Unsicherheit ihrer rechtlichen Verhältnisse oder auf den un­günstigen Ausnahmestellungen in rechtlicher und militärdienst- licher Beziehung, aus dem Mangel einer genügenden Karriere, u us der Verbindung'des Schulamtes mit kirchlichen Nebenämtern und aus der weitverbreiteten Geringschätzung der theoretisch- und praktischen Pädagogik. Soweit auf dem Wege der Gesetzgebung durch Aenderung der rechtlichen und wirtschaft­lichen Verhältnisse die soziale Lage des württ. Lehrerstandes gehoben werden kann, ist für diesen zu fordern: Die An­wendung des allgemeinen Beamtenrechts auf die Bolks- schullehrer, Aufhebung des Zwangs zur Uebernahme von Kirchendiensten, konsequente Durchführung der fachmännischen Schulaufsicht, sowie Herbeiführung einer möglichsten Über­einstimmung des Bildungsgangs der Bollrsschullehrer mit demjenigen anderer gebildeten Stände. Zur Fortbildung des Lehrers hatte der Vortragende verschiedene Leitsätze aus­gearbeitet. Nach einer längeren Diskussion erklärte der Vorsitzende Löchner nach einem kurzen Schlußwort die Ver­sammlung für geschlossen. Hierauf fand im Konzertsaal der Liederhalle ein Festmahl statt.

p Stuttgart, 6. Juni. Der Derbandstag der württ. Fleischbeschauer beschloß eine Eingabe an die Regierung zu richten, wonach die Zuziehung der nicht tierärztlich aus­gebildeten Fleischbeschauer zur Ergänzungsbeschau durch den tierärztlichen Beschauer in Erwägung gezogen werden möge. Der nächste Verbandstag wird wieder in Stuttgart abgehalten.

p Stuttgart, 3. Juni. Ueber Vereinfachungen bei der Einforderung von Vermögens- und Leumundzeugnissen besagt eine Verfügung des K. Ministeriums der auswär­tigen Angelegenheiten, Berkehrsabteilung:Die Dienststellen werden angewiesen, bei der Einholung oder Entgegennahme von Bermögenszeugnissen von dem Verlangen der Aus­stellung des Zeugnisses durch den Gemeinderat in der Regel abzusehen und sich mit Auskünften des Ortsvorstehers, in Städten, in denen selbständige Polizeiämter errichtet sind, mit Auskünften des Stadtpolizeiamts zu begnügen. So­weit der Zweck des Zeugnisses dadurch erfüllt wird, können auch Auszüge aus der Einkommensteuerliste oder aus dem Grundbuch zugelassen werden; die Beibringung solcher Aus­züge vom Bezirkssteueramt oder Grundbuchamt muß jedoch grundsätzlich den Beteiligten überlassen werden. Als amt­liche Zeugnisse über das Verhalten einer Person sind künftig an Stelle von Leumundzeugnissen in der Regel nur Aus­züge aus dem Strafregister des Geburtsorts zu verlangen. Wenn weitere Auskunft über das Verhalten einer Person geboten erscheint, ist eine Auskunft des Ortsvorstehers oder des Stadtpolizeiamts über den Leumund in der Regel als ausreichend zu erachten. Die ausnahmsweise Einforde­rung eines gemeinderätlichen Vermögens- oder Leumund­zeugnisses ist im Einzelfall besonders zu begründen.

