auf dem Korso, der Gegenstand lebhafter Sympathiekundgebungen. Die Kaiserin sprach wiederholt ihre lebhafte Genugthuung über den herzlichen und ehrerbietigen Empfang aus.
Sansibar, 6. Jan. Nachdem am 25. Dez. der Angriff eines Streifkorps der deutschen Schutztruppe auf das befestigte Lager Banaheiris mit einem Verlust von 5 Toten und 6 Verwundeten zurückgeschlagen worden war, erstürmte und zerstörte Wiß - mann am 5. Januar die mit 1500 Mann besetzte Position Banaheiris; deutscherseits sind zwei Weiße und zehn Eingeborene verwundet.
Tages Neuigkeiten.
Stammheim. Am 29. v. M. feierten die im Jahr 1839 geborenen im Gasthaus z. Bären hier ihr 50igstes G eburtsjahr. Man erinnerte sich hrebei so mancher Vergangenheiten und Erlebnisse in Freud und Leid; auch wurde der nicht mehr unter den Lebenden weilenden und der fernen Freunde gedacht. Die Feier nahm, abwechselnd mit Gesang und sonstiger Unterhaltung, einen schönen und würdigen Verlauf; war sich doch jeder der Teilnehmenden wohl bewußt, daß das 50. Jahr mit Recht als das Stlllstandsjahr bezeichnet wird und man auf dem Wendepunkt steht, wo die Kräfte sich nicht mehr steigern, wohl, aber eine oftmals allzurasche Abnahme erfahren. An der Feier beteiligten sich die Altersgenossen der Gemeinden Stammheim, Gechingen, Hirsau, Gültlingen und Calmbach, auch waren die Herren Gemeinderüte und sonstige Freunde von hier beteiligt. An Glückwünschen für's künftige Leben fehlte es nicht. b!.
— Ein zu dieser Zusammenkunft der „Fünfziger" verfaßtes Gedicht von Dorf-Poet Kober in Stammheim, welches uns gleichzeitig zugeht, vermögen wir Raummangels halber unfern Lesern nur in einigen Versen zu bemustern:
Fünfzig Jahr ist in der Mitte Rückwärts gehts mit jedem Schritte,
Fünfzig Jahr der stille Stand,
Sechzig Jahr gehts Alter an.
Ach jetzt gehts schon wider Willen,
Will man lesen braucht man Brillen,
Auch im Essen hälts oft schwer.
Oftmals fehlts auch am Gehör.
Auch am Magen gibts Gebrechen,
Kranke Lungen, Seitenstechen,
Kurzer Athem, Krämpfe viel.
Daß der Hust' oft stocken will.
Zu schnell geht oft die Maschine,
Daß vor Hitz sind schwarz die Zähne, Rückmarkleiden stellt sich ein.
Und wie vieles noch mag sein.
Doch ist glücklich nur hienieden.
Der mit allem ist zufrieden.
Bleibt auch Unglück ihm nicht fern, ^ Sagt er alles seinem Herrn. '
Lebt mit ihm noch seine Gattin Thut sie sorgsam seiner warten.
Ach wie schön ist hoch an Jahr,
So ein treues Elternpaar.
Viel noch können sie beginnen,
Arbeit hält ihn' rein die Sinnen,
Sind dahin schon siebzig Jahr,
Ist noch ihr Gedächtnis klar.
Denken freudig oft der Jugend,
Halten Kinder an zur Tugend,
Lehren Enkel Frömmigkeit,
Dies ist ihres Herzens Freud.
Auch der Geiz hälts fern von ihnen.
Daß er sie nicht darf bedienen.
Tritt ein Armes zu ihn' ein.
Sollten sie nicht fröhlich sein.
Und tritt ihn' der Tod entgegen Sind sie darum nicht verlegen.
Denn sie bleiben sich ganz gleich,
Dis sind glücklich, die sind reich.
Dichter K.
Stuttgart, 7. Jan. Bei Sr. Metern König nimmt der Katarrh einen regelmäßigen Verlauf; Höchstderselbe fühlt sich aber noch ziemlich angegriffen. In dem Befinden I. M. der Königin zeigt sich eine, wenn auch langsam, so doch stetig fortschreitende Besserung. Die Erscheinungen des Katarrhs sind im Rückgang begriffen, Appetit und Kräftezustand beginnen sich zu heben. Fieber ist seit gestern nicht mehr vorhanden.
Stuttgart, 7. Jan. Die Zahl der an Influenza Erkrankten im Katharinenhospital hat seit vorgestern etwas abgenommen. Am Sonntag waren im Spital noch 193 an Influenza erkrankte Personen, abgegangen sind 29, zugegangen 15, somit heutiger Stand 182. — Bei dem Personal der Straßenbahn ist der Krankenstand ebenfalls im Abnehmen begriffen. — Auf der Stöckacheisbahn wurden am Samstag 157 und am Sonntag 188 ^ vereinnahmt. Es mögen darnach an beiden Tagen etwas über 2000 Fahrende eingetreten sein.
