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Fernsprecher Nr. 29.

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86. Jahrgang.

Anzcigcn-Gcbühr für die cinspalt. Zeile aus gewöhnlicher Schrift oder deren Raum bei einmal.

Einrückung 10 /H, bei mehrmaliger entsprechend Rabatt.

^ Beilagen:

8 8 Plauderstübchen,

^ * Fllustr. Sonnlagsblatt und

Schwöb. Landwirt.

Dienstag, dm 17. September

1912

Amtliches.

Bekanntmachung betr. die Abhaltung des diesjährigen Rottweiler Heiligkrenzmarktes und des voransgehenden Znchtviehmarktes.

Für den am 18. d. M. hier stattfindenden Zuchtoieh- markt und den am 19. d. M. fälligen Heiligkreuzvieh- markt wird bestimmt:

1. Zeder, der den Markt mit Dich besucht, hat über dieses ein von der Ortspolizetbehörde auszustellendes, höchstens 3 Tage altes Zeugnis bei sich zu führen, welches enthalten muß:

n) die Stückzahl und die nähere Bezeichnung der Tiere, b) die Bescheinigung, daß die Tiere während der letzten 5 Tage in dem Abgangsort gestanden sind.

2. Händler haben außer dem Herkunftszeugnis gemäß der Bekanntmachung des Medizinalkollegiums vom 31. Juli d. I. für Schweine ein amtstierärztliches Zeugnis mit- zuführen, während für Wiederkäuer ein tierärztliches Zeug­nis genügt.

3. Die Zeugnisse sind dem beaufsichtigten Tierarzt und den Polizeibediensteten am Eingang des Marktorts unauf­gefordert voczuweisen.

4. Tiere aus solchen Gemeinden, die in den 15 km- Umkreis um einen Seuchsnort einbezogen sind, und nicht ausnahmsweise durch besondere oberamtliche Verfügung zum Markte zugelassenIssind, dürfen nicht aufgetrieben werden.

Rottweil, 14. Septemper 1912.

K. Oberamt: Mezger.

Tages-Neuigkeiten.

Aus Stadt und Amt.

Nagold, 17. September 1912. k. p. Unser Theater. Abschieds-Vorstellung und zugleich Benefiz für Frl. Tony Beyschlag steht für heute abend auf dem Spielplan. Laut Theater­zettel scheinen es zwei hübsche Lustspiele zu fein, welche die Wehmut des Abschiednehmens vom liebwerten Ensemble Beyschlag in etwas verklären sollen. Die Freundinnen und Freunde der dramatischen Kunst dürften nicht versäumen, der liebenswürdigen Einladung von Frl. Beyschlag zu ihrem Ehrenabend zahlreich zu folgen und damit die Abschieds­vorstellung recht würdig zu gestalten.

I. Unser Theater spielte uns vorgestern abend ein echtes Sonntagsstück: ScheffelsTrompeter von Säckingen". Da gab es viel alltagsferne Romantik mit prächtigen mittel­alterlichen Gewändern, Liebesseligkeit, Spiel und Gesang, und den leichten Frohsinn störte nur ein kleiner Ueberfall, dessen Tragik durch die hilflose Heldengestalt des Kastellans gemildert wurde. Die vielseitige Begabung unserer Truppe konnte auch diesem halb opernhaften Stücke gerecht werden. Machte es das wonnigliche, natürliche Schloßfräulein von Fräulein Tony, daß wir solch gefühlvollen, schönen Sang vernahmen? Wie überraschend gelungen war nur das berühmte Abschledslied des mit seiner Trompete weniger glücklichen Trompeters. Aber nicht nur das Liebespaar, auch die andern Darsteller erfreuten uns jeder mit feiner Rolle, so vor allem die Komik des bemoosten Hauptes und der charakteristisch wiedergegebene Schloßherr.