r Stuttgart, 6. Juni. (Pfingstverkehr). Das herrliche, sommerlich warme Pfingstwetter hatte Tausende und Abertausende ins Freie gelockt, so daß sich die Eisen­bahnverwaltung vor die überaus schwierige Aufgabe gestellt sah, bei völlig unzureichenden Bahnhofverhältnissen einen ganz außergewöhnlich starken Verkehr zu bewältigen. Der Andrang, der sich am Pfingstsonntag morgen auf dem Stuttgarter Hauptbahnhof zeigte, dürste seinesgleichen vorher nie gehabt haben. Die Bahnhofoorräume, die Wartesäle, alle Perrons waren von Menschen dicht gefüllt. Die Morgenzüge wurden durchweg mit 2 Maschinen geführt und waren ungewöhnlich lang. Trotzdem zeigte sich, daß die Bahnverwaltung nicht in der Lage war, diese Massen recht­zeitig zu befördern, mehrfach mußten Nachzüge abgelassen werden, und obwohl auch diese güterzugartige Länge auf­wiesen. mußten Hunderte von Reisenden in den Gepäck- und Viehwagen Platz nehmen. Verspätungen von 1 Stunde schon bei der Abfahrt von Stuttgart waren deshalb nicht vereinzelt. Reisende nach Teinach z. B. kamen dort mit beinahe 2stündiger Verspätung an. Auch in den späten Abendstunden machte es sich in unangenehmster Weise fühl­bar, daß der Stuttgarter Bahnhof viel zu klein ist. Die Züge mußten, obwohl sie fast alle mit großer Verspätung hier ankamen, teilweise Vs Stunde und noch länger warten, bis sie endlich in den Bahnhof eingelassen werden konnten.

Daß trotz dieses Riesenverkehrs die Ordnung auf dem Bahnhof gut war, ist eine Folge der Perronsperre, ohne die die Bahnbeamten dem vielfach ungeduldig gewordenen und in lautem Schreien sich ergehenden Publikum gegen­über ohnmächtig gewesen wäre. Die Bahnoerwaltung wird in Zukunft bestrebt sein müssen, den Verkehr, namentlich den Touristenverkehr, durch Extrazüge in den frühesten Morgenstunden zu erleichtern. Man muß im übrigen an­erkennen, daß sie das Menschenmögliche geleistet hat. Die Schwierigkeit ihrer Aufgabe konnte nicht drastischer illustriert werden, als durch die Tatsache, daß der Dienst in der Weichenstation unmittelbar vor dem Bahnhof von einem höheren Beamten geleitet wurde.

r Reutlingen, 6. Juni. (Wieder ein Unwetter.) Noch waren die durch das letzte Hagelwetter an den Wegen und Gräben des Achalmgebiets verursachten Schäden nicht behoben, als am Samstag abend ein außergewöhnlich hef­tiges Gewitter in demselben Gebiet weiteren erheblichen Schaden stiftete. Der Regen ergoß sich eine ganze Stunde in Strömen über die Gegend und es dauerte nicht lange, bis gewaltige Wassermassen sich bildeten, tiefe Furchen in das Gelände rissen und selbst die Steine der Straßen samt dem überall sich lösenden Erdreich zu Tal führten. Die städtischen Hauptkanäle konnten die Wassermenge nicht fassen und so wurden nicht nur die Straßen überschwemmt, sondern das Wasser drang auch infolge der Rückstauungen in die Keller und füllte sie meterhoch an. 3m westlichen Stadtteil schlug der Blitz in eine Scheuer und zündete, während an verschiedenen anderen Stellen Kamine und Dächer durch Blitzschlag beschädigt wurden. Am Albtorplatz streifte der Blitz ein altes Brauereikamin, an dem eine Tele- phonleitung oorbeiführt. Der Strahl leitete in ein Privat­haus und riß den Telephonkasten von der Wand, während das Dienstmädchen zu Boden geworfen wurde, sich nach einiger Zeit aber wieder erholte. Ein nervenschwacher Friseur- gehilse wurde, als er eben am Rasieren war, bei einem heftigen Donnerschlag vor Schrecken tobsüchtig und mußte, nachdem ihm das Rasiermesser gewaltsam entwunden war, im Sanitätswagen ins Bezirkskrankenhaus gebracht werden, wo er in eine Isolierzelle kam. Die Straßen des der Achalm am nächsten liegenden Stadtteils waren so verschlammt, daß der Unrat mit Wagen abgeführt werden mußte.

