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worden. Man ist allgemein erfreut, daß diese äußerst drückenden und schwer schädigenden Verbote künftig nur in seltenen Fällen zur Anwendung gelangen sollen und daß an hoher Stelle die Bitten und Wünsche der beteiligten Kreise gerechte Würdigung erfahren haben. 6.
(Amtliches.) Seine Königliche Majestät haben vermöge Höchster Entschließung vom 18. d. Mrs. die Forstamt«aisistenstelle in Wild« terg, dem Revieramtsassistenten Leibnitz in Hrrrenalb gnädigst übertragen.
— Die Zentralleitung des WohlthätigkeitsvereinS macht in letzter Nr. des StaatSanz. folgendes bekannt: „Auf unsere Bekannt« machung von 31. Januar 1889 sind als Beiträge zu einer Stiftung für wohlthätige Zwecke aus Anlaß des Königlichen RegierungsjubiläumS im Ganzen 10,830 25 ^ bei unserem Kassenamt eingegangen und bereits
in spezieller Anzeige veröffentlicht worden. Diese Gaben konnten mittelst der Depositenzinse auf rund 11,000 erhöht werden, welch; Summe mit Höchster Genehmigung Seiner Königlichen Majestät vom 3. dieses Monats für das zur Feier des Königlichen Regierungs-Jubiläums errichtete uns am 3 t. vorigen Monats eingeweihte neue Hau« der Barmherzigkeit in Eßlingen bestimmt und an den Verwaltungsrat dieser wohlthätigen Landes- anstatt ausgefolgt worden ist. — Wie das erste Haus der Barmherzigkeit in Eßlingen von einer Landesstiftung zur Feier der silbernen Hochzeit unserer Königlichen Majestäten errichtet wurde, darf nun das zweite Haus als ein Denkmal des Königlicken Regierungs-Jubiläums gelten. Allen, welche hiezu beigetragen haben, bringen wir dafür den innigsten Dank zum Ausdruck."
Das Luthersestspiel in Stuttgart. Der Zudrang zu diesem Festspiel ist in der letzten Woche ein so großer gewesen, daß sich das Komtte veranlaßt sah, zu den urspcü iglich geplanten sechs Aufführungen noch drei weitere, diejenigen Mittwoch den 20. und Freitag den 22. November um 7 Uhr abends, die dritte Vorstellung Sonntag den 24. November nachmittag« 3 Uhr, anzufügen. Auch zu diesen Vorstellungen ist der Zudrang bereits ein so großer, daß es fraglich erscheint, ob die Aufführungen damit ein Ende finden werden. Die Direktion der K Staatsbahnen hat in entgegenkommender Weise angeordnet, daß am Mittwoch und Freitag die in das Remsthal abgehenden Züge erst um 10 Uhr abend» von hier abfahren, so daß den Besuchern von dort Gelegenheit geboten ist, das Spiel bi« zum Schluffe mit anzusehen.
Stuttgart. Das Gasglühlicht, welches in anderen Staaten, besonders in Oesterreich, schon siegreich durchgedrungen ist, gelangt jetzt auch bei uns zur Geltung. Die Vertretung hat Ingenieur Reißer, Marienstraße. Diese« System der B leuchtung mit Gas durch Zuhilfenahme eines Glühkörpers bietet der elektrischen Beleuchtung eine ernste Konkurrenz. Es ist eine so wesentliche Verbesserung der gewöhnlichen Gasbeleuchtung, sie besitzt in so hohem Maße Vorteile, wie sie nur das elektrische Licht bietet, ohne defsin Nachteile zu besitzen. Das Gasglühlicht erfordert guten Gasdruck, bietet aber dabei eine enorme GaSersparnis — angestellte Versuche haben ergeben, daß bei dem neuen GaSglühlicht 1000 Brennstunden auf 16 kommen, während bei den verschiedenen Schnittbrennerlampen 1000 Brenn- stunden auf 30 bis 40 <^> und bei Rundbrennerlampen auf 40 brs 48 kommen — verursacht keinerlei Hitze, rußt nicht und ist außerdem ein dem Auge wohlthuendes, mildes und von hervorragenden Augenärzten anerkanntes Licht. Oesterreichischen Blättern entnehmen wir, daß dieses Beleuchtung»« system von der österreichischen Regierung unter anderen in sämtlichen Wiener Post- und Telegraphenämtern, ferner in den meisten öffentlichen Instituten, Banken, Schulen, Cafes, Restaurant«, sowie von zahlreichen Privaten mit dem größten Erfolge eingesührt wurde und sich überall bewährte. W. Lztg.