'M' Wildberg, 16. Sept. Am vergangenen Sonn­tag hielt der diesige Turnverein ein Preisturnen ab. Die Turner und Zöglinge zeigten ganz gute und schöne Leist­ungen, so daß das Preisgericht jedem einen Preis geben konnte. Es war durchweg ein frischer Zug im Verein zu spüren. Der neue Turawart hat seine Leute in guter Zucht, und ihm ist es auch zu danken, daß ein Pceisturnen er­möglicht werden konnte. Leider hat das Regenwetter die Uebungen beeinträchtigt, weshalb auch vorzeitig abgebrochen werden mußte. Doch imSchwarzwaidhotel" entschädigte man sich in geselliger Unterhaltung für die ausoestondenen Regenschauer. Bei Liederklang und Becherklang und man­cherlei humoristischen Darbietungen war nach der Preisver­teilung noch ein recht gemülltches Zusammensein. Möge der Verein so Weiterarbeiten? Gut Heil!

Ebhause», 17. Sept. Letzten Sonntag fand hier die Jahresversammlung der Iüngltngsvereine des Bezirks statt, bei der die Vereine und Freunde von Nagold, Altensteig, Haiterbach, Rohrdorf, Walddorf und Zwerenberg zugegen waren. Mit den Gästen von hier und auswärts war es eine ansehnliche Festversammlung, welche die Räume des neuen Gemeindehauses füllten, das, wie schon bei der Ein­weihung zutage trat, für Rede und Gesang eine ausgezeichnete Akustik bietet. Nach der Begrüßung leitete der Ortsgeist- liche eine Besprechung der Worte Röm. 15, 17. 18. ein: ..Das Reich Gottes ist nicht Esten und Trinken, sondem Gerechtigkeit, Friede und Freude in dem h. Geiste. Wer

darinnen Christo dienet, der ist Gott gefällig und den Menschen wert." An der Aussprache darüber beteiligten sich die HH. Verwalter Bauer und Amtsgerichtssekr. Heyd. Herr Bundessekretär Pfarrer Köhler von Stuttgart hielt einen Bortrag, in dem er die Nöte der Jugend und die Schwierigkeiten der Iugendoereinsarbeit darlegte mit dem Hinweis, daß unsre Kraft und Hoffnung allein in dem Namen Fesu liegt. Auf eine kurze Besperpause, die der wohlgeschulte Posaunenchor von Zwerenberg verschönte, folgte eine Aufführung der Psadfinderabteilung von NagoldIm Burenlager", frisch und begeistert dargestellt. Nach einigen von Bereinsmitgliedern oorgetragenen Deklamationen und einem herrlichen Solo von Herrn Stadtpfarrer Werner- Berneck, begleitet von Herrn Unterlehrer Kapp! er hier, schloß Herr Pfarrer Haller-Walddors die festliche Feier mit Gebet. Die schöne Feier ist ein würdiger, ermunternder Anfang für den Iünglingsverein des Orts, der damit sein Heim in dem neuen Haus bekam.

Aus den Nachbarbezirken.

Calw, 12. Sept. Das landwirtschaftliche Bezirksfest rückt näher. Mit Hochdruck haben sich die Ausschüsse der Zweigvereine und der Hauptausschuß an die Arbeiten gemacht, die notwendig sind, um dem Fest ein gutes Gelingen zu verbürgen. Die Veranstalter der Ausstellung rechnen auf eine vielseitige Beschickung sowohl der Vieh- als auch der Obst-, Geflügel- und Bienenausstellung. Es wird ferner angenommen werden dürfen, daß der Zuzug aus den Bezirksorten und den Nachbaroberämtern schon um des mit der Ausstellung verbundenen Festzuges willen sehr groß wird. Dieser Festzug wird, das kann schon ooraus- gesagt werden, wohl einzigartig sein und is der Fülle seiner Darbietungen und deren Originalität kaum von ähnlichen Festzügen erreicht werden. An die 30 Festwagen, alle mit kostümierten Gruppen besetzt, wird der Zug mit sich führen und diese Festwagen, die vom landw. Bezirksoerein und seinen Zweigvereinen, von einzelnen Bezirksgemeinden, den Badeoerwaltungen der Bäder Liebenzell und Teinach, Ge­werbe, Handel und Industrie der Oberamtsstadt, ferner von dieser selbst auch, gestellt werden, zeigen die Entwicklung der Landwirtschaft aus ihrer Urzeit bis heute. Was aber besonderer Erwähnung wert ist, das ist ein Hochzeitszug, den der Württembergische Trachtenoerein stellt, und der wohl nie mehr in dieser Vollständigkeit auf Festen des Schwarzwälder Volkes zu sehen sein wird. Aus Anlaß des Festes wird eine Festpostkarte ausgegeben und ein Katalog, in dem neben dem Ausstelleroerzeichnis und dem, was zur Schau gestellt ist, wertvolle Illustrationen und zweckentsprechende textliche Ausführungen Platz finden. So wäre nur noch ein Wunsch übrig: Möge der Himmel wenigstens jene Tage mit Regen verschonen, daß dieses Fest, dem so viele fleißige Arme und kluge Köpfe sich leihen, auch tatsächlich nichts in seiner idealen Wirkung aus Land­wirt und Landwirtschaft einbüßt.