Zur Hundertjahrfeier des Eßlirrger Schrrl- lehrerfeminars 7. Juni 1911 wird derEßlinger Zei­tung" geschrieben: Das hiesige Schullehrerseminar feiert in den nächsten Tagen das Jubiläum seines 100jährigen Be­stehells. Als älteste Lehrerbildungsanstalt des Landes ist seine Geschichte mit der der Lehrerbildung in Württemberg überhaupt unzertrennlich verknüpft. Obwohl Württemberg schon in früheren Zeiten, besonders im 16. Jahrhundert, eine führende Stellung im Bolksschulwesen eingenommen hat, so konnte das in bezug auf die Lehrerbildung lange nicht von ihm gesagt werden. Mit der Errichtung des Hauptschullehrerseminars in Eßlingen wurde der Grund zu einer neuen Aera in der Heranbildung von Lehrern in Württemberg gelegt, und heute können wir auf ein Jahr­hundert emsigen Schaffens zurückblicken, das reiche Früchte getragen hat. Unschätzbare geistige Werte sind in dieser langen Zeit aus der Anstalt hinausgetragen worden, hinein in die breiten Schichten des Volkes und von diesen wieder in den mannigfachsten Berufsarten, zu denen die Schule das Fundament legt, nutzbar gemacht. Längst geht !das Streben von staatlichen und Gemeindebehörden dahin, die Bolksschulbildung auf eine möglichst hohe Stufe zu heben, die im Volke schlummernden geistigen Fähigkeiten zum Wohle des Einzelnen wie zum Segen der Allgemeinheit zu wecken, ihnen Gelegenheit zur Entfaltung zu verschaffen. So stellt sich der Lehrerberuf als einer der edelsten dar und stolz kann die Anstalt, welche ein volles Jahrhundert lang die Mittel zur Ausübung dieses Berufes so vielen an die Hand gegeben hat, auf ihre Tätigkett zurückblicken. Tüch­tige Männer haben es als ihre höchste Lebensaufgabe be­trachtet, ihre besten Kräfte in den Dienst der großen Sache zu stellen, ihren Blick zu richten auf die Erreichung des erstrebenswerten Zieles, das in der Hebung des geistigen I

Lebens im Bolke liegt. Nie hat es dem hiesigen Seminar von seinem Anfang an bis auf den heutigen Tag an solchen Männern gefehlt und Tausende sind wohl ausgerüstet als fleißige Bolksbildner, die ihren Beruf mit heiligem Ernst erfaßt haben, und zu einem großen Teil heute noch treu ausüben, von hier hinausgezogen nach allen Richtungen, um jeder in seinem Teile segensreich zu wirken. Das Seminar­jubiläum ist deshalb nicht auf einen kleinen Kreis beschränkt, überall im Lande regen sich freudige Empfindungen bei denen, die hier ihre Ausbildung genossen haben, die sich gerne erinnern der schönen Neckarstadt, welche ihrerseits mit Freuden teilnimmt an der Feier und allen, die dazu aus der Nähe und Ferne herbeikommen, einen herzlichen Emp­fang bereitet. Wie das Seminargebäude aus dem von der Neckarhalde aus gesehenen Panorama herausleuchtet, so nimmt seine Entwicklung in der Geschichte Eßlingens einen hervorragenden Platz ein und die alte Stadt, ian der mancherlei Stürme im Wechsel der Zeiten vorübergezogen sind, ist stolz darauf, eine solche Anstalt in ihren Mauern zu haben, sie ist auch stolz auf den ihr oft beigelegten Namen Schulstadt und betrachtet ihn als einen Ehrentitel. Die Leiter der Anstalt waren 1811 Rektor Johann Bernhard Denzel, 1838 Dr. Gustav Adolf Rinke, 1850 bis 1870 Karl Christoph Stockmayer, 18701874 Gustav Pfisterer, 18881903 Dr. Gundert 1903 Oberschulrat Dr. Brügel.