Waiblingen, 18. Nov. Allgemeines Aussehen erregte in den letzten Tagen eine in der hiesigen Stadt verübte Thal. Letzten Samstag nachmittag (gegen 4 Uhr) kam ein Handwerksbursche in die Wohnung de« Bürger« Wrlh. Blasenbrcy. Auf der Treppe begegnete ihm das 12jährige Töchterchen desselben. Er stellte sich, als ob er Brot begehrte. Als er je
doch erfuhr, daß die Eltern fort seien, fragte er nach dem Geldschrank. Die Gefahr ahnend, wollte oas Kms fliehen. Allein der Bursche ergriff es, hielt ihm den Mund zu und betäubte e«, schnitt ihm beide Zöpfe ab und stopfte dieselben dem Kinde in den Mund. Ehe er indes wettere Schrndthaten ausüben konnte, wurde er verjagt. Dem Ersticken nahe fand man das Kind an der Treppe liegend. Mehrere Stunden lang blieb e» oollstäniig bewußtlos. Nach dem Thäter wird eifrig gefahndet.
Gmünd, 16. Nw. Ern eigentümlicher Unglücksfall hat sich gestern abend zwischen Täferroth uns Thierhaupten bei einem Kutscher von hier ereignet. Derselbe fiel nämlich auf der dortigen Steige vom Bock; herunter, ohne daß der Insasse etwa« hievon bemerkte, und so kam es daß das Gefährt ohne Fuhrmann ganz wohlbehalten hier ankam und erst hier der Kutscher vermißt wurde Die Angehörigen des betreffenden Fuhrmanns gingen noch spät in der Nacht nach demselben auf die Suche uns fanden ihn sodann am Kopf verletzt und schon verbunden in einer Wirtschaft in Thierhaupten. Da die Verletzungen gerade nicht gefährlich waren, wurde er hierher gebracht.
Brackenheim 18. Nov. A n kommenden Sonntag, den 24. d. M. werden die Mitglieder der „Deutschen Partei Heilbronn" in größerer Zahl unserer Stadt einen Besuch abstatten, worauf wir Freunde uns Gesianun zSgenoffen von hier und Umgebung auch an dieser Stelle aufmerksam machen. Dieselben treffen gegen 3 Uhr nachmittags hier ein und nehmen im Gasthof z. Post Absteigquartier.
Heilbronn, 15. Noo. Gestern abend 5 Uhr ereignete sich beim Fleinerthor ein Unfall. Zwei scheu gewordene Pferde rasten mit einem leeren Pcilschenwagen von der Wilhelmsstraße in die Hohestcaßs. Wegen eines ihm begegnenden Fuhrwerks konnte der Kutscher die Biegung nicht gut nehmen, so daß die Pferde auf das Trottoir kamen und eines davon mit der Deichsel da« Schaufenster der Riecker'schen Apotheke einrannte, so daß das Tier plötzlich im Laden stand, während da» andere außen liegen blieb. Ein Dienstmädchen, das vor dem Schaufenster stand, wurde von dem Pferde mitgenff n und in die Apoth ke geworfen. Es erlitt Schnittwunden am Kopf und das Kleid wurde ihm in Stücke gerissen. Stadtarzt vr. Schliz leistete dem Mädchen die erste Hilfe. Eines der wertvollen Pferde erlitt einen Beinbruch. — Ein verwahrloster 18 Jahre alter Bursche Namens Johann Grimm, Schuhmacher aus Züttlingen, der eben in die Rettungsanstalt Schönbübl eingeliefert werden sollte, hat in einem gerichtl. Verhör aus freien Stück.n zugestanden, daß er vor einigen Wochen in Weinsberg einem Bauern Hau« und Scheuer au« Rache dafür, weil er beim Betteln nichts erhalten habe und weil man ihn auch nicht über Nacht behalten wollte» angezündet habe. Nach vollbrachter That habe er sich entfernt und zugesehen, wie es, die Scheune zuerst, gebrannt habe. Damit dürfte das Rätsel des in Weinsberg stattgehabten großen Brandes gelöst sein.
Heilbronn, 18. Nov. Gestern abend kurz nach 11 Uhr kam ein älterer Mann, nur mit dem Hemde begleitet, auf dis Polizeiwache und bat um Hilfe, da sein ältester Sohn zu Hause alles zusammenschlage. Bevor noch die Schutzmannschaft dem Manne einen Mintel Überhängen konnte, war er schon wieder fort uno eilte in gleichem Kostüm nach Hause. Die Polizei folgte und griff vermittelnd ein.
Waldsee, 15. Nov. Herr Bcäumeister H. dahier wollte heute mit seiner Frau einen Ausflug per Bahn machen, weil er aber den gewählten Zug verspätete, kehrte er wieder nach Hause zurück. Hier stellte es sich nun heraus, daß ihm in der kurzen Zeit 200 aus dem verschlossenen Geldschrank entwendet worden sind. Da sich der Verdacht sofort auf einen ledigen Schuhmachergesellen aus dem benachbarten Steinach lenkte, gelang e» dem Stationskommandanten Miller, denselben zur Haft zu bringen. Der Thäter hatte sich indeß bereits von Kopf bis zu Fuß neu gekleidet und eine Uhr um 22 angeschafft.
Seltsam bewegt und ergriffen verschloß ich die Thür, um ungestört lesen zu können.
Nachdem ich das Siegel gelöst und die erste Hülle entfernt hatte, hielt ich ein langes Schreiben meiner Mutter in Händen, welches die Aufschrift trug: „An meinen Sohn Constantin!"