Landesuachrichten.

Stuttgart, 16. September. Aus dem Kabinett des Kaisers ist auf den Huldigungsgruß des deutsch-evan­gelischen Psarrertages folgende Antwort eingetroffen. S. M. der Kaiser und König haben mich zu beauftragen geruht, den Vertretern der deutsch-evangelischen Pfarrer- vereine zu dem Ausdruck treuer Ergebenheit allerhöchst ihren besten Dank auszusprechen. Der Geheime Kabinettsrat v. Balenttni.

Zur Einweihung der neuen Hoftheater.

Stuttgart, 15. Sept. Nachmittags gab der König im Restdenzjchloß ein Diner, zu dem u. a. die auswärtigen Bühnenleiter und alle Künstler, die am Bau der neuen Theater mttgewirkt haben, eingeladen waren. Der König brachte hiebei einen Trinkspruch aus.

k. x. Stuttgart, 15. Sept. Abends fand imGroßen Haus" die Eröffnungs-Festvorstellung mit dem gleichen Programm wie am Samstag abend statt. Besonderen Glanz erhielt die Vorstellung durch die Anwesenheit der Majestäten und der Prinzen des Kgl. Hauses. Das Haus war dicht besetzt mit festlich gestimmtem und geschmücktem Pu­blikum. Die einzelnen Aufführungen machten wieder einen glänzenden Eindruck; insbesondere war die Huldigungsszene vor dem Königspaor von ergreifender Wirkung. Der mu­sikalische, gesangliche, darstellerische und künstlerische Gesamt­erfolg waren eine Vorbedeutung für die glückliche und große Zukunft des Theaterlebens in der Residenz wie im ganzen Lande.

Zu den Feierlichketten waren von Nagold geladen Herr Oberamtmann Kommerell, Herr Stadtschuktheiß Brodbeck und Herr Landtagsobg. Schaible. Zur Fest-

vorstellung am Sonntag abend hatte der Vertreter der Nagolder Presse freien Zutritt.

r Stuttgart, 14. Sept. Das Königspaar, das gestem nachmittag von Friedrichshafen hier eingetroffen war, be­sichtigte heute vormittag die neuen Hostheater. Bei diesem Anlaß wurde jedem Arbeiter, der an den Bauten mttgewirkt hatte, ein Geldgeschenk überreicht.