Eislingen, 4. Juni. Eine Hochwasserkatastrophe hat gestern die Ortschaften des Ottenbacher Tals und in der Folge auch Großeislingen heimgesucht. Zwischen 4 und 6 Uhr ging mit einem heftigen Gewitter ein furchtbarer Wolken­bruch nieder, der ganze Ortschaften unter Wasser setzte. In Ottenbach, Kitzen und Krummwälden hat die Wasserflut schweren Schaden angerichtet. Das Getreide jliegt auf den Feldern, als ob es gewalzt wäre. Stellenweise sind ganze Aecker mit Humusboden weggeschwemmt worden. Ueberall sind Zäune zerstört, Mauem unterspült und Gärten ver­wüstet worden. Besonders verheerend wirkte das Hoch­wasser der Krumm, eines sonst stillen und unscheinbaren Flüßleins und Zuflusses der Fils. Das von den Höhen herabstürzende Wasser füllte und überflutete das Bett der Krumm in kurzer Zeit. In Krummwälden überschwemmte das Hochwasser den Friedhof, stürzte Kreuze um und spülie Gräber aus. In der Kirche stand das Wasser einen halben Meter hoch. Die Friedhofmauer ist zum Teil eingestürzt; an der Krummbrücke wurden die schweren Betongeländer weggerissen. In ähnlicher Weise wütete das Hochwasser in Ottenbach und Umgebung. Auf ihrem weiteren Weg richtete die Krumm in Großeislingen große Verwüstungen an. Das Hochwasser drang unter anderem in die neue evangelische Kirche ein und riß ein großes Stück aus der die Kirche umgebenden Mauer. In der Nähe der Kirche wurde ein ganzes Holzlager weggespült und auf die benachbarte Straße geworfen, auf der sich die Holzstämme übereinander türinten und so jeden Verkehr unmöglich machten. In der Bahnhofgegend standen stundenlang die dortigen Fabriken unter Wasser; auch die Gasanstalt war in ihrer ganzen Ausdehnung vom Hochwasser umspült. Die Straßen sind völlig ausgewaschen und zum Teil schwer be­schädigt. Die Feuerwehr mußte alarmiert werden, um den schwer bedrängten Einwohnern zu Hilfe zu kommen. Die Keller waren vollständig mit Wasser gefüllt; stellenweise mußte heute noch den ganzen Tag über Wasser gepumpt werden, um die Häuser trocken zu legen. Menschen­leben sind hier und im Ottenbacher Tal entgegen irrigen Gerüchten nicht zu beklagen. Dagegen ist Groß- und Kleinvieh im Hochwasser umge­kommen; ersteres jedoch auch nur in kleinerer Anzahl. Teilweise ist auch ein nicht unerheblicher Gebäudeschaden verursacht worden. Die Ernte ist in den vom Hochwasser betroffenen Strichen stellenweise fast völlig vernichtet. Zer­störte Einfriedigungen sind massenhaft anzutreffen. Ueberall lagert Schlamm aus den Feldern. Glücklicherweise ist der von dem Hochwasser betroffene Strich, besonders im Otten­bacher Tal, verhältnismäßig beschränkt, doch ist ohnedies der Schaden ein unberechenbarer.

zu verschaffen. Aber wenn wir, so wie die Dinge nun ein­mal liegen, uns in den hauptsächlichsten Aeußerlichkeiten der allgemein angenommenen internationalen Sitte anpassen, so können wir doch zugleich aus einer anderen Beobachtung etwas lernen. Es gab eine Zeit, wo auch der reisende Engländer im Auslande vorwiegend als lächerliche Figur angesehen wurde. Das ist heute kaum noch so. Mochte manche Einzelheit in dem Auftreten dieser Leute, solange sie eine besondere, auffallende Spezies bildeten und man sich noch nicht an sie gewöhnt hatte, seltsam erscheinen und den Spott herausfordern, die ruhige Selbstverständlichkeit, mit der sie ihre Persönlichkeit durchsetzten und ihre Umgebung, meist ohne jede Aufregung, nur mit beispielloser Zähigkeit, zwangen, ihre Gewohnheiten und Bedürfnisse zu respektieren, imponierte schließlich doch. Warum können wir das nicht auch? Wir brauchen uns nicht allgemein angenommenen internationalen Gewohnheiten zu widersetzen; im Gegenteil, das Wertvolle unserer nationalen Sitte und Eigenheit würde nicht darunter leiden, wenn dieser internationale Schliff in etwas größerem Umfange Bestandteil unserer Erziehung würde. Aber darüber hinaus zerbrechen wir uns viel zu sehr den Kopf, wie wir uns im Urteil der frem­den Nationen ausnehmen. Die einen wollen den Fremden zu sehr gefallen und sind außer sich, wenn es ihnen nicht gelingt. Die andern wollen in jedem Augenblick ihr teutonisches Bewußtsein auskosten und in Gedanken den Fremden anrempeln. Warum gehen wir nicht ruhig unseren Weg zwischen den Extremen als die, die wir nun einmal unter allen ttoilisi/rten Völkern als gute