Ich küßte die wohlbekannten, geliebten Züge und las:
„Mein innig geliebter Sohn!
Wenn Du dieses Schreiben erhältst, bin ich nicht mehr unter den Lebenden. Bevor ich aber von hier scheide, und dort oben die Gnade des Barmherzigen anflehe, ist es meine, wenn auch schmerzliche Pflicht, Dir, meinem Erstgeborenen, jetzt das Haupt der Familie — das Geheimnis anzuvertrauen, welches zwischen Deinem Vater und mir bestand, welches mit erdrückender Trauer ein ganzes Leben hindurch mich unablässig begleitete, mir jede Freude vergiftete! Wie oft schnitt es mir tief ins Herz, wenn Deine und Deiner Brüder kindliche Teilnahme nach der Ursache meines Kummers forschten, mich unter den zärtlichsten Liebkosungen fragten:
„Mütterchen, bist Du uns böse? — Sag uns, was Dir fehlt? — sollen wir fleißiger sein? — Mehr lernen?" und ich dann trübe zu lächeln versuchte, den Kopf schüttelte und meine Thränen immer und immer gewaltsam niederkämpfte, bis zuletzt mein Gesicht jeden Ausdruck von Freude verlernt hatte. Nur meine Pflicht, nur meine Liebe zu Euch, erhielt mich am Leben.
Mein Vater war in Hamburg Senator und ein reicher, angesehener Kaufmann. Mein Bruder Friedrich und ich waren seine einzigen Kinder. Zum großen Leidwesen widmete sich mein Bruder der juristischen Karriere, während mein Vater e« lieber gesehen, wenn er Kaufmann geworden und da« blühende Geschäft fortge- führt hätte. Ich bot einen Ersatz, indem ich einen jungen Kaufmann, Eduard Koll- berg, kennen und lieben lernte, und ihm schon nach einem halben Jahr als Gattin angehörte. Mein Vater war hochbeglückt durch diese Verbindung, er sah die Fortdauer feines alten Hauses dadurch gesichert und machte den Schwiegersohn zu seinem Kompagnon. Er hatte es nicht zu bereuen, denn Eduard war bald die Seele der Firma „Wilhelm! und Kompagnie," und ein Familienleben entwickelte sich, wie es chöner kaum gedacht werden kann. Der Himmel segnete unsere Ehe, und schenkte
l uns in rascher Folge drei Söhne: Dich, Constantin, Stephan und Manfred, dem I ein Jahr später noch — Alexis folgte."
Ich hielt erstaunt inne, denn niemals war dieses Bruders von meinen Eltern Erwähnung geschehen. Die halbverlöschten Buchstaben des Namens zeigten, daß die Thränen meiner Mutter beim Niederschreiben darauf gefallen waren.
„Dein Vater, von der Natur mit allen Vorzügen des Geistes und de» Körpers ausgestattet, wurde leider von einem entsetzlichen Fehler, dem Jähzom beherrscht. Wenn dieser Dämon ihn packte, war er taub für Alles, er kannte dann nicht mehr seine Familie, seine Freunde, und überließ sich blind und sinnlos dieser verderblichsten aller Leidenschaften.
Unser Haus hatte zwei Schiffe nach Südamerika befrachtet und erwartete deren Rückkehr mit kostbarer Ladung. Gegen den Willen meines Vaters hatte Eduard diese gewagte Spekulation übernommen und da fest einigen Wochen jede Nachricht über die Schiffe fehlte, so konnte es nicht ausbleiben, daß von unseren Feinden — und wer hat diese nicht? — an der Börse das Gerücht verbreitet wurde, sie seien gestrandet. Die Folge davon war Mißtrauen in unseren Kredit. An unserer Kaffe wurdm plötzlich eine Menge Papiere präsentiert, deren Begleichung man unter anderen Umständen nicht sofort verlangt haben würde.
Nun galt es, die Ehre des Hauses aufrecht zu erhalten! — Zum Glück war Eduard, von meinem Vater durch Aufbietung aller Kräfte unterstützt, im Stande, Deckung zu bieten und dem ersten Anprall ruhig entgegenzutreten, so daß bis zum Schluß der Kaffe am Mittag nur noch ein kleiner Rest zu zahlen übrig blieb, der bei der Wiedereröffnung am Nachmittag geleistet werden sollte. —
Wenn mein Mann in seinem Arbeitszimmer beschäftigt war, so sah er es gern, daß ich mich mit einer Stickerei und einem Buch am Fenster des kleinen KabinetS häuslich niederließ, welches an sein Arbeitszimmer stieß. Er wußte mich so in seiner Nähe und benutzte diese, dann und wann von der Arbeit zu mir zu eilen und mich und Alexis, der zu meinen Füßen spielte, mit Beweisen seiner Liebe und Zärtlichkeit zu überhäufen. Die anderen Kinder verweilten noch mit der Bonne in unserem Landhaus an der Elbe. (Forts, folgt.)