Stutgart, 7. Jan. Die Influenza ist auch in den Garnisonen aufgetreten. Dem St.A. werden darüber folgende Zahlen mitgeteilt. Am 6. ds. waren an Grippe im Ganzen etwas über 1600 Militärpersonen in ärztlicher Behandlung; davon entfallen nahezu 600 Mann auf Ulm, 450 auf Ludwigsburg, während Stuttgart nur 130 Erkrankte aufweist. Von den kleinen Garnisonen des Landes ist Heilbronn mit 115 Kranken am meisten beteiligt. Fast ausnahmslos ist die Krankheit bis jetzt durchaus günstig verlaufen, mehr als 2 Drittel aller Erkrankten wird außerhalb des Lazarets in den Krankenstuben der Kasernen behandelt. Bis jetzt ist ein Todesfall zu verzeichnen; in der Garnison Gmünd ist ein Soldat infolge einer mit der Grippe in Zusammenhang stehenden Lungenentzündung verstorben.
Heilbronn, 3. Jan. Im Salzwerk verunglückte heute Bergmann Josef Westle von Neckarsulm, indem er als Ortsältester beim Schießen zu früh den Abbau wieder betrat. Wahrscheinlich hatte er sich im
Zählen der Schüsse geirrt. Er kam hinter einen Schuß und wurde so schwer verletzt, daß er nach wenigen Minuten starb. Westle, welcher ein fleißiger und tüchtiger Arbeiter war, hinterläßt eine Witwe und vier Kinder.
Balingen, 3. Jan. Gestern abend ereignete, sich hier ein schwerer Unalücksfall. Auf hiesigem. Bahnhof wurde ein Stück Vieh ausgeladen, um nach Haigerloch verbracht zu werden. Dasselbe riß jedoch aus und sprang die Bahnhofstraße entlang, der Stadt zu. ^ Desselben Weges kam Oberamtsbaumeister Heinz. Auf die drohende Gefahr auftnerksam gemacht, wollte er dem daherstürzenden Stier mit dem Stock abwehren, als er auch schon von demselben so heftig gestoßen, wurde, daß er rücklings zu Boden stürzte und alsbald die Besinnung verlor. Das Tier sprang hierauf durch die Stadt Endringen zu, kam seinen Verfolgern bei der ausbrechenden Dunkelheit bald aus den Augen und ist bis zur Stunde noch nicht beigebracht. Heinz, in seine nahe Wohnung verbracht, kam bald wieder zum Bewußtsein, doch befürchtete man anfänglich das- Vorhandensein innerer Verletzungen. Wie wir heute --erfahren ist das Befinden des Herrn Heinz ein den Umständen nach zufriedenstellendes.
Ulm, 6. Jan. Gestern nacht 10 Uhr kam. es im „Hirsch" in Unterweiler, OA. Laupheim, zwischen dem 20 Jahre alten Metzger Joseph Raiber aus Einsingen und dem verheirateten Milchhändler Schneider, sowie dem Söldner Seb. Kienzler von Unterweiler, welche mit einander Karten gespielt hatten, über Militär-Angelegenheiten zu einem Wortwechsel, in dessen Verlauf Raiber zum Messer griff und dem Schneider einige Stiche versetzte, daß dieser tot am Platze blieb, während Kienzler einige gefährliche Stiche davontrug. Der Thäter wurde heute früh 4 Uhr in Erbach in dem Hause seines Bruders verhaftet und heute abend hier eingeliesert.
Biberach, 3. Jan. Gestern abend rannte in rasendem Tempo ein Pferd, welches nur noch den vorderen Teil eines Wagens nachschleppte, von Birkenhart hierher. Glücklicherweise kam es unterhalb des Bierkellers, wo die Straße einbiegt und eine starke- Kurve macht, zu Falle. Mit vieler Mühe konnte es wieder auf die Beine gebracht werden; es kam unverletzt davon. Wäre es in die zufolge des Wochenmarktes frequentierte Stadt hineingerathen, so hätte großes Unheil entstehen können. Der Besitzer hatte in Birkenhardt einen Metzger zum Mitfahren eingeladen, dessen großer Hund das Pferd scheu machte.
Ravensburg. Ein Teil des Komptoir- und» Druckereipersonals waran der Influenza erkrankt, weshalb die Ausgabe des Blattes etwas beschränkt wurden mußte. Die einlaufenden neuesten Nachrichten werden, durch Extrablätter mitgeteilt.
Leutkirch, 4. Jan. Dieser Tage hatte Gerichtsnotar Berstecher von hier ein -seltenes Glück., Auf eigener Jagd beim oberen Schwarzwald spürte, der Hund einen Hirsch auf, welcher durch einen gut: gezielten Schuß zur Strecke kam. Das Tier wog 170—180 Pfd. _
Gammertingen, 3. Jan. Ein hiesiger: Bürger hatte in Tübmgen einen Sohn als Kellner:
hatte. — Du warst mir einige Tage so pensiv — ist der alte Humor heute wiedergekehrt ?*
„Ganz und gar, Großmama."