Manieren gilt, das hindert uns dabei niemand anzunehmen: denn das tun wir doch hoffentlich um unserer selbst, nicht der Fremden willen. Wir glauben, daß bei solcher Stell­ungnahme zu der Frage es sich bald Herausstellen wird, daß, wenn wir unsere Unbeliebtheit im Auslande lediglich auf Aeußerlichkeiten schieben, wir Ursache und Wirkung ver­wechseln. Nicht weil wir gewisse Eigenheiten haben, mag man uns nicht, sondern weil man uns nicht mag, kehrt man unsere Schwächen hervor und legt auch berechtigten Eigentümlichkeiten eine gehässige Deutung unter. Die Welt­geschichte braucht Zeit, um den Sinn der Völker zu wandeln. Jahrhunderte hindurch hat uns die Tradition fremder Völker die Rolle des weltfremden Träumers, des plumpen Philisters, des bedientenhaften Bewunderers alles Fremden zugewiesen. Jetzt muß sich das Ausland an einen neuen Begriff von Deutschland und dem Deutschtum gewöhnen. Das tut es widerwillig und zögernd. Spott und Verzerrung müssen im Urteil des Auslandes die unbequeme Kluft ausfüllen helfen, die sich zwischen der überlieferten Vorstellung und der von der Wirklichkeit aufgezwungenen Erfahrung gebildet hat. Was Pros. Heyck in seinem Mahnwort über gewisse Charakter­eigenschaften gesagt hat, die sich im Deutschtum neuester Art leider entwickelt haben, besieht nebenbei zu Recht. Aber es handelt sich auch da um Fehler, die wir nicht für die Frem­den oblegen wollen. Der Hohlspiegel, den uns die Frem­den Vorhalten, zeigt uns unser Bild in Verzerrung; immer­hin ist es unser Bild. Daraus lernen wir zu unserem eigenen Nutzen. Aber wir werden weiter kommen, wenn wir uns etwas weniger mit dem Eindruck beschäftigen, den wir im

Ausland Hervorrufen, sondern unbeschadet der Selbsterziehung, die wir an uns üben, uns im Ausland mit weniger Reflexion ü. mehr natürlicher, zum Verstehen bereiter Menschlichkeit geben."

So viel Wahres, ja Treffendes diese Ausführungen auch enthalten, den Punkt, in dem vielleicht mit der Kein des Uebels sitzt, scheinen sie doch zu scheuen, Theodor Wolfs erzählt imBerliner Tageblatt":

,Es ist nicht sehr angenehm,' sagte mir neulich ein her­vorragender und hervorragend kluger Monn, .dort unten in den Rioierahotels unsere deutschen Landsleute zu sehen, mit ihrer Rang- und Titelsucht, ihrem Kastengeist und ihrem Uebereinander-erhaben-sein. und zu be­obachten, wie grotesk und kläglich das alles im Auslande wirkt. Ich spreche ganz zufällig nur von den Rioierahoiels, aber so ist es doch überall, wo Deutsche beieinander sind. Zu Hause fällt uns das kaum noch auf. weil es zum übrigen paßt, aber in Gegenwart der Fremden treibt es einem die Schamröte ins Gesicht. Die Amerikaner und die Eng­länder fragen im Ausland den Teufel nach Rangunlerschieden und ähnlichem Firlefanz, sie bilden an jeder Hoteltafel einen Familienkreis und haben ein starkes Gefühl der Gemein­samkeit. Die Deutschen genieren sich förmlich, Kinder des­gleichen Landes zu sein, und jeder findet den anderen nicht fein genug. Sie wollen den Fremden immer zeigen: Ich bin mehr als jener da! und die Fremden spotten über d.ese Beschränktheit und diesen Mangel an nationalem Sinn. Die Engländer sind draußen wirklich eine große Nation, die Pankees sind die vereinigten Staaten von Amerika, die Deutschen sind im besten Falle ein Zwangsoerdand.'