordneten der Partei, ausgestellt. Pros. Nägele hat die Kandidatur an­genommen. Die Bolkspartei wird in den Bezirken Dtberach und Leutkirch den Reichstagsabg. Liesching als Zähl­kandidaten aufstellen. Der seitherige Abgeordnete für den Bezirk Saulgau, Schultheiß Sommer-Beizkosen, wurde von einer Versammlung der Zentrumspartei wiederum als Ländtagskandidat aufgestellt. Für den Bezirk Wangen i. A. hat das Zentrum wiederum den seitherigen Abgeord­neten, Schultheißen Speth-Kißlegg als Landtagskandidaten nominiert.

Die Fleischteuerung.

r Stuttgart, 15. Sept. Die Sozialdemokratische Partei hatte auf heute morgen ^11 Uhr in Stuttgart und in den Vororten 23 Protestversammlungen gegen dis Fleischteuerung etnberufen, die alle einen sehr starken Be­such aufwiesen. Es wurden scharfe Reden gegen die Zoll­politik der Regierung gehalten und gleichlautende Reso­lutionen folgenden Inhalts einstimmig angenommen:Die Versammlung konstatiert, daß der Kapitalismus zu einer Teuerung aller notwendigen Lebensmittel geführt hat. Sie erkennt darin sein Unvermögen, die stetig wachsenden pro­duktiven Kräfte in den Dienst der Wohlfahrt der Allge­meinheit zu stellen und zugleich den stärksten Beweis für die Notwendigkeit sozialistischer Regelung der Produktion. Sie konstatierte ferner, daß die Teuerung durch die Zoll­wucherpolitik und die Absperrung der Grenzen für Deutsch­land über jedes erdenkliche Maß hinaus verschärft worden ist. Deshalb fordert die Versammlung zur Linderung der Not die Abschaffung der Lebens- und Futtermittelzölle, die Beseitigung der aus den Berbraucksartikeln der breiten Masse ruhenden indirekten Steuern, die Oeffnung der Grenzen für die Einfuhr von Vieh und Fleisch. Zur Durchführung der unerläßlich gewordenen Aenderung der Wirtschafts­politik wird die Regierung aufgefordert, sofort den Reichs­tag einzuberufen. Sie fordert ferner die kommunalen Ver­waltungen auf, unverzüglich Maßnahmen zur besseren Versorgung des Lebensmittelmarktes zu treffen. Die Ver­sammelten erkennen die Stärkung der sozialdemokratischen, gewerkschaftlichen und genossenschaftlichen Organisation, so­wie die Verbreitung derSchwäbischen Tagwacht" als dringende Pflicht jeden Arbeiters und Angestellten an und sind entschlossen, den Kampf für ihre so schwer bedrohte Lebenshaltung mit aller Energie bis zum siegreichen Ende durchzuführen." In den meisten Versammlungen wurde der Aufforderung,den herrschenden Klaffen zu zeigen, daß man auch da sei und einen Spaziergang in losen Gruppen durch die Straßen der Stadt zu machen" Folge geleistet. Die Führer unterließen cs dabei nicht, an die Massen die Ermahnung zu richten, straffe Disziplin zu halten, den Anweisungen der Vertrauensleute zu folgen und sich nicht durch die bewaffnete Macht provozieren zu lassen.

r Stuttgart, 15. Sept. Die Sozialdemokratie hatte heute den Schloßplatz zu einer Demonstrationsversammkung auser­sehen. Nach Schluß der 23 Protestversammlungen strömten die Versammlungsteilnehmer, wie gemeldet, aus Verabredung dem Schloßplatz zu. Gegen 12 Uhr hatte sich dort eine nach Tau­senden zählende Menschenmenge angesammelt. Redakteur Crispien hielt vom Musikpavillon aus eine Ansprache, die in einem Hoch auf die Sozialdemokratie ausklang. In­zwischen war Polizeidirektor Bittinger in Begleitung des

Es sei uns Sporn und Trieb die Freude,

Auf dem gelegten Grund uns zu erbau'n

Das soll die Heimat freudig an uns schau'n.

So mög' dies Haus ein Ort der Freude sein.

Wo Alt und Jung in Freundschaft sich verbindet.

Da, wer ein friedlich, warmes Plätzchen sucht.

Auch eine wahre, schöne Heimat findet.

Mög' Gottes Segen Aus- und Eingang sein,

Für uns und alles, was hier kommt herein!

II.

Liebe Herren, Frauen, Schwestern,

Noch ein Wörtchen frank und frei!

Wo die Freude Kränze windet,

Sind wir Mädchen auch dabei.

Waren oft heraufgegangen,

Neugier hat uns hergeführt,

Sahen, wie das Haus heraufwuchs^

Tief hat's uns das Herz gerührt.

Denn es woltt's doch niemand glauben.

Daß aus diesem Buckel hier Nur ein Weg auch wär' zu finden,

Und ein Haus noch? daß ja schier!-

Ach wir hatten Angst gar manchmal Um die Herren, die's gingen ein.

Fürchteten, es möcht' um ihren Frieden wohl geschehen sein.