„Und wie das auf einmal?" — fragte die alte Dame.
.Das kommt von innen heraus — weiß selbst nicht woher," — sagte das junge Mädchen — „es war die Tage her gar zu ledern."
Daß sie dabei errötete, ließ nicht ganz an die Zufälligkeit ihrer besseren Stimmung glauben.
„Ein herrliches Compliment für uns, Eugen" — rief die Gräfin und setzte dann mit ernsterer Miene hinzu: „Aber lege doch endlich den fürchterlichen Ausdruck: „ledern" ab, mein Kind. Wie oft erinnerten Demoiselle Noir und ich Dich schon daran."
„Ja, aber — Harald sagt es auch, Großmama!"
„Es duftet auch sehr nach dem Stalle; die Cavallerie hat viel mit Lederzeug zu thun, weißt Du. Dir möchte ich aber doch raten, Dein Vorbild anderwärts zu suchen. Ein Dragonerlieutenant ist ein schlechtes Modell der Conduite für eine wohlerzogene junge Dame."
Das junge Mädchen lachte und legte dm Arm um der Sprechenden Nacken.
Geschah es, um das abermalige Erröten zu verbergen, das ihr in die Wangen stieg? — Eugm hatte es doch gesehen. Ein Schatten überflog seine Stirn, dann stand er aus, um Demoiselle Noir zu begrüßen, die, gefolgt von einem Diener, der Erfrischungen trug, die Terrasse betrat.
„Großmama — darf ich dem Onkel entgegengehen?" — fragte währenddem Edith.
„Gehe — aber setze einen Hut auf."
Das junge Mädchen küßte der Großmutter Hand, rief Zseck zu sich und verließ, nachdem sie dem Vetter und der alten Erzieherin zugewinkt hatte, die Terrasse.
Sinnmd blickte dir Gräfin ihr nach. — „Auch sie wird die Enttäuschung, die uns die reinsten Illusionen unserer Jugend raubt, überwinden müssen" — dachte
sie, dann wendete sie ihre Aufmerksamkeit Eugen zu und beobachtete mit Vergnügen^ wie wohl diesem der Morgenimbiß mundete.
Sie überlegte, ob sie dem Lieblingsenkel ihr Bedenken mitteilen solle, und da ihr lebhaftes Naturell nach Aussprache verlangte, begann sie, nachdem Demoiselle Noir und die Diener sich zurückgezogen hatten: „Die Noir war gestern bei meiner Schneiderin in Rudolfsburg ... da hat sie gehört . . . ."
Eugen nahm die Cigarre aus den Lippen, die er sich eben nach Aufforderung seiner Großmutter angesteckt. Ein Zug des Mißmutes trat auf seine Lippen. — „Gewiß betrifft es wieder Harald. Die Noir beginnt mir fürchterlich zu werden" — sagte er unzufrieden.
Die Gräfin hob abwehrend die Hand. — „Keinen Vorwurf gegen meine alte Freundin — sie spricht nie, um Unheil zu stiften. Ihre Liebe zu mir aber, macht ihr Schweigen zur Unmöglichkeit. — Nun, sage aber, mein Sohn, hörtest Du von der Sache? Es ist ein kaum glaubliches Gerücht."
„Kein Wort, Großmutter. Das ist wieder einmal Geklatsch des kleinen Festungsstädtchens. Ueberlassen wir doch Harald selbst, dergleichen Angelegenheiten,, die jedenfalls wieder eine Liebesaffaire betreffen, zu widerlegen."
Die alte Dame trommelte mit den Fingern auf der mit zierlicher Perlmutterarbeit ausgelegten schwarzen Tischplatte. — „Ich ehre Deine Discretion. Aber die Sorge um der Kleinen Wohl und Wehe ließ mich sprechen."
Der junge Mann war errötet. Er hatte dasselbe gedacht. Er suchte das ihm unbehagliche Thema in indifferente Bahnen zu leiten.
Edith hatte währenddem den Park nach der Dorffeite zu verlassen, war, gefolgt: von Zseck, über den nächsten Steg geschritten und, betrat, nachdem sie seither einen- Feldweg berührt hatte, in welche die Dorfstraße einmündete, den jenseitigen Trakt des Waldes. Der Weg führte am Rande desselben entlang und begann sich bald merklich zu steigern. Obgleich der Tag heiß war und die Junisonne mit intensiver- Gluth auf der Landschaft ruhte, empfand Edith wenig davon. Der Wald an ihrer l rechten Sette atmete jenen kühlen Hauch aus, der erfrischend auf die Nerven wirkt: I und breitete schützenden Schatten über den schmalen Pfad.. Forts, folgt..