Eine Reihe von Auszeichnungen wurde aus Anlaß der Einweihung der neuen Hostheater verliehen. Der Generalintendant Baron zu Putlitz wurde durch die Ver­leihung des Großkreuzes des Friedrichsordens ausgezeichnet. Der Hoskammerpräsident Staatsrat v. Scharpff erhielt das Kommenturkreuz mit Stern des Ordens der württemb. Krone. Baudirektor v. Dietrich in Stuttgart bekam da» Kommenturkreuz zweiter Klasse des Friedrichsordens. Das Ehrenkreuz des Ordens der württembergischen Krone, mit dessen Verleihung der Personaladel verbunden ist, erhielt Generalmusikdirektor Prof. Dr. Max Schillings. Das Ritterkreuz des Ordens der württembergischen Krone erhielten Oberbürgermeister Lautenschlager, Geh. Kommerzienrat Heilmann in München, Baurat Held in Tübingen, Prof. Schmohl in Stuttgart und Hofschauspieler Ludwig Kaser. Das Ritterkreuz 1. Klaffe des Friedrichsordens erhielten Bürgerausschußobmann Rechtsanwalt Dr. Erlanger in Stutt­gart, Hoskapellmeister Erich Band, die Hosschauspieler El- menreich und Richter, sowie Kammersänger Peter Müller. Durch die Verleihung der goldenen Medaille für Kunst und Wissenschaft am Bande des Friedrichsordens wurden aus­gezeichnet: Pros. Adolf Münzer in Düsseldorf, der Bild­hauer Prof. Habich in Stuttgart, Konzertmeister Wendling, Ballettmeister Scharf, Kammersänger Decken und die Hof­schauspielerin Martha Künniger. Bon Titelverleihungen seien erwähnt: die Verleihung des Titels eines Hofkammer­direktors an den Hofkammerrat von Wiedersheim; den Titel eines Baudirektors an die Oberbauräte o. Gsell und v. Beger bei der Domänendirektion, den Titel und Rang eines Geh. Intendanzrats dem Intendanzrat Stephany, den Titel und Rang eines Geh. Hofrats dem Architekten Pros. Max Littmann-München, dem Erbauer der Hof­theater, und dem Hofrat Meery, den Titel und Rang eines Banrats dem Architekten Staehelin-Stuttgart, den Titel eines Professors dem Hofrat Plappert, den Titel und Rang eines Hosrats dem Rechnungsrat Paul und Ober­regisseur Gerhäuser, den Titel eines Garderobedirektors dem Garderobeinspektor Pils, den Titel eines Kammer­sängers dem Hoffänger Holm, den Titel einer Kammer­sängerin der Hoffängerin Iracema-Brügelmann, den Titel einer Hossängerin der Chorsängerin Heurung. Ferner hat der König die Kammersängerin Elisa Wiborg zum Ehrenmitgliede des Hoftheaters ernannt.

Kirchenverfassung der Israeliten in Württemberg.

Stuttgart, 16. Sept. Das Amtsblatt des Kultus­ministeriums veröffentlicht mit dem Gesetz über die israeliti­sche Religionsgemeinschaft die von der israelitischen Ober­kirchenbehörde beschlossene Kirchenoerfassuna der is­raelitischen Religionsgemeinschaft. Zu dieser Kirchenversaffung hatte die Zweite Kammer in einer Reso­lution eine Reihe von Wünschen ausgesprochen, und die israelitische Oberkirchenbehörde hat ihnen in der Mehrzahl Rechnung getragen. Dagegen wurden die umstrittensten Wünsche nicht erfüllt. So ist vor allem die Bestimmung nicht ausgenommen worden, daß in besonderen Fällen in einer Kirchengemeinde auch ein anderer Maßstab für die Kirchensteuer als der nach Prozenten der Staatssteuer ein­geführt werden könne. Wetter bleibt den Vorsängern, die die zweite Dienstprüfung noch nicht bestanden haben, die Wahl zum Vorsitzenden bezw. stellvertretenden Vorsitzenden des Kirchenoorsteheramts versagt, ebenso der von den Vor­sängern des Landes geäußerte Wunsch nach einer von ihnen gewählten Standesvertretung im Wetteren Rat der Ober­kirchenbehörde, und endlich sind auch die Bestimmungen über das Recht zur Ablehnung der Wahl als Kirchenoor- steher, entgegen den Wünschen nach Gleichstellung mit den christlichen Kirchen so geblieben, wie sie im Entwurf sta nden.

Weltpolitik und Liberalismus.

Stuttgart, 14. Sept. Im Festsaal der Liederhalle sprach heute auf Einladung der Fortschrittlichen Bolkspartei Friedrich Naumann vor einer tausendköpfigen Versamm­lung überWeltpolitik und Liberalismus". Er schilderte die Umwälzungen, die sich heute um den Besitz der Kolonialgebiete vollziehen, die Erfassung der ganzen Erdkugel und der ganzen Menschheit durch die kapitalistische Wirtschaft, aus der sich Kolonial- und Weltpolilik entwickelt. Er wog die Vorteile dieser Entwicklung, das Verschwinden der Barbarei, das Wachsen der Güterquantttiit, das Steigen